Das Durchdenken der Welt als Objekt gewinnt mit Platon die Oberhand über die vorsokratische Art zu denken. Diese Art, das Erzählen von Geschichten über die Welt, gleich dem Mythenerzählen, ist von enormer Bildlichkeit geprägt. Im Gegensatz zu dieser ist die platonische Philosophie ein Versuch der Objektivierung der Sinneseindrücke, ein Zurückführen der kosmischen Vorgänge auf Ursachen, die durch die Vernunft, die im Menschen angelegt ist, erkennbar sind. Dadurch schafft Platon einen dynamischen Wissensbegriff, der das andauernde Streben des Menschen nach Einsicht beschreibt und gerade die Neuzeit bestimmt.1 Steiner beschreibt den Übergang, der sich bereits in der Vorsokratik anbahnte, wie folgt: „Mit dem [...] Fortschritt der menschlichen Entwicklung hängt zusammen, dass sich der Mensch vom Auftreten des Gedankens [...] an in ganz anderem Sinne als abgesondertes Wesen, als Seele fühlen musste, als das früher der Fall war. [...]. Mit dem Gedanken [...] fühlt sich der Mensch von der Natur ausgesondert; [...]. Es entsteht immer mehr die deutliche Empfindung des Gegensatzes von Natur und Seele.“2 Die beschriebene Loslösung des Menschen von der Welt hat die Entstehung der apodiktischen Wissenschaft zur Folge. Die damit einhergehende Objektivierung der Welt ermöglicht nicht nur die wissenschaftliche Betrachtung der selben, sondern stellt den Menschen zudem als ein eigenständiges Ich dar, welches sich nun auch selbst betrachten kann.
Deshalb hat sich laut Steiner „der Gedanke [...] in Platon erkühnt, nicht nur auf die Seele hinzuweisen, sondern auszudrücken, was die Seele ist, sie gewissermaßen zu beschreiben.“3 Ausgehend von dieser Beschreibung der Seele werde ich nunmehr im Folgenden einen Vergleich zwischen den Anthropologien Platons und Rudolf Steiners ziehen. Zu diesem Zweck werde ich zunächst die platonische Seelenlehre der steinerschen Lehre von den Lebensleibern des Menschen gegenüberstellen und Ähnlichkeiten herausarbeiten. Im Anschluss daran richte ich meinen Fokus auf die bereits oben kurz erwähnten Anknüpfungspunkte zwischen beiden Philosophien. Dabei ist zunächst der Glaube an die Unsterblichkeit der menschlichen Seele in den Vordergrund zu rücken. Mit dieser Thematik einhergehend stellt sich die Frage nach dem Tod und der Wiedergeburt des Menschen. Desweiteren findet sich eine entscheidende Gemeinsamkeit in der Betrachtung der Stellung des Menschen. Dies soll schließlich auch der Fluchtpunkt der im Folgenden dargestellten Gedanken sein.
Inhaltsverzeichnis
- Anknüpfungspunkte zwischen der platonischen Philosophie und der Geheimwissenschaft Rudolf Steiners
- Vergleich der Anthropologien Steiners und Platons
- Das Wesen des Menschen
- Platons Seelenlehre
- Steiners Lehre von den Lebensleibern
- Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Seelenlehren
- Das Wesen des Menschen
- Bezugspunkte zwischen der Anthropologie Steiners und Platons
- Unsterblichkeit und Wiederverkörperung der Seele
- Beweise für die Unsterblichkeit der Seele bei Platon
- Steiners Betrachtung der Unsterblichkeit ausgehend von der Art der platonischen Beweisführung
- Der Glaube an die Wiederverkörperung der Seele bei Platon
- Der Wiedergeburtsgedanke bei Steiner im Vergleich zu Platons Sichtweise
- Weitere Bezugspunkte: die Liebe und der Drang nach Wissen
- Unsterblichkeit und Wiederverkörperung der Seele
- Abschließende Zusammenfassung: Gleichheit der menschlichen Stellung in beiden Philosophien
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit dem Vergleich der Anthropologien Platons und Rudolf Steiners. Ziel ist es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede in ihren Ansichten über das Wesen des Menschen, insbesondere in Bezug auf die Unsterblichkeit und Wiederverkörperung der Seele, herauszuarbeiten.
- Platonische Seelenlehre und Steiners Lehre von den Lebensleibern
- Unsterblichkeit der menschlichen Seele und Wiedergeburt
- Die Bedeutung von Vernunft und Erkenntnis in beiden Philosophien
- Gemeinsamkeiten in der Betrachtung der Stellung des Menschen in der Welt
- Die Rolle von Mythos und Wissenschaft in beiden Denktraditionen
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Anknüpfungspunkte zwischen der platonischen Philosophie und der Geheimwissenschaft Rudolf Steiners
Dieses Kapitel stellt die platonische Philosophie im Kontext der vorsokratischen Philosophie und der frühen griechischen Religionen vor. Es betont Platons Einfluss auf die Entwicklung der abendländischen Philosophie und beschreibt die Bedeutung der Vernunft als Erkenntnismittel. - Kapitel 2: Vergleich der Anthropologien Steiners und Platons
Dieses Kapitel vergleicht die Seelenlehre Platons mit Steiners Lehre von den Lebensleibern des Menschen. Es beleuchtet die verschiedenen Bedürfnisse und Seelenteile, die Platon in seiner Anthropologie beschreibt, und stellt diese der steinerschen Vorstellung von den Lebensleibern gegenüber. - Kapitel 3: Bezugspunkte zwischen der Anthropologie Steiners und Platons
Dieses Kapitel untersucht den gemeinsamen Glauben an die Unsterblichkeit der menschlichen Seele und die Wiederverkörperung in beiden Philosophien. Es analysiert Platons Beweise für die Unsterblichkeit der Seele und vergleicht diese mit Steiners Betrachtungsweise.
Schlüsselwörter
Platon, Rudolf Steiner, Anthropologie, Seelenlehre, Lebensleiber, Unsterblichkeit, Wiederverkörperung, Vernunft, Erkenntnis, Mythos, Wissenschaft, Gemeinsamkeiten, Unterschiede, Vergleich.
- Citar trabajo
- Christian Aichner (Autor), 2006, Vergleich zwischen der Anthropologie Platons und Rudolf Steiners, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58469