In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, wie die Forderung nach Nachhaltigkeit von der deutschen Modeindustrie umgesetzt wird. Dabei werden die Etablierung der nachhaltigen Mode in Deutschland sowie grundlegende Kriterien für ökologische, verantwortungsbewusste Bekleidungsherstellung ausführlich behandelt. Die einzelnen Gesichtspunkte werden anhand konkreter Beispiele deutscher Modeunternehmen veranschaulicht.
„Buy less, choose well, make it last!“, lautet die Aussage der britischen Modedesignerin Vivienne Westwood. Mit ihrem Motto „Qualität geht über Quantität“ will sie ihre Mitmenschen zum Kauf von weniger, dafür qualitativ hochwertiger Kleidung anregen. Dieser Anspruch ist einer der wesentlichen Faktoren, der nachhaltige von herkömmlich produzierter Kleidung unterscheidet. Er geht über Material, Herstellung und Design hinaus und beinhaltet Werte, wie etwa den Anspruch, weder Umwelt noch Mensch zu schaden. Daher umfasst die Bezeichnung nachhaltige Mode sowohl die ökologische als auch die soziale Dimension. Darüber hinaus werden laut britischem Design Council etwa 80% der Auswirkungen eines Produktes auf die Umwelt bereits im Design festgelegt, da hier die vielfältigsten Handlungsoptionen offen stehen, um eine nachhaltige Modeindustrie zu gewährleisten. Diese wird somit von Designern, ebenso wie von Produzenten und Konsumenten beeinflusst.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Etablierung der nachhaltigen Modebranche in Deutschland
3 Kriterien für Rohstoffgewinnung
3.1 Biologische Rohstofferzeugung
3.2 Alternative Rohstoffnutzung
4 Verbesserung der Produktionsbedingungen
4.1 Soziale Kriterien
4.2 Ökologische Kriterien
5 Minimierung der Transportketten
6 Optionen der Nachnutzung
7 Fazit
8 Abbildungsverzeichnis
9 Literatur- und Internetquellenverzeichnis
Anm. d. Red.: Die Abbildungen 2-6 sowie 8-12 sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht im Lieferumfang enthalten.
1 Einleitung
„Buy less, choose well, make it last!“1, lautet die Aussage der britischen Modedesignerin Vivienne Westwood. Mit ihrem Motto „Qualität geht über Quantität“2 will sie ihre Mitmenschen zum Kauf von weniger, dafür qualitativ hochwertiger Kleidung anregen.3
Dieser Anspruch ist einer der wesentlichen Faktoren, der nachhaltige von herkömmlich produzierter Kleidung unterscheidet. Er geht über Material, Herstellung und Design hinaus und beinhaltet Werte, wie etwa den Anspruch, weder Umwelt noch Mensch zu schaden. Daher umfasst die Bezeichnung nachhaltige Mode sowohl die ökologische als auch die soziale Dimension.4 Darüber hinaus werden laut britischem Design Council etwa 80% der Auswirkungen eines Produktes auf die Umwelt bereits im Design festgelegt, da hier die vielfältigsten Handlungsoptionen offenstehen, um eine nachhaltige Modeindustrie zu gewährleisten.5 Diese wird somit von Designern, ebenso wie von Produzenten und Konsumenten beeinflusst.6
In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, wie die Forderung nach Nachhaltigkeit von der deutschen Modeindustrie umgesetzt wird. Dabei werden die Etablierung der nachhaltigen Mode in Deutschland sowie grundlegende Kriterien für ökologische, verantwortungsbewusste Bekleidungsherstellung näher betrachtet. Die einzelnen Gesichtspunkte werden anhand konkreter Beispiele deutscher Modeunternehmen veranschaulicht.
