Der Berliner Pressemarkt wird fünfzehn Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands immer noch von den Besonderheiten geprägt, die mit der Zusammenführung zweier unterschiedlicher Märkte einhergingen. Die Zeitungen Berlins müssen intensiv um ihre Leser werben, da die Auflagenentwicklung rückläufig ist. Das Ziel den Regierungssitz der Bundesrepublik auch in publizistischer Hinsicht zur Hauptstadt zu machen, scheint in naher Zukunft nicht realisiert werden zu können, denn keine der in Berlin herausgegebenen Tageszeitungen hat sich unter den Publikationen mit überregionaler Ausstrahlung positionieren können. Die Pressevielfalt, die zwar nach dem Fall der Mauer schmaler wurde, aber im nationalen Vergleich dennoch groß ist, steht nicht gleichbedeutend mit einer Meinungsvielfalt und hoher Qualität des Publizierten. Nach dem unentschiedenen Kampf um den Titel der Hauptstadtzeitung ist der Wettbewerb um Abonnenten und Anzeigen kaum ruhiger geworden. Das Streben nach der obersten Stellung im Markt beschäftigt mittlerweile sogar die Gerichte. Die ausstehende Entscheidung um den Besitz des Berliner Verlages, wird die nächste große Veränderung in der Berliner Presselandschaft verursachen. Seit dem Verkauf des Verlages durch Gruner + Jahr an die Holtzbrinck AG, der vom Bundeskartellamt nicht genehmigt wurde, bleibt nun abzuwarten, welchen Lauf die Entwicklung des Berliner Marktes nimmt. Diese Arbeit soll die aktuelle Marktsituation der Berliner Presse kritisch beleuchten und die Frage klären: Stellt eine Übernahme des Berliner Verlages durch die Holtzbrinck AG eine Bedrohung der Pressevielfalt dar?
Zusammen mit einer Gegenüberstellung der Positionen der am Fusionsvorhaben interessierten Parteien: Die Holtzbrinck AG, die Axel Springer AG und das Bundeskartellamt, soll erörtert werden, welche Auswirkungen eine Übernahme auf den Berliner Pressemarkt hätte, und mit welcher Gewichtung Pressevielfalt und Marktbeherrschung in eine Position zur Sache einbezogen werden können.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Stellung der Verlage auf dem Berliner Pressemarkt
3 Der Verkauf des Berliner Verlages an die Holtzbrinck AG
4 Positionen zum Sachverhalt
4.1 Argumentation Springer
4.2 Position Holtzbrinck
4.3 Die Begründung des Kartellamtes zur Entscheidung gegen eine Fusion Holtzbrinck/Berliner Verlag
4.4 Gegenüberstellung der einzelnen Positionen
5 Mögliche Entwicklungen nach einer Fusion
6 Die Bedeutung der Pressevielfalt in der Entscheidung des Kartellamtes
6.1 Zum Erhalt der Pressevielfalt
7 Resümee und Ausblick
Anhang
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Berliner Pressemarkt wird fünfzehn Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands immer noch von den Besonderheiten geprägt, die mit der Zusammenführung zweier unterschiedlicher Märkte einhergingen. Die Zeitungen Berlins müssen intensiv um ihre Leser werben, da die Auflagenentwicklung rückläufig ist.[1] Das Ziel den Regierungssitz der Bundesrepublik auch in publizistischer Hinsicht zur Hauptstadt zu machen, scheint in naher Zukunft nicht realisiert werden zu können, denn keine der in Berlin herausgegebenen Tageszeitungen hat sich unter den Publikationen mit überregionaler Ausstrahlung positionieren können.[2] Die Pressevielfalt, die zwar nach dem Fall der Mauer schmaler wurde[3], aber im nationalen Vergleich dennoch groß ist, steht nicht gleichbedeutend mit einer Meinungsvielfalt und hoher Qualität des Publizierten.
Nach dem unentschiedenen Kampf um den Titel der Hauptstadtzeitung ist der Wettbewerb um Abonnenten und Anzeigen kaum ruhiger geworden. Das Streben nach der obersten Stellung im Markt beschäftigt mittlerweile sogar die Gerichte.
