Neuere Untersuchungen belegen, dass mittlerweile ungefähr 10 bis 15 % der jährlich eingeschulten Kinder Schwierigkeiten mit dem Erwerb der kulturellen Grundfertigkeiten des Lesens und Schreibens, vermehrt auch des Rechnens haben,wobei die Dunkelziffer allerdings deutlich höher liegen dürfte.
Da unser gesamtes Bildungs- und Ausbildungssystem im Wesentlichen auf eben diesen
Grundfertigkeiten aufgebaut ist, sind lerngestörte Kinder (z.B. Kinder mit Legasthenie/
Dyslexie) von vornherein benachteiligt. Schulische Probleme bis hin zu generellem Schulversagen sind somit vorprogrammiert.
Obwohl die Auswirkungen solcher Lernstörungen bereits seit mehr als zwanzig Jahren Gegenstand verschiedener Untersuchungen sind und somit als bekannt anzusehen wären, sind die betroffenen Kinder und deren Eltern nach wie vor in der schwierigen Situation, die „Beweislast“ tragen zu müssen. Zu häufig fallen Sätze wie: „Das wächst sich aus“ oder „der/die ist nur faul“; oder Schulen weigern sich trotz eindeutiger Befunde, eine Lernstörung wie z.B. Legasthenie anzuerkennen.
Diese Arbeit beschäftigt sich im Besonderen mit den Auswirkungen einer Lese-Rechtschreibstörung auf das regelbeschulte Kind.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Definitionen
Basale Fähigkeiten/Voraussetzungen für ungestörtes Lernen
Die Integration der Sinne und das Gehirn
Eine Anmerkung zu der Entwicklung der Wahrnehmungsintegration
Störungen der verschiedenen Wahrnehmungsbereiche
Tast - und Berührungswahrnehmung
Bewegungs - und Lagewahrnehmung
Gleichgewichtswahrnehmung
Sehsinn
Hörsinn
Schulische Auswirkungen am Beispiel „Lese - Rechtschreibstörung“
Symptomatik
Schulische Auswirkungen
„Am Beispiel Franz“
Auswirkungen auf das Verhalten
Schulische Bedingungen
Schlusswort
Literturangabe
EINLEITUNG
Neuere Untersuchungen belegen, dass mittlerweile ungefähr 10 bis 15 % der jährlich eingeschulten Kinder Schwierigkeiten mit dem Erwerb der kulturellen Grundfertigkeiten des Lesen und Schreibens, vermehrt auch des Rechnens haben,wobei die Dunkelziffer allerdings deutlich höher liegen dürfte.
Da unser gesamtes Bildungs- und Ausbildungssystem im Wesentlichen auf eben diesen Grundfertigkeiten aufgebaut ist, sind lerngestörte Kinder (z.B. Kinder mit Legasthenie/ Dyslexie) von vornherein benachteiligt. Schulische Probleme bis hin zu generellem Schulversagen sind somit vorprogrammiert.
Obwohl die Auswirkungen solcher Lernstörungen bereits seit mehr als zwanzig Jahren Ge- genstand verschiedener Untersuchungen sind und somit als bekannt anzusehen wären, sind die betroffenen Kinder und deren Eltern nach wie vor in der schwierigen Situation, die „Be- weislast“ tragen zu müssen. Zu häufig fallen Sätze wie: „Das wächst sich aus“ oder „der/die ist nur faul“; oder Schulen weigern sich trotz eindeutiger Befunde, eine Lernstörung wie z.B. Legasthenie anzuerkennen. Ich werde im Verlauf dieser Arbeit versuchen, am Beispiel der Lese- Rechtschreibstörung die Auswirkungen von Lernstörungen auf die Schulbildung auf- zuzeigen.
Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen und meine folgenden Ausführungen so präzise wie möglich zu machen, halte ich eine Definition der von mir verwendeten Arbeitsbegriffe für unabdingbar.
