In dieser Arbeit soll zunächst eine kurze Rekapitulation der diplomatischen Revolution, d.h. der Umkehrung der Bündnisse in Europa, und des Ausbruchs des Siebenjährigen Krieges erfolgen, bevor die Kriegsjahre vor allem aus britischer Sicht, in erster Linie die Rolle und Strategie William Pitts (des Älteren, 1708-1778; Aussenminister 1757-61) in der Regierung des Herzogs von Newcastle, in der Auseinandersetzung mit dem König und politischen Gegenspielern und bei der Kriegsführung der Hauptgegenstand der Darstellungen sein werden. Zum Schluss wird ein Ausblick erfolgen, bei dem die Folgen des Siebenjährigen Krieges für das Empire in Nordamerika skizziert werden sollen.
Inhalt:
Einleitung
Die Entstehung des britisch-preußischen Bündnisses - die „diplomatische Revolution“
Der Aufstieg William Pitts
Das britisch-preußische Verhältnis im Krieg
„Annus mirabilis“ 1759
Die Entwicklungen 1760/61
Der Rücktritt Pitts
Allgemein: Rolle des Aussenministers im Verhältnis zum Kabinett/der Regierung
Bewertung/Fazit
Ausblick: a) Die Entwicklungen 1762/1763
b) Die Folgen des Krieges für das Empire – Der Weg der 13 Kolonien in die Unabhängigkeit
Literatur
Einleitung
In dieser Arbeit soll zunächst eine kurze Rekapitulation der diplomatischen Revolution, d.h. der Umkehrung der Bündnisse in Europa, und des Ausbruchs des Siebenjährigen Krieges erfolgen, bevor die Kriegsjahre vor allem aus britischer Sicht, in erster Linie die Rolle und Strategie William Pitts (des Älteren, 1708-1778; Aussenminister 1757-61) in der Regierung des Herzogs von Newcastle, in der Auseinandersetzung mit dem König und politischen Gegemspielern und bei der Kriegsführung der Hauptgegenstand der Darstellungen sein werden. Zum Schluss wird ein Ausblick erfolgen, bei dem die Folgen des Siebenjährigen Krieges für das Empire in Nordamerika skizziert werden sollen.
Die Entstehung des britisch-preußischen Bündnisses - die „diplomatische Revolution“
Die „diplomatische Revolution“ im Vorfeld des Siebenjährigen Krieges entstand aus britischer Sicht aus der Sorge um einen Angriff Frankreichs oder Preussens auf Hannover: Um einen preussischen Angriff zu verhindern, bot der Premierminister, der Herzog von Newcastle, Russland im Frühjahr 1755 Subsidien an, im Gegenzug sollte dieses eine Armee aufstellen, die zur Invasion Ostpreussens bereit stehen sollte. Zusätzlich schloss er mit den Herrschern verschiedener deutscher Staaten Subsidienverträge ab, die jene verpflichteten, ihre Heere im Kriegsfall den Briten als Söldnerheere bereitzustellen.[1]
Westminster-Konvention und Konvention von Versailles
Das „alte“ britisch-russisch-österreichische Allianzsystem brach zusammen, als Friedrich aus Angst vor einem sich anbahnenden französisch-österreichischem Bündnis sowie Russland die Annäherung mit London suchte. Was ein halbes Jahr zuvor noch undenkbar gewesen wäre, wurde am 16. Januar 1756 durch einen Freundschaftsvertrag, die sogenannte Westminster-Konvention, besiegelt: Ein britisch-preussisches Bündnis. In dem Vertrag verpflichteten sich die beiden Mächte, sich gegenseitig nicht zu anzugreifen sowie sich bei einem Angriff auf „Deutschland“ – damit war Hannover mit einbezogen – gegen diesen zu verbünden. Durch den Abschluss dieser Konvention verlor Großbritannien natürlich den Hauptgegenspieler Preußens, Österreich, als Bündnispartner.[2] Am 1. Mai 1756 unterzeichneten österreichische und französische Diplomaten die Konvention von Versailles, als Verteidigungspakt gegen wie die Westminster-Konvention. Somit war die „diplomatische Revolution“, die Umkehr der Bündnisse („renversement des alliances“), vollzogen.[3]
Das britisch-preußische Bündnis
