Die weit verbreitete Meinung im 18. Jahrhundert, dass die Lust an der Literatur zur Sucht werden und auch krank machen kann, ist nicht mehr geläufig. Vielmehr wird das Lesen schon im 20. Jahrhundert „immer wieder als ein lustvolles, rauschhaftes Glückerlebnis geschildert“ (Anz 1998, S.14), wenn der Leser in der Welt der Fiktion aufgeht: „ ,Du fühlst dich nicht. Nichts weißt du von der Welt um dich herum, du hörst nichts, du siehst nichts, du liest.‘ “(ebd.)In der vorliegenden Arbeit soll die Frage nach dem Aufbau der Spannung und der daraus resultierenden Leselust bzw. Faszination am Lesen in den Werken des Erfolgsautors Stephen King erörtert werden. Dazu wird einleitend der Begriff der Spannung dargestellt, sowie die Methoden und Techniken mit denen ein Autor arbeiten kann, um Spannung zu erzeugen. Des Weiteren wird aufgeführt, was Stephen King selbst über sein Schreiben und das Erzeugen von Spannung in den BüchernDanse Macabre, Das Leben und das Schreiben,sowieAngst Purdargestellt hat. Außerdem soll ein Aufsatz von Thomas Anz zum Thema „Lust am Schrecklichen“ einbezogen werden, um zu verdeutlichen, welche Anziehungskraft das Schreckliche, wie es bei King repräsentiert wird, haben kann. Zwei Bücher von Stephen King werden innerhalb dieser Arbeit in Bezug auf denSie stellt eine für Stephen King typische Spannungsaufbau untersucht. Horrorerzählung dar. „Sie [...] ist realer Horror.“. Im Gegensatz dazu, istDas Mädchen eine eher ungewöhnliche Erzählung, die „sehr zaghaft das Thema Horror behandelt, und dabei trotzdem den Leser bis zum Schluss fesselt“. Im nächsten Schritt wird ein Vergleich beider Erzählung bezüglich des Spannungsaufbaues angestellt. Mit der Schlussbemerkung schließt die Arbeit ab.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Spannungserzeugung in der Literatur
3. Stephen King und das Schreiben
4. Die Lust am Schrecklichen
5. Sie
Zum Inhalt
Zu den Protagonisten
Paul Sheldon
Annie Wilkes
Der Erzähler
Erzählanfang
Erzählende
Zum Spannungsaufbau
Spannungsverlauf
ANNIE
MISERY
PAUL
GÖTTIN
Terror, Horror, Ekel
6. Das Mädchen
Zum Inhalt
Formale Gliederung
Zu der Protagonistin Trisha McFarland
Der Erzähler
Erzählanfang
Erzählende
Zum Spannungsaufbau
Angewendete Methoden
Spannungsverlauf
Die ersten drei Tage
Wenig Hoffnung
Der Wendepunkt
Terror, Horror, Ekel
7. Zum Vergleich beider Werke
8. Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die weit verbreitete Meinung im 18. Jahrhundert, dass die Lust an der Literatur zur Sucht werden und auch krank machen kann, ist nicht mehr geläufig[1]. Vielmehr wird das Lesen schon im 20. Jahrhundert „immer wieder als ein lustvolles, rauschhaftes Glückerlebnis geschildert“ (Anz 1998, S.14), wenn der Leser in der Welt der Fiktion aufgeht: „ ,Du fühlst dich nicht. Nichts weißt du von der Welt um dich herum, du hörst nichts, du siehst nichts, du liest.‘ “(ebd.)
In der vorliegenden Arbeit soll die Frage nach dem Aufbau der Spannung und der daraus resultierenden Leselust bzw. Faszination am Lesen in den Werken des Erfolgsautors Stephen King erörtert werden.
Dazu wird einleitend der Begriff der Spannung dargestellt, sowie die Methoden und Techniken mit denen ein Autor arbeiten kann, um Spannung zu erzeugen. Des Weiteren wird aufgeführt, was Stephen King selbst über sein Schreiben und das Erzeugen von Spannung in den Büchern Danse Macabre , Das Leben und das Schreiben, sowie Angst Pur dargestellt hat.
Außerdem soll ein Aufsatz von Thomas Anz zum Thema „Lust am Schrecklichen“ einbezogen werden, um zu verdeutlichen, welche Anziehungskraft das Schreckliche, wie es bei King repräsentiert wird, haben kann.