2 Etablierung der nachhaltigen Modebranche in Deutschland
Anlässlich der ökologischen Bewegung in den 1970er und 1980er Jahren wurden 1987 die Forderungen des Brundtland-Berichts ausformuliert.7
Dieser zielt auf einen globalen Bewusstseinswandel ab und fordert erstmals auf politischer Ebene einen zukunftsbedachten Umgang mit Ressourcen im Zuge der Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung.8
Pionierunternehmen wie hessnatur berufen sich auf jene Wertvorstellungen und setzen damit den Grundstein der ökologischen Bewegung in der deutschen Modeindustrie.9
Langfristige Vision sind angemessene Herstellungs- und Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern hinsichtlich sozialer und ökologischer Aspekte, die Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks auf globaler Ebene und nicht zuletzt ein umfassendes Angebot nachhaltig produzierter Kleidung für den Kunden.10 Aufgrund der Fokussierung auf naturbelassene Herstellungsprozesse und Materialien geriet der modische Aspekt zu Beginn der Bewegung jedoch oft in den Hintergrund. Da „[...] Design ein ausschlaggebender Faktor für die Akzeptanz beim Konsumenten ist“11, konnte diese Mode die ästhetischen Anforderungen der breiten Masse nicht erfüllen. Die Bezeichnung Ökomode oder nachhaltige Mode ist daher bis heute mit negativen Assoziationen besetzt. Sie wird allzu oft mit etwas Unmodischem oder Altmodischem verbunden, wie unförmigen Kleidungsstücken aus Hanf oder Jute aus den 1970er und 1980er Jahren.12 Allerdings zeigen zahlreiche Labels, dass sich Stil und Design der ökologischer Kleidung mittlerweile dem Zeitgeist angepasst haben. Mode und Nachhaltigkeit stellen heute keinen Widerspruch mehr dar.13
Als Gegenbewegung zur Fast Fashion, dem Massendurchsatz von Bekleidung in der herkömmlichen Modeindustrie, etablierte sich in den vergangenen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Textile Wertschöpfungskette15
Jahren zudem der Begriff Slow Fashion. Diese Bewegung kritisiert die vergleichs weise kurzen Lebenszyklen konventioneller Bekleidung und fordert „[.] eine Verlangsamung des Konsums durch eine Verlängerung der Nutzungsphase von Kleidung und der dafür verwendeten Rohstoffe.“14 Eine nachhaltige Ausrichtung des Bekleidungsmarktes und -konsums setzt demnach eine effizientere Nutzung von Ressourcen und eine umwelt- sowie sozialverträgliche Gestaltung der textilen Wertschöpfungskette voraus. Wie in Abb. 1 veranschaulicht, umfasst diese die Gesamtheit aller Produktions- und Handelsstufen textiler Bekleidung.
3 Kriterien für Rohstoffgewinnung
3.1 Biologische Rohstofferzeugung
Bei Auswahl und Anbau der Rohstoffe spielt in erster Linie der Einsatz von Materialien aus kontrolliert biologischem Anbau (kbA) eine Rolle. Besonders der konventionelle Baumwollanbau hat aufgrund seines hohen Wasserbedarfs und seiner Anfälligkeit für Schädlinge verheerende ökologische Auswirkungen. Da sich ein Großteil der Anbauflächen in äußerst wasserarmen Gebieten der Erde befindet, wird durch eine intensive Bewässerung die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung vor Ort stark eingeschränkt. Der sinkende Grundwasserspiegel und die damit verbundene Bodenversalzung verursachen gravierende ökologische Probleme. Ein Beispiel hierfür ist der Aralsee in Usbekistan.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anm. d. Red.: Die Abbildungen wurden aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.
Abb. 2 und 3: Satellitenbilder Aralsee, Vergleich der Jahre 2000 und 201616
Wie Abbildungen 2 und 3 verdeutlichen, verlor der Binnensee seit der Jahrhundertwende über 80 Prozent seines Wasservolumens aufgrund der Folgen des Baumwollanbaus. Überdies ist der Aralsee durch seinen Salzgehalt von 10 bis 15 Prozent heute nahezu biologisch tot.17
Der Anbau von Biobaumwolle setzt dagegen auf nachhaltige Methoden, reduziert den Wasserverbrauch um bis zu zwei Drittel und verzichtet auf den Einsatz chemischer Schadstoffe.
Anstelle toxischer Pestizide18 und Düngemittel werden ausschließlich ökologisch unbedenkliche Mittel eingesetzt.19 Das 1976 gegründete Modeunternehmen hessnatur, Vorreiter in Umweltschutz und Textilökologie, förderte bereits in den 1990er Jahren den Anbau von Biobaumwolle und arbeitet fast ausschließlich mit biologisch erzeugten Materialien.20
Desweiteren werden tierische Produkte wie Wolle aus kontrolliert artgerechter Haltung (kbT) bezogen.21 Diesem Grundsatz folgt auch das Modelabel Cocccon, welches sich auf die Produktion fair produzierter Bioseide spezialisiert hat. Bei der Herstellung der sog. Ahimsa-Seide werden die Seidenraupen, anders als bei herkömmlicher Seide, am Leben gelassen. Wie man in Abb. 4 anhand der löchrigen Kokons erkennen kann, haben diese die Möglichkeit zu schlüpfen, bevor ihre einstmaligen Schutzhüllen aufgeschnitten, abgewickelt und versponnen werden.22
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anm. d. Red.: Die Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.
