Die Globalisierung der Weltwirtschaft erfordert von Unternehmen die Nutzung der Vorteile der internationalen Standorte um den Herausforderungen der internationalen Konkurrenz begegnen zu können und den differenzierten Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. Daher ist die Problematik der Standortplanung eine Fragestellung, die immer größere Bedeutung erlangt.
Gerade auch die Automobilindustrie, als einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Deutsch-ands, entdeckte in der ersten Hälfte der 1990er Jahre die Globalisierung. Dadurch stand sie vor der Entscheidung zukünftige Produktionsstandorte den geänderten Anforderungen abzupassen. Es hat sich auch gezeigt, dass verschiedene Länder weltweit unterschiedliche Vorteile für einzelne Aktivitäten innerhalb der Wertschöpfungskette haben. Das Unternehmen muss die maßgeblichen Investitionen auf den einzelnen Stufen betrachten, um dann zu bewerten, ob es sich lohnt, verschiedenen Aktivitäten an unterschiedlichen Orten nachzugehen. Die Verlegung von Standorten bzw. die Errichtung von neuen Standorten im Ausland ist ein strategischer Entscheidungsprozess und erfordert eine detaillierte Planung und eine Auseinandersetzung mit den zukünftigen Zielen des Unternehmens. Auch werden die zunehmenden Produktionsverlagerungen deutscher Unternehmen ins Aus-land mit der Verschlechterung inländischen Standortfaktoren in Verbindung gebracht. Für den Erfolg des Unternehmens ist es daher entscheidend sich ständig mit der Frage der richtigen Produktionsstandorte auseinanderzusetzen. Ziel dieser Diplomarbeit ist es die Standortplanung in ihren theoretischen Gründzügen und einer praktischen Fallstudie darzustellen. Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit wird daher die Standortentscheidung als betriebliches Entscheidungsproblem der international tätigen Industrieunternehmung sein. Dabei wird die Automobilindustrie eine entscheidende Rolle spielen. Die deutsche Automobilindustrie ist für diese Untersuchung prädestiniert. Sie ist einerseits ein Paradebeispiel für eine globale Branche, was sich an zahlreichen Auslandsstand-orten der Unternehmen deutlich zeigt. Andererseits gilt sie als eine der Schlüsselbranchen der deutschen Volkswirtschaft. Mit der Automobilindustrie und speziell mit dem Beispiel Daimler Chrysler in Tuscaloosa soll die praktische Umsetzung der Standortplanung aufgezeigt werden. Dabei werden auch die globalen Einflüsse, die auf das Unternehmen als Teil einer Wertschöpfungskette bzw. eines Netzwerkes wirken, betrachtet.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Zielsetzung
1.3. Methodik
1.4. Abgrenzung
2. Strategischen Standortplanung
2.1. Definitionen
2.1.2. Standortfaktoren
2.1.3. Standortanforderungen
2.1.4. Standortbedingungen
2.1.5. Standortspaltung
2.1.6. Internationale Standortverlagerung
2.2. Standortstrategien
2.3. Motive für Standortverlagerungen
2.4. Problemfelder der Standortwahl
2.5. Ansätze nationaler und internationaler Standortlehren
2.5.1. Die traditionelle Theorie von Weber
2.5.2. Der Ansatz von Sabathil
2.5.3. Der Ansatz von Tesch
2.6. Traditionelle Standortbewertungsverfahren
2.6.1. Quantitative Verfahren
2.6.2. Qualitative Verfahren
2.6.3. Fazit
2.7. Neue Instrumente der Standortbewertung
3. Wertschöpfungsketten und Netzwerke im Blickpunkt der Standortplanung
3.1. Wertschöpfungsketten als moderne Ausprägung grenzenloser Unternehmen
3.2. Der Kunde als Wertschöpfungspartner
3.3. Die wachsende Bedeutung der Netzwerke
3.4. Netzwerke in der Automobilindustrie
3.5. Risiken und Gefahren der bestehenden Strukturen
3.6. Fazit
4. Einfluss der Globalisierung auf die Standortwahl
4.1. Zentrale Merkmale der Globalisierung
4.2. Ursachen der Globalisierung
4.3. Globalisierungsstrategien
4.4. Globalisierung und Standortwettbewerb
5. Die Automobilindustrie im Zeichen der Standortplanung
5.1. Die Automobilhersteller
5.1.1. Strategien der Automobilhersteller
5.1.2. Chancen und Risiken für die Automobilhersteller
5.2. Die Zuliefererindustrie
