In dieser Arbeit soll diskutiert werden, inwieweit die Akteure der (globalen) Zivilgesellschaft die Fähigkeiten und die Einflussnahme besitzen, die Korruption erfolgreich zu bekämpfen. Der Begriff der Zivilgesellschaft, der dieser Arbeit zugrunde liegt, ist gemäß Kneer (1997) nach sechs Merkmalen charakterisiert. Insbesondere non-governmental organizations (NGOs), international non-governmental organizations (INGOs) und international organizations (IOs) werden demnach in dieser Arbeit thematisiert.
Die zentralen Fragen, die in dieser Arbeit diskutiert werden, sind: Können Akteure der (globalen) Zivilgesellschaft ein derart komplexes Problem angehen, d. h. haben sie die Fähigkeiten dazu? Inwieweit sollten sie sich mit Problemen der Globalisierung auseinandersetzen, d. h. sind sie dafür geeignet oder wären Akteure aus Wirtschaft oder Staat eventuell besser geeignet?
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen der Thematik
2.1. Akteure der (globalen) Zivilgesellschaft
2.2. Korruption
3. Die Rolle von Akteuren der (globalen) Zivilgesellschaft bei der Bekämpfung von Korruption
3.1. Konzeptionelle Grundlagen der Diskussion
3.1.1. Diemmastrukturen
3.1.2. Der normativistische Fehlschluss
3.2. Können sie es? Wie die Einflussnahme von NGOs in der Literatur eingeschätzt wird
3.3. Können sie es? Sollen sie es? Tun sie es? Kritische Diskussion mit Praxisbezug
4. Schluss
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Da Wirtschaft und Staat in der Praxis häufig nicht die Verantwortung für die aus der Globalisierung entstehenden oder sich aufgrund der Globalisierung verstärkenden Probleme übernehmen wollen oder können, gewinnen Akteure der (globalen) Zivilgesellschaft stets an Bedeutung. Denn ihnen wird die Fähigkeit zugeschrieben, Sinnvolles für das Gemeinwohl zu leisten (Eigen 1999, S. 43).
Die Korruption ist ein Problem, das sich in den letzten Jahrzehnten aufgrund der Globalisierung und des damit einhergehenden Kosten- und Leistungsdruck auf Unternehmen und Volkswirtschaften zusehends verstärkt hat (Transparency International 2005, S. 8).
In der vorliegenden Arbeit soll diskutiert werden, inwieweit die Akteure der (globalen) Zivilgesellschaft tatsächlich die Fähigkeiten und die Einflussnahme besitzen, um die Korruption erfolgreich zu bekämpfen. Die zentralen Fragen, die hier diskutiert werden, sind: Können Akteure der (globalen) Zivilgesellschaft ein derart komplexes Problem angehen, d. h. haben sie die Fähigkeiten dazu? Inwieweit sollen sie sich mit Problemen der Globalisierung auseinandersetzen, d. h. sind sie dafür geeignet oder wären Akteure aus Wirtschaft oder Staat eventuell besser geeignet?
Im 2. Kapitel werden daher die Grundlagen der Thematik erläutert, um dann in Kapitel 3 das die mögliche Einflussnahme von Akteuren der (globalen) Zivilgesellschaft auf die Bekämpfung der Korruption zu diskutieren.
2. Theoretische Grundlagen der Thematik
In diesem Kapitel werden die theoretischen Grundlagen der Thematik erläutert, auf die sich die Ausführungen im dritten Kapitel beziehen. Zunächst wird in Kapitel 2.1. geklärt, worum es sich bei Akteuren der (globalen) Zivilgesellschaft handelt. Im Anschluss daran wird in Kapitel 2.2. das Phänomen der Korruption beleuchtet.
