In dieser Arbeit werden verschiedene Arten von Langeweile, die in Georg Büchners Lustspiel Leonce und Lena zu finden sind näher betrachtet und anschließend der Einfluss der Liebe auf diese Langeweile näher betrachtet. Zentrale Frage hierbei ist "Kann die Liebe die Langeweile entfernen oder wird sie durch Liebe nur verstärkt?".
1. Themeneinfuhrung
Langeweile und Liebe scheinen Begriffe zu sein, die miteinander keineswegs harmonieren. So verbinden wir mit der Liebe meist positive Gefuhle und Freude, die unseren Gemutszustand euphorisieren, so als „konnte [man] auch noch die Sterne fassen in [sichf1, denn ,,Glucklich allein ist die Seele, die liebt“2. Die Langeweile hingegen korrespondiert mit Emotionen, die innere Unruhe vermitteln und das Gemut negativ beeinflussen. ,,Sie ist auf Leere gebaut [...], ruht auf dem Nichts, welches sich durch das Dasein schlingt“3 Dieses Motiv der Langeweile lasst sich auch in Georg Buchners Lustspiel Leonce und Lena beobachten und nimmt vor allem starken Einfluss auf die Hauptfigur Prinz Leonce vom Reiche Popo, denn sie „macht [ihn] ganz melancholisch“4 Sein Hang zur Melancholie wird durch die Langeweile bestarkt und zeigt sich auffallend enorm in Situationen, die Konfrontationen mit der Liebe umgreifen, wie die Trennung von seiner Geliebten Rosetta oder sein Selbstmordversuch nach der Abweisung seiner Gefuhle durch Prinzessin Lena vom Reiche Pipi.
Vor diesem Hintergrund stellt sich nun die Frage, welche Kategorien von Langeweile in Leonce und Lena zu finden sind und wie die Liebe auf die Langeweile Einfluss nimmt, welche in der vorliegenden Arbeit beantwortet werden soll. Im ersten Teil dieser Untersuchung werden deshalb die unterschiedlichen Motive der Langeweile vorgestellt, indem zuerst eine Definition herausgearbeitet wird und anschlieftend Textbelege, sowie auftertextuelle Quellen verknupft werden. Im zweiten Teil werden die Liebe und die Langeweile anhand von Leonce, Valerio, Rosetta und Lena untersucht, indem belegt wird, wie Muftiggang die Freundschaft zwischen Valerio und Leonce, sowie die Verbindung zwischen Leonce, Lena und Rosetta pragt.
Im Fazit sollen alle Resultate noch einmal zusammengetragen werden. Vor allem liegt hier der Fokus auf der Beantwortung der Frage, ob eine Verstarkung oder das Verschwinden der Langeweile durch die Wirkung der Liebe resultiert.
2. Motive der Langeweile in Leonce und Lena
2.1 Die uberdrussige Langeweile
Die erste Kategorie der Langeweile, die sich in Leonce und Lena herausarbeiten lasst, ist die uberdrussige Langeweile. Uberdrussige Langweile meint hier den „[Uberdruss] am (fest-)taglichen Einerlei, an der penetranten (All-)Gegenwart von Banalem und SpieRigem"5 „[Seine] Langeweile ist gepragt von Arbeit, immer befindet er sich in einer Hektik von sinnlosen Beschaftigungen"6 Vereinfacht kann hier darauf hingewiesen werden, dass es sich um die Langeweile gegenuber alltaglichen Tatigkeiten handelt, die selbstverstandlich sind, wie beispielsweise das Lernen und Erfahrungen entwickeln, sowie gesellschaftlich verankert sind. Leonce sieht im engeren Sinne jedes Mitglied der Gesellschaft als MuRigganger- Studenten, Glaubige, Verliebte und Verheiratete, Familien, Sunder und Helden.7 Nicht nur langweilen ihn die Normen, gleichzeitig lehnt er sie auch ab und wertet sie ab, indem er lieber nach Italien geht, anstatt den Vorschlagen Valerios zu folgen, der ihm versucht Wissenschaft, Heroismus, nutzliche Mitgliedschaft der Gesellschaft oder aber auch die literarische Kunst als eine gute Beschaftigung im Leben naherzubringen.8 Auch die uberdrussige Langeweile verbindet sich in ihm mit Selbstmitleid gegenuber der Erkenntnis, dass er uber die Langeweile der Gesellschaft und ihren Normen Bescheid weiR, aber weder sich, noch die anderen Mitglieder befreien kann.9
2.2 Die existenzielle Langeweile