Abb. 4: Indische Frauen bei der Verarbeitung von
Seidenraupenkokons, Cocccon 23
3.2 Alternative Rohstoffnutzung
Zentrales Thema in der nachhaltigen Modebranche ist zudem die Verwendung von alternativen, erneuerbaren Rohstoffen. Dabei spricht man von Textilfasern, welche durch reduzierten Energie-, Wasser- und Chemikalienverbrauch Umwelt und Mensch schonen.24
Ein alternativer Rohstoff, welcher in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewann, ist der Hanf. Diese äußerst robuste Pflanze braucht wenig Wasser, wächst schnell und stellt eine gute Alternative zu Baumwolle dar.25 Während das Modelabel Lanius bereits 1994 mit der Verarbeitung von Hanf zu Jeans und Kleidern begann, wird dieser mittlerweile von zahlreichen Unternehmen, beispielsweise der Sport- und Streetwear Marke bleed clothing, genutzt.26
Durch unterschiedliche mechanische und chemische Prozesse können heute aus verschiedensten Pflanzenarten Fasern für Bekleidung gewonnen werden. Das vegane Luxuslabel Umasan verwendet beispielsweise Sojafasern für seine Seidenproduktion.27 Sogenannte vegane Seide, gewonnen aus den Fasern der Bananenstaude, produziert auch Cocccon (Siehe hierzu Abb. 5).28
Doch nicht nur nachhaltige Rohstoffe natürlicher Art nehmen Einfluss auf die Textilindustrie, sondern auch der Einsatz innovativer Materialien sowie neuer Technologien und Produktionsverfahren.29
Ein Beispiel, welches im Lauf der letzten Jahre aufgrund seiner Umweltrelevanz an Bedeutung gewann, ist recyceltes Plastik. Unter Nutzung vorhandener Wertstoffe wird, beispielsweise aus Plastikabfällen wie PET-Ein- wegflaschen, Recycling-Polyester hergestellt. Sowohl alteingesessene Bekleidungsunternehmen wie hessnatur als auch junge, nachhaltige Labels wie der Sportbekleidungshersteller Pyua nutzen dieses Material in ihrer Produktion (Siehe hierzu Abb. 6).30
[...]
1 rautmann, Lisa: „Interview mit einer Modeikone - Vivienne Westwood nimmt kein Blatt vor den Mund“, in: Neue Züricher Zeitung. NZZ Bellevue, Einstelldatum: 06.09.17, online unter: https://bellevue.nzz.ch/mode-beauty/interview-mit-einer-modeikone-vivienne-westwood-ld. 1314319 (Stand: 25.01.2018).
2 Ebd.
3 Vgl. hierzu Grant, Katie: „Vivienne Westwood: Everyone buys too many clothes“, in: The Telegraph, Einstelldatum: 16.09.2013, online unter http://fashion.telegraph.co.uk/news-features/ TMG10312077/Vivienne-Westwood-Everyone-buys-too-many-clothes.html (Stand: 03.02.2018).
4 Vgl. hierzu Köhrer, Ellen/Schaffrin, Magdalena: Fashion Made Fair. Modern Innovativ Nachhaltig, München: Prestel Verlag 2016, S. 7.
5 Vgl. hierzu Böller, Christina: Design in Balance. Ansätze zur Nachhaltigkeit im Modedesign, Saarbrücken: VDM Verlag Dr. Müller 2010, S. 32 und S. 35.
6 Vgl. hierzu Diekamp, Kirsten/Koch, Werner: Eco Fashion. Top-Labels entdecken die Grüne Mode, München: Stiebner Verlag GmbH 2010, S. 42.
7 Vgl. hierzu Ebd., S. 10 und „Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (Brundtland Bericht | Brundtland Report)“, o.V., in: Lexikon der Nachhaltigkeit, 2015, online unter: https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/brundtland_report_1987_728.htm (Stand: 30.01.2018).
