Die Wintertourismusbranche wurde wiederholt als besonders sensibel gegenüber klimatischen Veränderungen eingestuft. Zu den prognostizierten Auswirkungen gehören neben dem Mangel an natürlichem Schnee, höhere Kosten für Anpassungen der Skiindustrie, kürzere Wintersaisons und geringere Besucherzahlen in vielen Skigebieten.
Ziel dieser Studie ist es, das klimabedingte Substitutionsverhalten von Wintersportlern zu verstehen. Genauer wurde untersucht, welchen Einfluss der individuelle Stellenwert der Aktivität und der Spezialisierungsgrad von Wintersportlern, auf eine Anpassung ihres Teilnahmeverhaltens aufgrund von klimatischen Veränderungen hat.
341 Wintersportler aus dem Raum Innsbruck in Tirol nahmen an dem Online Fragebogen teil. Der "Modified Involvement Scale" wurde angewendet, um die Teilnehmer nach ihrem Engagement für die Wintersportaktivität einzuteilen. Die Ergebnisse legen nahe, dass der individuelle Stellenwert der Aktivität ein wichtiges Kriterium für die Bereitschaft der Wintersportler ist, ihr Teilnahmeverhalten zu verändern.
I. Inhaltsverzeichnis
Abstract
I. Inhaltsverzeichnis
II. Abk ürzungsverzeichnis
III. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Herausforderungen an die Skiindustrie
2.1.1 Auswirkungen klimatischer Veränderungen auf Wintersaisonen
2.1.2 Auswirkungen klimatischer Veränderungen auf die Nachfrage
2.2 Anpassungsstrategien der Skiindustrie
2.2.1 Technologische Anpassungsmöglichkeiten
2.2.2 Verhaltensbezogene Anpassung
2.3 Anpassungsverhalten von Wintersportlern
2.3.1 Substitutionstheorie
2.3.2 „Activity Involvement“ und „Recreation specialization“
2.4 Wahrnehmung des Klimawandels durch Wintersporttouristen
2.5 Zusammenfassung
3. Forschungsmethodik
3.1 Datenerhebung
3.1.1 Forschungsgebiet
3.1.2 Umfrageentwurf
3.1.3 Datenerfassung
3.2 Datenanalyse
3.3 Probleme und Einschr änkungen der Datenerhebung
4. Ergebnisse
4.1 Demografie und Spezialisierungsgrad
4.2 Einflussfaktoren bei der Auswahl des Skigebiets
4.3 Einflussfaktoren bei der Anpassung des Teilnahmeverhaltens
4.3.1 Klimaszenarien
4.3.2 „Backyard-snow“ Effekt
4.3.3 Activity Involvement
4.3.4 Spezialisierungsgrad
4.4 Wahrnehmung klimatischer Ver änderungen
4.5 Umweltfreundliches Teilnahmeverhalten
5. Diskussion
5.1 Auswahl des Skigebiets
5.2 Substitutionsverhalten
5.3 Wahrnehmung klimatischer Ver änderungen
5.4 Activity Involvement und Spezialisierung
6. Fazit und kritische Reflexion
7. Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang: Fragebogen
Eidesstattliche Erkl ärung
Abstract
Die Wintertourismusbranche wurde wiederholt als besonders sensibel gegenüber klimatischen Veränderungen eingestuft. Zu den prognostizierten Auswirkungen gehören neben dem Mangel an natürlichem Schnee, höhere Kosten für Anpassungen der Skiindustrie, kürzere Wintersaisonen und geringere Besucherzahlen in vielen Skigebieten. Ziel dieser Studie ist es, das klimabedingte Substitutionsverhalten von Wintersportlern zu verstehen. Genauer wurde untersucht, welchen Einfluss der individuelle Stellenwert der Aktivität und der Spezialisierungsgrad von Wintersportlern, auf eine Anpassung ihres Teilnahmeverhaltens aufgrund von klimatischen Veränderungen hat. 341 Wintersportler aus dem Raum Innsbruck in Tirol nahmen an dem Online Fragebogen teil. Der „Modified Involvement Scale“ wurde angewendet, um die Teilnehmer nach ihrem Engagement für die Wintersportaktivität einzuteilen. Die Ergebnisse legen nahe, dass der individuelle Stellenwert der Aktivität ein wichtiges Kriterium für die Bereitschaft der Wintersportler ist, ihr Teilnahmeverhalten zu verändern.