2.1. Akteure der (globalen) Zivilgesellschaft
Um Akteure der (globalen) Zivilgesellschaft zu benennen, muss zunächst der Begriff der (globalen) Zivilgesellschaft geklärt werden. Zwar ist dieser Begriff zunehmend in den Fokus der (politischen) Diskussion geraten, jedoch gibt es derzeit noch keine einheitliche Definition von (globaler) Zivilgesellschaft (Kneer 1997, S. 228). Aristoteles bediente sich bereits des Begriffes, wenn er von den freien und gleichen Bürgern eines Staates sprach, allerdings wandelte sich der Terminus im Laufe der Zeit hinsichtlich seiner Bedeutung. In den 1980er Jahren sprachen osteuropäische Intellektuelle von Zivilgesellschaft, wenn es sich um Netzwerke oppositioneller Organisationen, Gruppen und Diskussionskreise handelte (Kneer 1997, S. 228). Heute wird der Begriff in Abhängigkeit des jeweils zu Grunde liegenden politischen Ansatzes unterschiedlich verwendet, daher ist es nicht verwunderlich, dass dies in Theorie und Praxis zu Ambiguitäten führt. Bereits Brumlik (1991) erkannte, dass der Versuch einer Definition des Terminus Zivilgesellschaft dem an die Wand Nageln eines Puddings gleicht (Brumlik 1991, S. 987). Nun sind die Schwierigkeiten um den Begriff der (globalen) Zivilgesellschaft nicht das eigentliche Problem, denn vielmehr geht es um die Implikationen. Konkret heißt das beispielsweise für die vorliegende Arbeit, dass es für die spätere Diskussion relevant ist, ob ein eher eng oder weit gefasster Begriff verwendet wird. Willets (2003) gibt beispielsweise gleich zwei mögliche Definitionen von Civil society an:
„(1) The totality of all individuals and groups in society who are not acting as participants in any government institutions, or (2) all individuals and groups who are neither participants in government nor acting in the interest of commercial companies”(Willets 2003, S. 426).
Bei beiden Definitionen ist auffällig, dass sie sehr weit gefasst sind. Diese Tatsache mag möglicherweise der Analyse der Praxis in ihrer Gesamtheit gerecht werden, ist aber für die Diskussion der vorliegenden Arbeit problematisch. Offen bleibt bei beiden Definitionen, wie eine Zivilgesellschaft nach innen strukturiert ist und unter welchen Bedingungen Zivilgesellschaften überhaupt entstehen und Einfluss aufbauen können. Das heißt, dass es im Rahmen der Definitionen von Willets (2003) durchaus bad civil societies (Chambers/Kopstein 2001, S. 837) geben kann, die gegen Normen und Gesetze verstoßen. Die Diskussion um die „Güte“ der (globalen) Zivilgesellschaft ist in der politischen Literatur in vollem Gange und soll hier daher nicht weiter vertieft werden[1]. Wichtig ist allerdings die Tatsache, dass hier eine Begriffsverwendung gewählt wird, die nicht legale Zivilgesellschaften grundsätzlich ausklammert. Denn schließlich macht es keinen Sinn, bei der Betrachtung des Einflusses von Zivilgesellschaften gegen Korruption die Zivilgesellschaft selbst als mögliche Quelle von Korruption zu betrachten und Akteure wie die Mafia bei der Analyse zu berücksichtigen. Daher wird hier auf das Begriffsverständnis von Kneer (1997) zurückgegriffen. Demnach ist eine Zivilgesellschaft durch sechs Merkmale charakterisiert; „Mit Zivilgesellschaft ist erstens die Gesamtheit der öffentlichen Assoziationen, Vereinigungen und Zusammenkünfte gemeint, in denen sich die Bürger auf freiwilliger Basis versammeln“ (Kneer 1997, S. 235). Das zweite Merkmal beschreibt die Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft gegenüber einem Machtzentrum, das dritte Merkmal zeigt die Relevanz der Pluralität der zivilgesellschaftlichen Akteure auf und das vierte Merkmal bezieht sich auf die Legalität zivilgesellschaftlicher Einrichtungen. Fünftens wird eine zivilisierte, d. h. gewaltfreie und tolerante Verhaltensweise gefordert (Kneer 1997, S. 235) und sechstens besitzt eine Zivilgesellschaft utopisches Potential, d. h. dass sie sich stets veränderbaren Möglichkeiten als „utopisches Programm“ (Dubiel 1994, S. 67) gegenübersieht. Konkret wird in der vorliegenden Arbeit von Akteuren der (globalen) Zivilgesellschaft gesprochen, wenn es sich um non-governmental organizations (NGOs), international non-governmental organizations (INGOs) und international organizations (IOs) handelt, die den zivilgesellschaftlichen Merkmalen nach Kneer (1997) gerecht werden. Hybride INGOs und intergovernmental organizations (IGOs) sollen in der vorliegenden Arbeit ausgeklammert werden.