Zwei Bücher von Stephen King werden innerhalb dieser Arbeit in Bezug auf den Spannungsaufbau untersucht. Sie[2] stellt eine für Stephen King typische Horrorerzählung dar. „Sie [...] ist realer Horror.“[3]. Im Gegensatz dazu, ist Das Mädchen[4] eine eher ungewöhnliche Erzählung, die „sehr zaghaft das Thema Horror behandelt, und dabei trotzdem den Leser bis zum Schluss fesselt“[5].
Im nächsten Schritt wird ein Vergleich beider Erzählung bezüglich des Spannungsaufbaues angestellt. Mit der Schlussbemerkung schließt die Arbeit ab.
2. Spannungserzeugung in der Literatur
Mit dem Begriff Spannung bezeichne man die Erregung von Mitgefühl und Neugier. Man unterscheide äußere und innere Spannung. Die äußere Spannung „entsteht aus dem Handlungsverlauf und dabei durch das Aufeinanderprallen von Gegensätzen“[6]. Um äußere Spannung zu erzeugen, sei man auf gegensätzliche Charaktere, sowie auf Handlungsorte, die das Austragen von Konflikten und Aktionen ermöglichen, angewiesen.
Im Gegensatz dazu, liege die Konzentration bei der inneren Spannung auf den Figuren, besonders auf deren Innenleben (vgl. Gansel 1999, S.45).
Um die Aufmerksamkeit des Lesers auf die Geschichte zu lenken, ist laut Gesing, neben dem Interesse des Lesers am Erzählten auch das Erzeugen von Spannung nötig. Dabei habe der Autor zu beachten, dass er den Leser nicht permanent in Anspannung versetze. Denn ein Überfluss an Aktivierung (des Lesers) erzeuge Stress und Überanspannung, ein Mindermaß an Aktivierung habe Langeweile und Monotonie zur Folge. Daher müsse ein Autor besonders auf das Ausmaß der Aktivierung achten und versuchen, einen Rhythmus von An- und Entspannung zu erzeugen.[7]
Im Folgenden sollen Methoden und Techniken der Spannungserzeugung aufgeführt werden.
So gibt es nach Gesing die Orientierung am Geheimnis . Ein Autor solle gewisse Informationen zurückhalten. Er dürfe nicht alle Informationen auf einmal enthüllen, allerdings sei auch darauf zu achten, nicht zu viele Rätsel aufkommen zu lassen – dies würde den Leser zu sehr verwirren. Hier müsse also ein Mittelmaß gefunden werden, „suspense“ (Gesing 2005, S.157) müsse geschaffen werden. Um diese Ungewissheit zu erzeugen, gebe es verschiedene Möglichkeiten, so beispielsweise das Geheimnis des Grundes (warum ereignet sich etwas?), des Objektes (was ist das für ein Ding?), der Person (wer ist die Person, welche Rolle spielt sie?), der Handlung (was genau ist eigentlich vorgefallen?), der Zeit (wann ist etwas geschehen), des Ortes (wo befindet sich der Protagonist?) etc.. Der Autor müsse also versuchen, versteckte Signale zu geben, Andeutungen zu machen und Ereignisse darzustellen, denen eine Konsequenz folgen müsse – wann und ob diese Konsequenzen eintreten, bleibe aber unklar.
Des Weiteren nennt Gesing die Orientierung am Verlauf . Spannung entstehe hier durch in kurzer Zeit aufeinander folgende Ereignisse. Aktion und Bewegung kennzeichne den Handlungsverlauf.
Außerdem nennt er die Orientierung am Ziel, eine andere Methode, um Spannung zu erzeugen. Der Leser warte gespannt auf die Antwort, ob ein wichtiges Ziel erreicht werde. Dieses Ziel könne aus unterschiedlichen Gründen von großer Wichtigkeit sein. Zum Beispiel könne der Protagonist es mit starkem Willen anstreben, da die die Möglichkeit einer Katastrophe bestehe, wenn das Ziel nicht erreicht werde. Es sei aber auch möglich, dass das Ziel die Erfassung und Bestrafung eines Übeltäters ist.
Diese Methode werde durch die Unterbrechung des Erzählflusses verstärkt. Wenn die Spannung auf dem Höhepunkt sei, „wenn der Held an der Klippe hängt und abzustürzen droht“ (Gesing 2005, S.160) werde der Erzählfaden unterbrochen. Hier werde von einem cliff-hanger gesprochen.