II. Abk ürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
III. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Anpassungsstrategien der Skiindustrie
Tabelle 1: Einflussfaktoren bei der Auswahl von Skigebieten
Tabelle 2: Substitutionsverhalten von Wintersportlern (gemildertes Szenario)
Tabelle 3: Substitutionsverhalten von Wintersportlern („worst-case“ Szenario)
Tabelle 4: „Backyard-Snow" Effekt
Tabelle 5: Substitutionsverhalten von Wintersportlern nach Involvement Clustern
Tabelle 6: Wahrnehmung natürlicher Phänomene in Bergregionen aufgrund klimatischer Veränderungen
Tabelle 7: Maßnahmen für ein umweltfreundliches Teilnahmeverhalten
1. Einleitung
In ihrem fünften globalen „Assessment Report“ gelangt das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zu dem Schluss, dass der Klimawandel unmissverständlich stattfindet und menschliche Aktivitäten, insbesondere der Ausstoß von Kohlendioxid, mit großer Wahrscheinlichkeit die Hauptursache dafür sind (IPCC 2014). Die Veränderungen sind in allen geografischen Regionen zu beobachten: Die Atmosphäre und die Ozeane erwärmen sich, Größe und Volumen von Schnee und Eis nehmen ab, der Meeresspiegel steigt und die Wetterbedingungen ändern sich. Prognosen des IPCC sagen voraus, dass wenn die Emissionen weiterhin mit der gegenwärtigen Geschwindigkeit steigen, die globale Durchschnittstemperatur bis zum Ende dieses Jahrhunderts um 2,6°C – 4,8°C höher sein wird als zum gegenwärtigen Zeitpunkt (IPCC 2014). Die Auswirkungen auf verschiedene Branchen wie den Tourismus sind enorm. Die Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen (UNWTO), das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) identifizierten den Klimawandel als die größte Herausforderung für die globale Tourismusindustrie im 21. Jahrhundert (World Tourism Organization et al. 2008). Die Branche ist zahlreichen direkten und indirekten Auswirkungen des Klimawandels ausgesetzt. Exemplarisch hierfür sind der Anstieg des Meeresspiegels und die Erhöhung des ph-Wertes der Ozeane und die dadurch entstehende Bedrohung der küstentouristischen Infrastruktur und weiterer natürlicher Attraktionen. Der Klimawandel wird unweigerlich zu Veränderungen der biologischen Vielfalt führen, den Ökotourismus beeinträchtigen und die Wasserverfügbarkeit wird aufgrund von veränderten Niederschlagsmengen beeinträchtigt (Nicholls 2014). Angesichts der hohen Verwundbarkeit der alpinen Umwelt und der starken Abhängigkeit von natürlichen Schneebedingungen ist der Wintersporttourismus besonders anfällig für sich ändernde Klimabedingungen. Die internationale Wintersportindustrie hat aufgrund der in vielen Regionen hohen kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung dieser, große Aufmerksamkeit in der Analyse der Auswirkungen klimatischer Veränderungen erlangt. Die milliardenschwere Branche ist sowohl für regionale und lokale Klimaveränderungen sehr anfällig und infolgedessen werden eine Verkürzung der Saisondauer, erhöhte Anforderungen an technologische Anpassungsmaßnahmen, erhöhte Betriebskosten und geringere Einnahmen bei sinkenden Besucherzahlen erwartet (World Tourism Organization et al. 2008). Aufgrund der hohen Klimasensibilität des Wintertourismus hat die Skiindustrie in der Fachliteratur zum Klimawandel und Tourismus große Beachtung gefunden (Abegg et al. 2007; Behringer et al. 2000; Breiling und Charamza 1999; Cocolas et al. 2016; Dawson 2009; Dawson et al. 2011; Dawson und Scott 2013; Demiroglu et al. 2018; Elsasser und Bürki 2002; Hamilton et al. 2007; König 1998; Koenig und Abegg 1997; Orr und Schneider 2018; Shih et al. 2009; Scott et al. 2003; Scott und McBoyle 2007; Steiger 2011; Steiger und Mayer 2008; Unbehaun et al. 2008; Vivian 2011). Das Hauptaugenmerk der Forschung lag dabei auf der Untersuchung der Auswirkungen des Klimawandel auf das Angebot des oben genannten Sektors. Weniger Beachtung bekam die Analyse der möglichen Verhaltensanpassungen von Wintersportlern an klimatische Veränderungen und den damit verbundenen prognostizierten Auswirkungen auf die Skiindustrie. Touristen gelten als sehr anpassungsfähig, da sie ihr Verhalten leicht an klimatische Schwankungen und schlechte Schneebedingungen anpassen können - insbesondere im Vergleich zu den Aufwendungen und Kosten die mit strukturellen und managementbasierten Anpassungen der Skiindustrie verbunden sind (Scott und McBoyle 2007). Ein besseres Verständnis des Anpassungsverhalten von Skifahrern und Snowboardern an klimatische Veränderungen wird als wesentlicher Bestandteil für die Beurteilung der Anfälligkeit des Wintertourismus erachtet (Scott und McBoyle 2007; Unbehaun et al. 2008). Es ist entscheidend herauszufinden, welche Einschränkungen das Teilnahmeverhalten von Wintersportlern besonders beeinflussen und wie unterschiedliche Typen von Skifahren und Snowboardern auf diese reagieren. Die Integration der Konzepte „Substitution“ und „Spezialisierung“ könnte dabei wichtige Erkenntnisse für das Verständnis der nachfrageseitigen Anfälligkeit des Skitourismus liefern. Wenn beispielsweise die Betreiber von Skigebieten unerwünschte Verhaltensänderungen der Wintersportler erfolgreich reduzieren wollen, ist es wichtig zu verstehen, welche Personen am wahrscheinlichsten ihr Teilnahmeverhalten verändern.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Verhaltensanpassung von Skifahrern und Snowboardern als Reaktion auf klimatische Bedingungen zu verstehen und die Lücken vorangegangener Studien zu dieser Thematik zu füllen. Im Einzelnen versucht diese Abhandlung (1) die Anpassung des Teilnahmeverhaltens von Wintersportlern aufgrund klimatischer Veränderungen, (2) die individuelle (Risiko-) Wahrnehmung des Klimawandels und (3) Einflussfaktoren bei der Auswahl von Skigebieten darzustellen. Dabei liegt der Fokus auf den Einfluss des individuellen Stellenwerts der Aktivität und des Spezialisierungsgrades von Wintersportlern.
Klimatische Veränderungen stellen eine große Gefahr für die Alpen dar. So fiel die klimatische Erwärmung der vorangegangenen Jahre in den Alpen ungefähr dreimal so stark aus wie im weltweiten Durchschnitt, wobei Klimamodelle in den kommenden Jahrzehnten noch größere Veränderungen vorhersagen (Abegg et al. 2007). Gleichzeitig haben die Alpen weltweit den größten Marktanteil an Ankünften und erzielen 43% der weltweiten Besucherzahlen (Vanat 2018). Österreich und im Speziellen Tirol spielen dabei eine wichtige Rolle. So waren es in der Saison 2016/2017 über 26 Millionen Übernachtungen allein in Tirol. Aufgrund der großen wirtschaftlichen Bedeutung für diese Region, des weitzurückreichenden kulturellen Hintergrunds rund um den Wintersport und der hohen Anfälligkeit für klimatische Veränderungen, wurde die Studie im Raum Innsbruck in Tirol durchgeführt.
