Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick zu verschaffen über das Gesundheitssystem der UK; schlussendlich soll eine Bewertung des Systems möglich sein. Hierzu fungiert als Referenzpunkt das uns bekannte deutsche Modell. In die Bewertung sind neben den systeminternen Aspekten auch die Interdependenzen des Gesundheitssystems mit anderen Systemen, wie beispielsweise dem Arbeitsmarkt, eingeflossen. Diese vergleichende Analyse ist dreigeteilt: Nach einem einleitenden Überblick über das britischen Systems (Teil A), der sinnvollerweise auch eine hinreichend detaillierte Betrachtung der Historie integriert sowie die Konstruktionselemente von Gesundheitssystemen strukturiert darstellt, wird in Teil B auf Basis dieser Informationen ein Stärken- Schwächen-Profil erstellt. Drittens und abschließend wird in Teil C ein Vergleich – ebenfalls den Informationen des Vergleichs der Konstruktionselemente folgend - zum deutschen Gesundheitssystem durchgeführt.
Um zuverlässige und aktuelle Daten zu gewährleisten, beziehen sich die Informationen zu UK meist direkt auf Quellen des National Health Service (NHS) oder den National Statistics (NS). Analog ist das Zahlenmaterial zum deutschen System maßgeblich aus Quellen des statistischen Bundesamtes und des Gesundheitsministeriums entnommen. Anderweitige Bezüge sind gesondert gekennzeichnet. Die jüngsten zuverlässigen Daten sind aus 2001 erhältlich, was den regelmäßigen Bezug auf eben dieses Jahr erklärt. Im Prinzip ist die medizinische Versorgung im Vereinigten Königreich (UK), also England, Wales, Schottland und Nordirland, sehr ähnlich organisiert. Im Folgenden wird - sofern nicht anders vermerkt - beispielhaft die Situation in England dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
EINLEITUNG
A. DAS UK-GESUNDHEITSSYSTEM IM ÜBERBLICK
1. Eckdaten UK und historische Entwicklung des Gesundheitssystems
1.1 Typisierung von Gesundheitssystemen
1.2 Kontext
1.3 Historie
2. Konstruktionselemente des britischen Gesundheitssystems
2.1 Kataloge der Risiken & Leistungen
2.2 Personelle Reichweite
2.3 Organisat ion
2.4 Leistungen
2.5 Versorgung
2.6 Finanzierung
B. STÄRKEN-SCHWÄCHEN-ANALYSE
1. Zielsetzung
2. Stärken
3. Schwächen
C. LÄNDERVERGLEICH UK vs. DEUTSCHLAND
1. Vergleich der Konstruktionselemente
1.1 Risiken und Gefährdungstatbestände
1.2 Personelle Reichweite
1.3 Organisat ion
1.4 Leistungen
1.5 Versorgung
1.6 Finanzierung
2. Vergleich der Stärken und Schwächen
2.1 Nachteile des UK-Gesundheitssystems
2.2 Vorteile des UK-Gesundheitssystems
FAZIT
AUSBLICK
Anhang
Literaturverzeichnis
_Abbildungsverzeichnis
Abb_1: Typisierung von Gesundheitssystemen
Abb_2: Untersuchungsebenen zur Organisation des Gesundheitssystems, UK
Abb_3: Organisationsf orm des NHS
Abb_4: Aufbau des NHS seit Systemwandel in 2000
Abb_5: Grobe Finanzierungsstruktur in UK im Zeitverlauf, 2001 und 1975
Abb_6: Zusammenf assende Statistik der Ausgaben für Geld- und Gesundheitsleistungen in UK und Deutschland
Abb_7: Ausgaben für öffent liche und private Gesundheitsleistungen in % des BIP und Lebenserwartung bei Geburt, Deutschland vs. UK
Abb_8: Ausschnitt aus Pressemitteilung des IGSF Kiel zum schlechten
Abschneiden des deutschen Gesundheitssystems
Fallstudie UK
EINLEITUNG
Ein internationaler Vergleich von Gesundheitssystemen ist sinnvoll, sofern eine gemein- same Basis eine gewisse Vergleichbarkeit rechtfertigt. Aus deutscher Perspektive scheint es also durchaus hilfreich, das Gesundheitssystem einer hinsichtlich der makro- ökonomischen Größen durchaus vergleichbaren Industrienation wie den United Kingdom (UK), und mit ähnlich weit reichenden historischen Wurzeln in der staatlich organisier- ten Gesundheitsversorgung, in den Vergleich mit einzubeziehen. Zudem können sowohl das deutsche als auch das britische System jeweils als Pioniere ihres Modell-Typs be- trachtet werden.1
Ziel dieser Arbeit ist es nun, einen Überblick zu verschaffen über das Gesundheitssystem der UK; schlussendlich soll eine Bewertung des Systems möglich sein. Hierzu fungiert als Referenzpunkt das uns bekannte deutsche Modell. In die Bewertung sind neben den systeminternen Aspekt en auch die Interdependenzen des Gesundheitssystems mit anderen Systemen, wie beispielsweise dem Arbeitsmarkt, eingeflossen.
