Eine der zentralen Fragen in der gegenwärtigen Debatte über die Globalisierung ist die nach den Auswirkungen des internationalen Handels auf den Entwicklungsprozeß im allgemeinen und auf die Einkommensdisparitäten zwischen Industrie- und Entwicklungsländern im besonderen. Obwohl im Mittelpunkt des Interesses globalisierungskritischer Gruppen wie ATTAC, Oxfam oder WEED derzeit Probleme des internationalen Finanzsystems, die Macht multinationaler Konzerne und die Einschränkung der regulatorischen Souveränität der Nationalstaaten durch Abkommen wie GATS und TRIPS stehen, läßt sich aus den Erklärungen dieser Gruppen auch eine tiefe Skepsis gegenüber der Nützlichkeit des freien Welthandels für die Entwicklungsländer erkennen. Damit diese von einem "fairen Welthandel" profitieren könnten, müsse ihnen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Produzenten gegen Konkurrenz aus den Industriestaaten zu schützen.
Diese Positionen stehen in einer intellektuellen (und politischen) Tradition, die auf die Entwicklungstheorien der fünfziger Jahre zurückgeht und seither jahrzehntelang in beinahe völliger Seklusion vom ökonomischen Mainstream weiterbestand. Tatsächlich galt die Lehrmeinung, nach der internationaler Handel immer allen beteiligten Ländern zum Vorteil gereiche und daher Freihandel die optimale Handelspolitik darstelle, als eine der unumstrittensten Erkenntnisse der Ökonomik, und die Außenhandelstheorie gehörte bis etwa 1980 zu den am stärksten vereinheitlichten Zweigen der ökonomischen Theorie (vgl. Krugman 1987b). Dies änderte sich schlagartig mit dem Aufkommen der "Neuen Außenhandelstheorie", die durch die Modellierung von Märkten mit unvollständigem Wettbewerb erstmals die formale Untersuchung der Auswirkungen zunehmender Skalenerträge auf den internationalen Handel erlaubte. Wie sich herausstellte, konnte mit diesem neuen Instrumentarium eine große Klasse von Konzepten der Mainstream-Diskussion zugänglich gemacht werden, die zuvor nur eine Außenseiterrolle gespielt hatten, einschließlich von Modellen, die entgegen dem neoklassischen Faktorpreisausgleichstheorem eine weltmarktvermittelte Verstärkung oder gar spontane Bildung von Zentrum-Peripherie-Strukturen voraussagten.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Neue Aussenhandelstheorie
- Allgemeines Gleichgewicht und Komparativer Vorteil
- Ohlin und Samuelson und die Ökonomische Amnesie
- Paul Krugmans Durchbruch und die Beiträge der Neuen Aussenhandelstheorie
- Das Modul von Krugman/Venables (1995)
- Handels- und Entwicklungspolitische Debatten im Kontext der „Neuen Aussenhandelstheorie"
- Technologische Externalitäten und Marktversagen
- Lock-In-Effekte bei dynamischen Skalenerträgen
- Pekuniäre Externalitäten und Linkages
- Marktgrösseneffekte und der „Big push"
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Bedeutung der Neuen Außenhandelstheorie für die Nord-Süd-Debatte. Sie analysiert, inwiefern die Theorie den herkömmlichen ökonomischen Konsens über die Optimalität des Freihandels in Frage stellt. Der Fokus liegt dabei auf der Modellierung von Märkten mit unvollständigem Wettbewerb und den Auswirkungen zunehmender Skalenerträge auf den internationalen Handel.
- Die Bedeutung der Neuen Außenhandelstheorie für die Nord-Süd-Debatte
- Die Auswirkungen von Skalenerträgen und unvollständigem Wettbewerb auf den internationalen Handel
- Argumente für eine interventionistische Handelspolitik von Entwicklungsländern
- Die Funktionsweise von Modellen, in denen freier Handel zu internationaler Disparität führen kann
- Der aktuelle Stand der handelstheoretischen Meinungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die zentrale Frage der Arbeit vor: Inwiefern beeinflusst der internationale Handel den Entwicklungsprozess und die Einkommensdisparitäten zwischen Industrie- und Entwicklungsländern? Sie beleuchtet kritische Positionen gegenüber freiem Welthandel und stellt die These auf, dass die Neue Außenhandelstheorie den herkömmlichen Konsens über die Optimalität des Freihandels in Frage stellt.
Das Kapitel "Die Neue Aussenhandelstheorie" erläutert die Theoriegeschichte der Neuen Außenhandelstheorie, ihre konzeptionellen Grundlagen und ihre wichtigsten Beiträge. Es wird dargestellt, wie die Theorie erstmals die Auswirkungen zunehmender Skalenerträge auf den internationalen Handel untersucht und damit neue Erkenntnisse für die Analyse von Handelsbeziehungen gewonnen hat.
Das Kapitel "Handels- und Entwicklungspolitische Debatten im Kontext der „Neuen Aussenhandelstheorie" behandelt verschiedene Argumente für eine interventionistische Handelspolitik von Entwicklungsländern, die im Kontext der Neuen Außenhandelstheorie formuliert wurden. Es werden Themen wie technologische Externalitäten, Lock-In-Effekte, Pekuniäre Externalitäten und Marktgrösseneffekte diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Neue Außenhandelstheorie, Skalenerträge, unvollständiger Wettbewerb, Nord-Süd-Debatte, Handelspolitik, Entwicklungspolitik, Externalitäten, Marktversagen, Linkages, Big Push, Freihandel, Protektionismus, Einkommensdisparitäten, Globalisierung.
- Citation du texte
- Christofer Burger (Auteur), 2002, Die Neue Außenhandelstheorie und ihre Bedeutung für die Nord-Süd-Debatte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5950
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