Lernen
„...ist eine Veränderung im Erleben und Verhalten eines Individuums, die durch wiederholte Erfahrung in der Interaktion mit der Umwelt zustande kommt.“ (Wörterbuch zur Pädago- gik,dtv.)
Abgrenzung Lernstörung/ Lernschwierigkeiten
Der Begriff Lernstörung umschreibt, dass der Prozess des Lernens an sich beeinträchtigt ist, d.h. dass die zum Lernen notwendigen Voraussetzungen in irgendeiner Form dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum hin ungünstig verändert sind.
Der Begriff Lernschwierigkeiten hingegen umschreibt temporär, situativ oder reaktiv auftretende Beeinträchtigungen des Lernens oder des Lernverhaltens.
Leistungsstörungen
… sind die akuten Folgen länger andauernder Lernstörungen, von Stress und Überforderung und bestimmen, zusammen mit Selbstwert- und Verhaltensstörungen, das Bild einer negativen Lernstruktur.
Lern- und Verhaltensstörungen
...stehen in engem Zusammenhang und sind ein sicherer Indikator dafür, dass eine fortge- schrittene, bzw. chronifizierte Störung mit erheblicher Schädigung des Selbstwertgefühls vorliegt.
Legasthenie/ Dyslexie
„...Legasthenie (Lese- Rechtschreibschwäche) bezeichnet eine umschriebene Störung im Erlernen der Schriftsprache, die nicht durch eine allgemeine Beeinträchtigung der geis- tigen Entwicklungs-, Milieu- oder Unterrichtsbedingungen erklärt werden kann. Vielmehr ist Legasthenie das Ergebnis von Teilleistungsschwächen der Wahrnehmung, Mo- torik und/ oder der sensorischen Integration, bei denen es sich um anlagebedingte und/ o- der durch eine äußere, schädigende Einwirkungen entstandene Entwicklungsstörung von Teilfunktionen des zentralen Nervensystems handelt.“ (Wissenschaftlicher Beirat des BVL; Hannover)
Dies entspricht im Wesentlichen der Definition der WHO, die seit 1986 die Lese- Recht- schreibschwäche unter dem Begriff Dyslexie in den Katalog der internationalen Klassifikation der Diagnosen (ICD 10) aufgenommen hat.
Basale Fähigkeiten/ Voraussetzungen für ungestörtes Lernen
Intakte, sensorische Integration, die in der Regel bis zum 8. Lebensjahr abgeschlossen ist.
Sensorische Integrationsstörungen
...haben zur Folge, dass das Gehirn nicht hinreichend in der Lage ist, Sinnesreize/ - eindrücke zu verarbeiten, zu ordnen und so zu verknüpfen, dass das Kind eine intakte Information über sich selbst und seine Umwelt erhält. Also ist es auch nicht in der Lage, „sinnvolles“ Verhalten zu erzeugen (d.h. eine dem/ den Reiz/ en entsprechende Reaktion).
BASALE FÄHIGKEITEN/VORAUSSETZUNGEN FÜR UNGESTÖRTES LERNEN
Auf die grundlegenden Variablen des Lernens, die Betz/Breuninger als den „Fundus der basalen Fähigkeiten“ bezeichnet, werde ich noch ausführlicher eingehen. Die Entwicklung der kindlichen Wahrnehmung/ sensorischen Integration nach J.Ayres benennt diesen Fundus als supra - modale Wahrnehmungsqualität, d.h. das Zusammenspiel aller Sinne; bzw. komplette, sensorische Integration, z.B. Gleichgewicht - Selbstwahrnehmung - visuelle Wahrnehmung ermöglicht Lesen, Denken usw.)