Diese vergleichende Analyse ist dreigeteilt: Nach einem einleitenden Überblick über das britischen Systems (Teil A), der sinnvollerweise auch eine hinreichend detaillierte Betrachtung der Historie integriert sowie die Konstruktionselemente2von Gesundheitssystemen strukturiert darstellt, wird in Teil B auf Basis dieser Informationen ein Stärken-Schwächen-Profil erstellt. Drittens und abschließend wird in Teil C ein Vergleich - ebenfalls den Informationen des Vergleichs der Konstruktionselemente folgend - zum deutschen Gesundheitssystem durchgeführt.
Um zuverlässige und aktuelle Daten zu gewährleisten, beziehen sich die Informationen zu UK meist direkt auf Quellen des National Health Service (NHS) oder den National Statistics (NS). Analog ist das Zahlenmaterial zum deutschen System maßgeblich aus Quellen des statistischen Bundesamtes und des Gesundheitsministeriums entnommen. Anderweitige Bezüge sind gesondert gekennzeichnet. Die jüngsten zuverlässigen Daten sind aus 2001 erhältlich, was den regelmäßigen Bezug auf eben dieses Jahr erklärt. Im Prinzip ist die medizinische Versorgung im Vereinigten Königreich (UK)3, also England, Wales, Schott land und Nordirland, sehr ähnlich organisiert.4Im Folgenden wird - sofern nicht anders vermerkt - beispielhaft die Situation in England dargestellt.
A. DAS UK-GESUNDHEITSSYSTEM IM ÜBERBLICK
1. Eckdaten UK und historische Entwicklung des Gesundheitssystems
1.1 Typisierung von Gesundheitssystemen
Um das britische Gesundheitssystem beschreiben zu können, ist zunächst ein Überblick über die gängige Typisierung von Gesundheitssystemen notwendig:
Abb_1: Typisierung von Gesundheitssystemen5
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
* Staatliche Bereitstellung bedeutet, dass die Leistungserbringer wie Ärzte und Apotheker sowie medizinische Hilfsberufe in einem Beschäftigungsverhältnis mit Arbeitgebern der öffentlichen Hand stehen.
In UK ist ein sog. Beveridge-Modell implementiert: Die Finanzierung erfolgt maßgeblich über Steuern, die Leistungserbringung ist staatlich organisiert. Das deutsche System hingegen ist als Musterbeispiel für ein Bismarck-Modell zu betrachten. Als prominentestes Markt-Modell ist das Gesundheitssystem der USA zu sehen, wenngleich es keine reine Marktlösung darstellt. Insgesamt ist anzumerken, dass jedes System eigent lich eine Mischf orm darstellt, in der eines der generischen Modelle dominiert.6
1.2 Gesundheitswesen im Kontext der Sozialversicherung
Das Gesundheitssystem ist in UK ein Teil des dreigliedrigen Sozialversicherungssystems: Es gibt zum einen die Allgemeine Sozialversicherung, welche neben Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung auch die Geldleistungen des Gesundheitssystems zustän- dig organisiert. Ferner gibt es das Sozialhilfegesetz, das sich um Leistungen für Bedürf- tige kümmert. Der dritte Strang der Sozialversicherung schließlich, der NHS, ist als ei- gentliches Gesundheitssystem zu betrachten. Der NHS kommt für ca. 90% der gesamten Gesundheitsausgaben auf und ist für alle Bürger kostenlos zugänglich.