Durch die Orientierung am Gefühl sei es dem Autor möglich, Anteilnahme bei dem Leser zu wecken. Dadurch werde Spannung erzeugt, da der Leser mit den Hauptfiguren mitfühle. Er wünsche sich die Erlösung, die Rettung, die Bestrafung für die Protagonisten. Besondere Aufmerksamkeit und auch Anteilnahme lasse sich zum Beispiel durch Kinder, Tiere, Schmerz und Leid, Gewalt und Tod sowie Leidenschaft, Demütigung etc. erzeugen.
Unerwartetes, Merkwürdiges und Außergewöhnliches ziehe in der Regel Neugier auf sich und erzeuge ebenfalls Spannung. Dies würde man mit Orientierung an der Sensation umschreiben.
Diesem Punkt sehr ähnlich ist auch die Orientierung am Normbruch , wo das Ungewöhnliche, der Wahnsinn, Krieg und scheußliche Gewalttaten im Vordergrund stehe. Die Kunst hierbei sei, dass die Figur nicht so reagieren dürfe, wie der Leser es erwarten würde. Hier müssten Handlungsklischees durchbrochen werden (vgl. Gesing 2005, S.157ff.).
Laut Gansel werden nach der oben genannten Definition spannende literarische Werke vornehmlich der „trivialen, bzw. der populären Literatur [...] oder [...] auch [dem] System Kinder- und Jugendliteratur“[8] zugewiesen. Bezüglich der Jugendliteratur werde die Behauptung aufgestellt, dass Jugendliche, die ein Buch lesen, zuallererst am Spannungsgehalt des Stoffes interessiert sind und nicht an den „literarisch-ästhetischen Gesichtspunkten“ (Gansel 1998, S.17). Damit werde eine Trennung von Unterhaltungsliteratur und Ernster Literatur nahe gelegt. Bestimmte Textgruppen, die der Unterhaltungsliteratur zugewiesen werden, werden folglich damit abgewertet (vgl. ebd.).[9] Es stellt sich hier die Frage, ob diese Unterteilung in E- und U-Literatur gerechtfertigt ist, bzw. inwieweit die Erzeugung von Spannung nur in U-Literatur gefunden werden kann. Diese Fragestellung soll jedoch in dieser Arbeit nicht diskutiert werden.
3. Stephen King und das Schreiben
Stephen King wurde am 21. September 1947 in Portland, Maine, geboren.
Sein Vater habe die Familie verlassen, als King zwei Jahre alt war. Mit zwölf Jahren habe der junge Stephen eine Kiste mit Horror- und Science-Fiction-Büchern auf dem Dachboden des Hauses seiner Tante gefunden. Nach einer Woche sei diese Kiste verschwunden und nie wieder aufgetaucht. King selbst sagt in diesem Zusammenhang: „Ich war auf dem Weg.“[10] Etwa zu dieser Zeit habe er mit dem Schreiben begonnen. Mit sechsundzwanzig Jahren sei ihm dann schließlich der Durchbruch mit Carrie gelungen. Zuvor habe er bereits einige Kurzgeschichten an weniger bekannte Männer-Magazine verkauft. Als Doubleday Carrie dann im Jahre 1973 gekauft habe, sei das Leben von Stephen King und seiner Familie schlagartig unbeschwerter geworden– es sei „kreativ wie auch finanziell eine Art Notausgang für Tabby und mich [King]“ gewesen (Beahm 1992, S.34). So sehe er jetzt die einzige Funktion seines Lebens darin, Bücher zu schreiben (vgl. ebd.).
In einem Interview, das Eric Norden 1983 mit Stephen King für den Playboy machte, sagte er, dass das Schreiben für seine geistige Gesundheit notwendig ist. Durch das Schreiben könne er seine Ängste und Unsicherheiten auf dem Papier nach außen verlagern. Er schreibe sich seine Dämonen von der Seele (vgl. ebd. S.46).
In eben diesem Interview „outet“ King sich als höchst abergläubischen Menschen. Er habe große Angst im Dunkeln, Angst vor dem Ersticken, Angst vor Spinnen etc. Überaus alltägliche Ängste mit denen ein Horror-Autor unserer Zeit sich plagt.
