Wie viel Geschichte steckt in der Wirklichkeit? Und wie viel Wirklichkeit bildet die Geschichte ab? Diese Fragen stellt sich womöglich der eine oder andere Politikwissenschaftler oder Historiker, in der Regel aber nicht der Literaturwissenschaftler. Umso wichtiger, dass auch dieser Aspekt hin und wieder beleuchtet wird, da schließlich jedes Werk maßgeblich durch den Zeitgeist geprägt und nur sehr selten frei von ihm ist.
Darum hat sich der Autor vorgenommen, zu untersuchen, wie ein Werk, welches ein historisches Ereignis thematisiert, mit der Geschichte umgeht – mit der vergangenen und seiner eigenen. Als Untersuchungsobjekt soll "Le Tiers État" von Georg Heym dienen. Zu diesem Zweck folgt eine kurze Passage zu Autor und dem beschriebenen Inhalt, der dann die Analyse von sprachlichen, inhaltlichen und historischen Aspekten folgt. Vermutlich werden für die übermotivierten Fragen am Anfang keine Antworten gefunden werden, aber am Schluss lässt sich sagen, inwiefern es sich bei "Le Tiers État"um ein historisches Gedicht handelt.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Hintergründe
2.1 Vorgeschichte & Wirken des Autors
2.2 Überblick Französische Revolution
III. Analyse des Werkes
3.1 Formale & sprachliche Ebene
3.2 Inhaltliche & metaphorische Ebene
IV Mögliche Parallelen zur Entstehungszeit
V. Zusammenfassung und Fazit
VI. Literaturverzeichnis und Quellenangaben
I. Einleitung
Wie viel Geschichte steckt in der Wirklichkeit? Und wie viel Wirklichkeit bildet die Geschichte ab? Diese Fragen stellt sich womöglich der eine oder andere Politik-wissenschaftler oder Historiker, in der Regel aber nicht der Literaturwissenschaftler. Umso wichtiger, dass auch dieser Aspekt hin und wieder beleuchtet wird, da schließlich jedes Werk maßgeblich durch den Zeitgeist geprägt und nur sehr selten frei von ihm ist. Darum habe ich mir vorgenommen, in meiner Hausarbeit zu untersuchen, wie ein Werk, welches ein historisches Ereignis thematisiert, mit der Geschichte umgeht – mit der vergangenen und seiner eigenen. Als Untersuchungsobjekt soll „Le Tiers État“ von Georg Heym dienen. Zu diesem Zweck folgt eine kurze Passage zu Autor und dem beschriebenen Inhalt, der dann die Analyse von sprachlichen, inhaltlichen und historischen Aspekten folgt. Vermutlich werden für die übermotivierten Fragen am Anfang keine Antworten gefunden werden, aber am Schluss lässt sich sagen, ob es sich bei „Le Tiers État“ um ein rein historisches Gedicht handelt oder nicht.
II. Hintergr ünde
2.1 Der Autor
Georg Heym, geboren am 30. Oktober 1887 in Hirschberg, war bedeutender Schriftsteller des deutschen Expressionismus. In seiner Schulzeit gab er bereits mit Ernst Balcke die Zeitschrift „Kreisende Sonnen“ heraus. Nachdem er im Jahr 1907 sein Abitur gemacht hatte, begann Heym, Jura zu studieren. Er bestand 1911 die erste juristische Staatsprüfung, wollte sich jedoch beruflich anders orientieren und beendete die Ausbildung. Parallel war Heym schon seit 1907 als Autor von Prosatexten tätig. Er war besonders inspiriert vom Stil der Neuromantiker, bis er 1910 Mitglied des expressionistischen „Neuen Clubs“ in Berlin wurde. Das ermöglichte ihm, seine Gedichte vorzutragen und neue Bekanntschaften zu schließen, was ihm dabei half, seinen eigenen Stil zu entwickeln. Von seinem ursprünglichen Ansatz ausgehend, das Grauenhafte als Symbol für die Absurdität des Daseins zu verwenden, beschrieb er fortan Phänomene wie die Urbanisierung („Die Stadt“, 1911), den Krieg („der Krieg“,1911) und weitere expressionistische Themen (u.a. Tod, Grauen). Inspiration bezog er unter anderem aus den Werken Charles Baudelaires oder Arthur Rimbaud sowie einigen deutschen Naturalisten. Sein früher Tod am 16.Januar 1912 durch einen Unfall hinderte ihn nicht daran, großen Einfluss auf die deutsche Schreibkultur, insbesondere der Neuen Sachlichkeit und des Naturgedichts zu nehmen. (Vergleiche Q1)