1.3 Historie
Vor Gründung des NHS im Jahr 1948 gab es keine Sicherstellung der Grundversorgung. Zwar wurden Arbeiter mit Einkommen unterhalb best. Einkommensgrenzen kostenlos von Ärzten versorgt, nicht aber galt dies den Ehefrauen, Kindern oder Arbeitern mit Einkommen (leicht) oberhalb dieser Grenze. Krankenhäuser mussten i.d.R. selbst be- zahlt werden, in wenigen Fällen wurde erstattet. Die wenigen „Voluntary Hospitals“7 (z.B. Marsden, Royal Free Hospital), also Kliniken mit kostenloser Behandlungsmöglich- keit, hatten eine hohe Nachfrage. Viele ärmere Leute waren auf den Goodwill der Ärzte angewiesen oder auf „Eigentherapie“ . Am 5. Juli 1948 wurde der NHS gegründet, mit der Maßgabe die Gesundheitsversorgung für alle Bewohner sicherzustellen, unabhängig von ihrer Zahlungsfähigkeit. Die Finanzierung sollte durch den Steuerzahler erbracht werden, das Management durch das Department of Health, welches auch die Verant- wortung zur Bereitstellung von Gesundheitsleistungen über den NHS innehatte. Seit der Gründung vollzogen sich jedoch große Änderungen organisatorischer Art, zuletzt die des sog. „NHS Plan: A Plan for Investment. A Plan for Reform“ im Jahre 2000, dessen Um- setzung bis ins letzte Jahr andauerte.
_1948-57: Die Kriegsfolgen waren zu spüren (rationierte Lebensmittel, Knappheit von Baumaterial und Energie…), neue Ballungszentren entstanden - insgesamt wuchs der Bedarf an Gesundheitsleistungen rapide an. Der neu gegründete NHS integrierte erst- malig in der Geschichte alle Sektoren8. Die Ausgaben des neuen Systems waren schwer kalkulierbar und wurden zunächst bei weitem übertroffen, Gründe dafür war der nicht antizipierte medizinische Fortschritt9. Trotz der Intention des kostenlosen Zugangs, mussten erste Gebühren eingeführt werden. Die echten Innovationen des NHS erster Stunde waren das eingeführte Hausärztemodell sowie die Errichtung von „Community Health Centres“, vergleichbar mit heutigen „Gesundheitszentren“ zur Rundum- Versorgung.
_1958-67: Der NHS etablierte sich in dieser Phase recht schnell, die wichtigsten medi- zinische Entwicklungen wie z. B. die Chemo-Therapie oder die Dialyse führten zu einer deutlichen Ausweitung der Services. Trotz Optimierungsversuchen kam erste Kritik am Management auf, die wiederum zu bedeutsamen Änderungen führten; eine davon war das patientenbasierte Informationssystem. Um dem Fortschritt stattgeben zu können, wurde eine Spezialisierung in der Ärzteausbildung und bei Pflegekräften vorangetrie- ben.
_1968-77: Auf den weiterhin starken medizinischen Fortschritt10war man nun prinzi- piell vorbereitet. Die sog. „GP’s charter“11förderte die Infrastruktur: Primary health care teams wurden gebildet, Gemeinschaftspraxen eröffnet, Gesundheitszentren ver- mehrt. Die aufgekommene Diskussion zur Zusammenlegung von Gesundheits- und Sozi aldiensten endet in einer erweiterten Kooperation des NHS mit den lokalen Sozialdiens- ten. Trotz dieser Weiterentwicklungen mangelte es an einer effizienten Ressourcenpla- nung, der NHS litt an Fehlallokationen. Nach langem politischem Tauziehen wurde der NHS endlich hinsichtlich ökonomischer Gesichtspunkte reformiert. Doch 1976, gerade nach Einf ührung von strategischem Management, Forecasts etc. stieg die Inflation auf 26%, die finanziellen Probleme des NHS waren plötzlich wieder auf einem Höhepunkt.
