Das Gesundheitswesen befindet sich in einem tief greifenden Strukturwandel. Damit verändern sich nicht nur wirtschaftliche und gesetzliche Rahmenbedingungen, sondern auch kulturelle Faktoren innerhalb der Organisationen und das Klima zwischen Mitarbeitern und Führungspersonen. Dieser Prozess kann für die Mitarbeiter positiv gestaltet werden. Voraussetzung dafür ist ein regelmäßiges Monitoring der wichtigsten Indikatoren der Unternehmenskultur und der Arbeitszufriedenheit. Mitarbeiterbefragungen werden dafür als Erhebungsinstrument in Sozialorganisationen immer häufiger eingesetzt; so werden sie im Rahmen von Qualitätsmanagement oder zur Zertifizierung einer Sozialorganisation benötigt. Zugleich bieten externe Forschungs- und Beratungsinstitute Mitarbeiterbefragungen für Unternehmen an. Ziel solcher Erhebungen ist meist, die Zufriedenheit der Mitarbeiter oder die Atmosphäre in einer Organisationen zu ermitteln. Als sozialwissenschaftliche Methoden werden in der Regel die schriftliche Befragung mit Fragebogen oder seltener Einzel- oder Gruppeninterviews angewendet.
Mitarbeiterbefragungen können für das Management von Sozialorganisationen wichtige Erhebungsinstrumente sein. Sie erfüllen nur bedingt wissenschaftliche Standards, weil sie meist unter Kosten- und Zeitdruck durchgeführt werden müssen. Sie können auch aus praktischen Gründen bei der Datenerhebung nur partiell den wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen. Außerdem dienen sie nicht der Verifizierung von Hypothesen, sondern sie sollen Indikatoren für Prozesse und Relationen im System einer Organisation aufzeigen. Wenn bei Mitarbeiterbefragungen aber versucht wird möglichst ein Höchstmaß an wissenschaftlicher Präzision zu erreichen, dann können die Ergebnisse dennoch als repräsentativ beurteilt werden. In der Regel wird eine anonyme schriftliche Befragung mit einem Standard-Fragebogen durchgeführt.
Durch eine Methodenkombination von schriftlicher Befragung und mündlichem Interview können mögliche Ergebnisverzerrungen aufgedeckt werden. Die unterschiedlichen Vorgehensweisen der zahlreichen Anbieter für Mitarbeiterbefragungen machen es fraglich, ob ein solches Vorgehen wirklich das leisten kann, was erwartet wird. Damit stellt sich dem Autor die Frage, was Mitarbeiterbefragungen in Sozialorganisationen bewirken und v. a. unter welchen Bedingungen Verbesserungen in solchen Unternehmen dadurch erreicht werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Aktualität des Themas
1.2 Forschungsfrage und methodisches Vorgehen
1.3 Gliederung der Arbeit
2. Organisationswissenschaftliche Aspekte zur Sozialorganisation
2.1 Begriffsabgrenzung zur Organisation
2.2 Organisationstheorien
2.3 Altenpflegeeinrichtung als soziales System
2.4 Charakteristika von Nonprofit-Organisationen
2.5 Lebenswelt versus Arbeitswelt in Sozialorganisationen
2.6 Zusammenfassung
3. Sozialwissenschaftliche Aspekte von Mitarbeiterbefragungen
3.1 Begriffsabgrenzung zur Mitarbeiterbefragung
3.2 Formen von Mitarbeiterbefragungen
3.3 Inhalte von Mitarbeiterbefragungen
3.4 Gütekriterien von Mitarbeiterbefragungen
3.5 Zusammenfassung
4. Methodologische Aspekte der Evaluationsforschung
4.1 Begriffsabgrenzung zur Evaluationsforschung
4.2 Formen von Evaluationen
4.2.1 Summative und formative Evaluation
4.2.2 Ergebnisevaluation
4.2.3 Prozessevalution
4.2.4 Wirkungsanalyse
4.2.5 Programmevaluation
4.3 Wirkung des Evaluationsprozesses
4.4 Zusammenfassung
5. Zum Forschungsprojekt: Wirkung von Mitarbeiterbefragungen
5.1 Ziel und Fragestellung
5.2 Forschungsraum und -gruppe
5.2.1 Forschungsraum und –gruppe von Erhebung A
5.2.2 Forschungsraum und –gruppe von Erhebung B
5.3 Erhebungsinstrumente
5.3.1 Erhebungsinstrumente von Erhebung A
5.3.2 Erhebungsinstrument von Erhebung B
5.4 Methodik
5.4.1 Methodik von Erhebung A
5.4.2 Methodik von Erhebung B
5.5 Rücklaufquote, Datenerfassung und –verarbeitung
5.5.1 Rücklaufquote, Datenerfassung und –verarbeitung von Erhebung A
5.5.2 Datenerfassung und –verarbeitung von Erhebung B
5.6 Zu erwartende Ergebnisse und Probleme der Erhebungen A und B
5.7 Ablauf der Erhebungen A und B
5.8 Kritische Würdigung des Ablaufs der Erhebungen A und B
6. Ergebnisse und Schlussfolgerungen
6.1 Darstellen der Einzelergebnisse
6.2 Zusammenfassen der Ergebnisse
6.2.1 Zusammenfassen der Ergebnisse von Erhebung A
6.2.2 Zusammenfassen der Ergebnisse von Erhebung B
6.3 Schlussfolgerungen
6.4 Beantworten der Forschungsfrage
7. Interpretation ausgewählter Ergebnisse
7.1 Interpretationsansatz
7.2 Mitarbeiterbeiterbefragungen durch externe Forschungsinstitute
7.3 Zielsetzungen und Interventionen bei Mitarbeiterbefragungen
7.4 Wirkung von Mitarbeiterbefragungen
7.5 Zusammenfassung
8. Systemorientiertes Management
8.1 Begriffsabgrenzung von System und Management
8.2 Aspekte des systemtheoretischen Ansatzes
8.3 Verständnis von Führung und Management
8.4 Systemorientiertes Management
8.5 Systemische Mitarbeiterbefragungen im Qualitätsmanagement
8.6 Zusammenfassung
9. Ausblick
Literaturverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Anhang
Persönliche Erklärung zur Diplomarbeit
1. Einleitung
1.1 Aktualität des Themas
1.2 Forschungsfrage und methodisches Vorgehen
1.3 Gliederung der Arbeit
1.1 Aktualität des Themas
Das Gesundheitswesen befindet sich in einem tief greifenden Strukturwandel. Damit verändern sich nicht nur wirtschaftliche und gesetzliche Rahmenbedingungen, sondern auch kulturelle Faktoren innerhalb der Organisationen und das Klima zwischen Mitarbeitern und Führungspersonen. Dieser Prozess kann für die Mitarbeiter positiv gestaltet werden. Voraussetzung dafür ist ein regelmäßiges Monitoring der wichtigsten Indikatoren der Unternehmenskultur und der Arbeitszufriedenheit. Mitarbeiterbefragungen werden dafür als Erhebungsinstrument in Sozialorganisationen immer häufiger eingesetzt; so werden sie im Rahmen von Qualitätsmanagement oder zur Zertifizierung einer Sozialorganisation benötigt. Zugleich bieten externe Forschungs- und Beratungsinstitute Mitarbeiterbefragungen für Unternehmen an. Ziel solcher Erhebungen ist meist, die Zufriedenheit der Mitarbeiter oder die Atmosphäre in einer Organisationen zu ermitteln. Als sozialwissenschaftliche Methoden werden in der Regel die schriftliche Befragung mit Fragebogen oder seltener Einzel- oder Gruppeninterviews angewendet. Mitarbeiterbefragungen können für das Management von Sozialorganisationen wichtige Erhebungsinstrumente sein. Sie erfüllen nur bedingt wissenschaftliche Standards, weil sie meist unter Kosten- und Zeitdruck durchgeführt werden müssen. Sie können auch aus praktischen Gründen bei der Datenerhebung nur partiell den wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen. Außerdem dienen sie nicht der Verifizierung von Hypothesen, sondern sie sollen Indikatoren für Prozesse und Relationen im System einer Organisation aufzeigen. Wenn bei Mitarbeiterbefragungen aber versucht wird möglichst ein Höchstmaß an wissenschaftlicher Präzision zu erreichen, dann können die Ergebnisse dennoch als repräsentativ beurteilt werden. In der Regel wird eine anonyme schriftliche Befragung mit einem Standard-Fragebogen durchgeführt. Durch eine Methodenkombination von schriftlicher Befragung und mündlichem Interview können mögliche Ergebnisverzerrungen aufgedeckt werden. Die unterschiedlichen Vorgehensweisen der zahlreichen Anbieter für Mitarbeiterbefragungen machen es fraglich, ob ein solches Vorgehen wirklich das leisten kann, was erwartet wird. Damit stellt sich dem Autor die Frage, was Mitarbeiterbefragungen in Sozialorganisationen bewirken und v. a. unter welchen Bedingungen Verbesserungen in solchen Unternehmen dadurch erreicht werden. Mit einer Evaluationsstudie untersucht der Autor die Veränderungen in einer Sozialorganisation ein Jahr nach einer Mitarbeiterbefragung. Der Autor hat diese selbst geplant und durchgeführt. Dieses Vorgehen liefert Vergleichsinformationen und lässt somit positive oder negative Veränderungen aufzeigen.
1.2 Forschungsfrage und methodisches Vorgehen
Der Autor wird in der vorliegenden Abhandlung folgende Forschungsfrage bearbeiten:
Welche Wirkungen haben Mitarbeiterbefragungen in Sozialorganisationen?
