Im Verlauf dieser Hausarbeit wird zu zeigen sein, auf welchem theoretischen Gerüst sich die Forschung bezüglich der Untersuchung von Leistungsmotivation bewegt, um dann nach der Unterscheidung von Motiv und Motivation das Risiko-Wahl-Modell Atkinsons als Grundlage für die weiteren Untersuchungen von Schulleistungen zu nutzen. Interessant erscheinen die Fragen: Welchen Einfluss hat das erstmals von Atkinson in die zwei Teilbereiche a) Hoffnung auf Erfolg und b) Furcht vor Misserfolg aufgeteilte Leistungsmotiv auf gezeigtes Schülerverhalten? Kann eine starke Ausrichtung auf die Vermeidung von Misserfolg eine Lernstörung werden? Welche Maßnahmen kann ein Lehrender ergreifen, wenn er erkannt hat, dass Misserfolgsvermeider a) schlechte Lernleistung erbringen oder aber auch b) zwar gute Lernleistungen zeigen (gemessen an Zensuren), aber psychische Störungen erleiden oder erleiden könnten4? Diese und andere Fragen gilt es im nun folgenden Theorie- und dem sich daran anschließenden Praxisteil näher zu untersuchen.
INHALTSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG Zur Bedeutung von Motivation im Unterricht
2. THEORETISCHER TEIL
2.1 Hintergrund: Menschen handeln nach Motiven (Motiv vs. Motivation)
2.2 Schulrelevante Motive
2.3 Das Leistungsmotiv
2.4 Das Risiko-Wahl-Modell nach Atkinson
2.4.1 Erfolgsorientierte Schüler
2.4.2 Misserfolgsvermeidende Schüler
3. PRAKTISCHER TEIL
3.1 Misserfolgsvermeidung als Lern- und Verhaltensstörung?
3.1.1 Spezifische Lernstörungen
3.1.2 Psychogene Lern- und Leistungsstörungen
3.2 Umgang des Lehrers mit Misserfolgsvermeidern
4. ZUSAMMENFASSUNG/ ABSCHLUSSBEWERTUNG
5. LITERATURANGABEN
1. EINLEITUNG
Zur Bedeutung von Motivation im Unterricht
Die Güte der Schulnoten bestimmt häufig darüber, wie beliebt ein Schüler bei seinen Klassenkameraden ist, wie angesehen beim Lehrer, wie viel Taschengeld er bekommt, wie lange er abends fernsehen darf und schließlich ob er eine Lehrstelle oder einen Studienplatz bekommt.
Man kann ohne Übertreibung sagen, dass es sich bei dem Thema Lern- und Schulleistungen um ein Thema von großer Bedeutsamkeit handelt.
Zwar ist die Tatsache trivial, dass sich Schüler in ihren Lern- bzw. Schulleistungen unterscheiden, aber schon die Frage, was die Ursachen dieser Unterschiede sind, ist schwieriger zu beantworten.
Belässt man physische und schwere psychische (Lern-)Behinderungen einmal als ein Sachverhalt für sich, so nennt die Literatur doch maßgeblich zwei Hauptfaktoren, die die Lernleistung des Menschen bestimmen: Die Intelligenz, verstanden als die Fähigkeit etwas zu leisten, sowie die Motivation, erst einmal neutral verstanden als der Wille oder der Drang eine Handlung gemäß seinen Fähigkeiten zu vollziehen (Fähigkeit vs. Anstrengung).[1]
Diese Hausarbeit möchte sich weniger dem Faktor Intelligenz, als vielmehr dem der Motivation und den Motivationsdefiziten als einem „zentrale[n] Praxisproblem“[2] von Schule widmen.
Die Wichtigkeit von Motivation im Zusammenspiel mit Intelligenz stellte schon Bernd Bossong 1978 heraus: „Intelligenz, wie sie mit Intelligenztests gemessen wird, korreliert im allgemeinen 0,30 bis 0,60 mit der Schulleistung, d.h. die unterschiedliche Intelligenz der Schüler kann ungefähr 10% bis 35% der Unterschiede in der Schulleistung erklären, für die restlichen 65% bis 90% müssen jedoch andere Ursachen gesucht werden“[3].
Inwiefern nun motivationale Aspekte in diese Zahlen hineinspielen ist weder belegt, noch aus Sicht dieser Arbeit relevant. Es soll lediglich gezeigt werden, dass Motivation – und in besonderem Maße Leistungsmotivation – einen wichtigen Faktor bei der Performanz von Schulleistung darstellt.
