Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Prozess der Einarbeitung von neuen Kolleginnen und Kollegen in das System Schule. Der Schwerpunkt liegt auf der Ökonomie des Onboardings. Das Interesse an einer raschen Integration von Junglehrerinnen und Junglehrern ist besonders hoch, um die Abläufe so schnell wie möglich erfolgreich zu routinieren. Im Rahmen dieser Arbeit soll die Frage „Welche Maßnahmen werden für das Onboarding neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Schulwesen bereits angewandt?“ beantwortet und ein Konzept für eine innovative Erweiterung dieser Maßnahme entwickelt werden. Der Begriff Onboarding wird im wirtschaftlichen Kontext positioniert und positive Aspekte des Onboardings für die Schule werden davon ausgehend entwickelt. Die Phasen des Prozesses werden beschrieben und die Faktoren für ein Gelingen der Einarbeitung beleuchtet. Die qualitative Studie basiert auf halbstrukturierten Einzelinterviews mit drei Schulleiterinnen und Dokumentenanalysen derer Einarbeitungsunterlagen und die quantitative durch eine schriftliche Befragung mittels eines Fragebogens für Lehrkräfte. Einarbeitung mittels Mentoring findet zufällig und nicht systematisch statt. Eine Triangulation auf der Basis dieser unterschiedlichen Datenquellen kommt in der Datenanalyse zur Anwendung.
78 % der insgesamt rund eine Million im Jahr 2010 neu aufgenommenen aktiven Beschäftigungsverhältnisse wurden innerhalb von zwei Jahren wieder beendet. Das bedeutet, dass nur ca. ein Viertel der neuen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Jahr 2010 nach zwei Jahren noch im selben Beschäftigungsverhältnis waren. Im Schnitt beträgt die Beschäftigungsdauer nicht einmal vier Jahre. „Demnach muß [sic] jeder Berufstätige im Durchschnitt circa zehnmal in seinem Berufsleben einen Arbeitsplatzwechsel über sich ergehen lassen“. Deshalb ist es wichtig, günstige Faktoren für die Mitarbeiterbindung zu finden und effektiv anzuwenden, um die Einarbeitung zu begünstigen und Bindung zu ermöglichen und die Anzahl der Arbeitsplatzwechsel zu verringern.
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG
1.1 AUSGANGSLAGE
1.2 ZIELSETZUNG DER ARBEIT
1.3 AUFBAU UND METHODISCHE VORGANGSWEISE
2 ZENTRALE BEDÜRFNISSE
3 BEDEUTUNG VON EFFEKTIVITÄT UND EFFIZIENZ BEIM ONBOARDING
4 BEGRIFFLICHE KLÄRUNG PERSONALENTWICKLUNG
4.1 PERSONALENTWICKLUNG IN DER WIRTSCHAFT
4.2 PERSONALENTWICKLUNG IN DER SCHULE
5 BEGRIFFLICHE KLÄRUNG ONBOARDING
5.1 DEFINITIONEN
5.2 ONBOARDING IN DER WIRTSCHAFT
5.3 ONBOARDING IN DER SCHULE
5.4 ONBOARDINGMAßNAHMEN
5.5 THEORIE UND MODELLE (PHASEN)
5.6 AKTUELLER FORSCHUNGSSTAND
5.7 GELUNGENES ONBOARDING
6 BEGRIFFLICHE KLÄRUNG MENTORING
6.1 URSPRUNG, DEFINITIONEN UND ABGRENZUNG DES BEGRIFFES MENTORING
6.2 GESETZLICHE VORGABEN/FUNKTIONEN, FORMALE NOTWENDIGKEIT
6.3 FUNKTIONEN UND ANFORDERUNGEN DES MENTORINGS
6.4 ZEITAUFWAND FÜR DEN MENTORING-PROZESS:
6.5 ARTEN DES MENTORINGS
6.6 DIE STUFEN BEIM MENTORINGPROZESS IM SCHULSYSTEM
6.7 ROLLENTRÄGER DES MENTORING
6.7.1 Schulleitung
6.7.2 Mentorinnen und Mentoren
6.7.3 MENTEES
7 ZWISCHENFAZIT
8 METHODISCHE VORGEHENSWEISE
8.1 FORSCHUNGSFRAGEN
8.2 UNTERSUCHUNGSDESIGN
8.3 THEMEN + KATEGORIEN + KATEGORIENBAUM