5.2.1. Strategien der Zuliefererindustrie
5.2.2. Chancen und Risiken für die Zuliefererindustrie
5.3. Zielrichtung der automobilen Globalisierung
5.3.1. Westeuropa als Produktionsstandort
5.3.2. Osteuropa als Produktionsstandort
5.3.3. Asien als Produktionsstandort
5.3.4. Nordamerika als Produktionsstandort
5.3.5. Südamerika als Produktionsstandort
6. Fallstudie
6.1. Grundsätzlicher Aufbau von Fallstudien
6.2. Das Unternehmen DaimlerChrysler AG
6.3. Standortplanung am Beispiel Tuscaloosa
6.3.1. Allgemeiner Überblick
6.3.2. Motive
6.3.3. Projektteams
6.3.4. Standortauswahl
6.3.5. Heutige und zukünftige Situation
6.3.6. Zusammenfassung
7. Schlussbetrachtung
8. Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Standortanforderungen im Entscheidungsprozess
Abbildung 2: Standortstrategien
Abbildung 3: Motive für den Aufbau ausländischer Produktionsstätten
Abbildung 4: Motive für den Aufbau von Produktionsstätten im Ausland nach Regionen
Abbildung 5: Vorgehensmodell einer strategisch fundierten Standortbewertung
Abbildung 6: Supply Chain in der Automobilindustrie
Abbildung 7: Wertschöpfungstiefe der Automobilhersteller und -zulieferer
Abbildung 8: Regionale Verteilung der Auslandsstandorte deutscher Zulieferer
Abbildung 9: Neue Standorte deutscher Zulieferer in den letzten fünf Jahren
Abbildung 10: Regionen potentieller neuer Standorte
Abbildung 11: PKW-Exportquote
Abbildung 12: Ablaufdiagramm Standortauswahl
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
Die Globalisierung der Weltwirtschaft erfordert von Unternehmen die Nutzung der Vorteile der internationalen Standorte um den Herausforderungen der internationalen Konkurrenz begegnen zu können und den differenzierten Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. Daher ist die Problematik der Standortplanung eine Fragestellung, die immer größere Bedeutung erlangt.
Gerade auch die Automobilindustrie, als einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Deutschlands, entdeckte in der ersten Hälfte der 1990er Jahre die Globalisierung. Dadurch stand sie vor der Entscheidung zukünftige Produktionsstandorte den geänderten Anforderungen abzupassen.
Es hat sich auch gezeigt, dass verschiedene Länder weltweit unterschiedliche Vorteile für einzelne Aktivitäten innerhalb der Wertschöpfungskette haben. Das Unternehmen muss die maßgeblichen Investitionen auf den einzelnen Stufen betrachten, um dann zu bewerten, ob es sich lohnt, verschiedenen Aktivitäten an unterschiedlichen Orten nachzugehen.
Die Verlegung von Standorten bzw. die Errichtung von neuen Standorten im Ausland ist ein strategischer Entscheidungsprozess und erfordert eine detaillierte Planung und eine Auseinandersetzung mit den zukünftigen Zielen des Unternehmens.
Auch werden die zunehmenden Produktionsverlagerungen deutscher Unternehmen ins Ausland mit der Verschlechterung inländischen Standortfaktoren[1] in Verbindung gebracht.
Für den Erfolg des Unternehmens ist es daher entscheidend sich ständig mit der Frage der richtigen Produktionsstandorte auseinanderzusetzen.
1.2. Zielsetzung
Ziel dieser Diplomarbeit ist es die Standortplanung in ihren theoretischen Gründzügen und einer praktischen Fallstudie darzustellen. Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit wird daher die Standortentscheidung als betriebliches Entscheidungsproblem der international tätigen
Industrieunternehmung sein. Dabei wird die Automobilindustrie eine entscheidende Rolle spielen. Die deutsche Automobilindustrie ist für diese Untersuchung prädestiniert. Sie ist einerseits ein Paradebeispiel für eine globale Branche, was sich an zahlreichen Auslandsstandorten der Unternehmen deutlich zeigt. Andererseits gilt sie als eine der Schlüsselbranchen der deutschen Volkswirtschaft.
Mit der Automobilindustrie und speziell mit dem Beispiel DaimlerChrysler in Tuscaloosa soll die praktische Umsetzung der Standortplanung aufgezeigt werden.
Dabei werden auch die globalen Einflüsse, die auf das Unternehmen als Teil einer Wertschöpfungskette bzw. eines Netzwerkes wirken, betrachtet.
