Mit seiner 1883 erschienenen Novellensammlung Contes cruels hat Auguste de Villiers de l'Isle-Adam nicht nur einen bedeutenden Beitrag zur französischen Schauerliteratur geleistet, sondern gleichsam denterminus technicusfür einen von Karl Alfred Blüher definierten Novellentypus geschaffen - die Schauernovelle. Der situative Rahmen der Geschichten ist oft ähnlich; Villiers bettet seine Figuren ins bürgerliche oder adelige Paris, lässt sie in gehobenen gesellschaftlichen Kreisen verkehren und stattet sie mit klangvollen Namen und einem geheimnisvollen Wesen aus. Allen Geschichten gemein ist der Anspruch, den Leser mit Schrecken zu erfüllen, ihn beim Lesen zu schockieren. „Die Contes cruels sind nicht nur insinuierender, sondern auch horribler, weil sie weniger nur auf die herkömmlichen Elemente des Schrecklichen aufgebaut sind“, schreibt Wolfram Krömer. Neben seinen Beiträgen sind vor allem die von Margrit Schmidt vorgelegte Dissertation zum Thema der Angst bei Villiers und Wolfgang Trautweins Abhandlung über die Schauerliteratur des 18. und 19. Jahrhunderts als wichtige Basis dieser Arbeit zu nennen. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, sich anhand zweier Novellentexte der Frage nach den jeweils charakteristischen Merkmalen der Novelle zu nähern. Hierbei sollen die Texte Le convive des dernières fêtes und Véraals Grundlage dienen. Die ersten beiden Unterkapitel beleuchten nacheinander die Novellen genauer. Die Untersuchung ist als ein mehrstufiger Durchgang durch die Novellentexte konzipiert. Auf einen kurzen inhaltlichen Abriss folgt eine genauere Besprechung, die Spannungsverlauf und markante Wendepunkte der Handlung mit Zitaten belegt und näher erläutert. Im dritten Durchgang folgt eine erzähltheoretische Analyse und beschreibt den Novellenaufbau aus narrativistischer Sicht. Der vierte Durchgang schließt mit einer Analyse des Schauergeschehens in den Texten, zum einen aus der textinternen Sicht, zum anderen soll auch die Wirkung auf den Leser hinterfragt werden: mit welchen Besonderheiten gelingt es jeweils, ein wirkungsvolles Schauererleben zu erzeugen? Im dritten Unterkapitel wird nach einem kurzen Vergleich der Schauertypologie in beiden Novellen und einigen Bemerkungen zum Phantastischen in Villiers’ Werk auf seine mögliche Intention beim Verfassen der Schauerliteratur eingegangen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Villiers' Novellen Le convive des derniéres fétes und Véra
- Le convive des derniéres fétes
- Inhaltlich-gehaltliche Analyse
- Erzähltheoretische Gesichtspunkte
- Schauer und Schrecken, Typologie der Angst
- Véra
- Inhaltlich-gehaltliche Analyse
- Erzähltheoretische Gesichtspunkte
- Schauer und Schrecken, Typologie der Angst
- Le convive des derniéres fétes
- Systematisierung und Vergleich
- Schauertypus in den Novellen
- Phantastik im Werk von Villiers de l'Isle-Adam
- Grauen als Antwort auf die bürgerliche Moral
- Zusammenfassung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Untersuchung analysiert zwei Novellen von Auguste de Villiers de l'Isle-Adam, "Le convive des derniéres fétes" und "Véra", um die charakteristischen Merkmale der Schauernovelle in seinem Werk zu beleuchten. Die Arbeit zielt darauf ab, die spezifischen Elemente des Schauers in jeder Novelle zu identifizieren, ihre erzähltheoretischen Besonderheiten zu untersuchen und die Typologie der Angst in beiden Texten zu vergleichen.
- Die spezifischen Elemente des Schauers in den Novellen
- Die erzähltheoretischen Besonderheiten von "Le convive des derniéres fétes" und "Véra"
- Die Typologie der Angst in beiden Texten
- Die mögliche Intention von Villiers beim Verfassen von Schauerliteratur
- Der Vergleich der beiden Novellen hinsichtlich ihrer Themen und ihres Aufbaus
Zusammenfassung der Kapitel
Die erste Novelle, "Le convive des derniéres fétes", erzählt die Geschichte einer Gesellschaft, die auf einem Opernball einem geheimnisvollen Fremden begegnet. Der Erzähler, der den Baron zunächst für einen harmlosen Gast hält, entdeckt jedoch im Laufe des Abends dessen wahre Natur: Der Baron ist ein Mann mit einer krankhaften Neigung zu Hinrichtungen. Die Geschichte spielt mit der Spannung zwischen der unheimlichen Atmosphäre des Balls und der allmählichen Enthüllung des Barons' wahren Wesens.
Die zweite Novelle, "Véra", schildert die Geschichte des Comte d'Athol, der nach dem Tod seiner geliebten Frau Véra in eine tiefe Trauer verfällt. Er isoliert sich in seinem Schloss und lebt in der Illusion, Véra sei noch am Leben. Die Novelle zeichnet die allmähliche Entwicklung des Comte's in den Wahnsinn nach und untersucht die Grenzen zwischen Realität und Imagination.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Schauernovelle, die französische Literatur des 19. Jahrhunderts, Auguste de Villiers de l'Isle-Adam, "Le convive des derniéres fétes", "Véra", Schauer, Schrecken, Typologie der Angst, Phantastik, bürgerliche Moral, Desillusionierung, Tod, Illusion, Realität, Erzähltheorie, homodiegetisches Erzählen, interner Fokalisierung, heterodiegetisches Erzählen, Nullfokalisation, Spannungsaufbau.
- Quote paper
- Christian Schulze (Author), 2005, Aspekte des Schauers in Villiers de l'Isle-Adams Novellen "Le convive des dernières fêtes" und "Véra", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58501
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