_1978-87: Die finanziellen Restriktionen verbreiteten im NHS die Einsicht, dass das medizinisch Mögliche nicht immer der Maßstab für das medizinisch Machbare sein konn- te. Neben der Inflation hatten neue Technologien und verbesserte, komplexere Behand- lungen zur Alterung der Gesellschaft, zu hohen Erwartungen hinsichtlich der Behand- lungsqualität sowie zu Verteuerung der Infrastruktur geführt, was nun die finanziellen Probleme schürte. Im Wint er 1978 verschlimmerte die Ölkrise die Finanzkrise des NHS abermals, die Ressourcen wurden drastisch begrenzt, was das Gap zwischen den Patien- ten-Erwartungen und den immer stärker begrenzten Ressourcen stetig größer werden ließ. Die Antworten der verantwortlichen Ökonomen waren u. a. die Einführung einer Budgetierung, die Implementierung von Informationssystemen oder die Messung von Performance Indikatoren. Qualitäts-Audits wurden eingeführt und öffentlich diskutiert. 1987 waren die Health Authorities hoch verschuldet, die Wartelisten wuchsen, einige Krankenhäuser wurden geschlossen - und das trotz höherer Gesamtausgaben, einer höheren Patientenzahl und steigender Mitarbeiterzahlen.
_1988-97: So drängend die derzeitigen Probleme waren, so einschneidend waren die nun folgenden kulturellen Umwälzungen des Systems, allen voran durch die Einführung eines „internen Marktes“: Die Einkäufer im NHS (Health Authorities und einige GPs) bekamen Budgets, in deren Rahmen sie frei Leistungen von Leistungserbringern (Kran- kenhäuser, Ambulanzen etc.) einkaufen konnten. Die Leistungserbringer hatten die Möglichkeit, sich in sog. NHS-Trusts zu wandeln, das sind unabhängige Organisationen mit eigenständigem Management, die untereinander konkurrieren. 1995 wurden alle Leistungen von NHS-Trusts vollbracht, bis dahin hatt en auch einige GPs ihre Budgets in Funds gebündelt. Patienten der GP-Funds wurden i. d. R. schneller behandelt, was zur Kritik einer Zwei-Klassen-Medizin führte, welche gegen die Gründungsprinzipien ver- stieß. Der Regierungswechsel 1997 führte zu einem neuen Ansatz: Wettbewerb sollte ersetzt werden durch einen partnerschaftlicheren Ansatz, um so die Probleme des in- ternen Marktes zu umgehen, und gleichzeitig seine positiven Aspekte zu nutzen.
_1998-heute: Schon die im Jahre 1998 ersten angestoßenen Reformen hatten verbes- serte Patientenorientierung zum Ziel. Insbesondere die neuen Möglichkeiten der IT zur Transformation des NHS sollten dazu genutzt werden: 1998 wurde dazu ein strategi- scher Plan ausgearbeitet, welcher verantwortlich ist für eine heute sehr weit entwi-
ckelte IT-Nutzung im gesamten Gesundheitswesen.12Jedoch erst der NHS-Plan aus dem Jahre 2000 erweckte die Vision der Patientenorientierung richtig zum Leben. Die für die Patientenseite besonders relevanten Aspekte, wie etwa lange Wartezeiten oder mangelnde Versorgungsmöglichkeiten, wurden seit 2000 gezielt angegangen: Kapazitä- ten wurden aufgestockt, ebenso die Anzahl der Krankenhäuser und Betten sowie Ärzte und Pflegekräfte. Viel kürzere Wartezeiten für Hospital und GP-Appointments konnten durch Prozessverbesserungen erreicht werden, mehr Sauberkeit und besseres Essen in Kliniken konnten durchgesetzt werden. Auch die Altenpflege wurde - die demografische Entwicklung steigerte deren Relevanz - in wesentlichen Punkten qualitativ verbessert. Übergreifend wurden höhere Standards für alle NHS-Organisationen implementiert und Anreize zur Optimierung der Versorgungsqualität (bspw. durch „Rewards“) eingeführt.13
2. Konstruktionselemente des britischen Gesundheitssystems
Die folgende Charakterisierung des britischen Gesundheitswesens in seinen groben Zügen erfolgt auf Grundlage der Konstruktionselemente nach Schäfer14.