Dies schlägt sich in seinen Werken nieder. Die meisten seiner Werke würden von etwas Gewöhnlichem, dass Angst und Grauen erzeugt, handeln. Anders ausgedrückt: gewöhnliche Menschen geraten in außergewöhnliche Situationen (vgl. King 1990, S.330). Dabei spielt King mit der Angst des Lesers vor dem Tod. Wie schon unter 4. aufgeführt, ist die Angst vor dem Tod die Größte, da der Tod das Leben unwiderruflich beendet und eine Ungewissheit über ein Leben danach besteht. King nennt als Grund, Horror zu lesen: „Es ist eine Probe für den Tod. Eine Methode, sich vorzubereiten. [...] Wir wissen, daß es kommen wird.“ (King 1990, S.26f.).
King legt besonderen Wert darauf, dass sich der Leser mit der erschaffenen Umwelt identifizieren kann. Der Leser solle Sympathie für die Figuren hegen, denn erst dann fühle der Leser tatsächlich Schrecken, Horror und manches Mal sogar Ekel, wenn die Figur vom Bösen bedroht werde.
Diese drei Ebenen existieren laut King in der Horrorliteratur. Man könne die Ebenen hierarchisch ordnen, wobei der Schrecken auf der höchsten Ebene am wenigsten grausam sei. Horror lasse sich auf einer tieferen Ebene einordnen und sei grausamer als der Schrecken. Der Horror beschreibe die unterschwellige Angst, das „Gruseln“ (King 2004, S.28). Auf der untersten Ebene sei der Ekel anzusiedeln, King selbst beschreibt diese Ebene als die des „Niederknüppelns“ (King 2004, S.24). Ihm sei alles Recht, um den Leser zu ängstigen, er sehe sich in seiner Art zu schreiben bestätigt, wenn ein Leser des Nachts „schreiend erwacht“ (Beahm 1992, S.52) oder sogar an einem Herzschlag sterben würde, weil er sich „buchstäblich zu Tode geängstigt hat“(ebd.). „Das kunstvolle Variieren zwischen diesen Ebenen macht den Reiz des Erzählten aus“ (Gansel 1999, S.214). Nach Anz werden diese drei Ebenen als Elemente beschrieben, die die Gemüter des Menschen erregen können (vgl. Anz 1998, S.145).
Stephen Kings Art zu Schreiben basiere auf seiner Intuition. Die Idee einer Situation veranlasse ihn zum Schreiben. Dies sei der Ausgangspunkt, dem die Figuren folgen. Sie sind zunächst nur wage Vermutungen. Nachdem die Figuren und die Situation für ihn feststehen, beginnt der Autor mit dem Erzählen.
King lässt sich von dem Motto „Die Geschichte zählt, nicht der, der sie erzählt“ (King 1990, S.98) leiten. Er hat er eine Vorstellung, wie sein Werk zu Ende gehen könne aber er beharrt nicht darauf, dass es eben dieses Ende nimmt. Im Gegenteil, meist ist das Ende anders als King es erwartet hat. Er erklärt dieses Phänomen damit, dass er die Figuren „auf ihre Weise handeln“[11] lässt. King sagt von sich selbst, er sei „nicht nur der Autor des Romans, sondern auch sein erster Leser“ (ebd.). Es ist also selbst für den Autor spannend, zu sehen wie sein Werk sich entwickelt.
4. Die Lust am Schrecklichen
Neben der Lust am Schönen fasziniere die Leser auch das Schreckliche (vgl. Anz 1998, S.115). Alles Traurige, Schreckliche und Schauderhafte locke die Menschen an sich, ziehe diese an. Dabei spiele besonders das Schreckliche in der Literatur eine Rolle (vgl. Anz 1998, S.125).