2.2. Korruption
Korruption ist kein neues Phänomen, allerdings ist sie in den letzten Jahren weltweit tendenziell gestiegen (Transparency International 2005, S. 8). Die Kosten des durch Korruption verursachten Schadens betragen jedes Jahr ca. eine Billion US-Dollar (Lovitt 2004, S. 9). Die Globalisierung und der gestiegene Wettbewerbsdruck auf Unternehmen können hierbei als die zwei wichtigsten Ursachen dieser Entwicklung angesehen werden (Galtung 2000, S. 18). Dies mag daran liegen, dass aufgrund der veränderten technologischen Bedingungen die Struktur der Korruption komplexer geworden ist. Ganze Korruptionsnetzwerke lassen sich recht einfach bilden und verwalten. Hinzukommt, dass mit der grenzüberschreitenden Korruption die institutionellen Möglichkeiten der Staaten, rechtlich einzugreifen, begrenzt sind (Eigen 1999, S. 43). Trotz der Aktualität des Problems gibt es in der Literatur Inkonsistenzen in den Begriffsverwendungen. Je nach wissenschaftlicher Perspektive gibt es unterschiedliche Definitionen. In der vorliegenden Arbeit wird daher auf die grundlegendste Definition zurückgegriffen: Korruption ist „das Ausnutzen einer Machtposition zum eigenen Vorteil“ (Wiehen 2001, S. 15). Hierdurch wird klar, dass die Korruption überall dort vorzufinden ist, wo es Macht(-gefälle) gibt, was wiederum auf die Vielzahl an in der Praxis möglichen „Arenen der Korruption“ verweist. Trotz der vielen Möglichkeiten, sollen hier nur Staat und Wirtschaft als korrumpierende Akteure in Betracht gezogen werden.
Die Korruption wird allgemein unterteilt in die situationsbedingte-, die strukturelle- und die netzwerkartige Korruption, wobei die Einteilung nach den Kriterien der zeitlichen Ausdehnung und dem Umfang des Teilnehmerkreises erfolgt (Höffling 2002, S. 32 ff.). Die situationsbedingte Korruption wird auch als Gelegenheitskorruption bezeichnet und entsteht meist durch ein spontanes Angebot in nicht vorher bestimmbaren Situationen. Die strukturelle Korruption hingegen ist eine dauerhafte Form, der auch ein bestimmter Grad an Organisation zu Grunde liegt. Bei der netzwerkartigen Korruption ist die Beziehung zwischen Bestechendem und Bestochenem langfristiger Art, wobei sich meist mehrere Akteure um zentrale Knotenpunkte des Netzwerkes, in denen Akteure die Korruptionsvorgänge koordinieren, versammeln (Haas 2005, S. 19 ff.). Spezielle Formen der Korruption sind der Nepotismus und das so genannte „Anfüttern“. Beim Nepotismus werden beispielsweise Ämter an Verwandte oder Freunde durch eine Gegenleistung vergeben, d. h. hier liegen beim Bestechenden und Bestochenen soziale Beziehungen zu Grunde. Das „Anfüttern“ bezeichnet eine Korruptionsform, bei der die Gegenleistung über einen längeren Zeitraum durch z. B. Geld- und Sachgeschenke erfolgt, der eigentliche Korruptionsvorgang aber erst erfolgt, wenn sich die Situation dafür bietet (Bannenberg/Schaupensteiner 2004, S. 95 f.). In der Literatur wird häufig eine weitere Form der Korruption genannt, die good corruption. Hiermit ist die Bestechung von Beamten, um administrative Vorgänge zu beschleunigen, gemeint, allerdings zeigen jüngere Studien, dass auch diese Form der Korruption volkswirtschaftlich ineffizient ist, d. h. insgesamt mehr Kosten verursacht als Erlöse einbringt (Galtung 2000, S. 20).
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[1] Bei Interesse sei der Leser auf z. B. Kaldor/Muro (2003), Halliday (2001), Roth (2003) und Chambers/Kopstein (2001) verwiesen.
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