Die vorliegende Arbeit unterteilt sich in sechs Kapitel. Das einleitende Kapitel beschreibt den Zweck der Forschung sowie die Ziele und das Untersuchungsgebiet, in dem diese stattfindet. Das zweite Kapitel befasst sich mit wichtiger Literatur zum Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die Skiindustrie, sowie möglichen Anpassungsstrategien der Angebots- und Nachfrageseite und der öffentlichen Wahrnehmung des Klimawandels. Im Anschluss daran wird die angewandte Methodik dieser Studie erläutert. Das vierte Kapitel beschreibt die zentralen Ergebnisse der Datenanalyse der Befragung. Das fünfte Kapitel diskutiert die erhaltenen Ergebnisse und vergleicht diese mit vorangegangenen Untersuchungen. Geschlossen wird mit einem Fazit der Untersuchung und einem Ausblick auf zukünftige Untersuchungen.
2. Theoretische Grundlagen
Der Klimawandel wird weitreichende Folgen sowohl für die Skiindustrie als auch die Wintersportler selbst haben. Adäquate Anpassungen beider Seiten sind erforderlich um auch in Zukunft alpinen Wintersport in den Alpen betreiben zu können. Daher gibt dieses Kapitel einen Überblick der bestehenden Literatur zu den Auswirkungen klimatischer Veränderungen auf zukünftige Wintersaisonen und der Nachfrage. Weiters werden Anpassungsstrategien beider Seiten und die öffentliche Wahrnehmung klimatischer Veränderungen dargestellt.
2.1 Herausforderungen an die Skiindustrie
Wintertourismus wurde wiederholt als eine der am meisten von klimatischen Veränderungen und globaler Erwärmung betroffene Form von Tourismus angesehen (Nebojsa Nakicenovic et al. 2000; Scott 2006). Der Klimawandel wird weitreichende Folgen für viele vom Wintertourismus abhängige Gemeinden haben, da wirtschaftliche Alternativen in (meist) ländlichen Bergregionen begrenzt sind (Steiger et al. 2017, S. 2). Die mangelhaften Schneeverhältnisse vergangener Winter wie zum Beispiel während der Saison 2006/2007 gaben vielen Skigebieten einen ersten Einblick in die möglichen Auswirkungen klimatischer Veränderungen. Insbesondere niedrig gelegenere Skigebiete müssen zukünftig mit negativen Effekten auf Schneedecke und -qualität rechnen. Gleichzeitig steigen die Qualitätsanforderungen der Wintersporttouristen enorm, welche eine zusätzliche Herausforderung für die Betreiber von Skigebieten darstellen. Viele Regionen in denen Wintersporttourismus eine wichtige Rolle spielt haben deshalb bereits damit begonnen, Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen um die Anfälligkeit gegenüber klimatischen Veränderungen zu verringern. Wie sich klimatische Veränderungen auf die Wintersaisonen der Alpen auswirken, wie Maßnahmen zur Anpassung in der Vergangenheit aussahen und zukünftig weiterentwickelt werden können, wird im nachfolgenden Kapitel erläutert.
2.1.1 Auswirkungen klimatischer Ver änderungen auf Wintersaisonen
Um Aussagen über geeignete Anpassungsprozesse treffen zu können, muss zunächst geklärt werden wie sich die zukünftigen klimatischen Bedingungen, insbesondere die Schneesituation, auf die Skiindustrie in den Alpen auswirken. Vor diesem Hintergrund stellt die Literatur Schneesimulationen für mehrere Regionen vor, welche Prognosen zur Schneesicherheit und der Länge zukünftiger Wintersaisonen treffen.
Generelle Determinanten von Schneesicherheit sind einerseits die Saisonlänge, welche ein Skigebiet ab 100 Tagen mit ausreichender Schneedecke in sieben von zehn Saisonen als schneesicher bezeichnet. Zum anderen spielt die Schneehöhe selbst eine entscheidende Rolle, da diese erst ab 30 cm in der Literatur als ausreichend angesehen wird. Die 100-Tage Regel wurde als erstes von Witmer (1986) vorgeschlagen und ist seitdem ein wichtiges Kriterium für die Schneesicherheit von Skigebieten (Abegg et al. 2007). In Österreich galten unter den klimatischen Bedingungen im Jahr 2007, 199 von 220 Skigebieten als natürlich schneesicher. Unter einem +2 °C Erwärmungsszenario bis 2050 werden es noch 115 Gebiete sein (Abegg et al. 2007). Österreich gilt hierbei als sehr gefährdet, da viele Skigebiete in niedrigen Höhen liegen und somit von ansteigenden Durchschnittstemperaturen besonders betroffen sind.
Österreichische Betreiber von Skigebieten bekräftigen jedoch unabhängiger von natürlichem Schnee zu sein und trockene, sonnige und kalte Winter bevorzugen, um die Pisten mit künstlich hergestelltem Schnee zu betreiben (Trawöger 2015). Doch den Klimawandel hierfür als hilfreich zu bezeichnen stellt einen Widerspruch dar. Die benötigten Temperaturen für eine künstliche Beschneiung mit den erwarteten ansteigenden Durchschnittstemperaturen werden seltener erreicht und die Schneefallgrenze steigt ebenfalls an (Abegg et al. 2007). Trotzdem erweitert die Skiindustrie in den Alpen ihr Netzwerk an künstlich beschneiten Pisten. Österreichweit sind bereits mehr als 60% (Vanat 2018), in Nord- und Südtirol waren 2011 sogar 75% (Steiger und Stötter 2013), der Pisten künstlich beschneit.
Bezieht man die künstliche Beschneiung in die Berechnungen zur Schneesicherheit und Saisonlänge mit ein, so ergeben sich gemilderte Ergebnisse als in einem Szenario nur mit Naturschnee. Steiger (2011) prognostiziert einen Rückgang der Anzahl der Tage mit ausreichender Schneedecke im Mittel um 11%-21% bis 2050 und 28%-71% bis 2080, abhängig von Höhenlage und Exposition und unter Berücksichtigung von Kunstschnee. Das bedeutet einen deutlich schwächeren Einfluss klimatischer Veränderungen auf die Saisonlänge und auf die Schneesicherheit von Skigebieten unter dem Kriterium der 100-Tage-Regel, als bei Simulationen nur mit Naturschnee. Bis 2050 werden in einem Szenario mit hohen Emissionen (Nebojsa Nakicenovic et al. 2000) und unter dem 100-Tage-Indikator, nach Steiger und Stötter (2013) 80% der Skigebiete in Nordtirol als schneesicher eingestuft, während es 2070 nur noch weniger als die Hälfte der Gebiete sind.