Die ausstehende Entscheidung um den Besitz des Berliner Verlages, wird die nächste große Veränderung in der Berliner Presselandschaft verursachen. Seit dem Verkauf des Verlages durch Gruner + Jahr an die Holtzbrinck AG, der vom Bundeskartellamt[4] nicht genehmigt wurde, bleibt nun abzuwarten, welchen Lauf die Entwicklung des Berliner Marktes nimmt.
Diese Arbeit soll die aktuelle Marktsituation der Berliner Presse kritisch beleuchten und die Frage klären: Stellt eine Übernahme des Berliner Verlages durch die Holtzbrinck AG eine Bedrohung der Pressevielfalt dar?
Zusammen mit einer Gegenüberstellung der Positionen der am Fusionsvorhaben interessierten Parteien: Die Holtzbrinck AG, die Axel Springer AG und das Bundeskartellamt, soll erörtert werden, welche Auswirkungen eine Übernahme auf den Berliner Pressemarkt hätte, und mit welcher Gewichtung Pressevielfalt und Marktbeherrschung in eine Position zur Sache einbezogen werden können.
2. Die Stellung der Verlage auf dem Berliner Pressemarkt
Seit dem Mauerfall vollzogen sich auf dem Berliner Pressemarkt und innerhalb der einzelnen Zeitungen viele Veränderungen. Chefredakteure wechselten, hochqualifizierte Redaktionen wurden zusammengekauft, Zeitungen erschienen im neuen Gewand.[5] All dies scheint wenig positive Wirkung auf den Markt gehabt zu haben, denn mehrere Tageszeitungen wurden eingestellt, die Auflagen sind rückläufig. und, die Zeitungsdichte ist durchschnittlich.[6]
Die „publizistische Mauer“[7] ist noch immer nicht gebrochen. Fünfzehn Jahre nach der Wiedervereinigung hat die Berliner Leserschaft keine gemeinsame Zeitung. In der Ost- und Westhälfte der Stadt dominieren die angestammten Zeitungen. Die Durchdringung dieser Lesegewohnheiten vollzieht sich nur langsam.
Leseranteile in Berlin, Angaben in Prozent
Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: LA Berlin 2004, Wochenschnitt, LpA; *Gesamtbelegung mit Potsdamer Neuste Nachrichten
Aus den vorliegenden Zahlen geht klar hervor, dass die Berliner Zeitung den Ostteil der Stadt dominiert, während Der Tagesspiegel und die Berliner Morgenpost die Mehrheit ihrer Leserschaft im Westen Berlins finden. Die Bedeutung dieser Spaltung für die Entscheidung des Bundeskartellamtes zum Übernahmevorhaben der Holtzbrinck AG über den Berliner Verlag wird in Kapitel 5 noch erläutert.
Um die Folgen einer Übernahme des Berliner Verlages durch den Holtzbrinck Verlag einschätzen zu können, ist eine Darstellung der Marktsituation der beteiligten Zeitungen notwendig.
Einzeln betrachtet erscheinen die prozentualen Anteile der einzelnen Zeitungen an der in Berlin verkauften Auflage zunächst unauffällig. Im Bereich der in Berlin herausgegeben Abonnement-Tageszeitungen beherrschen Berliner Zeitung, Berliner Morgenpost und der Tagesspiegel den Markt. Unter den täglich erscheinenden Kaufzeitungen[8] dominiert die B.Z. klar, der Berliner Kurier und die Bild-Berlin/Brandenburg können sich aber einen nicht unwesentlichen Anteil am Markt sichern.
Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten
IVW-VA 2004, Verkaufte Auflage I/04 1) Die Ausgaben Sa/So sind eine Wochenendkombination und gelten als eine Belegungseinheit.
Betrachtet man die Zahlen nun aus Sicht der herausgebenden Verlage, wird die stark dominierende Stellung der Axel Springer AG deutlich.
Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten
IVW-VA 2004, Verkaufte Auflage I/04, Angaben in %
Im Bereich der Kaufzeitungen ist eine marktbeherrschende Stellung unanfechtbar, und wenn man alle Zeitungen zusammen betrachtet, gibt Springer über die Hälfte der verkauften Auflage heraus. Aktuell kann man also von einer Marktbeherrschung Springers sprechen, die laut dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)[9] ab einem Anteil von mindestens einem Drittel als solche betitelt wird. Im Zuge der Wiedervereinigung hat Springers Monopol allerdings schon deutlich an Umfang verloren.[10]
Doch ist es überhaupt angebracht Abonnement- und Kaufzeitungen gemeinsam zu betrachten? Denn Zeitungen, die unterschiedliche Leserpräferenzen ansprechen, stehen nur begrenzt in Wettbewerb miteinander. Bei den Abonnement- und Kaufzeitungen kann generell davon ausgegangen werden, dass die eine für die Existenz der anderen nicht bedrohlich ist. Eine Analyse der Leserüberschneidungen für die Berliner Zeitungen belegt dies.[11]
Um in der Sache Holtzbrinck/Berliner Verlag Auswirkungen auf den Markt beurteilen zu können, kann man folglich die Gattung der Kaufzeitungen ausklammern, sogar von zwei unterschiedlichen Märkten sprechen.
Gesetzlich relevant wird eine erlangte Marktbeherrschung nach § 19 Abs. 1 GWB erst bei missbräuchlicher Ausnutzung dieser Stellung. Inwiefern die Marktbeherrschung Springers bei den Kaufzeitungen bedenklich ist, und ob dies in eine Entscheidung um die Erststellung bei den Abonnementzeitungen miteinbezogen werden könnte, kann aufgrund des Umfangs dieser Arbeit nicht diskutiert werden.
[...]
[1] Berliner Zeitung, 15.10.1999: Zeitungsmarkt: Harter Wettbewerb der Abo-Zeitungen.
[2] Der Berlin-Anteil der gesamtverkauften Auflage beträgt bei den drei großen Berliner Abonnement-Tageszeitungen Berliner Morgenpost, Berliner Zeitung und dem Tagesspiegel über 80%. Vgl. dazu Medien Markt Berlin 4/04, IVW Verbreitungsanaylse 2004
[3] Held, Barbara / Simeon, Thomas: Die zweite Stunde Null. Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994), Berlin, 1994. S. 77
[4] Das Bundeskartellamt untersagt in seiner Funktion Zusammenschlüsse von Unternehmen, die durch eine Fusion eine marktbeherrschende Stellung einnehmen würden
[5] Die Berliner Tageszeitungen starteten mindestens einmal mit neuen Design und/oder neuer Struktur. Im Pressebereich wird dies als „Relaunch“ bezeichnet.
[6] Vgl. Held, Simeon. Die zweite Stunde Null. S. 125f.
[7] Vgl. Held, Simeon. Die zweite Stunde Null S. 111
[8] Bei Kaufzeitungen handelt es sich um Tageszeitungen, die nur im Einzelverkauf, nicht aber im Abonnement vertrieben werden. Der Begriff Boulevard-Zeitung wird meist synonym verwendet.
[9] Grundlage der Tätigkeit des Bundeskartellamtes ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), auch Kartellgesetz genannt, das zum 1. Januar 1958 in Kraft getreten ist und seither sechsmal überarbeitet wurde. Die letzte Novelle erfolgte 1999.
[10] 1989 betrug Springers Anteil am Westberliner Zeitungsmarkt 75%. Die hinzutretenden Zeitungen des Ostens schufen ein neues Zahlenverhältnis. Vgl. Simeon, Die zweite Stunde Null, S.100
[11] LA Berlin 2004
- Quote paper
- Teresa Bücker (Author), 2005, Marktbeherrschung oder Meinungsvielfalt? Stellt eine Übernahme des Berliner Verlages durch die Holtzbrinck AG eine Bedrohung der Pressevielfalt dar?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58335
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