Er greift zum Beantworten auf eine von ihm durchgeführte Mitarbeiterbefragung in einer Sozialorganisation von 2004 als Vorstudie (Erhebung A) zurück, die er ein Jahr später mit Mitarbeiterinterviews (Erhebung B) evaluierte. Erhebung A erstreckte sich auf 23 Organisationseinheiten eines in Bayern ansässigen sozialen Dienstleistungsunternehmens. Die Mitarbeiterzufriedenheit wurde mit einer Teilerhebung 20% (N = 146) von insgesamt 730 Mitarbeitern ermittelt. Ein Jahr später wurde eine ausgewählte Teilgruppe von sieben Führungspersonen (N = 7) aus sieben Organisationseinheiten des gleichen Unternehmens interviewt (Stichprobe 1% / Erhebung B). Bei Erhebung A wurde eine schriftliche Befragung mit einem standardisierter Fragebogen durchgeführt. Im Anschluss fand ein Interview mit Frageraster statt. Für die Evaluationsstudie (Erhebung B) diente ein Frageraster für das Interview. Es kam zu folgendem Ergebnis:
- Mitarbeiterbefragungen führen kaum zu Veränderungen in einer Sozialorganisation, wenn die Ergebnisse nicht von Vorgesetzten mit den Mitarbeitern reflektiert werden und konkrete Maßnahmen zum Erreichen von neu gesetzten Zielen gemeinsam geplant werden.
1.3 Gliederung der Arbeit
Der Autor orientierte sich bei den Kapiteln 2, 3 und 4 am Werk von Seeberger: Zur Wirksamkeit von Qualitätsmanagement in Altenpflegeeinrichtungen (vgl. 2004), weil er bei den Erhebungen A und B vor allem auf diese Abhandlung bei der Erstellung des Forschungsdesigns zurückgriff. In Kapitel 2 geht es um eine Darlegung organisationswissenschaftlicher Aspekte zur Sozialorganisation, wobei Organisationen des dritten Sektors, beispielhaft eine Altenpflegeeinrichtung, dargestellt werden. Die Ausführung von sozialwissenschaftlichen Aspekten von Mitarbeiterbefragungen in Kapitel 3 geht auf Formen, Inhalte und Gütekriterien von Mitarbeiterbefragungen ein. In Kapitel 4 werden die methodologischen Aspekte der Evaluationsforschung, schwerpunktmäßig die Formen und Wirkungen von Evaluationen aufgezeigt. Kapitel 5 beinhaltet das Forschungsprojekt: Wirkung von Mitarbeiterbefragungen. Alle Schritte der Mitarbeiterbefragung und der anschließenden Evaluationsstudie sind in diesem Kapitel beschrieben. In Kapitel 6 erfolgt neben der Ergebnisdarstellung des Forschungsprojekts und der Zusammenschau der Ergebnisse vor allem das Beantworten der Forschungsfrage. Bei der Interpretation ausgewählter Ergebnisse in Kapitel 7 geht der Autor auf die Durchführung von Mitarbeiterbefragungen durch externe Forschungsinstitute, die Zielsetzungen und Interpretationen sowie die Wirkung von Mitarbeiterbefragungen ein. In Kapitel 8 zeigt der Autor den systemorientierten Managementansatz für Führende von Sozialorganisationen im Kontext zu Mitarbeiterbefragungen auf. Beim Ausblick in Kapitel 9 wird die Bedeutung von Mitarbeiterbefragungen im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen des Marktes im Gesundheitswesen hervorgehoben. Der Autor regt hier zu weiteren möglichen Forschungen zum Thema dieser Arbeit an. Im Anhang finden sich die Einzelergebnisse von Erhebung A (Mitarbeiterbefragung 2004) und B (Evaluationsstudie), die abgeleiteten Interventionsmaß-nahmen sowie die Erhebungsinstrumente von Erhebung A und B.
2. Organisationswissenschaftliche Aspekte zur Sozialorganisation
2.1 Abgrenzen des Begriffs Organisation
2.2 Organisationstheorien
2.3 Altenpflegeeinrichtung als soziales System
2.4 Charakteristika von Nonprofit-Organisationen
2.5 Lebenswelt versus Arbeitswelt in Sozialorganisationen
2.6 Zusammenfassung
In den nachfolgenden Kapiteln stellt der Autor theoretische Aspekte zur `Sozialorganisation´ dar. Der Wortteil `Sozial´ in `Sozialorganisation´ weist auf Organisationen des so genannten dritten Sektors hin. „Der Dritte Sektor umfasst nach der hier zu Grunde gelegten Definition alle Organisationen, die weder erwerbswirtschaftliche Firmen noch öffentliche Behörden der unmittelbaren Staats- und Kommunalverwaltung sind.“ (Seibel 1994, S.23). Der dritte Sektor produziert öffentliche Güter in Form von Dienstleistungen. Als typisches System des dritten Sektors werden die Altenpflegeeinrichtung und ihre Trägerorganisation beispielhaft dargestellt.
2.1 Begriffsabgrenzung zur Organisation
Der Begriff der Organisation hat im Sprachgebrauch unterschiedliche Bedeutungen. Generell sollen Organisationen hier definiert werden als „Relationen, die existieren oder gegeben sein müssen, damit ein Etwas etwas ist" (Maturana, Varela 1987, S.49). Im Laufe der Geschichte war dieses Herstellen von Bezügen ein immer wieder auftauchendes Problem. Mit der Entwicklung von Staaten ergab sich das Problem, wie das Zusammenwirken von Individuen zu gestalten sei. Organisationsformen boten die Lösung dieses Problems in ihrer konkreten Ausprägung. Die Industrialisierung brachte mit sich, dass sich das Problem der arbeitsteiligen und koordinierten Anordnung von Menschen und/oder Maschinen auch für die Wirtschaft beim Gestalten der Unternehmen ergab (vgl. Vahs 2001, S.8). Die Definition von Wirtschaft als „Gesamtheit der - räumlich und zeitlich - abzugrenzenden Einrichtungen und Maßnahmen zur planvollen Deckung [...] des menschlichen Bedarfs an Gütern" (Olsson, Piekenbrock 1998, S.401) zeigte, dass das Gestalten der Ordnungsstruktur von Betrieben Gegenstand wissenschaftlichen Betrachtens und Forschens wurde. „In der Organisationstheorie wird generell zwischen einem funktionalen und einem institutionalen Organisationsbegriff unterschieden [...]. In funktionaler Hinsicht dient die Organisation als Mittel der Zielerreichung, d. h. ihr kommt Mittelcharakter zu (,Die Unternehmung hat eine Organisation’). In institutioneller Hinsicht ist Organisation eine Bezeichnung für ein soziales Gebilde (,Die Unternehmung ist eine Organisation’). Während Organisation in prozessualer Hinsicht das Formulieren von generellen Regeln umfasst, stellt Organisation als Ergebnis die Gesamtheit dieser Regelungen dar. Letztendlich bedeutet organisatorisches Handeln die Schaffung von Strukturen, d. h. organisieren ist strukturieren [...]" (Corsten 1997, S.75). Der instrumentale Organisationsbegriff definiert die Organisation als die ideelle Grundlage, die sich konkret in der jeweiligen Struktur, der Anordnung von Elementen eines Etwas, ausprägt, um bestimmte Ziele zu erreichen. Diese Struktur wiederum prägt die Funktion und das Eigentliche des so Organisierten, so dass das Strukturganze in seiner Unterscheidung zur Umwelt wiederum als Organisation bezeichnet wird. Legt man den instrumentalen Organisationsbegriff zu Grunde, so ergeben sich zwei Fragen:
- Worin liegt das Gemeinsame aller sozialen Systeme? Das heißt welches ist das Objekt der Organisationslehre?
- Welche Rolle spielt die instrumental verstandene Organisation in sozialen Systemen? Das heißt welches ist das spezifische Problem, mit der die Organisationslehre an ihr Objekt herangeht? (vgl. Hill, Fehlbaum u. a. 1994, S.17)
„Die Antworten auf die beiden Fragen werden üblicherweise als Wahl eines Ansatzes der Organisationslehre (bzw. -theorie) bezeichnet. Diese Wahl stellt eine vorwissenschaftliche Entscheidung dar, die nicht im Rahmen des Aussagensystems einer Disziplin selbst begründet werden kann" (Hill, Fehlbaum u. a. 1994, S.17). Als vorwissenschaftlich ist sie deshalb zu bezeichnen, weil es sich bei der Wahl des Ansatzes um ein Werturteil handelt, das der Präferenz, also der Vorliebe entspringt. Diese Wahl hat nicht immer rationale Implikationen. „Zwar kann und muss sich ein Wissenschaftler für eine bestimmte (metaphysische) Weitsicht und (normativ) für bestimmte methodische Verfahren entscheiden, doch liegt diese Entscheidung nicht im Rahmen des eigentlichen empirischen Wissenschaftsprogramms" (Weik, Lang 2001, S.21). Wissenschaftlichkeit entfaltet sich erst innerhalb der unterschiedlichen Ansätze. In der Geschichte der Organisationstheorie (vgl. Bardmann 1994/Steinmann, Schreyögg 1997) haben sich in verschiedenen Epochen unterschiedliche Betrachtungsweisen und damit verbundene Denkrichtungen und Ansätze entwickelt, die nachfolgend skizziert werden. Ende des 19. Jahrhunderts bildete sich in den USA die Schule des ,scientific management’, der wissenschaftlichen Betriebsführung, heraus. Federführend war der amerikanische Ingenieur Taylor (vgl. Giedion 1994, S.120 f.). Er betrachtete den Betrieb als eine Maschine, die nach rationalen Kriterien gestaltet und ständig optimiert werden kann, so dass durch permanentes Verbessern der Funktionen das Verhältnis von Mitteleinsatz zu Produktausstoß optimal wird. Funktional entstanden - als Folge des Maschinenparadigmas - die Produktionsstätten als soziotechnisches Gebilde, deren Konkretisierung das Fließband war. Der Mensch wurde in der Organisation als Ergänzung und Bediener der Maschine betrachtet, „um Bewegungen auszuführen, die die Ingenieure von der Maschine noch nicht verlangen konnten" (Giedion 1994, S.143). Organisationen galten als planbar und nach rationalen Gesichtspunkten gestaltbar, also als vollkommen formalisierbar. „Der Manager tritt hier als Organisationsingenieur und Sozialtechnokrat auf. Die Managementart, die dem mechanistischen Denken entspricht, nennen wir den technomorphen Ansatz" (Bardmann 1994, S.263). Dieser Ansatz ist bis heute mehr oder weniger manifest wirksam.