9 DIREKTORINNENINTERVIEWS
9.1 ERLÄUTERUNG DES INTERVIEWPROZESSES
9.2 AUFBAU DES INTERVIEWLEITFADENS
9.3 ERLÄUTERUNGEN DES ANALYSEPROZESSES
9.4 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG INTERVIEWS
9.4.1 Abschnitt 3: Inform-Vorbereitung/Aufnahmeprozess
9.4.2 ABSCHNITT4: WELCOME-ARBEITSBEGINN/ElNSCHULUNG/lNTEGRATION
10 DOKUMENTENANALYSE DER EINARBEITUNGSUNTERLAGEN
10.1 ERLÄUTERUNG DER DOKUMENTENANALYSE
10.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN FORSCHUNG DOKUMENTENANALYSE
10.2.1 DOKUMENTD1BG
10.2.2 DOKUMENTD2 NMS
10.2.3 DOKUMENTD3VS
10.3 GEMEINSAMKEITEN/UNTERSCHIEDE/BESONDERHEITEN
11 MENTEEDIAGRAMME
12 LEHRERFRAGEBOGEN ZUM THEMA EINARBEITUNG
12.1 DURCHFÜHRUNG DER SCHRIFTLICHEN BEFRAGUNG
12.2 ERGEBNISSE DER EMPIRISCHEN FORSCHUNG FRAGEBOGEN
13 SCHLUSSFOLGERUNG AUS DEM FORSCHUNGSMATERIAL
14 LIMITATION UND METHODENKRITIK
15 AUSBLICK
16 LITERATURVERZEICHNIS
17 ABBILDUNGSVERZEICHNIS
18 TABELLENVERZEICHNIS
Abstract
Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Prozess der Einarbeitung von neuen Kolleginnen und Kollegen in das System Schule. Der Schwerpunkt liegt auf der Ökonomie des Onboardings. Das Interesse an einer raschen Integration von Junglehrerinnen und Junglehrern ist besonders hoch, um die Abläufe so schnell wie möglich erfolgreich zu routinieren. Im Rahmen dieser Arbeit soll die Frage „Welche Maßnahmen werden für das Onboarding neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Schulwesen bereits angewandt?“ beantwortet und ein Konzept für eine innovative Erweiterung dieser Maßnahme entwickelt werden.
Der Begriff Onboarding wird im wirtschaftlichen Kontext positioniert und positive Aspekte des Onboardings für die Schule werden davon ausgehend entwickelt. Die Phasen des Prozesses werden beschrieben und die Faktoren für ein Gelingen der Einarbeitung beleuchtet. Die qualitative Studie basiert auf halbstrukturierten Einzelinterviews mit drei Schulleiterinnen und Dokumentenanalysen derer Einarbeitungsunterlagen und die quantitative durch eine schriftliche Befragung mittels eines Fragebogens für Lehrkräfte. Einarbeitung mittels Mentoring findet zufällig und nicht systematisch statt. Eine Triangulation auf der Basis dieser unterschiedlichen Datenquellen kommt in der Datenanalyse zur Anwendung.
The current paper documents the process of training new colleagues in the school system. The focus lies on the economy of onboarding. It is highly important that the integration of probationary teachers happens as quickly as possible so that required procedures become standard practice and turn into routines. This research focuses on the question, “Which measures are used in the schoolsystem to integrate new colleagues smoothly?“ Within this process, of the mentoring aspect is investigated. The concept of onboarding is explained in an economical context and the positive aspects for schools are stated. The phases of the process are explained in an economical context and the positive aspects of school are mentioned as well. The individual phases of the process are described and the facts for a successful familiarization are examined and highlighted. A literature analyses is carried out to stimulate the scientific dialogue.