1.3. Methodik
Die Diplomarbeit wird auf eine Literaturrecherche aufbauen und zusammenfassend die wichtigste Elemente einer Standortplanung in einer globalen Wertschöpfungskette darstellen.
Nach der Einleitung, in welcher neben der Zielsetzung auch die Abgrenzung der Arbeit skizziert wird, werden im Kapitel 2 zunächst die theoretischen Grundlagen der strategischen Standortplanung erarbeitet und abgebildet.
Das Kapitel 3 beschreibt den Einfluss von modernen Wertschöpfungsketten und Netzwerken auf den Prozess der Standortplanung.
Im vierten Teil wird die Bedeutung der Globalisierung auf die Standortwahl abgebildet.
Die Automobilindustrie und deren Standortplanungen, als einen der wichtigsten Bereiche der inländischen Industrie, unterliegen einer speziellen Betrachtung im 5. Kapitel.
Das 6. Kapitel beschäftigt sich mit Standortplanung in der Praxis. Die Fallstudie zeigt am Beispiel der DaimlerChrysler AG eine detaillierte Standortplanung des Produktionswerks in Tuscaloosa/Alabama (USA).
Das abschließende 7. Kapitel fasst noch einmal alle bearbeiteten Themenbereiche zusammen.
1.4. Abgrenzung
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der (industrie-)betrieblichen Standortplanung. Davon abzugrenzen ist die volkswirtschaftliche Standortplanung und die innerbetriebliche Standortplanung.[2] In der vorliegenden Arbeit werden daher auch keine volkswirtschaftlichen Grundlagen und keine Wirtschaftsgeographie (beispielsweise Rohstoffvorkommen) behandelt. Eigentumsformen, Finanzierung, Rechtsformwahl oder Beziehungen zwischen Mutter und Tochter sind, soweit sie die Standortwahl nicht direkt beeinflussen, nicht Gegenstand dieser vorliegenden Untersuchung.
Die Aufgaben der physischen Distribution und das Problemfeld der innerbetrieblichen Standorts[3] werden ebenfalls nicht in die Betrachtung mit einbezogen.
2. Strategischen Standortplanung
In diesem Kapitel wird die strategische Standortplanung theoretisch analysiert. Dazu werden zunächst wichtige Begrifflichkeiten definiert. Daraufhin werden Standortstrategien, die Motive für eine Standortverlagerung und die dabei auftretenden Problemfelder dargestellt. Ein weiterer Bereich beschäftigt sich mit den Ansätzen der nationalen und internationalen Standortlehre. Die traditionellen und neuen Standortbewertungsverfahren bilden den Abschluss dieses Kapitels.
2.1. Definitionen
2.1.2. Standortfaktoren
„Standortfaktoren dienen der Beschreibung bereits bestehender oder potentieller Lokalitäten von Betriebsstätten. Sie stellen die Hauptelemente der Standortanalyse dar und ermöglichen in quantifizierter Form einen Vergleich mehrerer Standortalternativen.“[4]
Die Standortfaktoren stellen somit die Eigenschaften oder spezielle Bedingungen vorhandener und/oder möglicher neuer Standorte dar.[5]
Es lassen sich quantitative und qualitative Standortfaktoren unterscheiden, wobei die Bedeutung der verschiedenen Standortfaktoren unternehmens- und situationsabhängig ist.[6] Der Beitrag der qualitativen Faktoren zur Zielerreichung der Unternehmung kann nicht direkt gemessen werden. Dem gegenüber können quantitative Faktoren direkt gemessen werden.[7]
Eine weitere mögliche Unterteilung kann in Muss- und Sollfaktoren vollzogen werden.[8] Die Mussfaktoren (limitationale Faktoren) sind Standortfaktoren, die auf jeden Fall am potentiellen Standort zu erfüllen sind. Länder, die diesen Anforderungen nicht genügen, scheiden sofort aus dem Alternativspektrum aus. Die Komplexität der Problemverarbeitung wird durch Selektion der potentiellen Länderstandorte reduziert.
Bei den Soll-Faktoren (substitutionale Faktoren) können ungünstige Ausprägungen durch günstige Ausprägungen anderer Faktoren kompensiert werden. Sie dienen unter anderem zur relativen Bewertung derjenigen Standortalternativen, die in die engere Auswahl gekommen sind.