In den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts fand zunächst die Psychologie Eingang in die Organisationstheorie. Die Hawthorne-Experimente (vgl. Brown 1956, S.51 f.) entsprangen tayloristischem Gedankengut. Diese führten zum Ergebnis, dass nicht nur das sachliche Ausgestalten der Produktionsstätten einen Einfluss auf die Arbeitsleistung hat. Vielmehr sind demnach Menschen Wesen mit Emotionen, die rational nicht vom Produktionsvorgang abgekoppelt werden können. Dies war das Entdecken des Sozialen als ein Teil der Organisation. Der Mythos der totalen Formalisierbarkeit wurde relativiert. Der „Human-Relation-Ansatz" (Steinmann, Schreyögg 1997, S.58) richtete seine Aufmerksamkeit verstärkt auf den bis dahin ausgeklammerten informellen Aspekt der Organisation. Die Arbeitszufriedenheit wurde als entscheidender Faktor der Produktionssteigerung erkannt. Durch Mitbeteiligen der Arbeitnehmer an innerbetrieblichen Entscheidungen und Umstrukturierungen wie Job-Rotation wurde versucht, dies zu erreichen. Da kann der Human-Relation-Bewegung ein grundsätzlicher Denkfehler angelastet werden. Er gründet in der Einredung, die vorgefundene informale Organisation so beeinflussen zu können, dass sie voll und ganz in den Dienst der formalen Organisationszwecke tritt [...]" (Bardmann 1994, S.301). Der Human-Relation-Ansatz wurde abgelöst vom „Human-Ressource-Management" (Steinmann, Schreyögg 1997, S.59), da in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts deutlich wurde, dass der informale Anteil der Organisation nicht vollständig in die formalen Strukturen einzubinden war. Die Motivation der Mitarbeiter rückte in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Organisationsforscher. Aus der vielschichtigen Verfasstheit menschlichen Seins im Gegensatz zu den stark formalisierten Ansprüchen der Organisationen wurde gefolgert, dass die traditionelle Organisation von den Mitarbeitern als demotivierend und leistungshemmend erlebt werden muss" (Steinmann, Schreyögg 1997, S.59). Damit war in der Organisationstheorie das Ende der tayloristischen Gestaltungsprinzipien gekommen. Die Mitarbeiter sollten innerhalb der Organisation ihr Potenzial entdecken können. Daher sollten sie stärker an Entscheidungen beteiligt werden als bisher und die Prinzipien der Selbstkontrolle und des Vertrauens, die die alten Steuerungselemente der Repressalienfurcht und der Fremdkontrolle ersetzen, entfalten können (vgl. Steinmann, Schreyögg 1997, S.60). Somit rückte der Mensch immer mehr in den Mittelpunkt der Organisationstheorien. Dies hatte zur Folge, dass Organisationen nicht mehr nur unter rein rationalen und berechenbaren Aspekten betrachtet wurden. Der Komplexität der Unternehmensrealität, in Verbindung mit den Gegebenheiten der Umwelt, konnte an sich nur eine Theorie gerecht werden, die sich mit dem Gegenstand der Komplexität beschäftigte. So hielten systemtheoretische Ansätze, die sich permanent selbst in der Weiterentwicklung befinden, ihren Einzug in die Wissenschaft von der Organisation.
2.2 Organisationstheorien
Die Organisationstheorie ist keine homogene Disziplin. Mehr denn je konkurrieren unterschied-liche Perspektiven und Theoriegebäude um Erklärungs- und Gestaltungsrelevanz (vgl. Steinmann, Schreyögg 1997, S.29). Eine Organisationstheorie, die alle Aspekte einer Organisation gleichermaßen berücksichtigen und darstellen kann, gibt es nicht. Einer der bekanntesten Gliederungsansätze von Organisationstheorien ist die Drei-Phasen-Gliederung von Scott (1961, vgl. Steinmann, Schreyögg, 1997, S.30 f.), die die Organisationstheorien in klassische, neoklassische und moderne Ansätze unterteilt.
- Zu den klassischen Ansätzen zählen der Bürokratieansatz von Max Weber, der administrative Ansatz von Henry Faryol und der arbeitswissenschaftliche Ansatz von Frederick Taylor. Während bei der klassischen Organisationstheorie die formale Organisation im Vordergrund stand, rückte bei der neoklassischen Organisationstheorie die informale Organisation in den Mittelpunkt der Betrachtung.
- Zu den neoklassischen Ansätzen zählen der Human-Relation-Ansatz und die Areiz-Beitrags-Theorie.
- Zu den modernen Ansätzen zählen der Human-Ressourcen-Ansatz, der strukturalistische Ansatz, die organisatorische Entscheidungsforschung und die mikroökonomische Organi-sationsanalyse. Aus der Systemtheorie haben sich der systemtheoretisch-kybernetische, der soziotechnische und er organisationssoziologische Ansatz herausgebildet.
Inhalt bzw. Forschungsgegenstand der organisationalen Systemtheorie ist die Analyse von Strategien zum Erfassen und Reduzieren von Komplexität in Organisationen. Luhmann (vgl. 1987), Willke (vgl. 1996) und Baecker (vgl. 1993) sind die bekanntesten Vertreter dieses Ansatzes. Organisationen werden als soziale Systeme betrachtet, in denen Individuen zu bestimmten Zwecken zielorientiert zusammenwirken. Daraus resultierend steht das Verhalten ihrer Mitglieder im Vordergrund der Betrachtung (vgl. Hill, Fehlbaum u. a. 1994, S.23). Durch die systemtheoretische Sichtweise soll eine Verknüpfung systeminterner und systemexterner Gegebenheiten sowie struktureller und verhaltenswissenschaftlicher Aspekte in Organisationen hergestellt werden (vgl. Seeberger 2004, S.15). Der Systemtheoretiker Luhmann (vgl. 1987, S.261 f.) geht von der These aus, dass soziale Systeme wie Unternehmen, Verwaltungen, Vereine und Familien ein Eigenleben haben und die überwiegende Zahl der organisatorischen Entscheidungen zum Aufrechterhalten der Funktionsfähigkeit des Systems und somit der Selbsterhaltung dienen.
2.3 Altenpflegeeinrichtung als soziales System
Akteure in Pflegeeinrichtungen bzw. Altenheimen sind Menschen. Sie sind die Ursache dafür, dass Heime eingerichtet werden, wie sie auch im konkreten Vollzug die Heime bewohnen, führen, darin leben und/oder darin arbeiten. Menschen sind nicht triviale psychische Systeme. „Sowohl psychische als auch soziale Systeme sind sinnhaft konstituierte Systeme [...]: Psychische Systeme verarbeiten Sinn in Form von Gedanken und Vorstellungen; soziale Systeme dagegen prozessieren Sinn in Form sprachlich symbolisch vermittelter Kommunikation [...]. Soziale Systeme bilden sich auf der Grundlage von Kommunikation. Für ihre Kontinuität ist fortlaufende Kommunikation unerlässlich" (Willke 1996, S.65). Durch die Co-Evolution von psychischen wie sozialen Systemen (vgl. Luhmann 1987, S.92) ist Sinn das verbindende Grundmuster. Sowohl psychische als auch soziale Systeme haben jedoch zunächst Eigen- Sinn. Das Gehirn ist ein in sich geschlossenes System, das durch die Nerven nur quantitative Impulse als Input von den Sinnesorganen übermittelt bekommt. Das Gehirn bekommt von außen immer nur ein Wieviel gemeldet, das Was und die Relevanz errechnet es selbst, indem es die ankommenden Nervenimpulse selektiert und in den Kontext bereits vorangegangener Berechnungen einbettet. Das Gehirn errechnet Bedeutungen aus einem bereits vorhandenen Muster (vgl. von Foerster 1991, S.43 f.). Dabei greift es aus der Vielzahl möglicher sprachlicher Codierungen die Bezeichnungen heraus, die erstens im jeweiligen Wortschatz zur Verfügung stehen und zweitens der zu codierenden Unterscheidung am angemessensten erscheinen. So generiert das psychische System seine eigene Realität. Soziale Systeme gehen operational ähnlich vor. Nach Luhmann (1987, S.604) „konstruiert ein soziales System seine Realität in Berechnung seiner Berechnung durch den Kommunikationsprozess selbst, und zwar durch ein Kommunizieren über Kommunikation, mit dem getestet wird, ob eine Kommunikation durch Verstehen überhaupt zu Stande gekommen ist oder nicht. Diese Möglichkeit wird immer mitgeführt, [...] ob sie nun aktuell benutzt wird oder nicht. [...]. So ist Kommunikation die einzige Realitätsgarantie des sozialen Systems - aber dies nicht, weil sie die Welt, wie sie ist, widerspiegelt, oder zutreffend bezeichnet [...], sondern weil sie durch die Form ihrer Geschlossenheit konditionierbar ist und sich selbst damit Bewährungstests aussetzt [...]." Das Konstruktionsprinzip der internen Realität eines Sozialsystems hat zur Folge, dass Realität das Ergebnis eines stattfindenden Aushandlungsprozesses ist, in dem die Sichtweisen von Realität festgelegt werden. Das arbeitsteilige Ausdifferenzieren sozialer Systeme findet so statt, dass jedes Teilsystem für sich wiederum ein geschlossenes System ausbildet. Sie folgen dem Muster des Metasystems. Damit bilden sich Spezialsemantiken heraus, die den jeweiligen internen Sinn und die interne Realität konstituieren. Die Funktion einer Membran ist die Kommunikation des Stoffwechsels. Der Sinn entscheidet, was dazugehört, was Sinn macht und unterscheidet davon den Un-Sinn. Denn Un-Sinn enthält für das jeweilige System nicht brauchbare Informationen. „Sinnsysteme sind Unterscheidungsmaschinen, die sich selbst durch das Netzwerk der eigenen Operationen produzieren und reproduzieren. [...]. Sie bilden sich durch ihre eigene Unterscheidungspraxis, durch Selbstbindung an einmal getroffene Unterscheidungen, in Orientierung an systemeigenen Codes, durch das Prozessieren System spezifischer Differenzen in Orientierung an der Fortsetzung der eigenen Operationen" (Bardmann 1994, S.135). Die Altenpflegeeinrichtungen stellen soziale Systeme dar, in dem unterschiedliche Teilsysteme mit je eigener Semantik und je eigener Handlungslogik aufeinander treffen und daraus spezifische Probleme erwachsen. In der einschlägigen Managementliteratur werden die Problemzonen, in denen dieses Aufeinandertreffen stattfindet, als Schnittstellen bezeichnet. Da an Schnittstellen aber in erster Linie Abgleichungs- und Transferprozesse von Sinn stattfinden - oder auch nicht, was zu Dysfunktionen führen kann -, scheint der von Bateson verwendete Begriff der "Grenzfläche" (1982, S.50) angebrachter. Er definiert die Grenzfläche als die Grenzen zweier Systeme, durch die Informationen transportiert und deshalb gegebenenfalls transformiert werden. Dies scheint besonders dann notwendig, wenn divergierende Codes vorliegen. So ist die Grenzfläche gleichzeitig der Ort, an dem die Notwendigkeit von Aushandlungsprozessen entsteht. Solche Grenzflächen treten auf verschiedenen Ebenen auf und wirken auf das System Altenpflegeeinrichtung.