Die Entwicklung dieser Fähigkeiten verläuft in einer bestimmten Reihenfolge, der jeweiligen Nervenreife und den Sinnesangeboten entsprechend. Mit Sinnesangeboten beziehe ich mich auf das spielerische Lernen von Kindern, die eigentlich mit Freude und einem normalerwei- se sicherem Gefühl für die Wahl ihrer nötigen Sinnesnahrung die erforderlichen Grunder- fahrungen sammeln.
Spielen Lernen
Lernen Handeln
Handeln Bewegung
Grundsätzlich gilt : Nicht Gehandeltes kann nicht gedacht werden
Bis zum Alter von etwa zwei Jahren erlernt ein Kind die wesentlichen Funktionen wie Laufen, Sprechen usw.; das kindliche Leben ist aber zu diesem Zeitpunkt immer noch hauptsächlich Gefühl und Bewegung. Das 3. bis 7. Lebensjahr wird als die Zeit der „sensomotorischen Reifung“ angesehen. J.Ayres bezeichnet diese 5 Jahre als die „kritische Periode der sensomotorischen Integration“, allgemein als Zeit der gesteigerten Wahrnehmungsverar- beitung zur optimalen Anpassung an die Umweltbedingungen da Lernen bis dahin noch an Handeln und Bewegung gebunden ist (vergl.J. Ayres:Bausteine der Kindlichen Entwick- lung). Das Bedürfnis nach Komplettierung des Nervensystems findet Ausdruck in der be- obachtbaren Bewegungs- und Spielfreude der Kinder. Erst wenn die konkrete Kenntnis des eigenen Körpers, der Welt und der physikalischen Kräfte vollständig erlangt ist, d.h. auf der Basis guter sensomotorischer Funktionen, ist die Entwicklung höherer intellektueller Funk- tionen möglich (vergl. Piaget : Die Fähigkeit zum abstrakten Denken und Diskutieren ist erst ab dem 7./ 8. Lebensjahr möglich). Kinder entwickeln sich im Rahmen dieser genannten Zeitspanne unterschiedlich schnell, aber im Laufe dieser Entwicklung müssen alle Sinne mit- einander verbunden sein. Kommt es nun zu Störungen in diesem Prozess ( sensorische Integrationsstörung), bedeutet dies, dass das Gehirn nicht hinreichend in der Lage ist, Sin- nesreize und - eindrücke zu verarbeiten, zu ordnen und so zu verknüpfen, dass das Kind eine intakte Information über sich selbst und seine Umwelt erhält. Also ist es auch nicht in der Lage, „sinnvolles“ Verhalten, d.h. eine dem/den Rein/en entsprechende Reaktion, zu erzeugen. Sensorische Integrationsstörungen führen grundsätzlich zu Störungen der Lernfähigkeit, d.h. auch der Handlungsfähigkeit.
DIE INTEGRATION DER SINNE UND DAS GEHIRN
Die verschiedenen Sinneswahrnehmungen unseres Körpers und die Funktion des Organismus können als korrelatives System begriffen werden. Generell unterscheidet man zwei Arten von Systemen, lineare, also geschlossene Systeme und nicht - lineare, offene Systeme, denen auch der menschliche Organismus zugeordnet wird. Diese nicht - linearen, offenen Systeme reagieren, im Gegensatz zu den linearen, äußerste sensibel auf ihre Anfangsbedingungen. Schon kleinste Abweichungen in der Bildung der basalen Grundlagen werden durch Rückkopplung verstärkt und potenzieren so in kürzester Zeit ihre Bedeutung für die Stabilität des gesamten Systems. So können bereits winzige Veränderungen der Situation zu unvorhersehbaren Veränderungen führen( Chaostheorie).