Die britisch-preussische Entente entstand also v.a. aus von beiden Mächten empfundenen externen Bedrohungen heraus. Ideologische Grundlage bzw. Gemeinsamkeit der Allianz war die „Verteidigung des Protestantismus“ und der „europäischen Freiheit“ gegen „Papismus“ und „Tyrannei“[4]. Abgesehen von diesen (vermeintlichen) ideologischen Gemeinsamkeiten war die Allianz strategisch immer schwach, dadurch, dass beide Mächte unterschiedliche Hauptinteressen verfolgten: Großbritannien konzentrierte sich auf den maritimen und kolonialen Konflikt mit Frankreich, während für Preußen die Bedrohung durch Russland in Mittel- und Osteuropa im Vordergrund stand, d.h. es gab keinen gemeinsamen Hauptgegner.[5] Der Siebenjährige Krieg kann daher als „zwei eher unterschiedliche, aber parallele Kriege mit zwei unterschiedlichen Zielvorstellungen, die wenig oder keinen Bezug zueinander hatten“, gesehen werden.[6]
Die Briten sahen Preußen nur als Hilfsmittel gegen Frankreich an. Durch den Konflikt mit Österreich und Russland war Friedrich jedoch in den Augen Großbritanniens nicht von seinen vertraglichen Pflichten gegenüber Hannover befreit. Friedrich jedoch argumentierte, dass es Großbritannien nicht gelungen sei, Russland einzudämmen und daher nun so viele Truppen im Osten gebunden seien, dass es unmöglich sei, genügend Truppen im Westen zum Schutz Hannovers bereitzustellen. Zudem beklagte er, dass Preußens Küsten nicht ausreichend geschützt würden und forderte daher wiederholt die Entsendung einer britischen Flotte in die Ostsee.[7] Es gelang Pitt jedoch, v.a. durch die Unterordnung hannoveranischer unter britische Interessen, die Allianz unter Berücksichtigung der Ziele beider Partner zusammenhalten. Letztendlich aber kamen die Spannungen im Laufe des Krieges wieder zum Vorschein und führten zur Auflösung der Allianz.[8]
Kriegsausbruch in Europa
Nachdem es zunächst 1754/55 nur in den amerikanischen bzw. indischen Kolonien zu Auseinandersetzungen zwischen Briten und Franzosen gekommen war, markierte nach der „diplomatischen Revolution“ der Einfall Preußens in Sachsen im August 1756 den Übergang vom „kalten“ in den „warmen“ Krieg auf dem europäischen Kontinent. Friedrich II, der Herrscher Preußens, wollte nach heute gängiger Meinung „präventiv“ gegen Sachsen-Polen, einen Bündnispartner Wiens, vorgehen, nachdem er Kenntnis von Bemühungen um den Abschluss eines Offensivbündnisses mit Moskau gegen Preußen mit dem Ziel, dieses zu vernichten und aufzuteilen, hatte, und so ein „Eingekreistwerden“ verhindern.[9]
Der Aufstieg William Pitts
Regierungskrise 1756/57
Nach dem für die Briten schlechten Start in den Krieg, mit dem Verlust von Fort Oswego 1756 und Minorca 1757 an Frankreich und einer drohenden französischen Invasion Englands vom Ärmelkanal aus, befand sich die Regierung des Herzogs von Newcastle und Aussenministers Henry Fox in einer Regierungskrise. Wegen mangelnder Unterstützung des Kabinetts und scharfer Kritik William Pitts trat im Oktober Fox, im November Newcastle zurück.[10]
Machtkampf des Jahres 1757
Zu Beginn des Jahres 1757 hatte König Georg II keine andere Möglichkeit mehr als den von ihm verachteten Pitt zum Premier zu berufen. Dieser bildete bis zu seiner Entlassung im April eine Regierung mit dem Duke of Devonshire als Aussenminister. Pitt war ein „Meister der Rhetorik“[11], er hatte eine Vorliebe für Klassiker und deren rhetorische Fertigkeiten. Er schrieb relativ selten, auch nicht für seine Reden.[12] Er war jedoch im Parlament nicht sehr konziliant oder höflich, scherzte und grüßte nie, was ihm wenig Freunde einbrachte. Auch wegen dieses Mangels an Gönnerhaftigkeit hing sein politisches Schicksal sehr von der Unterstützung des Premiers, des Herzog von Newcastle, ab.[13]
Im Frühjahr 1757 war es die Forderung des Herzog von Cumberland, der Pitt misstraute, an den König, neue Minister einzusetzen, die Pitts erste Amtsperiode beendeten: Er und Earl Temple wurden Anfang April entlassen. Es folgte eine Periode des so genannten „interministerium“ (nach: Walpole, Horace: in „Memoirs of George II“) unter dem Herzog von Devonshire .[14]
Der Machtkampf des Jahres 1757 spielte sich vor allem zwischen drei Gruppen ab.