2.2 Überblick Französische Revolution
Im Jahr 1789 ist der König durch die immense Staatsverschuldung gezwungen, die Generalstände einzuberufen, um neue Steuern erlassen zu können. Diese verstanden ihr Zusammentreffen jedoch als deutlich bedeutender und erklärten sich am 17.6.1789 zur Nationalversammlung mit dem Ziel, eine Verfassung zu erarbeiten. Nachdem am 14. Juli das Staatsgefängnis „Bastille“ gestürmt wird und es im ganzen Land zu Bauernaufständen kommt, bricht die Staatsgewalt schließlich zusammen. Am 4.August 1789 verzichten die ersten beiden Stände (Adel & Klerus) auf ihre Privilegien und am 26.8. werden die Menschenrechte formuliert. Der König wird in die Hauptstadt gezwungen und die Kirchengüter verstaatlicht, um die Staatsschulden zu decken. Der Adel wird abgeschafft. Nach einem Fluchtversuch des Königs im Jahr 1791 muss dieser viele seiner Regierungsaufgaben an die Nationalversammlung abgeben und Frankreich wird konstitutionelle Monarchie. 1792 beginnt die Schreckensherrschaft der Jakobiner. Justizminister Danton lässt den König gefangen nehmen und im Zuge der „Septembermorde“ 3000 Royalisten hinrichten. Am 22. September wird die Republik ausgerufen. Ein Jahr später wird König Ludwig XVI. schließlich hingerichtet, während die Revolution weiter tobt. Nach der Machtübernahme Robespierres werden zahlreiche Rivalen in den Reihen der Revolutionäre hingerichtet (schließlich auch er selbst im Jahr 1794). Im Jahr 1799 übernimmt der General Napoleon Bonaparte durch einen Staatsstreich die Macht und erklärt die Revolution für beendet. (Vergleiche Q2 und Q3)
III. Analyse:
3.1 Formale und sprachliche Ebene
Das Gedicht „Le Tiers État“ von Georg Heym wurde im Dezember des Jahres 1910 veröffentlicht und umfasst 14 Verse, die in vier Strophen zu jeweils zweimal vier und zweimal drei Versen unterteilt sind. Neben den Strophen und der Überschrift ist noch eine Zeitangabe („20.Juni 1789“) Teil des Gedichts, welche als eine Art Untertitel der Überschrift fungiert. Das Reimschema der Quartette ist ein strophenintern umarmender Reim („abba-cddc), während die Terzette sich strophenübergreifend nach dem Muster „efg-efg“ reimen. Auf Grund der Strophenform und des Reimschemas ist das Gedicht der Sonettform zuzuordnen. Zeitlich passend orientiert es sich an der damals populären italienischen Form, welche in vielen neueren Sonetten verwendet wurde. Dies wird daran deutlich, dass die Terzette in „Le Tiers État“ sich nach dem vorgegebenen Muster reimen und nicht nach dem typischen „ccd-eed“ der französischen Form. Das Metrum ist ein fünf-hebiger Jambus, welcher im letzten Vers unterbrochen wird und dort nur noch vierhebig ist. In der italienischen Variation des Sonetts ist bekanntlich der Endecasillabo vorherrschendes Versmaß; jedoch erfüllt das Gedicht in diesem Punkt die ursprünglichen Ansprüche von elf Zeilen und durchgängig weiblichen Kadenzen nicht. Zwar sind in neueren Interpretationen dieses Versmaßes weibliche Kadenzen nicht mehr zwingend erforderlich, aber ob man „Le Tiers État“ mit seinen durchgehend männlichen Kadenzen