2.4 Charakteristika von Nonprofit-Organisationen
Soziale Dienstleistungen werden von Nonprofit-Organisationen angeboten, die bestimmte Merkmale haben. Als funktionales Leitmotiv für die Arbeit dieser Nonprofit-Organisationen (NPO's) gilt in Deutschland das Subsidiaritätsprinzip, das nach folgenden Gesichtspunkten gestaltet ist: „Jeder Mensch und jede Gruppe hat ein Anrecht auf Hilfe von der jeweils nächststehenden und nächstgrößeren Gruppe, insoweit diese Hilfe als Voraussetzung für die eigenständige Lebensgestaltungsmöglichkeit notwendig ist. Jeder Mensch und jede Gruppe hat ein Anrecht darauf, dass die größere Einheit keine Aufgaben an sich zieht, die die jeweils kleinere Einheit ebenso gut oder besser erfüllen kann. [...]. Das Subsidiaritätsprinzip regelt nicht, nach welchen Kriterien eine Hilfebedürftigkeit festgestellt wird, welche konkreten Maßnahmen der Hilfe ergriffen werden sollen [...]. Was, wie und in welchem Strukturaufbau überhaupt geregelt werden soll, unterliegt der gesellschaftlichen Auseinandersetzung [...]" (Schlüter 1995, S.158). Die gesellschaftliche Auseinandersetzung wird im Gestalten der Sozialpolitik deutlich. Als deutsches Spezifikum führte das Aufnehmen und Ausgestalten der Subsidiarität in der Sozialgesetzgebung dazu, dass Wohlfahrtsverbände eine privilegierte Stellung beim Erbringen sozialer Dienstleistungen bekamen. Staatliche Wohlfahrtsmaßnahmen wurden und werden von der öffentlichen Hand finanziert und vorwiegend von den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege erbracht. Dies führte zu einem enormen Wachstum, gerade bei den sozialen Dienstleistungen, so dass das Subsidiaritätsprinzip das wirtschaftliche Fundament der sozialen Dienstleistungsanbieter bildet (vgl. Anheier 1998, S.50 f.). Organisationen, die soziale Dienstleistungen erbringen, haben in ihrer Sonderstellung zwischen Staat und Markt spezifische Merkmale:
- Sie sind eigenständig verwaltet, bedingt durch das Se1bstverwaltungsprinzip, das den Nonprofit-Organisationen bereits im 19. Jahrhundert einen weit gehenden Schutz vor staatlichen Eingriffen gewährte.
- Sie sind organisatorisch unabhängig vom Staat und meist in der Rechtsform von eingetragenen Vereinen, gemeinnützigen Vereinen, Stiftungen, Einrichtungen der freien Wohlfahrtsträger oder in gemeinnützigen GmbHs u. ä. konzipiert.
- Sie sind nicht gewinnorientiert, was aber nicht bedeutet, dass sie keine Gewinne erzielen dürfen. Gewinne dürfen nicht zur Vermögensmehrung dienen und müssen für die satzungsmäßigen Zwecke zeitnah verwendet werden, Überschüsse, Zuwendungen etc. müssen im Folgejahr in das Unternehmen investiert werden. Es können mehrere Zwecke verfolgt werden. Diese müssen jedoch aus der Satzung hervorgehen.
- Erfüllt eine Nonprofit-Organisation die genannten Punkte unter dem Aspekt, dass ihre ausgewiesenen Unternehmenszwecke dem Gemeinwohl dienen, erfüllt sie die Kriterien der Gemeinnützigkeit. Damit ist die Nonprofit-Organisation steuerlich begünstigt und muss normalerweise keine Gewerbe- oder Umsatzsteuer u.a. bezahlen. Eine indirekte Steuerbegünstigung stellt die Absetzbarkeit von Spenden bei der Einkommenssteuererklärung des Spenders dar.
- Nonprofit-Organisationen sind graduell durch Beiträge finanziert und tragen sich zum Teil durch ehrenamtliche Arbeit.
- Die Mitgliedschaft in Nonprofit-Organisationen ist freiwillig.
2.5 Lebenswelt versus Arbeitswelt in Sozialorganisationen
Anders als Krankenhäuser, die man nach Heilung der Krankheit wieder verlässt, sind Altenpflegeeinrichtungen Orte, an denen man bleibt, meist bis zum Lebensende. Eine Altenpflegeeinrichtung ist eine Lebenswelt, soziologisch eine vorgegebene alltägliche Wirklichkeit, in der der Mensch lebt, erlebt und handelt, die auch die Natur, die Sozial- und Kulturwelt, umfasst. Die Lebenswelt wird intersubjektiv geteilt und ist somit sozial (vgl. Düx 1997, S.4). Durch die Spezifika der Altenpflegeeinrichtungen ergibt sich, dass bei solchen Einrichtungen ein deutliches Abgrenzen zur sozialen Lebenswelt stattfindet. Altenpflege-einrichtungen stellen somit Sonderwelten dar, die zeitlich, räumlich und inhaltlich abgrenzbar sind. Da sie nur einen Ausschnitt aus dem gesamten Alltagsgeschehen darstellen, können sie nicht mit der intersubjektiv geteilten Sozialwelt gleichgesetzt werden. „Die Lebenswelt des Alten- und/oder Pflegeheimes als konkrete Sonderwelt markiert nun ihrerseits den gesamten intersubjektiven Erfahrungsraum [n.] von Individuen, der sich aus Personen und Dingen, Erlebnissen, Ereignissen und Entwicklungen sowie formellen und informellen Strukturelementen konstituiert, denen die Individuen im Vollzug ihres alltäglichen Daseins entgegentreten oder mit denen sie (unfreiwillig) konfrontiert werden" (Düx 1997, S.5). Altenpflegeeinrichtungen sind oftmals unfreiwillig gewählte Lebenswelten, da der Grund für den Eintritt in eine Pflegeeinrichtung meist in einem plötzlichen Verschlechtern des Gesundheitszustandes einer Person liegt. Dadurch kommt es zu einem Bruch in der bisherigen Lebensführung und einem Verlagern des individuellen Lebensmittelpunktes aus der eigenen Wohnung in das Zimmer des Altenpflegeheims (vgl. Düx 1997, S.19 f.). Darunter leidet die Identität der Person in unterschiedlichem Ausmaß. Dieses Leiden kann sich zu einem Gefühl „relativer Deprivation" (Düx 1997, S.22) verdichten. "Als relative Deprivation bezeichnet man die von einem Individuum subjektiv als Versagung, Benachteiligung, Verlust empfundene Diskrepanz zwischen seinen Erwartungen und den realen Verhältnissen, in denen es existiert. Die Erwartungshaltung der alten Menschen, die in ein Heim übersiedeln, ist in der Regel auf die Kontinuität der individuellen Existenzweise ausgerichtet, d.h. darauf, ihr bisheriges Leben in möglichst uneingeschränkter Form weiterleben zu können. Dem stehen die realen Verhältnisse der Lebenswelt Alten- und Pflegeheim entgegen, die den bisherigen individuellen Lebensstil in seine institutionellen Schranken wiesen" (Düx 1997, S.22).
Als primäres Merkmal der Lebenswelt Altenpflegeeinrichtung wird die soziale Isolation angeführt. Wenige Besuche von Angehörigen, der Verlust von Kontakten zu Freunden und Bekannten wegen Immobilität, körperlicher und/oder psychischer Beeinträchtigung, die Zufälligkeit der anderen Heimbewohner mit verschiedenen Biographien und fehlenden verbindenden Erlebnissen (vgl. Düx 1997, S.27 f.) verursachen diese Isolation. Das Zimmer im Heim wird zum letzten Refugium vieler Bewohner und „begrenzt ihren alltäglichen Lebenshorizont. Es wird für sie zum alleinigen, lokalen Existenzmittelpunkt, gleichsam zur Grenze der Lebenswelt Heim, die - an sich schon scharf umgrenzt - sich hierdurch noch um ein Vielfaches verkleinert. Auf diese Weise konstituiert sich die lokale Isolationsdimension" (Düx 1997, S.37). Hinzu kommt der oftmals mit dem Aufenthalt in einer Altenpflegeeinrichtung verbundene Verlust der ökonomischen Autonomie, da durch die Heimkosten das eigene Vermögen oder die Rente bei vielen Heimbewohnern irgendwann aufgebraucht ist und das Sozialamt für die weiteren Kosten aufkommen muss. Den Bewohnern steht dann ein geringer monatlicher Barbetrag, genannt Taschengeld, für regelmäßig anfallende Bedürfnisse zur Verfügung. Viele empfinden dies als Almosen und Demütigung (vgl. Düx 1997, S.67). Altenpflegeeinrichtungen entwickeln ihre eigene Mikrorealität, in der die bisherigen sozialen Unterscheidungsmerkmale ihre Bedeutung verlieren. „Analog zum Altenheim sind die traditionellen sozialstrukturellen Differenzierungskriterien (Beruf, Alter, Geschlecht, Einkommen, Prestige usw.) für die Bewohner des Pflegeheimes weit gehend irrelevant geworden [...]. An deren Stelle tritt in der Lebenswelt Pflegeheim die eigene Krankheit bzw. der eigene Gesundheitszustand, im Vergleich zum körperlichen Befinden der übrigen Bewohner. Diese Variable wird zum wesentlichen Distinktionsmerkmal, das die individuelle Position innerhalb der Gemeinschaft der Pflegeheimbewohner bestimmt [...]" (Düx 1997, S.92).