Anz greift in Bezug zu der Faszination des Schrecklichen den Begriff des „Erhabenen“ auf. Darunter verstehe man eine „Art von Lust, die sich mit der Unlust des Schreckens mischt, [...], eine Mischung aus positiven und negativen Gefühlen, von Lust und Angst [...]“ (Anz 1998, 129). Im 18.Jahrhundert sei unter dem Stichwort des Erhabenen der Tod immer wieder als Phänomen aufgegriffen worden, denn dieser löse am meisten Angst aus, da bezüglich des Todes der Mensch nicht mehr selbstbestimmt und autonom handeln kann. Auch wenn der Mensch nicht sterben wolle, so könne er doch selbst keine Entscheidung dagegen treffen. Damit ist seine Freiheit, mit der er sich rühme, hinfällig (vgl. Anz 1998, S.132). Laut Anz prägte der Psychoanalytiker Michael Balint den Begriff der Angstlust in Bezug zu dem Erhabenen (vgl. Anz 1998, S.129). Damit Angstlust entstehen könne, müsse der Leser immer ein Sicherheitsgefühl haben, denn so bewege sich das Bewusstsein zwischen dem Glauben, dass das vorgestellte Geschehen Wirklichkeit ist, und dem Wissen darum, dass es sich nur um Fiktion handelt. Der Leser hat die Möglichkeit, in das Buch abzutauchen, aber auch nach seinem Willen wieder aufzutauchen. So beschreibt Anz: „Wir können die Augen schließen, das Buch zuklappen und uns sicher im Sessel sitzen fühlen.“ (Anz 1998, S.147). Dadurch, dass das Schreckliche durch ein Medium vermittelt werde, werde dem Leser Distanz und ein Sicherheitsgefühl ermöglicht. Auch wenn er innerlich zutiefst erschüttert sei, so sei er doch real nicht von dem Schrecklichen betroffen. Man könnte annehmen, dass die Lust am Schrecklichen dadurch besteht, dass der Leser eine gewisse Schadenfreude empfindet. Dies jedoch widerlegt Anz. Er führt auf, dass durch das Schreckliche dem Leser bewusst wird, dass er gerade von dieser Bedrängnis frei ist. So könne der Leser durch die Konfrontation mit dem Schrecklichen erkennen, dass es ihm gut gehe, bzw. besser gehe als den Personen, die von dem Schrecklichen betroffen sind (vgl. Anz 1998, S.146ff.). Ein Zitat von Goethe macht abschließend deutlich: „ ,Die guten Menschen wollen eingeschüchtert sein, um hinterdrein erst recht zu fühlen, wie schön und löblich es sei, frei Atem zu holen.‘ “ (Anz 1998, S.149).
5. Sie
5.1 Zum Inhalt
Ein bekannter Autor, Paul Sheldon, hat während eines Schneesturmes einen schweren Autounfall. Die ehemalige Krankenschwester Annie Wilkes findet ihn und bringt ihn zu sich nach Hause. Dort verpflegt sie ihn und macht ihn abhängig von einem Schmerzmittel.
Nach eigener Aussage ist sie sein „Fan Nummer eins“ (King 1998,S.17). Sie hat eine besondere Vorliebe für seine Romane mit der Hauptfigur Misery Chastain. In dem letzten Roman stirbt die Serienheldin jedoch, was Annie sehr erbost. Sie zwingt Paul dazu, ein neues Buch zu schreiben, ein Buch – nur für sie – in dem Misery wieder lebt. Schnell stellt Paul fest, dass es für seine Gesundheit abträglich ist, Annie zu widersprechen. Sie hat keinerlei Skrupel und hat bereits mehrere Menschen ermordet.
Annie hat immer wieder Wutausbrüche und verfällt in Depressionen. Paul sieht seine einzige Überlebenschance darin, die Fertigstellung des Romans möglichst lange hinauszuzögern. Er hofft, dass man ihn vermisst meldet und nach ihm sucht. Bald wird das Schreiben für ihn zu einer Art Flucht. Er findet Trost, wenn er sich in die fiktive Welt der Misery Chastain hineindenkt.
Nachdem Paul etliche Qualen in der Obhut von Annie Wilkes erleiden musste, kommt ein Polizeibeamter auf der Suche nach ihm. Annie ermordet ihn, da Paul ihn auf sich aufmerksam gemacht hat. Die Rettung verzögert sich und Paul nimmt die Sache selbst in die Hand. Er möchte sich an Annie rächen. Als sie ihn eines Tages in den Keller eingesperrt hat, entwendet er eine Flasche Spiritus und versteckt sie in seinem Zimmer. Er überlistet Annie und steckt das Manuskript in Brand. Sie ist außer sich vor Zorn und Trauer. Es kommt zu einem Handgemenge. Annie ist eine zähe Frau und gibt sich nicht so leicht geschlagen. Paul rettet sich mit letzter Kraft ins Badezimmer und schließt sich dort ein.
Er schläft. Als er wach wird, ist seine Rettung endlich eingetroffen.