Wesentlich für die Eignung eines Standortes zur Zielerreichung sind diejenigen Standortfaktoren, die als betriebswirtschaftlich relevante Merkmale des Ortes der Leistungserstellung zu verstehen sind.
2.1.3. Standortanforderungen
Die Standortanforderungen dienen als unternehmerische Suchkriterien während eines Standortentscheidungsprozesses. Sie beziehen sich auf einzelne Standortfaktoren oder allgemeine Suchprinzipien. Sie stellen eine Auswahl der wichtigsten Faktoren dar, diese entsprechen dann den Erfolgsfaktoren der Entscheidung. Dieser Zusammenhang wird in Abbildung 1 verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Standortanforderungen im Entscheidungsprozess[9]
Eine wichtige Annahme der traditionellen Theorie, dass der optimale Standort nicht nur von seinen objektiven Kriterien abhängt, wird mit der Einführung des Begriffs der Standortanforderungen aufgehoben.[10]
Die Festlegung der jeweiligen Standortanforderungen erfolgt aufgrund von Annahmen über die zukünftigen Bedürfnisse des Unternehmens. Dieser Prozess ist für jedes Unternehmen unterschiedlich groß und zeitlichen Schwankungen unterworfen.
2.1.4. Standortbedingungen
Standortbedingungen sind alle Gegebenheiten eines Raums, die von den Unternehmen im Zeitablauf bei der Erfüllung ihrer wirtschaftlichen Aufgaben genutzt werden. Sie stellen die generellen Gegebenheiten, die von einem Betrieb in Anspruch genommen werden können, dar. Vor dem Hintergrund zunehmender globaler Ausrichtung der Unternehmen gewinnen die Standortbedingungen für die Investitionsentscheidungen an Gewicht. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die in schwierigen wirtschaftlichen Lagen Kostensenkungspotentiale realisieren müssen.
2.1.5. Standortspaltung
Eine Standortspaltung liegt dann vor, wenn eine Unternehmung mehrere Standorte gleichzeitig unterhält.[11]
Die verschiedenen Typen der Standortspaltung verfolgen auch unterschiedliche Motive.[12] Bei der Standortspaltung hinsichtlich Produktion und Vertrieb ist die Exportförderung das entscheidenden Motiv. Eine parallele Produktion, d.h. das gleiche Produkt wird an mehreren Standorten gefertigt, wird aus Gründen der Marktnähe aufgebaut. Durch eine komplette Verlagerung der Produktion (substituierende Produktion) erreicht man eine Senkung der Produktionskosten. Verfolgt man das Motiv der konzerninternen Arbeitsteilung erfolgt eine komplementäre Produktion. Und durch eine Standortspaltung aus steuerlichen Gründen versucht das Unternehmen Steuern zu sparen.
Die Gründe für eine Standortspaltung können zwingender Natur sein, wenn sie aus dem Unternehmenszweck folgen oder sie können sich in Hinblick auf die Erreichung des Unternehmensziels aus Vorteilen gegenüber der Standorteinheit ergeben.
2.1.6. Internationale Standortverlagerung
„Unter einer internationalen Standortverlagerung wird die teilweise oder gänzliche Auflösung eines oder mehrerer funktionaler Bestandteile eines Unternehmens an dessen inländischen Standort und deren identische oder ähnliche Übertragung auf einen ausländischen Standort verstanden, wobei die ausgeübte Funktion des Bestandteils erhalten bleibt.“[13]
Die internationale Standortverlagerung stellt damit ein Spezialfall der ausländischen Direktinvestition dar. Sie fällt in Abhängigkeit von den strategischen Unternehmenszielen. Das primäre Investitionsmotiv bei einer internationalen Standortverlagerung ist die nachträgliche Suche nach einem besseren Standort für einen bestimmten funktionalen Bestandteil der Unternehmung.[14]
2.2. Standortstrategien
Die internationale Standortstrategie ist ein Teil der internationalen Gesamtstrategie des Unternehmens.[15] Sie beinhaltet die Frage nach der geografischen Reichweite und die Entscheidung über die Verteilung der internationalen Unternehmensaktivitäten auf die einzelnen Standorte. Der erste Punkt bestimmt in welchen geographischen Räumen ein Unternehmen tätig sein will. Der zweite Punkt legt fest, in welchem Ausmaß die Aktivitäten der Wertschöpfungskette in den Ländern bzw. Wirtschaftsräumen ausgeführt werden sollen. Hierdurch lassen sich komparative Vorteile einzelner Ländermärkte ausnutzen. Die Wertschöpfungsstufen werden bei autarken Wertschöpfungsketten in einem Land ausgeführt.