und vierzehn Versen zweifelsfrei dem Endecasillabo zuordnen kann, nur weil es als fünfhebiger Jambus keine markante Zäsur innerhalb der Verse aufweist, ist Definitionssache. Fest steht jedoch, dass das Gedicht der Sonettform zuzuordnen ist und deutlich diesem Schema folgt, wenn auch nicht bis ins letzte Detail. Das Gedicht ist im Präsens verfasst und weist ein hohes Maß an rhetorischen Figuren auf. Besonders auffällig sind die Enjambements, die zeilen- (siehe: „Ihr Gewühl Brennt wie die Flamme“ [Vers 3-4], „Die Straße rauscht Vom Sturme Mirabeaus“ [Vers 6-7] oder strophenübergreifend (siehe: „Und der Widerhall Der großen Worte flattert durch Paris“ [Vers 4-5]) auftreten. Der Satzbau folgt nicht immer den konventionellen Richtlinien und zieht an einigen Stellen das Objekt bzw. das Prädikat vor (siehe „da er die Tür dem Mann des Königs wies“ [Vers 8], „Der König sieht dem Abend nach, der lind Im Park und Seine zieht gen Westen schon“ [Vers 9-10]). Außerdem ist er zu Beginn des Gedichtes überwiegend hypotaktisch, während er in den letzten beiden Strophen fast ausschließlich parataktisch wird. Die Satzzeichen (ausschließlich Punkte) enden häufig mitten im Vers, wodurch ihre Funktion als Lesepause nicht zur Geltung kommt und ein kontinuierlicher Sprachfluss entsteht. Des Weiteren ist der Text übersäht mit Substantiven (siehe: „Blumen“, „Ball“ [Vers 1]; „Spiegeln, Kerzen“ [Vers 2]; „Stiefel“, „Bürger“, „Gewühl“ [Vers 3], usw.) oder Neologismen (siehe „Gestühl“ [Vers 2]), die häufig einen starken Symbolcharakter aufweisen. Erst in der dritten Strophe tritt eine Person als vermeintlicher Protagonist hervor („Der König“ [Vers 9]), der jedoch recht passiv erscheint. Es ist vielmehr sein Umfeld, welches durch Personifikationen zu handeln scheint (siehe: „Ihr Gewühl Brennt wie die Flamme“ [Vers 3-4]; „Die Straße rauscht“ [Vers 6] „Der [Wind] rüttelt seinen Hals und seinen Thron“ [Vers 13]). Neben den Personifikationen häufen sich auch die Metaphern (siehe: z.B. „Stiefel der Bürger“ [Vers 3]; „die Straße rauscht Vom Sturme Mirabeaus“ [Vers 6-7]) oder Symbole (siehe: z.B. „Auf welken Blumen von dem letzten Ball“ [Vers 1]; „Der rüttelt seinen Hals und seinen Thron“ [Vers 13]). Viele der verwendeten Orts-, Zeit oder Personenangaben haben einen historischen Bezug zur Französischen Revolution (Siehe: „20. Juni 1789“ [Überschrift] „Bürger“ [Vers 3], „Paris“ [Vers 5], „Mirabeaus“ [Vers 7], „Der König“ [Vers 9], „Le tiers état“ [Vers 14]). Weitere Stilmittel sind ein Asyndeton (siehe: „In Spiegeln, Kerzen, weichlichem Gestühl [Vers 2]) und eine Epanalepse bzw. Wiederholung der letzten Wortgruppe („Le tiers état, le tiers état.“ [Vers 14]), welche besonders auffällig und maßgeblich für die Wirkung der letzten Strophe verantwortlich ist. (Vergleiche: „Le Tiers Etat“ Q4 sowie Q5 für die Bearbeitung)
3.2 Inhaltliche und metaphorische Ebene
Das Gedicht thematisiert auf mehreren Ebenen den Umbruch der Gesellschaft, der Werte und der Macht. So wird schon zu Beginn des Gedichts der symbolische Verfall der vorangegangenen Ära aufgezeigt (siehe: „Auf welken Blumen von dem letzten Ball“ [Vers 1]. Die Blumen deuten womöglich auf die ehemalige Pracht des französischen Königshauses hin. Und gerade in Verbindung mit dem Ball, den Kerzen, den gepolsterten Stühlen und den Spiegeln, welche womöglich sogar ein Hinweis auf den Spiegelsaal des Versailler Schloss darstellen, das in unvergleichlicher Weise den Überfluss der Monarchen symbolisiert, gelangt man