Eine deutliche Grenze verläuft zwischen den Bewohnern von Altenpflegeeinrichtungen und den Mitarbeitern dieser Organisationen. Dies ergibt sich aus der unterschiedlichen Perspektive: Während die Pflegeeinrichtung für die Bewohner die Lebenswelt darstellt, sehen die Mitarbeiter die Pflegeeinrichtung vorwiegend als Arbeitswelt. Wie bereits ausgeführt, sind die von den Mitarbeitern zu erbringenden einzelnen Leistungen auf Grund des starken Formalisierungsgrades der Altenpflegeeinrichtungen durch gesetzliche und andere Vorgaben weit gehend vorgeschrieben. Sowohl für die Bewohner als auch die Mitarbeiter hat dies Auswirkungen. „Die Beziehung zwischen diesen beiden Gruppen definiert sich ausschließlich über den Warencharakter der sozialen Dienstleistung des Personals. Die ihrer ursprünglichen Natur nach humanistisch motivierte Tätigkeit der Schwestern und Pfleger wird im Alltag der Lebenswelt Heim von beiden Seiten ausschließlich auf ihren monetären Charakter reduziert: Aus der persönlichen Pflege aus Nächstenliebe ist eine institutionalisierte, standardisierte Pflege geworden. [...]. Die Kosten für die Unterkunft, Verpflegung und Betreuung müssen im Heimvertrag aufgeführt sein, den die alten Menschen zu Beginn ihres Aufenthaltes in der Pflegeinstitution unterschreiben. Das Entgelt [...] darf in keinem Missverhältnis zu den Leistungen des Trägers stehen [...]. Die Bewohner haben also einen rechtlichen Anspruch auf die von ihnen erworbenen sozialen Dienstleistungen des Personals. Deren Arbeitskraft wird somit einklagbar" (Düx 1997, S.115).
Das Standardisieren von Leistungen und Vergütungen durch die Kostenträger wirkt sich auch auf das Gestalten der Arbeitswelt Altenpflegeeinrichtung aus, welche dann wiederum auf die Lebenswelt Altenpflegeeinrichtung ausstrahlt. „Angesichts der permanenten personellen Unterbesetzung, die eine zweckrationalistisch optimierte Arbeitsorganisation generiert, bemessen die Schwestern und Pfleger ihre Beziehung zu den alten Menschen in erster Linie nach der Zeit, die die pflegebedürftigen Personen in Anspruch nehmen sowie nach der Anzahl und Menge der zu reinigenden und zu versorgenden Menschen. Personalnotstand und Zeitknappheit unterbinden zwischenmenschliche Beziehungen und Identifikationsprozesse mit den Betroffenen auf Seiten des Personals. Pflegeprozesse werden standardisiert. Auf individuelle Wünsche und Bedürfnisse der alten Menschen kann keine Rücksicht mehr genommen werden, sie würden den reibungslosen Arbeitsablauf nur stören. Die Pflegeheimbewohner werden auf diesem Wege selbst zu Objekten, Dingen, Arbeitsgegenständen degradiert, die sachgerecht versorgt, verwahrt und verwaltet werden müssen. [u.]. Humanität, Emotionalität, Mitmenschlichkeit, Intimität in der Pflege und Betreuung, die das Heim als Ersatz für die familiäre Pflege unbedingt bieten müsste, um die Würde und Identität des alten Menschen zu wahren, bleiben damit außen vor. Insbesondere das Pflegeheim kann seinem Namen in keiner Weise mehr gerecht werden. Es verkommt zur bloßen Aufbewahrungsstätte, in der die alten Menschen vielfach lediglich hoffnungs- und perspektivlos dem Tode entgegendämmern" (Düx 1997, S.116).
Die Attraktivität der Lebenswelt Altenpflegeeinrichtung wirkt wiederum auf die Attraktivität der Arbeitswelt Altenpflegeeinrichtung. Viele Altenpflegeeinrichtungen haben Probleme beim Einhalten der vorgeschriebenen Fachkraftquote. Der Personalmangel ist zur Zeit eines der gravierenden Probleme der Altenhilfe. Zwar bilden die Fachschulen für Altenpflege, deren Zahl 1992 allein in den alten Bundesländern 271 betrug (vgl. Becker, Meifort 1994, S.37), jährlich Tausende von Altenpflegern aus. Die Situation ist jedoch geprägt von Fachpersonalmangel und Personalnotstand. Der Faktor Personal wurde bisher von den Trägern der Altenpflege-einrichtungen mangelhaft und verschleißend bewirtschaftet und weniger als Ressource denn als Betriebsstoff behandelt. Dies kann sich auf die künftige Lebensfähigkeit von Altenpflegeeinrichtungen negativ auswirken. „Olivia, Oppl und Schmid [...] vermuten auf Grund ihrer Forschungen in den Wohlfahrtsverbänden, dass bei weiterer exzessiver Nutzung der Ressource Personal in Einzelfällen mit einem Einrichtungsinfarkt gerechnet werden muss, weil die Grundlagen der Lebensfähigkeit der Einrichtung verbraucht sind" (Merchel 1996, S.302). Ein Indiz für diese Personalwirtschaft ist die durchschnittliche Berufsverweildauer. Bei 1993 durchgeführten Untersuchungen stellte sich heraus, dass 49,7 % aller Mitarbeiter in der Altenhilfe seit höchstens zwei Jahren dort tätig sind (vgl. Merchel 1996, S.303 f.). Eine weitere Studie von 1994 spricht vom „gerade für die Altenpflege signifikant häufigen Berufsausstieg" (Becker, Meifort 1994, S.48). Die Situation dürfte sich bis heute wenig verändert haben. Hinzu kommt der gesellschaftliche Stellenwert der Altenhilfe. Diese erscheint in den Bilanzen nur auf der Kostenseite. Auf den dritten Sektor übertragen, ist der Stellenwert „mit seinen sozialen und karitativen Einrichtungen analog zur Familie [...] zum Bereich der Schattenwirtschaft [u.] zu rechnen, die funktional betrachtet unter der Logik der Industriemoderne und im Sinne des Produktivismus im Dienste der Regeneration und Reproduktion von Arbeitskraft steht. Hinsichtlich ihres gesellschaftlichen Images wird der Arbeitsleistung im Nonprofit-Sektor daher im Vergleich zu den so genannten produktiven Bereichen der Wirtschaft ein niedrigerer Stellenwert eingeräumt" (Zimmer, Priller 1998, S.276). Für die Altenhilfe heißt das: „In der sozialpolitisch nachrangigen Bewertung von Altenhilfe und im ursprünglichen berufspolitischen Konzept der Altenpflege als Wiedereinstiegsberuf für Frauen auf Angelerntenniveau spiegelt sich die gesellschaftliche Bewertung von Alter in der industriellen Leistungsgesellschaft. Die nachrangige Bewertung nicht (mehr) produktiver Menschen trifft mit gleicher Schärfe auch jene, die sich der Fürsorge, Pflege und Betreuung dieser Menschen widmen" (Becker, Meifort 1994, S.141). Mitarbeiter erleben die Arbeitswelt Altenpflegeeinrichtung aus der Perspektive geringer Entlohnung, Personalknappheit, Zeitdruck und leiden unter mangelhafter Anerkennung durch ihre Vorgesetzten. Insgesamt wirkt sich dies negativ auf die Qualität der sozialpflegerischen Dienstleistungen aus (vgl. Merchel 1996, S.304). Dies beeinflusst wiederum die Arbeitszufriedenheit der Pflegemitarbeiter. ,,[u.] Untersuchungen zur Arbeitszufriedenheit in Nonprofit-Organisationen kommen bisher eher zu erschreckenden Ergebnissen [...]. Danach ist der derzeitige Nonprofit-Sektor wenig geeignet, zu motivieren und zur gesellschaftlich-sozialen Arbeit [...] zu animieren, vielmehr gestaltet sich die Sozialisation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Organisationen als ein einziger Frustrationsprozess" (Zimmer, Priller 1998, S.279).
2.6 Zusammenfassung
Organisationen sind Relationen, die existieren oder gegeben sein müssen, damit etwas geschehen kann. Die Organisationstheorie unterscheidet zwischen einem funktionalen und einem institutionellen Organisationsbegriff. In der Geschichte der Organisationstheorie kam es zu verschiedenen Denkrichtungen. Ab Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts rückte der Mensch, der Mitarbeiter, in den Mittelpunkt der Organisationstheorien. Dies bewirkte, dass Organisationen nicht nur unter rationalen und genau berechenbaren Aspekten betrachtet wurden. Altenpflegeeinrichtungen sind Unternehmen, die dem dritten oder intermediären Sektor zuzuordnen sind, da in ihren Betrieben soziale und pflegerische Dienstleistungen erstellt werden. Die Dienstleistungsorganisationen werden auch als Nonprofit-Organisation bezeichnet, die wiederum spezifische Merkmale aufweisen. So dürfen Nonprofit-Organisationen zwar gewinnorientiert wirtschaften, aber ihre Gewinne nur für Organisations- bzw. Verbandsziele verwenden. Zudem unterliegen sie der Sozialgesetzgebung. Pflegeheime sind Lebenswelten - Orte, an denen Menschen bis zu ihrem Lebensende bleiben. Jedoch findet in diesen Einrichtungen ein Abgrenzen der sozialen Lebenswelt statt und stellt somit eine Sonderwelt dar. Ein Merkmal dessen ist die soziale Isolation der Bewohner. Viele Altenpflegeeinrichtungen haben Probleme mit dem Einhalten der Fachkraftquote bei gleichzeitig gesellschaftlich niedrigem Stellenwert der Altenhilfe. Die Organisations- und Pflegeform Heim gerät zunehmend in die Kritik.