Die existenzielle Langeweile nimmt den GroRteil des bestehenden MuRiggangs in dem Lustspiel ein. So geht diese Kategorie ,,mit nagenden Gefuhlen eines abgestorbenen Inneren, eines Leerlaufs der Seele und der Sinnarmut oder Inhaltslosigkeit der Welt einher“10 Teilweise lasst sich die existenzielle Langeweile aber auch mit der im theologischen Interesse interpretierten existenziellen Langeweile im Text verknupfen. Im theologischen Interesse meint hier Langeweile, die „erklarbar [ist] aus dem Verlust Gottes, aus der Verdiesseitigung [und] der Verweltlichung von Denken, Fuhlen und Tun“11. Leonce sieht in seinem Leben keinen Inhalt, denn seine Geschichte bleibt immer dieselbe, ein einfaches, weiftes Blatt Papier, das sich nicht beschreiben lasst, genau wie die Langeweile.12
,,Mein Leben gahnt mich an wie ein grower weifter Bogen Papier, den ich vollschreiben soll, aber ich bringe keinen Buchstaben heraus. [...] Ich stulpe mich jeden Tag vierundzwanzigmal herum wie einen Handschuh. Oh, ich kenne mich, ich weift, was ich in einem Jahr denken und traumen werde. Gott, was habe ich denn verbrochen, dass du mich wie einen Schulbuben meine Lektion so oft hersagen lasst?“13
Es lasst sich hier die durch Leonce verinnerlichte Bedeutungslosigkeit des Lebens herausarbeiten und auch eine direkte Frage an Gott selbst finden. Leonce hinterfragt indirekt seine Existenz. Nicht nur bittet er Gott um das Wissen um seine Fehler, die ihn an diesen Punkt gebracht haben, sondern gesteht sich auch selbst ein, dass sein Leben sich nicht verandert und verandern wird, da er bereits in der Gegenwart aufgrund dem fehlenden Inhalt in seinem Leben die Zukunft deuten kann, die seiner Aussage nach genauso wenig Bedeutung und Fulle besitzen wird wie das Jetzt. Er ist sich sicher, dass seine Gedanken und Traume sich weder verandern, noch erfullen werden, da diese wie im Jetzt und in naher Zukunft keinen Inhalt haben. Auch geht mit diesem negativen Denken und der Sinnlosigkeit ein hohes Maft an Selbstmitleid einher, die die in ihm vertiefte existenzielle Langeweile noch mehr verstarkt. Leonce „[bekommt] manchmal eine Angst um [sich] und konnte [sich] in eine Ecke setzen und heifte Tranen weinen aus Mitleid mit [sich] [selbst]“14 Leonce ist in der existenziellen Langeweile gefangen:
[...]
1 Rainer Maria Rilke, Liebe, Berlin 2015, S. 88.
2 Johann Wolfgang von Goethe, Egmont, Stuttgart 1836, S. 329.
3 Martin Doehlemann, Langeweile? Deutung eines verbreiteten Phanomens, Frankfurt am Main 1991, S. 73.
4 Georg Buchner, Woyzeck. Leonce und Lena, Husum 2016, S. 29.
5 Martin Doehlemann, Langeweile? Deutung eines verbreiteten Phanomens, Frankfurt am Main 1991, S. 23.
6 Thorn-Prikker, Jan, Revolutionar ohne Revolution. Interpretation der Werke Georg Buchners, Stuttgart 1987, S. 106.
7 Vgl. Georg Buchner, Woyzeck. Leonce und Lena, Husum 2016, S. 30.
8 Vgl. Georg Buchner, Woyzeck. Leonce und Lena, Husum 2016, S. 40.
9 Vgl. Wolfram Fues, Die Entdeckung der Langeweile Georg Buchners Komodie Leonce und Lena, in: Deutsche Vierteljahrsschrift fur Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte (1992), S. 690. Der Aspekt der Verzweiflung gegenuber dem Wissen, dass Langeweile einen tiefen Platz im Leben derer einnimmt, die sich den Normen und Gesetzen der Gesellschaft unterwerfen wird hier aufgegriffen und mit der Losung Jemand Anderes sein zu mussen, um entkommen zu konnen befestigt.
10 Martin Doehlemann, Langeweile? Deutung eines verbreiteten Phanomens, Frankfurt am Main 1991, S. 23.
11 Martin Doehlemann, Langeweile? Deutung eines verbreiteten Phanomens, Frankfurt am Main 1991, S. 54.
12 Vgl. Wolfram Fues, Die Entdeckung der Langeweile Georg Buchners Komodie Leonce und Lena, in: Deutsche Vierteljahrsschrift fur Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte (1992), S. 692. Hier kann naturlich bestritten werden, dass es sich um einen dauerhaften Zustand der Gefuhlslage handelt, allerdings bezeugt der festgesetzte Zukunftsausblick, dass es sich hierbei um eine langer andauernde Einstellung handelt, die Leonce konstant verinnerlicht hat und weiterhin auch verinnerlichen wird.
13 Georg Buchner, Woyzeck. Leonce und Lena, Husum 2016, S. 36.
14 Georg Buchner, Woyzeck. Leonce und Lena, Husum 2016, S. 45.
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- Anónimo,, 2020, "Leonce und Lena" von Georg Büchner. Die Langeweile und wie die Liebe darauf Einfluss nimmt, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/583480
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