Laut den Prognosen verschiedener Klimatologen findet der größte Anstieg der Durchschnittstemperaturen in den ersten Monaten der Saison zwischen November und Januar statt. Das bedeutet auch, dass die für Skigebiete die wirtschaftlich sehr wichtige Weihnachtszeit besonders bedroht ist. Die Erlöse während der Weihnachtsferien stellen beinahe ein Drittel der gesamten Einnahmen von Skigebieten während eines Winters dar (Steiger 2010). Deshalb wurde mit dem „Christmas Indicator“ ein weiteres Maß für die Schneesicherheit von Skigebieten eingeführt, welches vor allem aus ökonomischer Sicht interessant ist. Bedingt durch den frühen Zeitpunkt in der Saison und zu warmen Außentemperaturen gestaltet sich die Produktion von künstlichem Schnee als schwierig. Zusätzlich zu diesen Gegebenheiten steht wenig natürlicher Schnee zur Verfügung wodurch der „Christmas Indicator“ anfälliger für klimatische Veränderungen ist als die 100-Tage-Regel. Steiger und Stötter (2013) identifizieren unter Anwendung des Weihnachtsindikators nur die Hälfte der im Untersuchungsgebiet liegenden Skigebiete bis 2040 als schneesicher und weniger als 10% der Gebiete erfüllen dieses Kriterium bis Ende dieses Jahrhunderts. Die ansteigenden Durchschnittstemperaturen, insbesondere zu Beginn der Saison, stellen somit ein großes ökonomisches Problem dar. Sie tragen dazu bei, dass zukünftige Skisaisonen im Durchschnitt später starten und damit die Weihnachtszeit als eine wichtige Einnahmequelle für viele Skigebiete geschwächt wird oder sogar wegfällt.
Zusammenfassend identifizierten frühere Studien über die Auswirkungen von klimatischen Veränderungen auf die Skisaisonen deutlich gravierendere Ausprägungen, als unter Miteinbeziehung von künstlicher Schneeproduktion. Außerdem wirkt sich der Weihnachtsindikator schwerwiegender auf die prognostizierte Schneesicherheit von Skigebieten aus als die 100-Tage-Regel. Die kürzeren Beschneiungszeiten in vielen Skigebieten reichen nicht mehr aus, um in den Weihnachtsferien mindestens 50% des Skigebiets zu öffnen, aber genügen dennoch, um in der verbleibenden Saison 100 Betriebstage zu gewährleisten (Steiger 2011).
Wie sich Veränderungen von Temperaturen und Schneehöhen auf die resultierende Nachfrage während einer Wintersaison auswirken, wird im folgenden Teil dargelegt.
2.1.2 Auswirkungen klimatischer Ver änderungen auf die Nachfrage
Das folgende Kapitel behandelt unter anderem die Verlagerung der Nachfrage auf höher gelegene und zukünftig noch schneesichere und betriebsfähige Skigebiete. In der vorliegenden Literatur werden unterschiedliche Methoden zur Untersuchung der Veränderungen der Nachfrage nach Wintertourismus aufgrund von mangelhaften Schneeverhältnissen angewendet.
Einige Autoren korrelieren die Übernachtungszahlen in Gemeinden mit anliegenden Skigebieten und die Verkaufszahlen von Skipässen mit den vorherrschenden Schneehöhen (Damm et al. 2014; Falk 2010; Töglhofer et al. 2011), um daraus Aussagen über zukünftige Nachfrageentwicklungen treffen zu können. In Österreich wurde beispielsweise eine positive Korrelation zwischen den Schneebedingungen und Übernachtungen in Skigebieten und den umliegenden Gemeinden festgestellt, mit Ausnahme hoch gelegener Skigebiete, in denen die Übernachtungszahlen negativ mit den Schneebedingungen und den resultierenden Gästezahlen von Gebieten in niedrigen Höhen zusammenhängen (Töglhofer et al. 2011). Töglhofer et al. (2011) erkannten insgesamt einen vergleichsweise kleinen Einfluss der vorherrschenden Schneebedingungen auf die Übernachtungszahlen in hochgelegenen Wintersportgebieten. Das bedeutet, dass Skigebiete in hohen Lagen über 1800m zwar weniger von den eigenen Schneebedingungen abhängen, jedoch stark von den Schneebedingungen in anderen Skigebieten beeinflusst werden. Damm et al. (2016) identifizierten Österreich als die Region in Europa mit dem höchsten wetterbedingten Verlustrisiko bei Übernachtungen im Winter, unter einem +2°C Erwärmungsszenario, aufgrund der niedrigen Höhenlage vieler Skigebiete des Landes. Während die Verkaufszahlen von Skipässen unter Miteinbezug von Tagesgästen hingegen stärker auf Änderungen der Schnee- und Wetterbedingungen reagieren, sind exakte Zahlen nur für wenige Skigebiete verfügbar und erschweren damit eine genaue Analyse.
Ein anderer Forschungsstrang untersuchen das potenzielle Anpassungsverhalten von alpinen Wintersportlern an gemäßigtere Schneeverhältnisse (Behringer et al. 2000; König 1998; Dawson et al. 2011; Vivian 2011; Pickering et al. 2010). Dabei werden sowohl mögliche Nachfrageentwicklungen als auch die Auslöser der Anpassung des Teilnahmeverhaltens erforscht. Dieses Anpassungsverhalten wird nach der Substitutionstheorie von Iso-Ahola (1986) im Kern in drei Kategorien unterteilt: Die räumliche (spatial), zeitliche (temporal) und die Substitution der Aktivität (activity). Das Substitutionsverhalten von Wintersportlern wird im späteren Verlauf der Arbeit in einem gesonderten Kapitel behandelt.