Die erste umfasste den König, den Herzog von Cumberland, Pitts Vorgänger Fox, sowie Earl Waldegrave und den Herzog von Bedford. Sie traten gegen Pitt und für einen hannoverfreundlicheren Aussenminister ein.
Die zweite Gruppe bestand aus Pitt und Earl Bute, d.h. den Häusern Grenville und Leicester. Sie wollten hauptsächlich eine Rückkehr von Fox ins Kabinett verhindern. Sie standen dem Krieg auf dem Kontinent skeptisch gegenüber und legten das Gewicht auf die Flotte als Hauptinstrument der Kriegsführung und der Verteidigung des Königreichs. Die dritte Gruppe wurde von Newcastle und Earl Hardwicke angeführt. Sie vertraten eine Position zwischen den beiden anderen. Sie wollten Frankreichs Macht eindämmen, sahen aber keinen Konflikt zwischen dem maritimen und dem kontinentalen Ansatz, sondern beide als gleich wichtig an. Auch Newcastle wollte zudem nicht mehr mit Fox in einem Kabinett zusammenarbeiten.[15]
Nach einer dreimonatigen Phase ohne eine Regierung („inter-ministerium“) einigte sich Pitt, der nun das Amt des Aussenministers bekleiden sollte, schließlich im Juli 1757 mit dem Herzog von Newcastle, der erneut Premier (und zusätzlich Finanzminister) wurde, über eine Regierungsbildung und setzte sich damit im Machtkampf durch. Diese Regierung – das sogenannte „Newcastle-Pitt-Ministry“ – sollte bis Herbst 1761 Bestand haben und Großbritannien durch den erfolgreichsten Krieg des 18. Jh.führen.[16]
Die Unterstützung für Pitt
Die Tories unterstützten Pitt und das Bündnis mit Preußen in der Anfangsphase insofern, als dass es nur auf Zahlungen beruhte und das Verhältnis ihrer Ansicht nach „eine mittlere Position, in der wir uns bewegen sollten“, d.h. nicht zu sehr involviert in preußische Streitigkeiten, repräsentierte.[17] Die Position der neuen Regierung wurde also durch seine Opponenten gestärkt.[18]
Dies half Pitt auch dabei, nach seiner zwischenzeitlichen Entlassung erneut in die Regierung berufen zu werden, obwohl der König seinen Gegenspieler Henry Fox bevorzugt hätte, der jedoch unpopulär war. So jedoch war der Weg frei für das Newcastle-Pitt-Ministry.[19]
Das britisch-preußische Verhältnis im Krieg
Pitts Strategie: „Amerika in Deutschland erobern“
Pitt gelang es, die Energien und Gefühle der Nation zu beleben, durch seinen patriotischen Geist und Selbstbewusstsein, und seinen Visionen des Sieges und der Errichtung eines Empire, daher wurde er auch als “the great commoner“ (großer Vereiniger) bezeichnet. Ihm werden als entscheidende Kriterien für seinen politischen Aufstieg und Erfolg sein Interesse an allen Aspekten der britischen Aussenpolitik, seine Fähigkeit zu detailierter Planung in Zusammenarbeit mit Militärexperten und die Schaffung von administrativen Institutionen zur effizienteren Nutzung der Kriegsinstrumente.[20]
Als er an die Regierung kam, hatte er bereits einen Ruf als ein Gegner sowohl des britischen Engagements für die hannoveranischen Interessen als auch der Politik in Europa im Allgemeinen. Er wird als Stratege der „amerikanischen Schule“ gesehen, d.h. er sah die Zukunft des Empire nicht in bindenden und oft teuren Verträgen mit den Mächten auf dem Kontinent, sondern in einer Konzentration auf die kolonial-maritimen Kriegsführung in Übersee. Dabei sollten französische Gebiete erobert werden, um sie später wenn nötig gegen Hannover zu tauschen. Dennoch stimmte er im Allgemeinen der anglo-preussischen Allianz zu, v.a. um nach dem Wegfall Österreichs als Gegengewicht zu Frankreich Preußen als dessen „Nachfolger“ zu stärken und damit das britische Prinzip des „balance of power“ auf dem Kontinent zu erhalten.[21]