3. Sozialwissenschaftliche Aspekte von Mitarbeiter-befragungen
3.1 Begriffsabgrenzung zur Mitarbeiterbefragung
3.2 Formen von Mitarbeiterbefragungen
3.3 Inhalte von Mitarbeiterbefragungen
3.4 Gütekriterien von Mitarbeiterbefragungen
3.5 Zusammenfassung
3.1 Begriffsabgrenzung zur Mitarbeiterbefragung
Die Mitarbeiterbefragung - Synonyme sind Betriebsklimaanalysen, betriebliche Meinungs-umfragen, Mitarbeiterzufriedenheitsanalysen oder innerbetriebliche Einstellungsforschung - wird in der neueren Literatur beschrieben. Borg (vgl. 2000, S.20) benennt mehrere Merkmale von Mitarbeiterbefragungen. Dies sind: Das Befragen von Mitarbeitern in Voll- oder Stichproben-erhebung; Verwenden einer bestimmten sozialwissenschaftlichen Datenerhebungsmethodik wie Umfragen, Interviews, Gruppendiskussionen, Fokusgruppen; das systematische Fragen nach Meinungen, Einstellungen oder Themen, die für die Organisation bedeutsam sind. Domsch und Ladwig (2000, S.1 f.) definieren Mitarbeiterbefragung so: „Ein Instrument der partizipativen Führung und Zusammenarbeit, mit dem im Auftrag der Unternehmensleitung, in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretungen, durch den Einsatz von standardisierten und/oder teilstandardisierten Fragebögen, anonym und auf freiwilliger Basis, bei allen Mitarbeitern (oder einer repräsentativen Stichprobe), unter Beachtung methodischer, organisatorischer und rechtlicher Rahmenbedingungen, Informationen über Einstellungen, Erwartungen, Bedürfnisse und Veränderungsvorschläge der Mitarbeiter, bezogen auf bestimmte Bereiche der betrieblichen Arbeitswelt und/oder der Umwelt gewonnen werden, um daraus möglichst konkrete Hinweise auf betriebliche Stärken und Schwächen zu erlangen, deren Ursachen im Dialog zwischen Mitarbeitern und Führungspersonen sowie der Unternehmensleitung zu klären sind, um gemeinsam konkrete Veränderungsprozesse im Rahmen des Change Managements einzuleiten, durchzuführen und letztendlich zu evaluieren." Bungard (vgl. 1997, S.6 f.) beschreibt die Mitarbeiterbefragung als ein personalpolitisches Instrument, das von der Geschäftsführung in Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung eingesetzt wird. Diese Befragung von Mitarbeitern, Führungspersonen oder von zufällig ausgewählten Personen (Stichprobenbefragung) mit einem mehr oder weniger standardisierten Fragebogen soll Einstellungen, Wünsche und Erwartungen systematisch erfassen. Das Auswerten erfolgt anonym, und die Ergebnisse werden in differenzierter Form an die Befragten zurückgegeben. Durch die Analyse der Daten sollen Probleme offen gelegt werden, um konkrete Verbesserungsmaßnahmen planen und umsetzen zu können. Diese Maßnahmen können wiederum durch nachfolgende Mitarbeiterbefragungen evaluiert werden. Somit sind sie Instrument eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.
Beim Vergleichen der vorgestellten Definitionen fällt auf, dass Bungard (vgl. 1997, S.6 f.), Domsch und Ladwig (vgl. 2000 S.1 f.) idealtypische Mitarbeiterbefragungen als Instrument des Veränderungsmanagements beschreiben, die so in der Praxis zwar wünschenswert, aber nicht immer eingesetzt werden. Mitarbeiterbefragungen im Sinne eines Veränderungsprogramms sind bislang eher selten. Die Begriffsbestimmung von Borg (vgl. 2000, S.20) wird der Praxis am ehesten gerecht. Mitarbeiterbefragungen werden auch in Wirtschaftsunternehmen mit langjähriger Befragungstradition überwiegend als Informationserhebung mit diagnostischer Funktion gesehen. So schreibt Ribbert (2000, S.15) über Mitarbeiterbefragungen der Bertelsmann AG: „Die Mitarbeiterbefragung [...] ist ein Diagnoseinstrument der allgemeinen Zufriedenheit im Unternehmen. Sie fördert die Mitsprache und Beteiligung der Mitarbeiter und hilft, Schwachstellen aufzudecken, die Umsetzung unseres Partnerschaftsmodells zu überprüfen und Einblicke in die Einschätzung unserer Sozialleistungen zu nehmen." Des Weiteren fällt auf, dass Bungard (vgl. 1997, S.6), Domsch und Ladwig (vgl. 2000, S.2) die Befragungsmethodik auf standardisierte und teilstandardisierte Fragebögen reduzieren. Für Borg (vgl. 2000, S.20) stellt der Fragebogen nicht die einzige Möglichkeit einer Mitarbeiterbefragung dar. Die sozialwissenschaftliche Datenerhebungsmethodik wird offen gelassen bzw. um Interviews und Gespräche mit ausgewählten Fokusgruppen erweitert. Auch Schultz-Gambard und Bungard (vgl. 1997, S.117) beschreiben die Gruppendiskussion und das Gruppeninterview als eine Variante mit hohem Informationsgewinn. Um eine Mitarbeiterbefragung handelt es sich immer dann, wenn die Befragungsergebnisse personenübergreifende Verwendung finden. Leistungsbeurteilungsgespräche zwischen Vorgesetzen und Mitarbeitern sind keine Mitarbeiterbefragung, da die Ergebnisse personenbezogen verwendet werden (vgl. Borg 2000, S.21).
3.2 Formen von Mitarbeiterbefragungen
Mitarbeiterbefragungen können danach aufgeteilt werden, wie sie ihre Daten erheben, wen sie befragen, welches Thema sie ansprechen oder welches Ziel sie haben. Die gewählte Befragungsform richtet sich vorrangig nach den Zielen der Befragung, der möglichen Operationalisierung und dem Stand der Unternehmenskultur. Von daher ist ein weiteres Klassifizieren bedeutsam, das nach dem Ziel der Befragung unterscheidet. Danach ergeben sich fünf Hauptformen. Meinungsumfragen und Klimabefragungen zählen zu den älteren Formen, Benchmarkingumfragen und Mitarbeiterbefragungen durch ein Auftau- und Einbindungs-managementprogramm zu den neueren Entwicklungen. Systemische Befragungen werden in der Praxis bislang selten angewendet. Keiner dieser Ansätze ist überholt, da Mitarbeiterbefragungen stets mit verschiedenen Zielen durchgeführt werden können (vgl. Borg 2000, S.25). Des Weiteren definiert keiner dieser Ansätze die Befragung als ein Evaluationsinstrument. Gerade die Verknüpfung zwischen Qualitätsmanagement, Organisationsentwicklungsprozessen und Mitarbeiterbefragungen als Evaluationsinstrument wird in der Praxis häufiger angewendet als bisher in der Fachliteratur erwähnt.
Mitarbeiterbefragungen als Meinungsumfragen: Ziel dieser Befragungsart ist es, Informationen zu erhalten, wie die Mitarbeiter bestimmte Situationen oder Zustände ihrer Arbeitsumwelt beurteilen. Bei dieser Befragung handelt es sich meist um Spontanprojekte. Es sollen Stimmungen in Erfahrung gebracht werden, um zu gegebener Zeit Weiteres zu entscheiden. Die Mitarbeiterbefragung soll hier als Meinungsumfrage "Ohren an der Basis" oder "Aufwärtskommunikation" (Borg 2000, S.21) zeigen, ob die Mitarbeiter die Dinge so sehen, wie das Management glaubt, dass diese sie sehen.
Mitarbeiterbefragungen als Klimabefragungen: Befragungen dieser Art sollen das Betriebsklima verbessern, die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten fördern, Hindernisse vor Ort abbauen helfen und dadurch die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen. Die Klimabefragung plant von vornherein das systematische Wiedergeben der Ergebnisse an die Organisation. Diese soll sich mit den Ergebnissen auseinandersetzen, die Hintergründe diskutieren, den Handlungsbedarf ableiten und geeignete Verbesserungsmaßnahmen planen und umsetzen (vgl. Borg 2000, S.23). Diese Befragungen sprechen psychologische Themen wie Zufriedenheit, Klima und Stimmung an, weniger dagegen betriebswirtschaftliche Themen. Ihre Absicht ist es, ein Bild der Stimmung im Sinne einer Puls- oder Temperaturmessung" (Borg 2000, S.31) zu zeichnen.
Mitarbeiterbefragungen als Benchmarkingumfragen: Benchmarking, übersetzt mit Leistungsvergleich, stellt das Messen der Ergebnisse in den Vordergrund. Zum Bewerten werden Vergleichswerte aus großen oder bekannten Firmen, Branchennormen oder interne Angaben wie Statistiken aus früheren Befragungen herangezogen. Benchmarkingumfragen sind langfristig angelegt, da sich Trendaussagen nur machen lassen, wenn Daten regelmäßig erhoben werden. Die Ergebnisse sind Orientierungshilfen, denn der Wert ist begrenzt. Gerade beim Vergleich verschiedener Einrichtungstypen sind Folgeaktivitäten nicht geplant.
Mitarbeiterbefragungen als Auftau- und Einbindungsprogramme: Diese Form der Mitarbeiterbefragung versteht sich als Instrument des Veränderungsmanagements unter Beteiligung aller Mitarbeiter. Die Befragung ist nur ein Schritt eines Interventionsprozesses auf allen Ebenen einer Organisation. Fragen an die Mitarbeiter tragen dazu bei, Informationen zu erhalten, und neue Themen aufzugreifen. Dadurch können später erfolgreiche Gruppengespräche geführt werden. Die Themen der Befragung sind geprägt von Organisationszielen, Veränderungsansätzen und Elementen der Wettbewerbsfähigkeit.