Im Verlauf dieser Hausarbeit wird zu zeigen sein, auf welchem theoretischen Gerüst sich die Forschung bezüglich der Untersuchung von Leistungsmotivation bewegt, um dann nach der Unterscheidung von Motiv und Motivation das Risiko-Wahl-Modell Atkinsons als Grundlage für die weiteren Untersuchungen von Schulleistungen zu nutzen.
Interessant erscheinen die Fragen: Welchen Einfluss hat das erstmals von Atkinson in die zwei Teilbereiche a) Hoffnung auf Erfolg und b) Furcht vor Misserfolg aufgeteilte Leistungsmotiv auf gezeigtes Schülerverhalten?
Kann eine starke Ausrichtung auf die Vermeidung von Misserfolg eine Lernstörung werden?
Welche Maßnahmen kann ein Lehrender ergreifen, wenn er erkannt hat, dass Misserfolgsver- meider a) schlechte Lernleistung erbringen oder aber auch b) zwar gute Lernleistungen zeigen (gemessen an Zensuren), aber psychische Störungen erleiden oder erleiden könnten[4] ?
Diese und andere Fragen gilt es im nun folgenden Theorie- und dem sich daran anschließenden Praxisteil näher zu untersuchen.
2. THEORETISCHER TEIL
2.1. Hintergrund: Menschen handeln nach Motiven (Motiv vs. Motivation)
Bereits im Vorwort ist angeklungen, dass die Begriffe Motivation und Motiv im allgemeinen Sprachgebrauch häufig synonym verwendet werden.
Die Fachsprache hingegen trennt an dieser Steller scharf, wenn unterschieden wird in eine zeit- und situationsüberdauernde, menschliche Verhaltensdisposition[5], dem Motiv, und dessen zeit- und situationsabhängige „Aktualisierung in konkretem motivationalen Verhalten“[6].
Knörzer bezieht sich bei seiner Definition auf Heckhausen[7], der Motive als die vorauslaufenden Bedingungen eines motivierten Verhaltensablaufs verstand, die „durch individuelle Besonderheiten“[8] gegeben sind.
Sehr kurz gefasst ließe sich sagen: Ein Motiv ist der Beweggrund einer Aktivität.
Von Grone und Petersen bemerken: „Während der Begriff der ‚Motivation’ einen aktuellen Erregungszustand bezeichnet, ist mit ‚Motiv’ eine relativ überdauernde Grundhaltung des Menschen gemeint“[9].
Wo der Begriff des Motivs relativ eindeutig ist (zu den verschiedenen Motiven, s.u.), mag hingegen der der Motivation größere Schwierigkeiten bereiten.
Dies ist auch ablesbar an den verschieden Definitionen, die sich in der einschlägigen Literatur finden lassen. So fassen z.B. Oerter und Montada unter Motivation „alle Bedingungen, welche die Aktivität eines Organismus ankurbeln und die Variation dieser Aktivität nach Richtung, Quantität und Intensität bestimmen“[10].
Bereits oben wurde von Motivation als Erregungszustand gesprochen. Diesen Aspekt sehen auch Schönpflug und Schönpflug, wenn sie Motivation als organisierten, auf das Handeln lenkend und antreibend wirkenden und in Handlungsbereitschaft mündenden Erregungszustand definieren[11].
Rheinberg schließlich fasst die wesentlichen Charakteristika von Motivation als „aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzuges auf einen positiv bewerteten Zielzustand“ zusammen, die sich dem einzelnen in seinem „Streben, Wollen, Bemühen, Wünschen, Hoffen etc.“ zeigt[12].
Was im Einzelnen als positiv bewerteter Zielzustand anerkannt und definiert wird, ist hoch subjektiv. Um ein Schülerbeispiel zu nennen, kann dieser Zustand sich für den einen darstellen als die Eins in Mathematik oder aber er mag für den anderen darin liegen, dem Spott seiner Klassenkameraden zu entgehen, nicht aufzufallen etc..
Wenn ein Mensch bei der Ausführung (oder dem Unterlassen!) von konkreten Handlungen sich stets auf ein dieser Handlung vorgelagertes Motiv bezieht, liegt es auf der Hand, dass er über eine Vielzahl von Motiven verfügen muss.
Ein paar dieser Motive sollen im Folgenden genannt werden, um nicht zu letzt diese von dem danach näher zu betrachtenden Leistungsmotiv abzugrenzen.
2.2 Schulrelevante Motive
Besonders für schulisches Lernen relevant erscheinen zum einen die Sozialmotive:
Es werden unter diesem Begriff jene relativ überdauernden Beweggründe einer Person zu-
sammengefasst, die auf die Beziehung zwischen Menschen und zu Gruppen abstellen.