Einmal im Amt, musste Pitt auch andere Aspekte für ein weiteres Engagement auf dem Kontinent berücksichtigen: Die Niederlande durfte aus kommerziellen und Sicherheitsinteressen nicht an Frankreich oder unter französischen Einfluss fallen. Ausserdem musste er die Westminster-Konvention einhalten, die Großbritannien dazu verpflichtete zu verhindern, dass ausländische Truppen in Deutschland einfielen. Desweiteren durfte er Hannover nicht vernachlässigen, um nicht den König gegen sich aufzubringen und „the hated burden“ (Schweizer, S.44) Hannover nicht später gegen eroberte wertvolle Kolonialgebiete eintauschen zu müssen. Diese Aspekte führten ihn zu der Einsicht, dass ein Engagement im „German war“ unverhinderbar sein würde.[22]
Um die Priorität des „American War“ zu demonstrieren, stockte Pitt jedoch gleich zu Beginn seiner Amtszeit das „amerikanische“ Heer des Lord Loudon, dass Louisbourg und Quebec einnehmen sollte, auf 17 000 Mann auf. Für Deutschland sah er keine direkte Intervention durch Truppenentsendung vor.[23]
In der Kriegsführung führte dies zu einer Doppelstrategie der Eindämmung und doppelten Bindung Frankreichs: In Europa durch die Verteidigung Hannovers und auf den Weltmeeren durch eine Seeblockade gegen die Expeditionsflotten die Nordamerika, die Karibik, Afrika und Indien anlaufen sollten. So sollten Hannover und Preussen geschützt, eine Invasion Großbritanniens verhindert und der dringend benötigte französische Nachschub abgeschnitten werden.[24]
Diese Taktik wurde während des Krieges noch durch Angriffe auf die französische Küste ergänzt.[25] Dennoch blieb Pitt auch nach den Niederlagen der Preussen bei Kolin sowie der hannoveranischen Observationsarmee in Hastenbeck einem weitergehenden britischen Eingreifen auf dem Kontinent gegenüber skeptisch und gab den Forderungen Friedrichs nach weiteren Verstärkungen für die Observationsarmee sowie einem britischen Flottengeschwader zum Schutz der Ostseeküste zunächst nicht nach.[26]
[...]
[1] Vgl. Anderson, Fred: Crucible of War. The Seven Years‘ War and the Fate of Empire in British North America, New York 2000, S.127.
[2] Ebd. S. 128.
[3] Ebd., S. 129.
[4] Vgl. auch Schlenke, Manfred, England und das friderizianische Preußen 1740-1763, Freiburg i.Br./München 1963, S.230.
[5] Vgl. Schweizer, S.39-40.
[6] „two quite distinct, though parallel wars, with two sets of aims which had little or no relation to each other“, in: H. Seton-Watson, Britain and Europe 1789-1914 , Cambridge 1937, nach: Schweizer, S. 40.
[7] Schweizer, S.40.
[8] Ebd., S.40-41.
[9] Vgl. Duchhardt, Heinz, Das Zeitalter des Absolutismus, München 1989.
[10] Vgl. Anderson, 169-172.
[11] „master of rhetoric“, Middleton, S. 14.
[12] Ebd., S.7-8.
13 Ebd., 13.
[14] Ebd., 14-15.
[15] Ebd., 15-16.
[16] Vgl. W.A. Speck, A Concise History of Britain 1707-1975, Cambridge 1993, S.32 und Anderson, S. 175.
[17] Vgl., Peters, Marie, Pitt and Popularity, The Patriot and London Opinion during the Seven Years War, Oxford 1980, S. 73.
[18] Ebd., 74.
[19] Ebd., 81.
[20] Vgl. Schweizer, S.42-43.
[21] Ebd., S.43.
[22] Ebd., S.43-44.
[23] Vgl. Anderson, S. 173.
[24] Vgl. Schweizer., S.44-45.
[25] Ebd., S.46.
[26] Ebd., S.48-49.
- Citation du texte
- Robert Scheele (Auteur), 2005, Die Rolle William Pitts während des Siebenjährigen Krieges, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58836
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