Vor allem die räumliche Anpassung, also die Auswahl eines besser geeigneten Skigebietes anstelle des ansonsten präferierten, stellt aufgrund der hohen Anpassungskapazität von Wintersportlern eine große Herausforderung für Skigebiete dar.
Breiling und Charamza (1999, S. 12) erkannten schon frühzeitig die große Notwendigkeit einer Anpassung der Skiindustrie und prognostizierten, dass nur wenige hochgelegene Gebiete in Zukunft für Wintersporttourismus geeignet sein werden. Während wirtschaftliche Alternativen für ländliche Gemeinden in Bergregionen meist rar sind und der Rückgang von Wintertourismus ein großes wirtschaftliches Problem vielerorts darstellt, können einzelne Regionen auch von einer Umschichtung der Nachfrage profitieren. Das gilt insbesondere für Skigebiete welche trotz fortschreitendem Anstieg der Durchschnittstemperaturen betriebsfähig bleiben und damit bei rückläufiger Konkurrenz und erwarteter gleichbleibender Nachfrage großes Wachstumspotenzial haben (Dawson et al. 2013). Diese Umschichtung der Nachfrage bringt infrastrukturelle Probleme mit sich. Exemplarisch hierfür ist ein erhöhtes Verkehrsaufkommen, welches die infrastrukturellen Kapazitäten der betroffenen Gemeinden übersteigt (Dawson et al. 2013). Zusätzlich wurden in vorangegangenen Studien überfüllte Pisten als Einschränkung bei der Auswahl von Skigebieten angegeben (Vivian 2011; Unbehaun et al. 2008).
Obwohl Fleischhacker (2016) in Österreich für die Saison 2015/16 mit 45,19 Millionen den Höchststand an Nächtigungen in Wintersportgemeinden feststellte, kam es zu einem Nachfragerückgang aus den wichtigsten Quellmärkten unter anderem aus Deutschland und dem eigenen Inland. Gleichzeitig findet ein erheblicher Nachfragezuwachs aus anderen Ländern wie der Schweiz, Italien, Großbritannien und den Niederlanden statt. Dies bedeutet eine Internationalisierung der Gäste und eine daraus resultierende Veränderung des Nachfrageverhaltens. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit für Wintersportregionen sich an diese Veränderung anzupassen und Strategien zu entwickeln, um eine ganzjährig gleichbleibende Nachfrage zu gewährleisten.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Nachfrageseite des Skisektors wird eine wichtige Rolle bei der Bewertung der Nettoverwundbarkeit und Nachhaltigkeit des Skitourismus im Allgemeinen spielen. Zudem werden die Ergebnisse der Untersuchung regionale Planer bei der Gestaltung und Weiterentwicklung künftiger Anpassungsstrategien maßgeblich beeinflussen.
Ob ein Skigebiet in Zukunft betriebsfähig bleibt und steigende Gästezahlen auffangen kann, bestimmen mehrere Faktoren. Dazu zählt neben der Schneesicherheit als ein entscheidendes Kriterium auch die generelle Anpassungskapazität, das heißt die Investitionsmöglichkeiten der Betreiber in nachfolgende Anpassungsstrategien.
2.2 Anpassungsstrategien der Skiindustrie
Die World Tourism Organization et al. (2008, S. 14) appellieren in ihrem Report an die Interessenvertreter der Tourismusindustrie durch die Implementierung einer klimaorientierten Produktdiversifikation, Neupositionierung von Zielen und Unterstützungssystemen sowie Förderung des Angebots und der Nachfrage während der gesamten Saison schnell auf den fortschreitenden Klimawandel zu reagieren.
Prognosen über die Folgen des Klimawandels für die Skiindustrie wurden in vielen Ländern durchgeführt, allerdings beinhalten nur wenige der frühen Studien mögliche Anpassungen von Skiliftbetreibern. Wie bereits erwähnt, fallen die prognostizierten Auswirkungen auf die Schneesicherheit, unter Berücksichtigung möglicher Anpassungsmaßnahmen, insbesondere künstlicher Beschneiung, deutlich gemilderter aus als ohne deren Miteinbeziehung.
Luthe (2009) erkannte nach dem analogen Winter von 2006/07, dass sich die derzeitige Art der Anpassung von Skigebieten weder in ihrer Wirksamkeit noch in ihrer ökologischen und ökonomischen Zukunft als nachhaltig erwies. Daher gibt dieses Kapitel gibt einen Einblick in die Anpassungsoptionen, welche von den Betreibern von Skigebieten zur Bewältigung von zukünftigen klimatischen Bedingungen genutzt werden können, um möglichst betriebsfähig zu bleiben. Abbildung 1 zeigt mögliche Anpassungsstrategien unterschiedlicher Interessenvertreter der Skiindustrie sowie der Regierungen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Anpassungsstrategien der Skiindustrie; Quelle: Scott und McBoyle (2007)
Grundlegend werden die Anpassungsmöglichkeiten der Betreiber von Skigebieten in zwei Kategorien unterteilt: Die technologische Anpassung und die Anpassung der Geschäftspraktiken und des Portfolios.
2.2.1 Technologische Anpassungsm öglichkeiten
Die technologischen Anpassungsmöglichkeiten für Betreiber von Skigebieten beschränken sich hauptsächlich auf drei Formen: Die künstliche Beschneiung, die Landschaftsgestaltung, Pistenentwicklung und die Erschließung von hochgelegenen Regionen und Gletschergebieten.
Künstliche Beschneiung
Die künstliche Beschneiung bleibt die vorherrschende Anpassungsstrategie, obwohl bei fortsetzender Erwärmung die künstliche Erzeugung von Schnee und andere technische Maßnahmen möglichweise nicht ausreichen, um eine Verringerung der Schneesicherheit zu verhindern (Abegg et al. 2007). Man unterscheidet zwei Formen der Beschneiung, welche in erster Linie nach dem Zeitpunkt der Anwendung differenziert werden: Die Grundbeschneiung und die Komplettbeschneiung. Diese Methoden gewährleisten die von Wintersportlern erwartete Schneesicherheit von Skigebieten über den Verlauf der Saison und dient außerdem der Vermittlung des richtigen Imagebildes um sich gegenüber der Konkurrenz abzuheben (Steiger und Mayer 2008).