schnell zu einer Assoziation von Prunk, Luxus und französischem Adel wie unter dem Sonnenkönig. (Siehe: „In Spiegeln, Kerzen, weichlichem Gestühl“ [Vers 2]) Indem diese Begriffe ohne Konjunktion auf einander folgen wird die Sehnsucht des Königs, die in diesen Zeilen zu lesen ist, noch unterstrichen. Dem gegenüber steht der „Stiefel der Bürger“ (siehe: [Vers 3]), durch dessen Alltäglichkeit sich diese zusätzlich von den vorrangegangenen Luxusgütern des Adels abgrenzen. Und tatsächlich findet ja eine Umkehr der Verhältnisse statt, der Stiefel, so alltäglich er auch sein mag, sucht jetzt eine neue Umgebung. Die Bürger drängen sich in die Welt des Adels, und auch wenn der Stiefel doch nur symbolisch in jeder Ecke und jedem Gegenstand zu stehen scheint, ist es doch ein Sinnbild der damaligen Verhältnisse, als die Bürger sich in das Staatsgeschäft drängten und ihr Recht auf Mitbestimmung einforderten. Im Verlauf der Revolution taten sie dies auch recht rücksichtslos und gewalttätig, weswegen der Stiefel recht gut als Symbol für die Revolutionäre taugt, welche ja das Gottesgnadentum buchstäblich mit Füßen traten. Der Kontrast zwischen Bürgern und Adel wird noch an der Gegenüberstellung von „Gestühl“ und „Gewühl“ (siehe: Vers 2 und 3) deutlich. Gewühl als chaotischer Tumult, dem die noble, sitzende Gesellschaft entgegengesetzt wird. Doch die Einteilung ist keinesfalls eindeutig gut/schlecht. Denn wenn man noch das Adjektiv dazu nimmt (siehe: „weichlichem Gestühl“ [Vers 2]), ist das Gestühl nicht mehr so positiv zu sehen, da mit „weichlich“ auch eine gewisse Verweichlichung mitschwingt. Sie scheinen dem „Gewühl“, welches „Brennt wie die Flamme“, nichts entgegensetzen zu können. Sinnbildlich für den immensen Zorn, der von der recht unorganisierten Volksmasse ausgeht (siehe Vers 3-4) finden ihre Parolen großen Anklang in der Stadt. (siehe: „Und der Widerhall Der großen Worte flattert durch Paris“ [Vers 4-5]). Obwohl dieser Vers auf den ersten Blick recht eindrücklich klingt, liegt auch etwas Kritisches darin. „Große Worte“ werden im Gebrauch der Sprichworte in der Regel mit einem „nichts dahinter“ ergänzt. Und tatsächliche war ja ein Teil des Gedankenguts der Revolution überzogen und realitätsfern. Außerdem gewinnt die Formulierung durch das Verb „flattern“ einen deutlich instabileren und populistischen Aspekt. Eine flatternde Fahne ist selten von Dauer und wird früher oder später dem Wind nachgeben. Und so gibt der Autor womöglich auch einen Ausblick auf die Zukunft der Revolution, welche ja recht zeitnah zu Ende ging und der eine weitere Alleinherrschaft folgte (Siehe 2.2). Die nun folgende Zeile (siehe: „Die Straße rauscht vom Sturme Mirabeaus, dem alles lauscht, Da er die Tür dem Mann des Königs wies.“ [Vers 6-8]) bezieht sich auf den historischen Kontext, in dem das Gedicht steht. Honoré Gabriel Riqueti, Comte De Mirabeau war Mitglied der Nationalversammlung, welche vom König einberufen wurde und sich zur Aufgabe gemacht hatte, Frankreich eine Verfassung zu geben. Dies gelobten sie feierlich im Rahmen des „Ballhausschwurs“ am 20. Juni 1789. Das Datum wurde auch im Sekundärtitel bzw. in der Einleitung des Gedichts aufgegriffen. Mirabeau selbst soll einen Diener des Königs mit den Worten: „Wenn wir weichen, dann nur den Bajonetten“ (übersetzt, vergleiche Q6) hinausgeschickt haben, was ebenfalls im Gedicht aufgegriffen wird (siehe Vers 8). Allerdings geschah dies erst am 23. Juni 1789 (vergleiche: Q6). Wenn das Gedicht wie eingangs beschrieben am 20. Juni spielen soll und der Vers „Man drängt sich um den Saal.