Die internationalen Wertschöpfungsnetzwerke zielen auf eine faktorkostenoptimale Ausnutzung von Länderdifferenzen.[16] Dort wo die jeweilige Aufgabe am besten ausgeführt werden kann, werden die einzelnen Wertschöpfungsstufen angesiedelt.
Eine wichtige Bedeutung hat auch die Kopplung der Standortstrategie mit der Wettbewerbsstrategie. Bei der Wettbewerbsstrategie steht die Nutzung unternehmensinterner Ressourcen im Vordergrund.
Standortstrategien werden abgeleitet, um von einer vorhandenen zur gewünschten Standortstruktur zu kommen. Dabei können sie aus mehreren einzelnen Standortentscheidungen bestehen.[17] Oftmals werden auch mehrer Standortstrategien von den Unternehmen gleichzeitig verfolgt oder gelten nur für eine bestimmte Zeit oder einen bestimmten Raum.
Die Abbildung 2 zeigt drei unterschiedliche Standortstrategien, die sich sowohl separat als auch simultan verfolgen lassen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Standortstrategien[18]
Ziel der Wachstumsstrategie ist das Ausschöpfen zukünftiger Absatzpotentiale auf in- und ausländischen Märkten und der Aufbau weiterer Kapazitäten.[19] Die Rationalisierungsstrategien bzw. kostenorientierte Standortstrategien als zweite strategische Stoßrichtung zie-len auf das Ausschöpfen von Kostensenkungspotentialen im eigenen Unternehmen ab. Das dazugehörige Strategie-Konzept beinhaltet die Optimierung der Produktionsstättenstruktur unter Kostengesichtspunkten. Diese erfolgt durch eine entsprechende Verlagerung von kompletten Fertigungsstätten oder Teilekapazitäten von bestehenden Standorten an Orte im In- oder Ausland, deren Standortbedingungen eine kostengünstigere Fertigung ermöglichen.
Bei der Konfigurationsstrategie wird die vorhandene Standortkonfiguration ohne Veränderungen an den Kapazitäten modifiziert bzw. die Veränderung der Kapazitätsgrößen wird nicht als das vordringliche Ziel der Standortstrategie dargestellt.
2.3. Motive für Standortverlagerungen
Aus Abbildung 3 lässt sich ableiten, dass es drei Hauptargumente für einen Aufbau ausländischer Produktionsstandorte gibt.[20]
Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Motive für den Aufbau ausländischer Produktionsstätten[21]
Das Hauptmotiv (von 65% der Firmen genannt) für eine Standortverlagerung sind die im Vergleich zu Deutschland geringeren Produktionskosten (incl. Personalkosten). Mit einem kleinen Abstand folgt die Markterschließung (60%) auf dem zweiten Rang. 34% der Unternehmen geben an, dass der Grund in der Nähe des Großkunden zu produzieren („following custumer“) wesentlich ist. Die sonst oft als wichtigster Grund titulierten „Steuern, Abgaben und Subventionen werden nur von 21 Prozent der Unternehmen genannt.
Der geringe Anteil von Unternehmen die eine Auslandsproduktion zur Technologieerschließung (8%) und zum Währungsausgleich nutzen (6%) fällt bei dieser Darstellung auf.
Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Motive für den Aufbau von Produktionsstätten im Ausland nach Regionen[22]
Bei der Betrachtung, welche Motive für die Unternehmen in den verschiedenen Regionen maßgeblich waren, erkennt man einige Zusammenhänge (siehe Abbildung 4). Für 85 Prozent der Unternehmen die Produktionsstätten in Osteuropa planen, ist die Kostenreduktion von vorrangiger Bedeutung. Weit dahinter folgt mit 54 Prozent die Markterschließung. Das zeigt, das Osteuropa als Niedrigproduktionsland angesehen wird und nicht als zukünftiger Wachstumsmarkt.
Die Markterschließung ist das treibende Motiv bei der Errichtung von Produktionsstätten in Asien, Nord- und Mittelamerika. Diese Regionen können als bereits entwickelte Märkte mit einem Vor-Ort erschließbarem Potential angesehen werden.
Für die Regionen Europa und Nordamerika spielen Kostenaspekte eine eher untergeordnete Rolle. Hier ist die Technologieerschließung als Motiv (10%) noch von einer gewissen Relevanz.