8 Vgl. hierzu Hauff, Volker: Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, Greven: Eggenkamp 1987, S. 46ff.
9 Vgl. hierzu Köhrer, Schaffrin: Fashion Made Fair, S. 149 und „Maas Philosophie“, o.V., in: Maas, o.J., online unter https://maas-natur.de/ueber-uns/maas-philosophie/ (Stand: 30.01.2018) und „Überwachung und Umweltschutz“, o.V., in: hessnatur, o.J., online unter https://www.hessnatur.com/corporate/ueberwachung-und-umweltschutz/ (Stand: 31.01.2018).
10 Vgl. hierzu Diekamp, Koch: Eco Fashion, S. 51ff.
11 Ebd., S. 17.
12 Vgl. hierzu Ebd., S.13ff. und Köhrer, Schaffrin: Fashion Made Fair, S. 7.
13 Vgl. hierzu Brodde, Kirsten: Saubere Sachen. Wie man grüne Mode findet und sich vor Öko-Etikettenschwindel schützt, München: Ludwig Verlag 2009, S. 114 und Köhrer, Schaffrin: Fashion Made Fair, S. 7.
14 López, Irene: CSR und Wirtschaftspsychologie. Psychologische Strategien zur Förderung nachhaltiger Managemententscheidungen und Lebensstile (Management-Reihe Corporate Social Responsibility), Berlin: Springer-Verlag GmbH 2017, S. 280.
15 Quelle: Eigene Darstellung.
16 Entnommen aus: Lindsey, Rebecca: „Shrinking Aral Sea“, in: NASA Earth Observatory, Einstelldatum: 22.08.2017, online unter https://earthobservatory.nasa.gov/Features/World-OfChange/aral_sea.php (Stand: 03.02.2018) und Ebd.
17 Vgl. hierzu Diekamp, Koch: Eco Fashion, S. 56f. und Kuhn, Matthias: Untersuchungen zur Rückstandssituation von Schadstoffen in Textilien, Universität Hamburg, Hamburg 2002, S. 9.
18 Pestizide: Chemische Pflanzenschutzmittel, die toxisch auf Organismen wirken, welche im jeweiligen Anwendungsbereich unerwünscht sind.
19 Vgl. hierzu Diekamp, Koch: Eco Fashion, S. 61f.
20 Vgl. hierzu Köhrer, Schaffrin: Fashion Made Fair, S. 148.
21 Vgl. hierzu „kbT“, o.V., in: Hessnatur Lexikon, o.J., online unter hessnatur.de https://www.hessnatur.com/magazin/textillexikon/kbt/ (Stand: 31.01.2018).
22 Vgl. hierzu Köhrer, Schaffrin: Fashion Made Fair, S. 159.
23 Entnommen aus: „About Cocccon“, o.V., in: Cocccon, o.J., online unter http://www.cocccon.de/index.php?route=information/information&information_id=4 (Stand: 03.02.2018).
24 Vgl. hierzu Koß, Johanna-Sophie: Die Problematik der konventionellen Bekleidungsindustrie: Der Einfluss des Bewusstseins auf das Konsumverhalten in Bezug auf nachhaltige Mode, Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald, Greifswald 2014, S. 19.
25 Vgl. hierzu Fletcher, Kate: Sustainable Fashion And Textiles. Design Journeys, Oxon: Routledge 20142, S. 14 und Brodde: Saubere Sachen, S. 183.
26 Vgl. hierzu Köhrer, Schaffrin: Fashion Made Fair, S. 163 und „Hanf“, o.V., in: bleed clothing. Materialien, 2017, online unter https://www.bleed-clothing.com/deutsch/materialien/hanf (Stand: 01.02.2018).
27 Vgl. hierzu Köhrer, Schaffrin: Fashion Made Fair, S. 167.
28 Vgl. hierzu Ebd., S. 159.
29 Vgl. hierzu Ebd., S. 103.
30 Vgl. hierzu „#Nachgefragt – Bekleidung aus Recycled Polyester“, o.V., in: hessnatur, 2016, online unter https://www.hessnatur.com/magazin/nachgefragt/ (Stand: 01.02.2018) und „Innovation“, o.V., in: Pyua. About Pyua, o.J., online unter https://www.pyua.de/about/pyua (Stand: 01.02.2018) und „Recyceltes Plastik“, o.V., in: Armedangels. Materialien, o.J., online unter https://www.armedangels.de/materialien/#plastik (Stand: 01.02.2018).
- Citar trabajo
- Christina Blumhofer (Autor), 2018, Die Umsetzung der Forderung nach Nachhaltigkeit durch die deutsche Modeindustrie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/596007
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