Der Film Vertigo ist die vierte Zusammenarbeit des Regisseurs Alfred Hitchcock mit dem Filmkomponisten Bernard Herrmann. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Kooperation der beiden Künstler sowie mit der Wirkung und Anwendung der Filmmusik in Vertigo. Sie ist Teil einer Gemeinschaftsarbeit und beschränkt sich somit auf einzelne Teilaspekte des Films. Beginnend mit einem kurzen einführenden Teil, der den Stellenwert von Vertigo in Hitchcocks Gesamtwerk verdeutlichen soll, sowie der anschließenden Analyse des Preludes unter filmmusikalischen Gesichtspunkten. Vertigo gilt heute als eines der Herzstücke in Alfred Hitchcocks Filmographie. Anders jedoch als andere seiner bekannten Filme jener Epoche, wie Rear Window (Das Fenster zum Hof), The Man Who Knew Too Much (Der Mann der zu viel wusste) oder North By Northwest (Der unsichtbare Dritte), die schon zum Zeitpunkt ihres Erscheinens von Feuilletons wie Publikum gleichermaßen geschätzt und verehrt wurden, brauchte Vertigo eine lange Reifephase um zum Klassiker zu werden. Vertigo erzählt die Geschichte des wegen Höhenangst aus dem Polizeidienst ausgeschiedenen Detektivs Scottie Ferguson, der von einem Freund den Auftrag bekommt, dessen neurotische Frau Madeleine zu bewachen. Er verliebt sich in sie, kann aber ihren Selbstmord nicht verhindern. Von Schuldkomplexen traumatisiert begegnet er einer Doppelgängerin der Toten, versucht sie nach seinen Vorstellungen und Fantasien zu gestalten und der Ver-storbenen anzugleichen und entdeckt schließlich, dass er einem Täuschungsmanöver zum Opfer gefallen ist. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Prolog
2. Einordnung des Films Vertigo in das Gesamtwerk des Regisseurs Alfred Hitchcock
2.1 Der Stellenwert von Vertigo
2.2 Hitchcocks Zusammenarbeit mit Bernard Herrmann
3. Die Filmmusik in Vertigo
3.1 Der Prelude
3.2 Konklusion
4. Bibliographie
5. Selbstständigkeitserklärung
1. Prolog
Der Film Vertigo ist die vierte Zusammenarbeit des Regisseurs Alfred Hitchcock mit dem Filmkomponisten Bernard Herrmann. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Kooperation der beiden Künstler sowie mit der Wirkung und Anwendung der Filmmusik in Vertigo. Sie ist Teil einer Gemeinschaftsarbeit und beschränkt sich somit auf einzelne Teilaspekte des Films. Beginnend mit einem kurzen einführenden Teil, der den Stellenwert von Vertigo in Hitchcocks Gesamtwerk verdeutlichen soll, sowie der anschließenden Analyse des Preludes unter filmmusikalischen Gesichtspunkten.
2. Einordnung des Films „Vertigo“ in das Gesamtwerk des Regisseurs Alfred Hitchcock
2.1 Der Stellenwert von Vertigo
Vertigo gilt heute als eines der Herzstücke in Alfred Hitchcocks Filmographie. Anders jedoch als andere seiner bekannten Filme jener Epoche, wie Rear Window (Das Fenster zum Hof), The Man Who Knew Too Much (Der Mann der zu viel wusste) oder North By Northwest (Der unsichtbare Dritte), die schon zum Zeitpunkt ihres Erscheinens von Feuilletons wie Publikum gleichermaßen geschätzt und verehrt wurden, brauchte Vertigo eine lange Reifephase um zum Klassiker zu werden.[1]
Vertigo erzählt die Geschichte des wegen Höhenangst aus dem Polizeidienst ausgeschiedenen Detektivs Scottie Ferguson, der von einem Freund den Auftrag bekommt, dessen neurotische Frau Madeleine zu bewachen. Er verliebt sich in sie, kann aber ihren Selbstmord nicht verhindern. Von Schuldkomplexen traumatisiert begegnet er einer Doppelgängerin der Toten, versucht sie nach seinen Vorstellungen und Fantasien zu gestalten und der Verstorbenen anzugleichen und entdeckt schließlich, dass er einem Täuschungsmanöver zum Opfer gefallen ist.