“ (Vers 6) sich auf den Ballhausschwur beziehen soll, dann liegt ein Bruch im chronologischen Ablauf vor. Welchen Effekt diese Variation erzielen soll ist unklar, immerhin macht es kaum einen Unterschied für das Gedicht selbst, ob besagtes Ereignis schon stattgefunden hat oder noch aussteht. Womöglich wurde auch mangelhaft recherchiert oder die historische Korrektheit ist von zweitrangigem Interesse. Auf jeden Fall war es offensichtlich nicht das Ziel, eine möglichst detailgetreue und historisch fehlerlose Wiedergabe der geschichtlichen Ereignisse zu schaffen. Eher scheint der Autor das Augenmerk auf die Rebellion gegen das bestehende Regime thematisieren zu wollen. Nicht unkritisch (siehe: Ausführungen zu „Gewühl“ [Vers 3], „große Worte“ [Vers 5] usw.) aber doch bestimmt legt er dar, wie es den unzufriedenen Bürgern gelingt, dem König die Macht zu nehmen. Ähnlich wie in anderen Gedichten Heyms ist auch „Le Tiers État“ nicht frei vom Aspekt der bevorstehenden Eskalation (Vergleiche: Georg Heym: „Der Krieg“) und einem gewissen Drang zur Katastrophe (Vergleiche IV). Im vorliegenden Gedicht sieht der König auch, dass seine Tage zu Ende gehen (siehe: „Der König sieht dem Abend nach, der lind In Park und Seine zieht gen Westen schon“ [Vers 9-10]) oder zumindest die Tage der Monarchie. Die besondere Eile wird durch das Vorziehen des Prädikats noch untermauert, da es nicht auf seinem Platz verharrt sondern von seiner syntaktischen Stellung abweicht und vorgezogen wird, als könnte es gar nicht früh genug genannt werden. Doch obwohl der gesellschaftliche Umbruch unmittelbar bevorsteht befolgt der König penibel die höfliche Etikette anstatt zu handeln, richtet seine Kleidung und macht sich zum Abendessen bereit (siehe: „Er zupft sein Halstuch. Le diner ist nah“ [Vers 11]), während das Volk hungert. Dieser melancholische Ablauf wird durch den einfallenden Wind unterbrochen, der an des Königs Hals und Thron rüttelt. (siehe: „Der rüttelt seinen Hals und seinen Thron.“ [Vers 13]. Der Wind kann hier als Vorbote der Revolution, des gesellschaftlichen Umbruchs oder des Königs Schicksals verstanden werden. Das Rütteln am Thron des Königs deutet den bevorstehenden Fall der Monarchie, die Erschütterung seines Halses die baldige Exekution des Königs an (vergleiche: 2.2). Die Verantwortlichen zeigen sich im letzten Vers; es handelt sich um den dritten Stand. („siehe: Le tiers état. Le tiers état.“ [Vers 14]). Durch die Wiederholung wird das Augenmerk verstärkt auf diesen Akteur gerichtet. Zusätzlich hervorgehoben wird die besondere Rolle durch den (einzigen) Metrumwechsel. Der Rhythmuswechsel vom schwingenden, typischen fünfhebigen Jambus zum nur noch vierhebigen erzeugt ein zusätzliches Gefühl der Ernüchterung durch sein eher abruptes Ende. Die besondere Bedeutung des dritten Standes als bis dato untypischer politischer Akteur im damaligen System wird durch diese Doppelung der Stilmittel unmissverständlich. Heym möchte ganz vehement darauf verweisen, dass es ja die gewöhnlichen Menschen sind, die diese weltpolitische Errungenschaft vollbracht haben.
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- Citation du texte
- Sven Beth (Auteur), 2014, Wirklichkeit oder Geschichte? Georg Heyms Gedicht "Le Tiers État" im historischen Kontext, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/591917
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