Sie rekurrieren dabei auf Werte wie Solidarität, Zusammenarbeit, gegenseitige Verantwort- lichkeit und Hilfe, oder aber die Verfolgung gemeinsamer Interessen.
Zum anderen sind Selbstmotive zu nennen, welche verstanden werden sollen als solche relativ überdauernden Beweggründe einer Person, die auf „sich selbst“ gerichtet sind und Werte wie Selbständigkeit, Selbstbestimmung, Mündigkeit und Ich-Identität anstreben.
Unter Sachmotive fasst man die relativ überdauernden Beweggründe, Interessen und Wertorientierungen einer Person, die sich auf spezielle Sach- und Inhaltsbereiche beziehen.
Das bedeutet, dass bestimmte Sachbereiche wie etwa Mathematik, Biologie, Sport, Kunst etc. mit speziellen positiven oder negativen Konnotationen verbunden werden. An dieser Stelle ist der Begriff vom „Lieblingsfach“ zu nennen.[13]
Eine gute Übersicht über u.a. schulbezogene Motive bietet Hans Meister (Meister 1982, S. 43 – 54).
2.3 Das Leistungsmotiv
Das Motiv, das für den schulischen Kontext wohl als das wichtigste anzusehen ist, ist das Leistungsmotiv.
Zu erst ist es nötig den Begriff der Leistung näher zu betrachten.
Die Frage, was eine Leistung darstellt, ist gerade in der Schulpädagogik eine kontrovers diskutierte: Objektiv gesehen gibt es jedoch einige Anhaltspunkte, die den Leistungsbegriff näher eingrenzen.
Ein wichtiges Charakteristikum von Leistung ist, dass bei ihr aus einer bestimmten geistigen, körperlichen und psychischen Beanspruchung eines Menschen ein Ergebnis resultiert.
Der Begriff Leistung beschreibt also knapp formuliert „den Zusammenhang zwischen einer Handlung und einem daraus resultierenden Ergebnis“[14].
Diese Auffassung von Leistung führt dazu zu sagen, eine Leistung sei dann erbracht, wenn durch eine bestimmte Handlung ein zuvor intendiertes oder angestrebtes Ergebnis erreicht wird.
Diese Auffassung greift aber zu kurz und muss um mindestens einen Faktor ergänzt werden. Denn man wird kaum von einer Leistung sprechen, wenn ein durchschnittlich guter Schwimmer eine Bahn im Hallenbad in drei Minuten „schwimmt“, obwohl er im oben
genannten Sinne durchaus eine Handlung vollzogen hat. Die fünfundzwanzig Meter in drei Minuten zu schwimmen ist für einen Schüler im o.g. Beispiel keine Leistung, da er zu deutlich mehr fähig wäre, d.h. für ihn diese „Aufgabe“ zu leicht ist. Es lässt sich sagen, dass hier der „Erfolg“ von Anfang an feststeht.
Zum Leistungsbegriff gehört also zum einen die Möglichkeit des Misserfolgs. Nur wenn eine Aufgabe die Möglichkeit beinhaltet, sie nicht schaffen zu können, wird man von einer Leistung sprechen, wenn die Aufgabe dennoch gelöst wurde.
Zum anderen ist es nötig festzuhalten, dass eine Leistung gekoppelt ist an ein für den Leistenden verbindlichen Gütemaßstab, an dem er seine Handlungen ausrichtet.
Das Bedürfnis diesem eigenen Anspruch gerecht zu werden, die Freude daran seine Grenzen zu erkunden, seine Fähigkeiten auf die Probe zu stellen und sich selbst an sich und/ oder anderen zu messen, bezeichnet man als Leistungsmotiv, die ständige „Aktualisierung“, die daraus jeweils erwachsende Handlungsaktivierung in speziellen Situationen ist analog zu oben genannten Motiven als Motivation, hier, Leistungsmotivation zu verstehen.
Ob die im Menschen angelegten Motive und die jeweils daraus abgeleitete Motivation intrinsischen oder aber extrinsischen Charakter haben, ist eine in der Forschung umstrittene Frage, an der sich (auch angesichts ihres geplanten Umfanges) diese Hausarbeit bewusst nicht beteiligen möchte.
Die Stimmen reichen besonders bei der Diskussion um die Leistungsmotivation von der Ablehnung dieser Aufteilung in intrinsische/ extrinsische Motive, bis in neueren Publikationen hin zur Zuschreibung zur „intrinsischen Seite“.