2.1 Kataloge der Risiken & Leistungen
_ Risiken: Der NHS schützt vor einer wirtschaftlichen Schlechterstellung durch Krank- heitsrisiken. Dazu gibt es a) die Sachleistungen in Form von (weitgehend) kostenloser medizinischer Versorgung sowie b) eine Einkommensergänzung durch Erstattung von Aufwendungen (i.S. einer außerordentlichen Sonderbelastung) die in Zusammenhang mit gesundheitlicher Beeinträchtigung stehen. Es werden somit direkte Gesundheitsrisi- ken abgedeckt sowie Teile sozialer Risiken, welche durch Krankheit induziert werden. Die Entscheidungskriterien zur Leistung sind denkbar einfach: es werden sowohl lang- fristige (dauerhafte/ chronische) als auch kurzfristige (vorübergehende/akute) Krank- heiten vom NHS abgedeckt.
_Leistungen: Die vom NHS abgedeckten Risiken (s. o.) werden v. a. durch unentgeltli- che gesundheitliche Versorgung aufgefangen. Darunter fallen die erste Konsultation sowie Folgebehandlungen entweder auf Kommunalebene oder als stationärer Patient im (je nach Schweregrad und Behandlungsmöglichkeiten kommunalen oder regionalen) Krankenhaus. In Notfällen werden Ambulanzdienste unentgeltlich erbracht. Aufgrund der Entwicklungen der letzten Jahre, insbesondere den länger werdenden Wartelisten wegen mangelnder NHS-Kapazitäten, wurde die Krankenhausbehandlung auf Einrichtun- gen ausgedehnt, die nicht zum NHS gehören: Patienten können jetzt unentgeltlich zur Behandlung in privatbetriebene Krankenhäuser oder in andere Länder des europäischen Wirtschaftsraumes überwiesen werden. Voraussetzung dafür ist die vorherige Erlaubnis
der für den Patienten zuständigen Gesundheitsbehörde. Alle weiteren Dienste - z.B. Krankheit und Mutterschaft, Invalidität, Alter, Hinterbliebenenversorgung und Arbeitslosigkeit werden prinzipiell über die Sozialversicherungsbeiträge bezahlt, alle gesundheitsrelevanten Einrichtungen jedoch vom NHS betrieben.
2.2 Personelle Reichweite
Die personelle Reichweite soll darstellen, für welchen Personenkreis der Risiken- und Leistungskatalog des beschriebenen Gesundheitssystems zugänglich ist. In dem UK führt das simple „Bewohnerprinzip“ dazu, dass ein Abgrenzungskriterium im Wesentlichen entfällt und damit jeder Bewohner in dieses System integriert ist. Qua Aufenthalt in UK steht jedem Patienten die Behandlung durch den NHS erst einmal frei. Der Transfer britischer Patienten in andere EU-Kliniken ist ebenfalls seit kurzem möglich (z.B. um Wartezeiten zu reduzieren), wie in Abschnitt 2.1 angedeutet.
2.3 Organisation
Zur Beschreibung der Organisation des NHS sind prinzipiell vier Bereiche zu erwähnen - siehe Abb_2. Zu (1) Historie sei an dieser Stelle auf Kapitel 1.2 verwiesen.
Abb_2: Untersuchungsebenen zur Organisation des Gesundheitssystems, UK15
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
_(2): Eine Besonderheit des Beveridge-Modells wird hier deutlich. Da die Finanzierung über allgemeine Steuern16erfolgt, finanziert jeder Steuerzahler dieses System. Da so- wohl Einkommens- als auch Verbrauchssteuern eingesetzt werden, ist die Finanzierung des Gesundheitssystems für jeden Bürger obligatorisch. Die Inanspruchnahme von Leis- tungen des NHS indes ist freiwillig, wer höherwertige oder mehr Leistungen will, kann diese selbstverständlich selbst tragen. Daher gibt es auch in UK private Krankenversi-
cherungen (PMI17), darunter auch NPOs; größter Anbieter ist BUPA mit einem Marktan- teil von 47%. Sowohl Gruppen als auch Individualversicherungen sind erhältlich, die vom Arbeitgeber finanzierten Gruppenversicherungen machen den deutlich größeren Anteil aus. Für Gruppen oder Individuen sind Vollversicherungen oder Zusatzversicherungen zu wählen. Selbst bei privater Vollversicherung und Nicht-Inanspruchnahme der NHS- Leistungen gibt es (derzeit) keine Steuervergünstigungen. Ein privat Versicherter zahlt somit doppelt: für den NHS leistet er Steuern, für seine privaten Leistungen entrichtet er Versicherungsprämien. Eine bereits in der Vergangenheit diskutierte Steuerermäßi- gung könnte dieses Problem lösen, derweil ist jedoch keine Lösung in Sicht.