Die künstliche Beschneiung hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach als effektive Anpassungsmaßnahme an schneearme Saisonen bewährt. So stellte Steiger (2011) erheblich schwächere Auswirkungen auf die Nachfrage der rekordwarmen Saison 2006/07 verglichen mit der von 1988/89 fest und konnte dies mit der vorgenommen intensiven Investition in Beschneiungsanlagen erklären. Während in Nordtirol die Folgen der beiden Rekordwinter durch die unzureichende Anzahl von Beschneiungsanlagen vieler Skigebiete bei diesen außergewöhnlichen Bedingungen gravierend waren, wurden im Anschluss daran massive Aufwendungen in die Infrastruktur der Schneeproduktion getätigt um zukünftige Saisonen zu sichern (Steiger 2011)
Allerdings wird von Autoren darauf hingewiesen, dass die benötigte Vervielfachung der Anlagen und damit der Kosten für künstliche Beschneiung für viele Betreiber in Zukunft ökonomisch nicht rentabel sein werden (Steiger und Stötter 2013). Laut CIPRA (2004) wurden allein in Österreich zwischen 1995 und 2003 rund 800 Millionen Euro für die künstliche Beschneiung aufgewendet - Tendenz steigend. Die Kosten der künstlichen Schneeerzeugung verteilen sich dabei auf Investitions-, Betriebs- und Unterhaltskosten (Abegg et al. 2007).
Der prognostizierte Anstieg des Bedarfs an künstlicher Beschneiung unter künftigen Klimaszenarien wirft allerdings auch die Frage der Nachhaltigkeit dieser Anpassungsstrategie in bestimmten Regionen auf. Mit steigendem Bedarf an produziertem Schnee und steigenden Durchschnittstemperaturen, erhöht sich auch der Gesamtwasserverbrauch. Die gesteigerte Wasserentnahme aus natürlichen Quellen zu Zeiten besonders niedriger Abflussmengen gefährdet insbesondere Mikroorganismen und das aquatische Leben und hat in der Vergangenheit sogar zu Trinkwasserknappheit in bestimmten Wintersportregionen geführt (CIPRA 2004; Abegg et al. 2007).
Die künstliche Beschneiung in Skigebieten kann also als kurz- und mittelfristige Maßnahme angesehen werden, um die Folgen von klimatischen Veränderungen und überdurchschnittlich warmen Saisonen zu kompensieren. Allerdings überwiegen auf lange Sicht die ökonomischen und ökologischen Probleme die Vorteile dieser Maßnahme, sodass andere Anpassungen vorgenommen werden müssen.
Landschaftsgestaltung und Pistenentwicklung
Eine weitere Anpassungsmöglichkeit für Betreiber von Skigebieten ist die Landschaftsgestaltung und Pistenentwicklung. „Bei dieser Strategie geht es um Geländeeingriffe in großen Skigebieten (z.B. Pistenplanierung […]) und die Pisteneingrenzung bzw. –glättung in kleineren Skigebieten (z.B. Glättung unebener und buckeliger Oberflächen sowie die Beseitigung von Hindernissen wie Steinen und Sträuchern)“ (Abegg et al. 2007, S. 37). Diese Maßnahmen dienen der Effizienzsteigerung der künstlichen Beschneiung, da die benötigte Schneemenge verringert wird um betriebsfähig zu sein. Zusätzliche Maßnahmen welche die Dauer der Schneebedeckung auf den Pisten verlängern, sind das Anbringen von Schneezäunen um Verwehungen zu vermeiden, Anpflanzung und Erhalt von Bäumen zur teilweisen Beschattung der Skipisten und die Drainage von Feuchtgebieten um frühe Schneeakkumulation zu begünstigen (Abegg et al. 2007).
Diese Maßnahmen stellen nicht nur einen erheblichen Eingriff in die Vegetation auf den bearbeiteten Flächen dar, sondern schädigen zusätzlich das natürliche Bild und die Attraktivität des Ganzjahrestourismus, welcher im späteren Verlauf der Arbeit thematisiert wird.
Erschlie ßung von hochgelegenen Regionen und Gletschergebieten
Die dritte wichtige Art der technischen Anpassung, ist die Verlagerung, Ausdehnung und Erschließung bestehender und neuer Skigebiete in höhere Lagen und Gletschergebiete. Durch die Entwicklung und den Ausbau von bodenunabhängigen Liftanlagen ist es möglich, hochgelegene Regionen zu erreichen, ohne dass auf der gesamten Länge Schnee vorhanden sein muss (Abegg et al. 2007). Die Ausweitung von Skigebieten in höhere Lagen, in denen die Schneedecke im Allgemeinen zuverlässiger und eine längere Skisaison möglich ist, scheint eine der Hauptstrategien von Skigebietsbetreibern in den europäischen Alpen zur Anpassung an den Klimawandel zu sein (Scott und McBoyle 2007). Zahlreiche Projekte bestätigen diesen Trend „zu größeren und mehr Schneesicherheit garantierenden Skigebieten" (Abegg et al. 2007, S. 39). Skigebiete, welche in der Lage sind in höhere Regionen vorzudringen haben folglich aufgrund der höheren Resistenz gegen klimatische Veränderungen und der erwarteten Nachfrageumschichtung, einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber niedriger gelegenen Gebieten. Allerdings bringt diese Anpassungsstrategie auch Nachteile mit sich. Hochgelegene Bergregionen gelten als besonders empfindlich gegenüber Veränderungen in ihrer Umwelt, wobei das natürliche Gleichgewicht gestört wird. Daraus entwickelte sich ein Konfliktfeld zwischen Skigebietsbetreibern und Naturschützern, welche die Erschließung gefährdeter Gebiete zu verhindern versuchen. In Klimaszenarien wird außerdem von niederschlagsreicheren Wintern ausgegangen. Dies hat stärkeren Schneefall und eine erhöhte Lawinengefahr in höheren Lagen zur Folge (Abegg et al. 2007).