Meister z.B. hält „die Zusammenfassung einzelner Motive z.B. in „primäre“ und „sekundäre“, „bewusste“ und „unbewusste“, „intrinsische“ und „extrinsische“ [für] sehr problematisch“[15].
Er ist daher dafür, diese Zusammenfassung nicht durchzuführen.
Anders hingegen sehen es z.B. v. Grone/ Petersen, die das Leistungsmotiv einem vom Inneren des Menschen her wirkenden Maßstab zuordnen[16].
Sie koppeln damit bewusst in einem denkbaren Drei-Elemente-Modell des Leistungsbegriffes (Handlung – Ergebnis – Folgen) die Folgen von dem Ergebnis ab: Man leistet etwas „für sich selbst“ und nicht für andere[17].
So fasst es auch Rheinberg, wenn er leistungsmotiviertes Handeln nur als solches ansieht, sofern es „auf die Selbstbewertung der eigenen Tüchtigkeit zielt, und zwar in Auseinandersetzung mit einem als verbindlich anerkannten Gütemaßstab“[18].
Wohingegen in früheren Überlegungen die Forschung annahm, Leistungsmotivation sei
eine relativ stabile Verhaltensdisposition des Menschen, bei dem der Einfluss der Leistungsmotive auf deren Handlungen stets unterschiedlich groß sei, geht man heute davon aus, dass zwar die Bereitschaft Leistungen zu erbringen – wie es gerade beschrieben wurde – tatsächlich von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist, dass aber das Leistungsmotiv aus stabilen und variablen Elementen besteht[19].
[...]
[1] Zur Unterscheidung und näheren Bestimmung der Begriffe Motiv und Motivation: siehe 2.1
[2] Wibke v. Grone/ Jörg Petersen: Zum Lernen anregen. Motivation in Theorie und Praxis – Ein praxisorientiertes Studien- und Arbeitsbuch mit Lernsoftware, Donauwörth, 2002, S. 5
[3] Bernd Bossong: Motivationsförderung in der Schule, Weinheim und Basel, 1978 [zugleich: Theorie und Praxis der Schulpsychologie; Bd. 24], S. 5
[4] ein Beispiel hierfür nennen v. Grone/ Petersen 2002, S. 24f.
[5] völlig unwissenschaftlich könnte man vielleicht von einem „inneren, roten Leitfaden“ sprechen, an dem sich ein Mensch orientiert, d.h. auf den er sein Verhalten maßgeblich zurückführt, der ihm als Orientierung dient
[6] Wolfgang Knörzer: Lernmotivation im Kontext der Schule, Konstanz, 1974, S. 16
[7] Heinz Heckhausen: Die Interaktion der Sozialisationsvariablen in der Genese des Leistungsmotivs. In: Graumann, C.F. (Hrsg.): Handbuch der Psychologie in 12 Bänden, Bd. 2, Hogrefe, Göttingen, 1972, S. 955-1019
[8] Knörzer 1974, a.a.O.
[9] v. Grone/ Petersen 2002, S. 9
[10] Oerter, Rolf/ Montada, Leo (Hrsg.): Entwicklungspsychologie. Ein Lehrbuch, München, Weinheim, 1987, S. 644
[11] vgl. Wolfgang Schönpflug/ Ute Schönpflug: Psychologie. Allgemeine Psychologie und ihre Verzweigungen in die Entwicklungs-, Persönlichkeits- und Sozialpsychologie, München, 1989, S. 352f.
[12] Falko Rheinberg: Motivation, Stuttgart, 1997, S. 13
[13] Meister spricht hier von der „mit positiven Gefühlszuständen begleitete aufsuchende Tendenz in bezug auf spezielle Sachbereiche“. Hans Meister: Förderung schulischer Lernmotivation. Eine Einführung in die Motivationspsychologie unter pädagogischen Gesichtspunkten, Düsseldorf, 1982, S. 47
[14] v. Grone/ Petersen 2002, S. 16
[15] Meister 1982, S. 35f.
[16] „Bei dem Leistungsmotiv geht es allein um die individuelle Freude am Erleben der eigenen Tüchtigkeit“, v. Grone/ Petersen 2002, S. 17
[17] z.B. das Malen von Bildern zur Entspannung, nur zum Spaß oder weil man es selbst schön findet, und nicht um die Bilder auszustellen, zum Erhalt von Lob und womöglich Ruhm
[18] Rheinberg 1997, S. 58
[19] ansonsten wäre jegliche pädagogische Intervention sinnlos
- Citation du texte
- Simon Emmerling (Auteur), 2003, Das Atkinson’schen Risiko-Wahl-Modell. Leistungsmotiv für Schule und Unterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60668
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