Als Vertigo 1958 in die Kinos kam, wurde er von den zeitgenössischen Kritiken überwiegend negativ bewertet und auch an der Kinokasse spielte Vertigo gerade einmal die Produktionskosten wieder ein. Erst in den 1970er Jahren bekam er durch ausführliche Analysen und Aufarbeitungen unter den Gesichtspunkten des komplexen psychologischen Seeledramas eines von Obsession getriebenen, nach den Illusionen einer erfüllenden Liebe strebenden Mannes, welches sich hinter der Kulisse einer vordergründigen Kriminalgeschichte verbirgt, einen neuen Stellenwert.[2]
2.2 Die Zusammenarbeit Hitchcocks mit Bernard Herrmann
Zwischen 1954 und 1960 festigte Hitchcock seine Zusammenarbeit mit einem bewährten Stab von Mitarbeitern. Dazu zählten Schauspielstars wie Cary Grant, James Stewart und Grace Kelly, die er über viele Jahre hinweg in verschiedenen Produktionen einsetzte, ebenso wie technische Mitarbeiter. Unter anderem waren der Editor George Tomasini, Kameramann Robert Burks und Vorspanndesigner Saul Bass an vielen Filmen dieser erfolgreichen Epoche in Hitchcocks Schaffensphase beteiligt.
Eine weitere Zentrale Figur, die für den Erfolg Hitchcocks Werke aus jener Dekade mitverantwortlich ist, ist der Filmkomponist Bernard Herrmann. Hitchcock arbeitete zuvor schon mehrmals mit anderen bekannten Hollywood Komponisten zusammen, wie z.B. mit Franz Waxmann (Rebecca, The Paradine Case, Suspicion) und Dimitri Tiomkin (Dial M for Murder, Strangers On A Train, Shadow Of A Doubt), keine Zusammenarbeit währte jedoch so lange wie die mit Bernard Herrmann und keine anderen Kompositionen sind so eng mit Hitchcocks Filmen verflochten wie die von Herrmann. Am bekanntesten ist vermutlich der Score zu Psycho, besonders durch die eindrückliche, deskriptive Komposition während der Mordszene in der Dusche. Aber auch die Partitur zu Vertigo ist besonders hervorzuheben. Zum einen nimmt sie einen im Vergleich mit anderen Hitchcock Filmen ungewöhnlich großen Raum, vor allem in den langen, dialogfreien Passagen ein, zum anderen vermag der gesamte Soundtrack auch für sich, vom Bild losgelöst, musikalisch zur Interpretation von Gefühlen und Stimmungen, zu überzeugen.
Die Zusammenarbeit mit Herrmann dauerte zehn Jahre und umfasste neun Filme, wobei zu erwähnen ist, dass es bei der letzten, Torn Curtain, zu einem Zerwürfnis zwischen Hitchcock und Hermann kam und das bereits fertige Score von Herrmann nicht für den Film verwendet wurde.
3. Die Filmmusik in „Vertigo“
3.1 Der Prelude
Dem dreiminütigen Vorspann von Vertigo fällt eine gewichtige Rolle zu, wird der Zuschauer doch bereits an dieser Stelle, noch bevor der eigentliche Plot begonnen hat, mit den wesentlichen Motiven des Films aus der Perspektive des Helden konfrontiert und buchstäblich in die Handlung eingesogen.