Mittel- bis langfristig stellt die Erschließung von höheren alpinen Regionen, insbesondere Gletschergebieten, für den Skibetrieb keine tragfähige Lösung dar, da die Gletscherschmelze zu rasch voranschreitet und bis Ende dieses Jahrhunderts kaum noch Gletscher in den Alpen vorhanden sein werden. Zudem ist diese Form der Anpassung kostspielig für die Betreiber der Skigebiete (Abegg et al. 2007).
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass in Zukunft die Verlagerung der Skigebiete in höhere Lagen und deren Ausbau den alpinen Wintersporttourismus vorerst sichern wird. Gleichzeitig steigt der Aufwand für die künstliche Schneeproduktion in tieferliegenden Skigebieten und diese wird somit für viele Regionen nicht mehr finanzierbar und rentabel sein.
Das nachfolgende Kapitel stellt verhaltensbezogene Anpassungsstrategien in Form von Veränderungen der Geschäftspraktiken und des Portfolios sowohl von Skigebietsbetreibern als auch Tourismusverbänden in Regionen mit Wintersporttourismus vor.
2.2.2 Verhaltensbezogene Anpassung
Neben der technologischen Anpassung bietet sich den Betreibern von Skigebieten und den anliegenden Gemeinden Möglichkeiten einer verhaltensbezogenen Anpassung. Diese beinhalten Veränderungen der Geschäftspraktiken, Diversifikationen des Angebots während einer Saison sowie saisonübergreifend und zudem die Bildung von Verbänden und Zusammenschlüssen.
Zusammenschluss von Skigebieten
Eine mögliche Anpassung der Geschäftspraktiken in der Skiindustrie an klimatische Veränderungen ist der Zusammenschluss von Skigebieten in unterschiedlichen Regionen. Beispiele hierfür sind sogenannte „ski resort conglomerates“ wie American Skiing Company, Intrawest, Boyne USA Resorts und Booth Creek Resorts (Scott und McBoyle 2007). Die Zusammenarbeit von Skiliftbetreibern in unterschiedlichen Regionen ermöglicht eine Erhöhung des Kapitals und der Marketingressourcen und verringert dadurch die Anfälligkeit der einzelnen Akteure für die Auswirkungen von Klimavariabilität durch überregionale Diversifizierung des Geschäftsbetriebs. Dadurch können die Verluste in einzelnen Regionen durch Gewinne in anderen aufgefangen und gemildert werden (Scott und McBoyle 2007). Der Zusammenschluss mehrerer Skigebiete innerhalb einer Region, d.h. die Verbindung der Gebiete durch Gondeln oder Lifte stellt eine andere Form dieser Anpassungsstrategie dar. Diese Zusammenschlüsse ermöglichen eine Verkleinerung der Konkurrenz, die Steigerung des eigenen Marktanteils, Senkung der Kosten und weitere Synergieeffekte wie die gemeinsame Nutzung komplementärer Ressourcen wie Pistenraupen, etc. (Abegg et al. 2007). Die dritte Ebene der Zusammenarbeit von Skigebietsbetreibern ist die Bildung von Regionalverbänden, die einen einzigen Skipass für mehrere Skigebiete anbieten. So können Betreiber in benachbarten Gebieten (auch grenzüberschreitend) gemeinsame Marketingaktivitäten einrichten und sowohl materielle als auch personelle Ressourcen gemeinsam nutzen (Abegg et al. 2007).
Welche Form von Zusammenschluss sich letztendlich für die jeweiligen Regionen eignet, hängt einerseits von geographischen Möglichkeiten der Verbindung zusammen und außerdem mit der Konkurrenz- und Finanzsituation einzelner Skigebiete und Märkte. Scott und McBoyle (2007) und Abegg et al. (2007) sehen die Bildung von „ski resort conglomerates“ als die effektivste Form des Zusammenschlusses an. Verluste zukünftiger schneearmer Saisonen können ausgeglichen werden und so kann die Geschäftsfähigkeit einzelner Skigebiete weiter gewährleistet werden.
Diversifizierung der (Winter-) Einnahmequellen
Eine weitere Anpassung der Geschäftspraktiken bildet die Diversifizierung der Wintereinnahmequellen und der angebotenen Aktivitäten in Wintertourismusregionen. Alpiner Wintersport trägt immer noch einen großen Anteil zum Wintertourismus bei, allerdings fand in den letzten Jahren ein erheblicher Wandel der Nachfrage von Wintersportaktivitäten statt. So nehmen immer mehr Besucher von Wintersportorten an Alternativaktivitäten wie Winterwandern, Schlitten fahren und Schneeschuhwandern teil (Abegg et al. 2007). Diese Aktivitäten sind jedoch ebenfalls schneeabhängig und sind im Zuge klimatischer Veränderungen ebenso gefährdet. Daraus resultierend bieten viele größere Skiorte schneeunabhängige Aktivitäten wie Wellness, Hallensport, Kulturveranstaltungen sowie Bars und Restaurants an, um zusätzliche Wintertouristen zu akquirieren (Abegg et al. 2007). Diese Aktivitäten können derzeit den klassischen Skitourismus nicht ersetzen, sodass die Angebotsvielfalt zwar erhöht wird, der Skisport aber immer noch die Haupteinnahmequelle des Wintertourismus darstellt.
Ganzjahrestourismus
Die Fokussierung von Alpintourismusregionen allein auf die Wintersaison stellt ein erhebliches Risiko unter den prognostizierten Klimaveränderungen dar. Daher nehmen viele Regionen mittlerweile Anpassungen ihres Geschäftsportfolios vor, welche eine Diversifizierung des Angebots zu einem ganzjährigen Tourismus zum Ziel hat. „Dazu gehören der Sommertourismus (einschließlich Zwischensaison), aber auch klima- und witterungsunabhängige Angebote, wie Kongress-, Bildungs- und Gesundheitstourismus“ (Abegg et al. 2007, S. 56). Dabei sollte der Fokus auf witterungsunabhängigen Angeboten liegen, welche definiert werden als diejenigen Aktivitäten, die mindestens 8 Monate im Jahr verfügbar sind, einen lokalen Bezug haben und eine breite Zielgruppe ansprechen (Umweltbundesamt Österreich 2015).
