In der Gesellschaft, also im Rahmen friedlicher Zusammenarbeit von Menschen, gibt es nach Ludwig von Miese zwei Methoden der Geschäftsführung: bürokratisches Wirtschaften, oder gewinnorientiertes Wirtschaften. Dies zeigt die allgemeine öffentliche Ablehnung und negative Besetzung des Begriffes "Bürokratie", als dem Gewinnstreben hindernd. Doch was sind Ursachen für dieses doch prinzipielle Merkmal vieler staatlicher Organisationen? In welcher Weise beeinflusste es die tägliche Lehre in Universitäten und Hochschulen? Diese Fragen stehen im Zentrum dieser Arbeit.
Die Hochschulbildung ist heute, wie selten zuvor, in den gesellschaftlichen Produktionsprozess eingebunden. Es stellt sich daher die Frage, wie in wenigen Jahren ein politisches Aktionsprogramm solche Wirkung entfalten konnte. Um diese Fragen zu beantworten, sollen in dieser Hausarbeit charakteristische Kennzeichen von (Hoch)schulen und Universitäten gemäß einiger Texte des Soziologen Stefan Kühl zum gegenwärtigen Bildungsstand fundiert analysiert werden, um sie mit Max Webers theoretischem Konstrukt der Bürokratie zu vergleichen. Anschließend sollen mögliche Reformvorhaben kritisch diskutiert und ein zukunftsgerichteter Ausblick gegeben werden. Des Weiteren wird die Einschätzung der Lehrenden mit der allgemein vorherrschenden gesellschaftlichen Meinung und anhand aufklärender Statistiken verglichen.
Insgesamt soll also geprüft werden, inwiefern staatliche Hochschulen als bürokratische Organisationen gelten und wie man ihre Verwaltung im Hinblick von Transparenz, Agilität und Effizienz zu bewerten hat.
Inhalt
1. Einleitung
2. Das Verständnis von Bürokratie bei Max Weber
2.1. Kennzeichen bürokratischer Organisationen in Hochschulen
3. Kritik am aktuellen Hochschulsystem
3.1. Der Sudoku Effekt
3.2. Die Dichotomisierung der Hochschulen am Beispiel der Exzellenzinitiative
3.3. Herausforderungen für Professoren und Lehrende
4. Diskussion zu einer möglichen Bildungsreform
5. Schlussfolgerungen und Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
,,In der Gesellschaft – also im Rahmen friedlicher Zusammenarbeit von Menschen – gibt es zwei Methoden der Gesch ä ftsf ü hrung. Die eine ist b ü rokratisches Wirtschaften, die andere gewinnorientiertes Wirtschaften “ 1. Dieses Zitat des Professors von Mises zeigt die allgemeine öffentliche Ablehnung und negative Besetzung des Begriffes „Bürokratie“, als dem Gewinnstreben hindernd. Doch was sind Ursachen für dieses doch prinzipielle Merkmal vieler staatlicher Organisationen? In welcher Weise beeinflusste es die tägliche Lehre in Universitäten und Hochschulen?
Die Hochschulbildung ist heute, wie selten zuvor, in den gesellschaftlichen Produktionsprozess eingebunden. Alle vorangegangenen Auseinandersetzungen und Kämpfe um den universitären und wissenschaftlichen Stellenwert werden von den Reformen des sogenannten Bologna-Prozesses überschattet. 2
Es stellt sich daher die Frage, wie in wenigen Jahren ein politisches Aktionsprogramm eine solche Wirkung entfalten konnte.3
Um diese Fragen zu beantworten, sollen in dieser Hausarbeit im soziologischen Seminar ,,Handlungstheorie“, charakteristische Kennzeichen von (Hoch)schulen und Universitäten gemäß einiger Texte des Soziologen Stefan Kühl zum gegenwärtigen Bildungsstand fundiert analysiert werden, um sie mit Max Webers theoretischem Konstrukt der Bürokratie zu vergleichen.
Anschließend sollen mögliche Reformvorhaben kritisch diskutiert und ein zukunftsgerichteter Ausblick gegeben werden. Des Weiteren wird die Einschätzung der Lehrenden mit der allgemein vorherrschenden gesellschaftlichen Meinung und anhand aufklärender Statistiken verglichen. Insgesamt soll also geprüft werden inwiefern staatliche Hochschulen als bürokratische Organisationen gelten und wie man ihre Verwaltung im Hinblick von Transparenz, Agilität und Effizienz zu bewerten hat.