Höhenangst und Obsession, das Fallen und das Verfallen-Sein – die zentralen Handlungselemente werden von Saul Bass, damals Hollywoods wohl berühmtestem Titel-Designer, in einer einzigen graphischen Darstellung eingefangen. Bass orientiert sich dabei an Hitchcocks Spiralmotiven, die als Leitmotive während des Films immer wieder zum Einsatz kommen, um den psychologischen Strudel von Vertigo zu symbolisieren. Sie tauchen beispielsweise in Form der Frisur von Madeleine und Carlotta, dem runden Blumenstrauß und dem Dekor des Glockenturms der Mission wieder auf. Auch die Kamera bedient sich dieses Leitmotivs und visualisiert das sich intensivierende Verhältnis zwischen Scottie und Judy vom Moment ihrer ersten Begegnung bis zu ihrer vollständigen Umwandlung mit umkreisenden Kamerafahrten.
Bass´ visuelle Vorausdeutungen auf die spätere Handlung und das Schicksal des Helden werden erheblich von Bernard Herrmanns musikalischen Figuren untermauert.
Die Musik des Vorspanns beginnt bereits während das Paramount Logo eingeblendet wird mit Flöten und Violinen. Eine markante Harfen-Arpeggiofigur setzt ein und wird den gesamten Vorspann durchdringen.[3] Das Arpeggio ist eines von vielen Musikelementen, die im Prelude bereits angedeutet und dann im Film wieder eingesetzt werden. Es versetzt den Zuschauer unmittelbar in eine geheimnisvolle, mystische und unheilvolle Erwartungshaltung, die durch das Erscheinen eines Teilausschnitts von einem Frauengesichts in Großaufnahme visuell noch verstärkt wird. Eine ähnliche Wirkung erzielt es, wenn das Arpeggio im letzten Drittel des Films in einer abgewandelten Form wieder auftaucht und die Szene begleitet, in der Judy im Schönheitssalon zu Madeleine umgemodelt und damit demaskiert wird.[4] Im weiteren Verlauf des Prelude fährt die Kamera zunächst auf den Mund der Frau. Der Name des Hauptdarstellers James Stewart wird eingeblendet. Zeitgleich wird die bis dahin dominierende Arpeggiofigur von einem Zusammenprall von D-Dur und E-Moll Triaden konterkariert.[5] Diese Triaden werden im Film jede von Scotties Höhenangstattacken begleiten und untermalen. Man kann von einem „musikalischen Vertigoeffekt“ sprechen, der den „visuellen Vertigoeffekt“ unterstützt und verstärkt. Als „visuellen Vertigoeffekt“ bezeichnet man Hitchcocks häufig zitierte, damals revolutionäre Methode, ein Schwindelgefühl durch Vorzoomen und gleichzeitiges Zurückfahren der Kamera auf der Leinwand zu erzeugen. Herrmanns Komposition wird dabei, abhängig von der Intensität der jeweiligen Szene, in abgewandelten Formen mit unterschiedlichen Instrumentierungen eingesetzt. So wirkt beispielsweise die Schwindelattacke Scotties in Mitchs Appartement auf der Stehleiter, als keine echte Gefahr droht, weniger dramatisch als die der Rooftop Szene zu Beginn des Films oder die im Glockenturm der San Juan Batista Mission, als er vergeblich versucht Madeline zu folgen.
[...]
[1] Vgl. Kilb, Andreas: Vertigo in Beier, Seeßlen: Alfred Hitchcock Bertz 1999.
[2] Vgl. Wood, Robin: Hitchcocks´s Film Revisited, 1990.
[3] Vgl. Graham, Bruce: Bernard Herrmann: Film, Music and Narrative; 1985.
[4] Vgl. Bauck, Markus: Klingende Bilder in Beier, Seeßlen: Alfred Hitchcock Bertz 1999.
[5] Vgl. Graham, Bruce: Bernard Herrmann: Film, Music and Narrative; 1985.
- Arbeit zitieren
- Christian Düringer (Autor:in), 2006, Bernard Herrmanns Filmmusik zu Alfred Hitchcocks 'Vertigo', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58935
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