Die Polizisten bringen ihn in ein Krankenhaus, wo er ärztlich behandelt wird. Fortan verfolgen ihn diese Ereignisse jedoch und es ist ihm vorerst nicht möglich zu schreiben. Schließlich gelingt es ihm dann doch, ein neues Buch zu beginnen.
5.2. Zu den Protagonisten
5.2.1. Paul Sheldon
Paul Sheldon ist ein 42 Jahre junger Romanautor. Er ist sehr erfolgreich und schreibt „zwei Arten von Romanen, gute und Bestseller.“ (King 1998, S.17). Sein Privatleben scheint weniger geordnet, er war zweimal verheiratet und wurde zweimal geschieden. Des Weiteren ist Paul Raucher. Der Leser erhält keinerlei Auskunft über Pauls Aussehen.
Er hat eine Vorliebe für Alkohol, ganz besonders für Champagner der Marke Dom Pérignon . Diesen trinkt er mit Vorliebe in einem Hotelzimmer, „dort, wo er seit 1974 jedes seiner Bücher zu Ende geschrieben hatte“ (King 1998, S.27).
Dies war vor seiner Begegnung mit Annie Wilkes. Durch sie wurde sein Leben schlagartig verändert.
Annie macht ihn abgängig von einem süchtig machenden Schmerzmittel namens Novril, verbietet ihm das Rauchen sowie das Trinken von Alkohol.
Außerdem zwingt Annie Paul dazu, ihre geliebte Serienheldin in einem neuen Roman wieder auferstehen zu lassen. Paul war es leid, über Misery zu schreiben (vgl. King 1998, S. 26f.). Sein Überlebenswille war jedoch stärker als seine Abneigung gegenüber Misery. Je mehr Paul schreibt, desto mehr hilft ihm das Schreiben. Der Roman ist für ihn eine Art Zuflucht, denn durch „Miserys Rückkehr“ kann er Annie und seinen Schmerzen entkommen (vgl. King 1998, S.301f.).
[...]
[1] Vgl. Anz, Thomas: Literatur und Lust: Glück und Unglück beim Lesen. München: Beck, 1998. S.11.
[2] King, Stephen: Sie. München: Heyne, 1998.
[3] Beahm, George (Hrsg.): Die Welt des Stephen King. Was Sie schon immer über den „Meister des Horrors“ wissen wollten. München: Heyne, 1992. S.307.
[4] King, Stephen: Das Mädchen. München: Schneekluth, 2000.
[5] Arte; Feige, Marcel: Interview mit Marcel Feige. URL: http://www.stephen-king.de/interviews/interviewfeige.htm (6.04.2006).
[6] Gansel, Carsten: Moderne Kinder- und Jugendliteratur. Ein Praxishandbuch für den Unterricht. Berlin: Cornelsen, 1999. S.45.
[7] Vgl. Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens. 2., akt. Auflage. Köln: DuMont Buchverlag, 2005. S.156f.
[8] Gansel, Carsten: Von Gespenstern, Cyberspace und Abgründen des Ich. Zu Aspekten von Spannung und Phantastik im Subsystem Kinder- und Jugendliteratur – Teil 1. In: 1001 Buch. 02/1998. S.15.
[9] Stephen King selbst ist der Meinung, dass Horror- und Fantasy- Literatur zu einer Art „Getto-Literatur“ (King, Stephen: Angst Pur. Gespräche mit dem „King des Horrors“. München: Heyne, 1990. S.93) herabgesetzt wird und somit keinen Zugang zu der E-Literatur hat. Damit ist er sich bewusst, dass auch seine literarischen Werke der U-Literatur zugeschrieben werden. King selbst weist auf, dass aus Sicht der Literaturkritiker jede populäre Literatur unweigerlich schlechte Literatur sein muss, denn für sie zähle der Stil, der sich der Handlung und der Story unterordnen müsse. King aber ist überzeugt, „daß die Story das Wesentliche drin haben muß, weil sie die gesamte literarische Arbeit definiert.“ (King 1990, S.94).
[10] King, Stephen: Danse Macabre. Die Welt des Horrors. 3. Auflage. Berlin: Ullstein, 2004. S.168.
[11] King, Stephen: Das Leben und das Schreiben. München: Heyne, 2002. S.182.
- Citation du texte
- Daniela Schäfer (Auteur), Sandra Hinn (Auteur), 2006, Zur Erzeugung von Spannung bei Stephen King - Eine Analyse der Romane 'Sie' und 'Das Mädchen', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59947
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