2. Das Verst ä ndnis von B ü rokratie bei Max Weber
Für Max Weber ist die bürokratische Organisation eine historische Errungenschaft der Moderne, stellt sie doch die „formal rationalste Form der Herrschaftsausübung“4 dar. Dem folgend sei sie der damaligen traditionalen oder charismatischen feudalen Herrschaftsformen der aristokratischen Ständegesellschaft klar überlegen. Er unterscheidet in seinen soziologischen Grundbegriffen die Begriffe Macht, Herrschaft und Disziplin. Wohingegen Weber Herrschaft definiert als „Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“5, sieht er Macht als amorphen Begriff, der das Durchsetzen des Eigenen Willens gegen Widerstreben impliziert. Somit besteht die Diskrepanz darin, dass Macht die Willensdurchsetzung „innerhalb sozialer Beziehungen“6 ist. Herrschaft hingegen stellt hiervon ein Sonderfall dar. Wird Herrschaft dauerhaft ausgeführt, bezeichnet man damit das Aussprechen und Befolgen von Befehlen. Die dafür nötige Disziplin stellt sich erst in etablierten Herrschaftsbeziehungen ein und schließt die „‚Eingeübtheit des kritik- und widerstandslosen Massengehorsams“7 ein. Die Differenzierung zwischen Disziplin und Herrschaft bildet der Gehorsam. Der Gehorchende handelt nach Max Weber so, ,, als ob er den Inhalt des Befehls um dessen selbst willen zur Maxime seines Verhaltens gemacht habe, und zwar lediglich um des formalen Gehorsamsverh ä ltnisses halber, ohne R ü cksicht auf die eigenen Ansicht ü ber den Wert oder Unwert des Befehls als solchen. “ 8
Weber sieht die Behörde als den „kontinuierlichen […] regelgebundenen […] Betrieb von Amtsgeschäften, innerhalb: einer Kompetenz (Zuständigkeit)“9.
Weiterhin kennzeichnend für die rationalen Herrschaftstypen seien die folgenden Prinzipien
,,das Prinzip der Amtshierarchie (...),
die Prinzipien der Regelgebundenheit,
der Trennung von Amt und Person,
der ausbleibenden „ Appropriation der Amtsstelle an den Inhaber “
und der Aktenm äß igkeit [...] 10
Wenn Herrschaft durch einen bürokratischen Verwaltungsstab ausgeführt wird, sei das der „reinste Typus der legalen Herrschaft“, auch weil diese „im Alltag primär Verwaltung darstellt“. 11
2.1. Kennzeichen b ü rokratischer Organisationen in Hochschulen
Als Kennzeichen von Bürokratien identifiziert Weber ihre begrenzten Ziele und ihr auf Effizienz basierendes Funktionssystem. Durch formalisierte Befehls- und Kommunikationsketten wird die hierarchische Struktur der Bürokratie zusammengehalten. Die Tatsache, dass Leistung und Kompetenz als Einstellungskriterien gelten, in Verbindung mit fixen Gehältern sowie etwa dem Unkündbarkeitsprinzip, sind bürokratische Kriterien Webers. Außerdem unterliegen die meist staatlichen Hochschulen - wie bürokratischen Organisationen - der Kontrolle des Gesetzgebers. Beide eint ihre hierarchische Struktur mit formalen Kommunikationsprozessen und die Verwaltung 12 mit bürokratisierten Entscheidungsprozessen.
3. Kritik am aktuellen Hochschulsystem 3.1. Der Sudoku Effekt
Stefan Kühl fragt in seinem Aufsatz zum sogenannten ,Sudoku- Effekt‘ nach den Ursachen ständig steigender Bürokratisierung an Universitäten in Deutschland und sucht nach Antworten, wie die sogenannte Verschulung der Bachelor- und Masterstudiengänge zu erklären sei.
Er sieht jedoch nicht die unglücklich konzipierten Studiengänge oder universitäres Mismanagement als verantwortlich hierfür an, sondern die ECTS Punkte-Einführung als ,,ungewollte Nebenfolge einer scheinbar kleinen Veränderung in der Organisation des Studiums“ 13.
Der Sudoku Effekt entsteht lautet Kühl, durch den Zwang der Vorausplanung jeder einzelnen studentische Arbeitsstunde in diese Zeiteinheit. Es sei notwendig geworden, die in Leistungspunkten ausgedrückten Veranstaltungen, Prüfungen und Module so miteinander zu kombinieren, dass das Studium punktemäßig „aufgeht“. 14 Stefan Kühl erklärt den Sudoku Effekt wie folgt:
,,Wie beim Sudoku m ü ssen die Punkte beim Design der Studieng ä nge so verteilt werden, dass sie sich bei den modularisierten Programmen am Ende auf 180 (Bachelor) bzw. 120 (Master) Leistungs- punkte summieren. Ebenso wie es in dem japanischen Spiel gegen Ende immer schwieriger wird, die Zahlen regelkonform anzuordnen, zielt die Studiengangsgestaltung letztendlich nur noch darauf ab, dass genau die vorgeschriebene Leistungspunktezahl unter Beachtung strenger Modulstruktur [ … ] erreicht wird. “ 15
Schütz attestiert den deutschen Hochschulverwaltungen ,,eine selbst von Computern kaum noch zu beherrschende Komplexität“ 16 und sieht als Folge dessen ,,eine Inflation von Prüfungen wie eine permanente weitere Verfeinerung des Regelwerks, das auf seine eigenen Unzulänglichkeiten zu reagieren sucht.“17 Somit würden ursprünglich intendierte inhaltsbegründete Zuordnungsmaximen kreativ umgangen.
[...]
1 Vgl. Von Mises 2013, S.11
2 Vgl. Kühl 2016
3 Vgl. Münch 2011
4 Weber 1921
5 ebd. S.28
6 ebd.
7 ebd. S.29
8 ebd. S.123
9 ebd. S.125
10 ebd. S.125f
11 ebd. S.126
12 Baldridge 1983
13 Kühl 2012
14 Vgl. Kühl 2012
15 Schütz 2014
16 Kühl 2012
17 Ebd.
- Arbeit zitieren
- Andreas Evers (Autor:in), 2019, Bürokratie in Hochschulen. Bürokratische Organisationen im Sinne Max Webers?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/590557
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