_(3): Die Analyse der Organisationsform macht deutlich, dass mit Gründung des NHS in 1948 eine Strategie der Vereinheitlichung des Gesundheitssystems über das gesamte UK angestrebt wurde. Dennoch sind regionale Unterschiede berücksichtigt. Dies wird er- möglicht durch eine Mischform der zentralen und dezentralen Steuerung (vgl. Abb. 3): Die Steuerung der Gesundheitsversorgung erfolgt durch 95 Gesundheitsbehörden (Stra- tegic Health Authorities), welche den konkreten medizinischen Bedarf einer Kommune bestimmen und entsprechend die medizinische Versorgung durch stationäre und ambu- lante Leistungserbringer sicherstellt. Für spezielle Gesundheitsleistungen, welche z. B. eine hohe Spezialisierung erfordern und sowohl eine geringe Verbreitung mit hohen Kosten vereinen, sind die Special Health Authorities zuständig. Ihr prominentestes Pro- dukt ist NHS direct18, ein sog. „24-hours health advice service“ per Telefon. Sowohl die Special Health Authorities als auch die Strategic Health Authorities werden vom Ge- sundheitsministerium zentral kontrolliert.
Abb_3: Organisationsf orm des NHS19
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
1Zu Deutschland vgl. Stolpe, M., Institut für Weltwirtschaft Kiel (Hrsg.), (Internationale Gesundheitsökonomie 2003):S. 8, zu UK vgl. ebenda, S. 62.
2Nach Schäfer, D. (Konstruktionselemente 1983).
3UK steht für “United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland” und umfasst auf der Insel Großbritannien die Landesteile England, Wales und Schottland sowie Nordirland auf der Insel Irland.
4 Vgl. hierzu Beske, F.; T. Drabinski, U. Golbach (Vergleich 2005a), S. 195.
5Vgl. dazu Kern, A. O., Kupsch, S. D. (Internationale Vergleiche 2006), S. 8.
6 Vgl. ebenda, S. 9ff.
7Hier wurden bedürftige Bürger auf Kosten des Staates bereits kostenlos versorgt.
8hospital services, family practitioner services (doctors, pharmacist s, opticians and dentists) communitybased services
9Als medizinischer Fortschritt gelt en hier v. a. Hüft-OPs, Herz-OPs, Entwicklung teurerer und häufiger einzunehmender Medikamente.
10In der Phase 1968-77 wurden vor allem die Endoskopie und die Computertomographie als wichtige Neuerungen etabliert.
11 GP steht für General Practicers, den familiy doctors, d. h. Hausärzten.
12Hier wurden etwa eine Lebenslange elektronische Dokumentation der Behandlungsdaten, der Internet-
Zugang zu Datensätzen oder eine National Electronic Library zur Sicherstellung aktuellen medizinischen Wissens implementiert.
13Vgl. hierzu Kern, A. O., Kupsch, S. D. (Internationale Vergleiche 2003)
14 Schäfer, D. (Konstruktionselemente 1983).
15Quelle: eigene Grafik, Struktur aus Schäfer, D. (Konstruktionselemente 1983)
16 Für Details vgl. hierzu Kapitel 2.6 Finanzierung.
17PMI = Private Medical Insurance, auch als PHI, Private Health Insurance verwendet.
18NHS direct istmittlerweile der größte einzelne e-health service der Welt mit mehr als 500.000 Anrufen pro Monat und ebenso vielen online Transaktionen.
19 Eigene Abbildung nach Informationen des NHS.
- Arbeit zitieren
- Florian Jansen (Autor:in), 2006, Fallstudie zum UK Healthcare System , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60822
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