Auffallend ist die gleich hohe Relevanz der drei Motive Kosten, Markterschließung und „following customer“ in der Region Südamerika. Das zeigt, dass zumindest ein Teil der Firmen, die eine Produktion vor Ort aufgebaut haben, eher fremdgetrieben vorgingen. Dabei wurde die Gelegenheit genutzt, die Möglichkeiten von zusätzlicher Markterschließung oder Kostenreduktion parallel aufzubauen.
Für Asien sprechen das vorhandene Marktpotential und die noch existierenden Kostenvorteile.
Als Ergebnis lässt sich sagen, dass der Aufbau von Produktionskapazitäten deutscher Unternehmen im Ausland aus sehr unterschiedlichen Motiven heraus durchgeführt wird. Aber trotz aller gegenteiliger Beteuerung der Unternehmen sind niedrigere Kosten für nahezu alle Märkte das dominierende Motiv oder einer der beiden Hauptantreiber der Auslandsproduktion.
2.4. Problemfelder der Standortwahl
Das Standortproblem, das auf die Bestimmung des optimalen Ortes wirtschaftlicher Tätigkeit beruht, ist von sehr komplexer Natur. Das Unternehmen muss im Raum der Wirtschaft einen Betriebsstandort finden, der hinsichtlich der Zielkriterien des Unternehmens als optimal empfunden wird. Der Entscheidung kommt eine langfristige, strategische Wirkung zu. Das Unternehmen wird versuchen alle Vor- und Nachteile wichtiger Einflussfaktoren an einem Standort zu erfassen. Durch die wirtschaftliche Dynamik sind die Berechnungen mit einem großen Unsicherheitsfaktor versehen. Trifft das Unternehmen falsche Entscheidungen können diese oftmals nur mit hohen Kosten revidiert werden. Der Standort eines Betriebes kann nicht nur für den Betrieb selbst, sondern auch für seine Region von Bedeutung sein.
Die verwendeten Bewertungsverfahren für die betriebliche Standortentscheidung vernachlässigen wesentliche Aspekte. So wird bei internationalen Standortbewertungen nur der Ist-Zustand des deutschen Standorts miteinbezogen, anstatt alle möglichen und optimierten Zustände zu betrachten. Ein weiterer Punkt ist die Vernachlässigung des Netzwerkbedarfs am jeweiligen Standort. Außerdem wird die Dynamik der zukünftigen Standortentwicklung vernachlässigt bzw. es erfolgt keine regelmäßige Überprüfung des Standorterfolgs.[23]
Folgende Probleme können in der Praxis bei internationalen Standortentscheidungen auftreten:[24] Es erfolgt eine zu starke Fokussierung auf monetäre Größen. Außerdem werden wichtige Faktoren wie z.B. die am neuen Standort erreichbare Produktivität, einmalige Aufbau- und Verlagerungskosten, Kosten für Technologieanpassung und Transport- und Transaktionskosten nicht beachtet. Überdies können „weiche Faktoren“ (z.B. Flexibilität und Qualität), die bei der Standortentscheidung nur unzureichend berücksichtigt wurden, schnell in „harte Faktoren“ umschlagen und so zu einem Abbruch des Auslandsengagements führen.
Unternehmen, die ihre internationalen Standortentscheidungen nicht rechtzeitig und unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren vorbereiten, sind bei der ständig wachsenden Dynamik und Komplexität der Märkte nur selten in der Lage eine Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition zu erreichen.
2.5. Ansätze nationaler und internationaler Standortlehren
Die ersten Vertreter einer betriebswirtschaftlichen Standortlehre prüften ihre Ergebnisse nicht empirisch. Dies war bedingt durch die normative Ausrichtung ihrer Arbeiten. Sie bildeten aber die theoretische Grundlage für zahlreiche empirische Arbeiten.[25]
Die Entstehung einer betriebswirtschaftlichen Standortforschung kann bis zu den Anfängen der Standorttheorie zurückverfolgt werden. Dabei basiert der Ansatz von Weber auf der nationalen, während die Ansätze von Tesch und Sabathil auf Erkenntnissen der internationalen Standortlehre basieren.
2.5.1. Die traditionelle Theorie von Weber
Die Standortforschung ist bis zu unserer Zeit von Alfred Webers Grundsätzen geprägt, die er in seinem Buch „Ueber den Standort der Industrien, Reine Theorie des Standorts“ im Jahre 1909 darstellt. Er sah die Notwendigkeit einer eigenen „Theorie des Standortes der Gewerbe“. Damit entsteht erstmals eine Standorttheorie, die auf den Gegebenheiten der Industrie aufbaut.