Mit der Diversifizierung der Einnahmequellen auf verschiedene Saisonen und Gästesegmente wird in erster Linie die Schneeabhängigkeit der Regionen reduziert, sodass auch schwächere Wintersaisonen aufgefangen werden können. Ziel dieser Erweiterung ist es die Anzahl der Besucher mit Interessen, die nicht von den bisher angebotenen Wintersportaktivitäten gedeckt werden, zu erhöhen.
Zusätzlich zur technologischen Anpassung der Skiliftbetreiber, bieten sich auch die vorangegangenen Verhaltensanpassungen als Strategien an, um den zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden. Einerseits kann das Angebotsportfolio an die sich verändernde Nachfrage angeglichen werden, andererseits können Geschäftsmodelle entwickelt und angewendet werden, die die finanzielle Sicherheit festigen und Wettbewerbsvorteile kreieren.
Während die Skiindustrie Anpassungsmaßnahmen vornimmt um mittel- bis langfristig trotz klimatischer Veränderungen betriebsfähig zu bleiben, ändern auch die Wintersportler selbst ihr Teilnahmeverhalten aufgrund von mangelhaften Schneebedingungen und anderen Einflussfaktoren. Wie diese Anpassung der Nachfrageseite stattfindet, wird im nachfolgenden Kapitel erläutert.
2.3 Anpassungsverhalten von Wintersportlern
Touristen gelten als besonders anpassungsfähig an klimatische Veränderungen. Sie können ihr Verhalten leicht an Klimaschwankungen, mangelhafte Schneeverhältnisse und geschlossene Skigebiete anpassen. Im Gegensatz dazu, sind die oben dargestellten Anpassungsstrategien der Betreiber von Skigebieten mit hohen Kosten und beachtlichem Aufwand verbunden (Pickering et al. 2010; Scott und McBoyle 2007). Interessenvertreter der Skiindustrie versuchen das potenzielle Substitutionsverhalten von Wintersportlern zu verstehen, um die Auswirkungen dieser Verhaltensänderung vorherzusagen und abzuschwächen. Ein großes Ziel in der Forschung zu diesem Thema ist es daher zu untersuchen, wie Touristen auf Einschränkungen ihres Freizeitverhaltens reagieren.
2.3.1 Substitutionstheorie
Die Substitutionstheorie spielt bei der Erklärung des Anpassungsverhaltens eine entscheidende Rolle. Iso-Ahola (1986) definiert Substitution als psychologischen Entscheidungsprozess sollte die ursprünglich angestrebte Aktivität nicht mehr möglich sein.
„Basic Principle: For the leisure participant, substitution means that the originally intended or desired behavior is no longer possible and must therefore be replaced by another behavior if leisure involvement is to be initiated or continued “ (Iso - Ahola 1986, S. 369).
Wobei die Ersatzaktivität der ursprünglichen Aktivität als so ähnlich wie möglich empfunden werden sollte. Ein wichtiges Ziel der Substitutionsforschung ist es also zu verstehen, wie Menschen auf Einschränkungen ihres Freizeit- und Erholungsverhaltens reagieren. Laut Iso-Ahola (1986) sind Menschen eher in der Lage Folgen von Ereignissen zu akzeptieren, wenn sie diese als unvermeidlich ansehen. Dies führt letztendlich zu einer größeren Bereitschaft zu substituieren. Diese Bereitschaft ist demnach geringer, wenn der Bedarf sich anzupassen unerwartet auftritt. Zudem gilt, je mehr eine Person an Geld, Zeit und Aufwand in die ursprüngliche Aktivität investiert hat, desto weniger ist sie bereit die Teilnahme durch eine andere Aktivität oder Erfahrung zu ersetzen (Iso-Ahola 1986).
Substitution des Freizeitverhaltens wurde in mehreren Kontexten auf der ganzen Welt untersucht: Angeln in Australien (Sutton und Oh 2015), Erholungsurlaub in Wäldern (Termansen et al. 2008) und andere. Die immer umfangreicher werdendere Literatur zum Substitutionsverhalten von Wintersportlern im Zuge klimatischer Veränderungen untersucht unterschiedliche Faktoren, die Einfluss auf die Bereitschaft sich anzupassen haben (König 1998; Behringer et al. 2000; Pickering et al. 2010; Dawson et al. 2011; Rutty et al. 2015; Orr und Schneider 2018).
Dawson et al. (2011) unterscheiden nach Iso-Ahola (1986) drei Hauptströme des Substitutionsverhaltens: Die Aktivitätssubstitution oder „activity substitution“ (bei der eine neue Aktivität verfolgt wird), die räumliche Substitution oder „spatial substitution“ (die an einem anderen Ort als ursprünglich beabsichtigt stattfindet) und die zeitliche Substitution oder „temporal substitution“ (die zu einem anderen Zeitpunkt oder mit einer anderen Häufigkeit als ursprünglich beabsichtigt stattfindet). Diese drei Konzepte gelten als relevant für die Untersuchung des Anpassungsverhaltens und Substitutionsverhalten von alpinen Wintersportlern an klimatische Veränderungen. Diese können einzeln oder in Kombination Anwendung finden.
Wintersportler können in der Forschung nicht als eine homogene Gruppe angesehen werden. Basierend auf ihrem Können, Spezialisierungsgrad und der Wichtigkeit der Aktivität für Einzelne lassen sie sich in Untergruppen unterteilen. Dies ermöglicht eine Analyse des Einflusses dieser Variablen auf die angesprochenen Substitutionsmuster.
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- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2019, Klimabedingtes Substitutionsverhalten von Wintersportlern. Gründe und Vorhersage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/591477
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