Die abgeschlossene, sensorischer Integration ermöglicht also die Korrelation, das Zusam- menspiel aller Sinne. Diese versorgen das Gehirn mit Energie, Wissen und einer Vielzahl von Empfindungen (Informationen), um Gegenstände der Aufmerksamkeit erkennen zu können. Dieser Prozess ist automatisiert, also unabhängig von der Intelligenz. Folge einer intakten, sensorischen Integration ist eine sinnvolle, zielgerichtete Reaktion auf eine sinnvol- le „Erfahrung“ ( Anpassungsreaktion ). Kann ein Kind Erfahrungen mit Anforderungen ma- chen, denen es mit sinnvollen Reaktions- und Verhaltensmustern zu begegnen in der Lage ist, so empfindet es Freude. die sich in einer gesteigerten Motivation wieder spiegelt. Eine „schlechte“ sensorische Integration, also eine Störung der Verarbeitung von Empfin- dungen entzieht dem betroffenen Kind diese Option der sinnvollen Reaktion, was bei der im Regelfall ja normalen Intelligenz zu Frustration führt, was sich wiederum negativ auf die na- türliche Motivation zur Interaktion auswirkt. Eine auf diese Art gestörte Grundvorausset- zung ist mitverantwortlich für Schwierigkeiten beim Lernen von Lesen, Schreiben und Rechnen. Zusammenfassend kann man also sagen, das eine Störung der Integration der sinn- lichen Wahrnehmung eine schwere Last für jedermann ist, der sie zu tragen hat.
EINE ANMERKUNG ZU DER ENTWICKLUNG DER WAHRNEHMUNGSINTEGRATION
„Sieben oder acht Jahre des Sichbewegens und Spielens sind notwendig, um einem Kind die sensomotorische Fähigkeit zu vermitteln, die als Grundlage für seine intellektuelle, soziale und persönliche Entwicklung dienen kann.“ (Jean Piaget)
Ein Kind lernt also in den ersten sieben oder acht Jahren seinen Körper und seine Umwelt kennen, indem ihm alle von aussen einwirkenden Eindrücke eine sinnliche Wahrnehmungs- information geben. Dabei benutzt jedes Kind einzelne Entwicklungsstufen vergleichbar mit Bausteinen für ein Fundament, auf das es weitere, komplexere Entwicklungsstufen aufbauen kann. Es ist ständig damit beschäftigt, seine Fähigkeiten zu vervollkommnen und damit hö- here, geordnete Funktionen zu entwickeln. Dies geschieht unter anderem dergestalt, das es bestimmte Handlungen immer wieder und solange übt, bis es jedes sensorische und motori- sche Element, das darin enthalten ist, zu meistern gelernt hat. Man nennt diesen Vorgang auch den Prozess der Organisation, d.h. das Einordnen von Empfindungen und Eindrücken im gesamten Nervensystem. Jede Störung dieses Prozesses bedeutet eine massive Beein- trächtigung des Systems, das von grundsätzlicher Bedeutung für jeden weiteren Lernprozess ist.
STÖRUNGEN DER VERSCHIEDENEN WAHRNEHMUNGSBEREICHE
Im Folgenden werde ich kurz auf einige der beobachtbaren Verhaltensweisen von Kindern mit umschriebenen Störungen in der sensorischen Integration eingehen.
Tast - und Berührungswahrnehmung
Über die Rezeptoren der Haut ermöglicht die Tast - und Berührungswahrnehmung dem Individuum, ein genaues Bild über die Ausdehnung und die Grenzen des eigenen Körpers zu entwickeln. Dies geschieht in der Regel in den ersten 2 Jahren. Störungen in dieser Entwicklung äussern sich auf zweierlei Art:
Überempfindlichkeit…
...führt zu Missempfindungen bei Berührungsreizen, die als unangenehm oder sogar schmerzhaft, aber als nicht genau lokalisierbar gespürt werden. Dadurch kommt es zu einer Verzögerung der Entwicklung des Körperschemas, ein negatives Körpergefühl beeinträch- tigt psychische und soziale Bildungen und Bindungen.
[...]
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- Christoph Bachmann (Autor), 2006, Die Auswirkungen von Lernstörungen am Beispiel "Schulbildung bei Kindern", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59093
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