Systemische Mitarbeiterbefragungen: Hier ist die Mitarbeiterbefragung keine Sonderaktion, sondern wird zum integralen Bestandteil anderer Systeme (Leistungsbeurteilungssystem, Systeme zum Messen der Kundenzufriedenheit, Gehaltssysteme usw.), die vielfältig untereinander vernetzt sind. Systemische Befragungen können nicht beliebig gestaltet oder eingesetzt werden. Sie sind von Inhalten, Terminen und Prozessen der anderen Systemkomponenten abhängig. Diese Befragungsart liefert Informationen, die für das strategische Steuern des Gesamtunternehmens wichtig sind (vgl. Borg 2000, S.24 f.).
3.3 Inhalte von Mitarbeiterbefragungen
Der Inhalt einer Mitarbeiterbefragung ergibt sich aus den Befragungszielen. Es wird zwischen umfassender und spezieller Befragung unterschieden. In umfassenden Mitarbeiterbefragungen werden meist Fragen gestellt, die sich im Wesentlichen mit Inhalten der Arbeitszufriedenheit beschäftigen (vgl. Borg 2000, S.79). Inhalte spezieller Mitarbeiterbefragungen sind Fragen, die Themen wie Bildungsbedarf, Arbeitszeitflexibilisierung, Entlohnungspolitik betreffen und damit zielorientierter diskutiert werden können (vgl. Domsch, Ladwig 2000, S.5 f.). Im Laufe der Zeit entwickelten sich immer wieder neue Befragungsinhalte bzw. -themen, welche modifiziert wurden. So wurde das ,Betriebsklima’ in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts stark akzentuiert, wird aber heute weniger beachtet. Im Gegensatz dazu werden derzeit Leistungsverhalten, Leistungserbringung, Kosten-Nutzen-Denken, Qualität und Veränderungsmanagement diskutiert. Auch haben sich innerhalb der Organisationspsychologie in den letzten Jahren Themen entwickelt, die wichtige Bedingungen für die Organisationsentwicklung sind; dazu gehören Mitarbeiterkompetenz, Arbeitsplatzunsicherheit, Stress oder Burn-out-Erfahrungen. Die meisten Mitarbeiterbefragungen sprechen eine Mischung von Standardthemen und speziellen Themen an, auch dann, wenn die Zielsetzung spezifisch ist. Ein zu enges thematisches Ausrichten kann jedoch bei den Mitarbeitern Widerstand gegenüber der Befragung erzeugen oder negative Stimmung auslösen. Auch kann ein zu enges Festlegen der Items auf bestimmte Inhalte ein unangemessenes Vereinfachen oder Fehldiagnosen nach sich ziehen (vgl. Borg 2000, S.79 f.). Beim inhaltlichen Planen besteht die Herausforderung darin, die richtigen Inhalte auszuwählen. Ein Auswahlkriterium ist, ob anschließende Veränderungsmöglichkeiten in der Organisation gegeben sind. Fragen, die keine Ansatzpunkte für Verbesserungsmaßnahmen oder zumindest für konstruktiven Dialog bieten, sind überflüssig. Vorrangig sollte klar sein, wie die erhobenen Daten verwendet werden sollen (vgl. Borg 2000, S.82 f.). Dies ist wichtig, wenn die Mitarbeiterbefragung als Evaluierungsinstrument eingesetzt wird, um etwas über den Stand des Umsetzens von Organisations- oder Reformprogrammen zu erfahren.
3.4 Gütekriterien von Mitarbeiterbefragungen
In der empirischen Sozialforschung ist das klassische Differenzieren zwischen der Validität und der Reliabilität von Messverfahren bedeutsam. Die Validität bzw. Gültigkeit macht Aussagen darüber, ob wirklich das gemessen wird, was vom Instrument erfasst werden soll. Die Reliabilität bzw. Zuverlässigkeit gibt Hinweise darauf, ob ein Verfahren bei Wiederholungs-messungen unter gleichen Bedingungen zum gleichen Ergebnis führt. Bei einer Mitarbeiterbefragung geht es seltener um das Erfassen eines abstrakten hypothetischen Konstruktes, häufiger steht das Erfassen spezifischer Sachverhalte im Vordergrund. Insofern spielt das Validitätskriterium nur eine eingeschränkte Rolle. Es reicht, eine entsprechende Frage für den interessierenden Sachverhalt zu formulieren, deren Antworten dann analysiert werden sollen. Die Situation ändert sich, wenn verschiedene Fragen z.B. mit der Likert-Skala durch Addieren zu einem Index zusammengefasst werden. Dieses Vorgehen entspricht zum Einen nicht den erforderlichen Skalen-Konstruktionsmerkmalen, weil z.B. keine "Trennschärfen-analyse" (Bungard 1997, S.l1) vorgenommen wurde, zum Anderen wäre es auch nicht sinnvoll, da durchaus von Interesse sein kann, dass 91 % der Mitarbeiter der Meinung X sind. Eine solche Frage würde bei der Trennschärfenanalyse durch das methodische Raster fallen. Das Reliabilitätskriterium stellt bei den üblicherweise in der Praxis gestellten Fragen kein Problem dar und ist zum Bewerten von Mitarbeiterbefragungen nur begrenzt sinnvoll. Ein starres Orientieren am Validitäts- bzw. Reliabilitätskriterium wird den organisationsspezifischen Anforderungen im jeweiligen Unternehmen nur selten gerecht (vgl. Bungard 1997, S.l1). Das Ziel von Mitarbeiterbefragungen ist mit den wissenschaftlichen Anforderungen bei Forschungsaktivitäten nur bedingt vergleichbar. Daher sollten weitere Gütekriterien wie die Bedeutung, das Veränderungspotenzial und die Akzeptanz der Befragung zum Bewerten herangezogen werden. Durch die Teilnahme der Mitarbeiter am Entwickeln des Fragebogens soll die Gewichtung der Fragen sichergestellt werden. Der Fragebogen soll Inhalte aufweisen, die beeinflussbar sind. Bei Wiederholungsmessungen sollen die Veränderungen erfassbar sein. Der Erfolg hängt wesentlich davon ab, dass das Erhebungsinstrument von den Beteiligten akzeptiert wird. Deshalb sollen zu Beginn der Mitarbeiterbefragung das freiwillige Teilnehmen, das anonyme Auswerten, das Offenlegen der Prozesse und aller Befunde und das Umsetzen von Maßnahmen oder Programmen zugesichert werden (vgl. Bungard 1997, S.11 f.).
3.5 Zusammenfassung
Mitarbeiterbefragungen können danach aufgeteilt werden, wie sie ihre Daten erheben, wen sie befragen, welches Thema sie ansprechen oder welches Ziel sie haben. Die gewählte Befragungsform richtet sich vorrangig nach den Zielen der Befragung, der möglichen Operationalisierung und dem Stand der Unternehmenskultur. Der Inhalt einer Mitarbeiter-befragung ergibt sich aus den Befragungszielen. Umfassende Befragungen beschäftigen sich im Wesentlichen mit Inhalten der Arbeitszufriedenheit. Inhalte spezieller Mitarbeiterbefragungen sind Themen wie Bildungsbedarf, Arbeitszeitflexibilisierung, Entlohnungspolitik. Bis vor einigen Jahren hatte eine Befragung vorwiegend diagnostische Funktion. Heute stellt die Zufriedenheit oder das Entdecken von Schwachstellen das Kernstück theoretischer Konzeptionen dar. Mit den Ergebnissen sollen Verbesserungsprozesse angeregt werden. Weil das Ziel von Mitarbeiterbefragungen mit den wissenschaftlichen Anforderungen bei Forschungsaktivitäten nur bedingt vergleichbar ist, sollten weitere Gütekriterien wie die Bedeutung, das Veränderungs-potenzial und die Akzeptanz der Befragung zum Bewerten herangezogen werden.