Es gibt zwar frühere Ansätze einer solchen Theorie, Weber fügte sie jedoch als erster zu einem geschlossenen Erklärungsansatz zusammen.[26]
Weber hat den Begriff des Standortfaktors eingeführt und unterteilt diesen in „generelle“ und „spezielle“. Die „generellen“ Faktoren treffen für alle Industrien zu, wie z.B. Transportkosten und Arbeitskosten. Die „speziellen“ Faktoren sind nur für einige Branchen von Bedeutung.[27]
Um eine Grundlage für seine quantitative Analyse zu erhalten, ist es Webers Ziel, die Standortfaktoren als Klassifikationsmerkmal zu benutzen.
Die von Weber entwickelte Standortsystematik beinhaltet drei Arten von Entscheidungen.[28] Er unterscheidet nach dem jeweiligen Geltungsbereich in generelle Standortfaktoren und in spezielle Standortfaktoren. Das zweite Einteilungskriterium stellt die Art der Wirkung dar, nach dem sich generelle und spezielle Faktoren unterscheiden. Zum einen sind es die Regionalfaktoren, zum anderen sind es die Agglomerativ- bzw. Deglomerativfaktoren. Die dritte Einteilung erfolgt nach der Beschaffenheit der Standortfaktoren in natürlich-technische und in gesellschaftlich-kulturelle.
Das Hauptproblem des Webereschen Ansatzes besteht in der Annahme eines gegebenen Produktions- und Absatzprogramms. Dies hat er mit allen Problemformulierungen, die auf eine Minimierung der Kosten abzielen, gemeinsam. Auch die Annahme entfernungs- und mengen- bzw. gewichtsproportionaler Transportkosten ist in vielen Fällen auch problematisch.[29] Ein wesentlicher Kritikpunkt an der Theorie von Weber ist der Verzicht auf Einbeziehung der Absatzseite.[30] Aber schon Weber sah die Bedeutung der Standortfaktoren „Transportkosten“, „Arbeitskosten“ und Agglomerationsvorteile“. Diese Faktoren sind bis heute gültig.[31]
2.5.2. Der Ansatz von Sabathil
Die Länderauswahl innerhalb der Standortwahl ist der Schwerpunkt seiner Untersuchung.[32] Im Zentrum seiner Ausführungen steht ein ausführlicher Standortfaktorenkatalog, der jedoch einige Schwächen bezüglich Gliederung, Umfang und Inhalt der dargestellten Standortfaktoren zeigt. Z.B. werden die staatlichen Investitionsanreize oder Fördermaßnahmen vollständig aus seiner Bewertung ausgeschlossen. Auch dem Ablaufschema widmet er nur geringen Platz in seiner Arbeit.
Hervorzuheben ist der Teil seiner Ausarbeitung, in dem er sich mit der Festlegung der Standorte in der Realität beschäftigt. Von seinen Feststellungen lassen sich vier Thesen zusammenfassen:
1. Psychologische Faktoren haben eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung für oder gegen einen Standort im Ausland.
2. Kulturelle Ähnlichkeit der Zielländer ist bei Wahl der Unternehmen von Bedeutung.
3. Ein unternehmerischer Lernprozess steht vor der Wahl eines ausländischen Standortes.
4. „Eine Internationalisierung des Standortsystems erfolgt eher als eine Reaktion auf wahrgenommene Risiken, denn als eine Reaktion auf wahrgenommene Chancen.“[33]
2.5.3. Der Ansatz von Tesch
Tesch versucht „die Bestimmungsgründe der Außenwirtschaftsbeziehungen von Unternehmen mit Hilfe standorttheoretischer Erkenntnisse transparent zu machen.“[34] Er verbindet die Theorie des internationalen Handels und der Direktinvestition mit Elementen der Standorttheorie. Unter dem Begriff der standortbedingten Wettbewerbsvorteile versteht er Verfügbarkeitsvorteile, Nicht-Preisvorteile und Preisvorteile. Sein Standortfaktorenkatalog soll alle für die internationale Wettbewerbsfähigkeit relevanten Faktoren enthalten. Die Gliederung erfolgt in drei Gruppen.[35] Zum einen gibt es Standortfaktoren, die die gesamten Unternehmensaktivitäten betreffen. Außerdem existieren Standortfaktoren, die die
Verfügbarkeit und Kosten der Produktionsfaktoren betreffen und drittens gibt es Standortfaktoren, die den Absatz betreffen.