4. Methodologische Aspekte der Evaluationsforschung
4.1 Begriffsabgrenzung zur Evaluationsforschung
4.2 Formen von Evaluationen
4.3 Wirkung des Evaluationsprozesses
4.4 Zusammenfassung
4.1 Begriffsabgrenzung zur Evaluationsforschung
Evaluationsforschung ist begrifflich von Implementationsforschung zu unterscheiden. Diese beschäftigt sich mit dem Umsetzen und den Auswirkungen von politischen Programmen. Grundlagen zur Evaluationsforschung haben Weiss (1974: Evaluierungsforschung: Methoden zur Einschätzung sozialer Reformprogramme), Wittmann (1985: Evaluationsforschung), Rossi, Freeman u. a. (1988: Programm-Evaluation) sowie Hellstern und Wollmann (1984: Handbuch) zur Evaluierungsforschung gelegt. Evaluation bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch Bewertung. Die Begriffsverwendung aber ist vielfältig und reicht von Effizienzmessungen bei ökonomischen Projekten über die Analysen von Organisationen bis hin zu Umfragen über Zufriedenheits- bzw. Unzufriedenheitsäußerungen bei Mitarbeitern oder Patienten. Gemeinsam ist allen Bezeichnungen, dass Programme, Maßnahmen und auch Organisationen Gegenstand des Betrachtens sind (vgl. Kromey 2000, S.19). Evaluation ist demnach das systematische Sammeln von Informationen für das Bewerten von Programmen (vgl. BzgA 1999, S.20), die ihrerseits wiederum Entscheidungsprozesse unterstützen. Die vier elementaren Komponenten dieser Aussage meinen: Beim Sammeln der Informationen werden die empirischen Daten zusammengetragen, die für die Interventionsprogramme relevant sind. Ihr systematisches Auswerten erfolgt nach bestimmten Verfahren und Methoden, deren Auswahl nach den Effizienz- und Effektivitätsprinzipien dem Forschenden freigestellt werden. Beim Erheben der Daten können aus allen verfügbaren Instrumenten die passenden ausgewählt werden. Die Sammlung wird in Vorher-Nachher-Kontrollstudien der Evaluation ebenso genutzt wie in der vergleichenden Metaanalyse oder im Qualitätsmanagement. Systematisches Vorgehen nach methodischen Regeln schließt die Prämissen ein, dass mit dem Ziel der prinzipiellen Überprüfbarkeit nachvollziehbar festgelegt wird, wie die Daten erhoben werden und dass in jeder Phase (Erheben, Auswerten und Interpretieren) verzerrungsfreie Daten erhalten werden. Weitere wichtige Aspekte sind das Festlegen, welche Daten gesammelt werden und das Entscheiden, ob sich die in den gesammelten Daten ausdrückenden Interventionswirkungen interpretieren lassen oder nicht. Die Evaluation umfasst systematisierende Vorgehensweisen, die in der empirischen Sozialforschung beheimatet sind, so z. B. das Forschungsdesign, das Auswahlverfahren, die statistischen Analysetechniken oder die theoretische Analyse von Interventionskonzepten (vgl. BzgA 1999, S.20). Der Begriff Programm wird für den Gegenstand der Evaluationsforschung verwendet; weniger umfangreiche Programme werden als Projekte bezeichnet und für Teilprogramme oder Teilprojekte wird der Begriff Programmkomponente benutzt. Hinter dem Begriff Programm können verschiedene Aktivitäten stehen, so z. B. umfassende gesundheitsfördernde Maßnahmen oder ein Trainingsprogramm für eine definierte Zielgruppe (vgl. BzgA 1999, S.21 f.). Das Bewerten des Programms will das Rückkoppeln der Evaluationsergebnisse zum (bewerteten) Programm sicherstellen und als Entscheidungshilfe zur Verfügung stehen. Drei Perspektiven werden dabei maßgeblich beachtet: Die Perspektive der wirtschaftlichen Verantwortlichkeit, die Perspektive der Programmentwicklung und die Perspektive der Wissenserweiterung. Dabei gilt es zu beachten, dass die Inhalte der Evaluation nicht von vornherein festgelegt sind; jede Evaluation ist durch ihre spezifische Fragestellung gekennzeichnet. Zwei sich ergänzende Vorgehensweisen werden dabei verwendet: Zum Einen meint die theoriegeleitete Evaluation das Umformen des Programmkonzeptes zu einer präzisen und realitätsnahen Handlungstheorie mit Hinweisen auf die Interventionen, die die Veränderungen herbeiführen; zum Anderen meint die anwenderorientierte Evaluation das Kooperieren zwischen Projektentwicklern und Evaluationsforschern zum Formulieren und Präzisieren der Fragen, deren Antworten für Projektverantwortliche von großem Nutzen sind.
4.2 Formen von Evaluationen
In der Evaluationsforschung wird zwischen mehreren Formen und Schwerpunkten unterschieden. Die Einteilung nach konzeptionellen Vorgaben (,conceptual frameworks’) von Chelimsky (vgl. 1997, S.100 f.) gibt einen Überblick und orientiert sich an folgenden Paradigmen:
- Evaluation zum Verbreiten der Wissensbasis (`Forschungsparadigma´);
- Evaluation zum Kontrollieren (`Kontrollparadigma´) und
- Evaluation zum Entwickeln (`Entwicklungsparadigma´).
Für Veränderungsmaßnahmen in Organisationen bzw. Sozialeinrichtungen sind zwei Untergliederungen von Evaluation verbreitet; Bortz und Döring (vgl. 1995, S.107 f.) definieren diese beiden Grundformen wie folgt:
4.2.1 Summative und formative Evaluation
„Die summative Evaluation beurteilt zusammenfassend die Wirksamkeit einer vorgegebenen Intervention, während die formative regelmäßige Zwischenergebnisse erstellt, mit dem Ziel, die laufende Intervention zu modifizieren oder zu verbessern" (Bortz, Döring 1995, S.107). Kernpunkt der summativen Evaluationsforschung ist das Resultat einer Intervention oder Maßnahme. Sie wird häufig von externen Personen am Ende eines Programms durchgeführt, erteilt Auskünfte über die Effektivität und wird zur Entscheidungsfindung beim Entwickeln weiterer Programme heran gezogen (vgl. Broome 1997, S.67). Die Hauptaufgabe der formativen Evaluation ist das Erkunden der Entwicklung, weniger die Wirksamkeit einer neuen Maßnahme oder eines neuen Programms. Die formative Evaluation wird angewendet, um ein Programm zu verbessern, während es durchgeführt wird. Formative Evaluationen beschäftigen sich entweder mit Teilaspekten oder mit einer reduzierten Wirkungsanalyse einer Interventionsmaßnahme. In Sozialorganisationen wird dieses Vorgehen beim Überprüfen von Veränderungsprozessen verstärkt angewendet. So können im Vorfeld der Programmdurchführung Aussagen über das Funktionieren des Vorgangs gemacht werden, auch wenn die abschließende Evaluation am Ende des Programms und nicht begleitend vorgenommen wird.
4.2.2 Ergebnisevaluation
Synonyme für Ergebnisevaluation sind Impact-Evaluation und Programmwirkungsanalyse. Sie beschäftigen sich mit beabsichtigten und - unter bestimmten Umständen - auch mit den unbeabsichtigten Wirkungen der durchgeführten Maßnahme auf die Zielgruppe. Wichtig ist, ob die erreichte Wirkung auf die Interventionsmaßnahme zurückzuführen ist oder eher zufällig erreicht wurde. Die Ergebnisevaluation ist die bekannteste und am häufigsten angewandte Form der Evaluation (vgl. Lange 1999, S.909). Ziel der Ergebnisevaluation ist nicht das Bewerten des Planens oder des Implementierens, sondern das beabsichtigte oder unbeabsichtigte Ergebnis. Bei dieser Vorgehensweise könnten wichtige Informationen nicht erfasst werden, z. B. Vor- oder Nachteile beim Planen oder Störfaktoren beim Implementieren. Daher wäre eine Evaluation aller anfallenden Programmkomponenten empfehlenswert.
4.2.3 Prozessevalution
Die Prozessevaluation, auch Programminterventions- oder -strategieevaluation, formative Evaluation oder ,monitoring’ genannt, forscht beim Durchführen konkreter Implementations-maßnahmen. Inhalte sind Fragen nach den Zielgruppen, nach Auftreten von Selektionseffekten, nach der Art der Maßnahmendurchführung und nach den Bedingungen, unter denen die Maßnahmen stattfinden (vgl. Lange 1999, 5.908 f.). Mit Hilfe der Prozessevaluation können meist zwei Fehlerquellen rechtzeitig erkannt und korrigiert werden, die sonst zum Scheitern von Programmen führen: Funktioniert der angewandte Wirkmechanismus fehlerhaft (Konzeptionsfehler) oder löst die Art und Weise, wie die Konzeption in den sozialen Kontext eingeführt wurde, nicht den prognostizierten Wirkungsmechanismus aus (Implementationsfehler). Deshalb ist es notwendig, den Programmverlauf zu evaluieren und daraufhin geeignete Maßnahmen zu erstellen (vgl. BzgA 1999, S.48).
4.2.4 Wirkungsanalyse
Die Wirkungsanalyse evaluiert die Programmeffekte, d. h. ob die erwartete Wirkung oder das erhoffte Ergebnis tatsächlich eingetroffen sind. Das Messen und Analysieren der Programmwirkung (summative Evaluation) und das Untersuchen von Implementationsprozessen (formative Evaluation) sind wichtige Teile der Wirkungsanalyse. Dieser Forschungsansatz ist für Qualitätsmanagementprojekte bedeutsam, weil die Wirkungsanalyse mehrere Aspekte gleichzeitig erfüllt. Sie untersucht die Effektivität des Programms (`outcome-Orientierung´), die Funktion des `Wirkungsmechanismus´ bzw. ob das Programm in seiner Wirkungsweise verbessert werden muss. Ebenso wie die Qualität im Sinne der Mitarbeiter- oder Kundenorientierung ist die Frage nach der Effektivität Untersuchungsgegenstand. Die Notwendigkeit der formativen Evaluation wird in der Evaluationsliteratur hervorgehoben, und auch in der Qualitätsdiskussion wird auf die Bedeutung der Qualitätsmessung von organisatorischen Prozessen hingewiesen (vgl. Brook, Mc Glynn u.a. 1996; vgl. BzgA 1999, S.58). Wirkungsevaluation wird daher mit dem Begriff Erfolgsmessung gleichgesetzt. Jede Wirkungsevaluation benötigt ein spezifisches Untersuchungskonzept, welches zum Evaluationsziel und zur Definition der zu messenden ,Outcome-Variablen’ passt. Forschungshypothesen sind im Zusammenhang mit den Faktoren Effizienz und Effektivität zu formulieren. Diese Parameter bilden die Basis für das Entscheiden von Methoden bzw. Forschungstechniken. Vier methodische Probleme sind nach Rossi, Freeman u. a. (vgl. 1988; vgl. BzgA 1999, S.59) zu beachten: Die Auswahl der deskriptiven Variablen; die Auswahl oder Konstruktion der Erhebungsinstrumente; die Auswahl von Untersuchungseinheiten, bei denen die Informationen zum Messen der Variablen gewonnen werden können, und das Festlegen von Verfahren der Datenanalyse. Die Aufgabe des Forschungsdesigns besteht im Erheben und Analysieren der Daten und dem Gewährleisten der Gültigkeit von Schlussfolgerungen aus den Forschungsergebnissen. Mit Hilfe von Längsschnittstudien wurden im Sozial- und Gesundheitswesen Daten analysiert, die sich hauptsächlich mit dem Überprüfen der Schlussfolgerungen beschäftigen, ob sich die `Outcome- Variablen´ nach dem Einwirken der Intervention verändert haben. Das Ergebnis kann durch Störfaktoren beeinflusst werden. Häufig sind dies Ereignisse, die zwischen der Vorher- und Nachher-Messung auftreten, vor allem durch das Verändern des Messinstruments bei den einzelnen Messungen (vgl. BzgA 1999, S.60 f.).
[...]
- Citar trabajo
- Diplom-Pflegewirt (FH) Matthias Dimpflmaier (Autor), 2006, Mitarbeiterbefragungen in Sozialorganisationen. Eine Evaluationsstudie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60146
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