Standortbedingungen werden den besonderen Standortanforderungen gegenübergestellt, um die Qualität der möglichen Auslandsstandorte bewerten zu können. Zu beachten ist, dass Standortanforderungen als auch die -bedingungen sich im Zeitverlauf verändern können.[36]
Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Beschreibung einzelner, seiner Meinung nach relevanter, Faktoren der Standortwahl im internationalen Kontext.
Kritikpunkt seiner Arbeit (wie auch bei Sabathil) ist, die mangelnde Auseinandersetzung mit dem internationalen Entscheidungsprozess.[37]
2.6. Traditionelle Standortbewertungsverfahren
Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die gängigen Verfahren, die im Rahmen der Standortbewertung in der Praxis üblicherweise eingesetzt werden.
2.6.1. Quantitative Verfahren
Die Unterteilung der statischen und dynamischen Investitionsrechenverfahren erfolgt unter Berücksichtigung der zeitlichen Dimension der Zahlungsströme.
Bei den statischen Verfahren wird der zeitliche Anfall der Ein- und Auszahlungsströme unberücksichtigt gelassen. Es erfolgt eine Orientierung an den durchschnittlichen Größen des Betrachtungszeitraums, so dass die bis zu den unterschiedlichen Zahlungszeitpunkten anfallende Zinserträge bzw. -aufwendungen nicht erfasst werden. Nach der zu vergleichenden Zielgröße der Standortalternativen lassen sich fünf Verfahren unterscheiden: Das Kostenvergleichsverfahren, das Gewinnvergleichsverfahren, die Kostenstrukturrechnung, die Rentabilitätsrechnung und die Amortisationsrechnung.[38]
Bei den dynamischen Verfahren werden die unterschiedlichen Zeitpunkte des Anfalls der mit der jeweiligen Investitions- bzw. Standortalternative verbundenen Ein- und Auszahlungen berücksichtigt.
[...]
[1] Vgl. Kapitel 2.1.2
[2] Vgl. Zahn, Erich; Schmid, Uwe, 1996, S. 292f
[3] Vgl. Gassert, Herbert; Horváth, Péter, 1995, 72
[4] Zahn, Erich; Schmid, Uwe, 1996, S. 293
[5] Vgl. Zahn, Erich; Schmid, Uwe, 1996, S. 293
[6] Vgl. Gassert, Herbert; Horváth, Péter, 1995, S. 72
[7] Vgl. Corsten, Hans, 1995, S. 329
[8] Vgl. Hummel, Boris, 1997, S. 160f
[9] Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 49
[10] Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 48f
[11] Vgl. Corsten, Hans, 1995, S. 327
[12] Vgl. Goette, Thomas, 1994, S. 79 übereinstimmend Herbertz, Frank, 2002, S. 58
[13] Deuster, Jens, 1996, S. 5
[14] Vgl. Deuster, Jens, 1996, S. 24
[15] Vgl. Gnirke, Katharina, 1998, S. 62ff
[16] Ebenda, 67ff
[17] Vgl. Hummel, Boris, 1997, 107f
[18] Ebenda, S. 108
[19] Vgl. Hummel, Boris, 1997, S. 108f
[20] Vgl. Kinkel, Steffen; Lay, Gunther; Jung Erceg, Petra, 2004, S.22ff
[21] Ebenda, S.22
[22] Vgl. Kinkel, Steffen; Lay, Gunther; Jung Erceg, Petra, 2004, S.24
[23] Vgl. Kinkel, Steffen, 2004, S. 4
[24] Vgl. Kinkel, Steffen, 2003, S. 2f
[25] Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 39
[26] Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 35
[27] Ebenda, S. 37
[28] Vgl. Herbertz, Frank, 2002, S. 38f
[29] Vgl. Fischer, Kathrin, 1997, S. 70
[30] Vgl. Herbertz, Frank, 2002, S. 39f
[31] Vgl. Runer, Håkon, 1999, S. 39
[32] Vgl. Herbertz, Frank, 2002, S. 51f
[33] Herbertz, Frank, 2002, S. 52
[34] Ebenda, S. 52
[35] Vgl. Herbertz, Frank, 2002, S. 53ff
[36] Vgl. Herbertz, Frank, 2002, S. 57
[37] Ebenda, S. 58
[38] Vgl. Kinkel, Steffen, 2003, S. 53ff
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