Vorwort
„In der Privatwirtschaft haben kleine und mittlere Unternehmen ein stark ausgeprägtes Innovationsverständnis, das aber nur mit begrenzten internen Ressourcen, mit qualitativen systematischen Entwicklungsmaßnahmen für die Mitarbeiter weitergeführt und kombiniert wird.“ (Wegerich, 2015, S. 1)“. Zeit kostet Geld und bei einem kleinen Betrieb macht sich ein Ausfall von Ressourcen schnell bemerkbar und kann zu einem Entscheidungsfaktor über Erfolg und Niederlage werden. Veränderungen sind aber notwendig, um innovativ und fortschrittlich zu sein, bergen aber auch die Gefahr von Energieverlusten. Weniger unmittelbar spürbar ist dieser Druck im Staatswesen. Das Ziel in allen Bereichen ist aber dasselbe: Effizient und hochqualitativ zu arbeiten. Kurzfristig ist es möglich ohne Leistungsverlust die Einbußen zu kompensieren, auf die Dauer ist aber nur ein funktionstüchtiges und aufeinander abgestimmtes Team erfolgreich. Aus diesem Grund spielt die Einarbeitung, das Onboarding, so eine bedeutende Rolle, denn dieser Schritt entscheidet maßgeblich über die weitere berufliche Entwicklung in der Organisation und somit über deren Erfolg. Egal ob Mensch oder Maschine, umso effektiver und effizienter der Übergang verläuft, desto besser ist es für die Routine im täglichen Ablauf.
Durch meine hohe Anzahl an Verbindlichkeiten im privaten und beruflichen Bereich ist eine gut organisierte Disposition für mich substanziell. Ich habe die Verantwortung der Planung diverser Projekte in unterschiedlichen Bereichen über, sehe eventuelle Schwierigkeiten und finde erfolgreich attraktive Lösungen. Aus diesem Grund habe ich mich für das Thema Onboarding in der Schule entschieden. Mein Interesse gilt einem ökonomischen und effektiven Einarbeitungsprozess, bei dem neue Kolleginnen und Kollegen erfolgreich und reibungslos in den schulischen Alltag integriert werden.
Mein Dank richtet sich in erster Linie an meine Familie, die meine Visionen teilt, mich stets ermutigt und mich bei der Umsetzung meiner Vorhaben unterstützt. Auch meiner Betreuerin Dr. Claudia Mewald gebührt Dank und Anerkennung für die präzise und wertvolle Hilfestellung bei meiner Masterarbeit.
Baden, 18.09.2019 Weinzettl Claudia
1 EINLEITUNG
,Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen.[1]
(Aristoteles, 384 v. Chr. - 322 v. Chr., zit. nach Schöpsdau, 2003, S. 377) Die Bewerbung auf eine Ausschreibung, das Vorstellungsgespräch und das Einstellungsprozedere sind Teil der einen Hälfte für den Beginn eines neuen Lebensabschnittes, der Wissen, Können und Erfahrungen aus der Ausbildung in das Berufsleben integriert und in eine Phase der Partizipation am professionellen Tun überführt. „Das Wort Integration kommt aus dem Lateinischen und stammt von dem Wort integratio ab, was soviel [sic] bedeutet wie Wiederherstellung eines Ganzen‘ “ (Duden, 2019a, S. 1). Um das Ganze zu komplementieren, bedarf es partizipativer Zusammenarbeit aller am Prozess beteiligten Personen. Die Berufseingangsphase ist entscheidend für die Sozialisation am neuen Arbeitsplatz und richtungsweisend für die berufliche Weiterentwicklung (Conrad, 2015, S. 12). „Europaweite Untersuchungen haben ergeben, dass neu eingestellte Lehrkräfte keinen Zugang zu kohärenten und systemweiten Unterstützungsmaßnahmen haben. Sind Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen, werden diese relativ unsystematisch angeboten und sind kein fester Bestandteil des Bildungssystems“ (Keßler & Gromes, 2013, S. 25). Als „fatal“ bezeichnen Terhart, Bennewitz und Rothland (2014) den Umstand, dass junge Lehrpersonen in der Berufseingangsphase weitgehend allein gelassen werden (S. 128). In der Anfangsphase dieses komplexen Berufsbildes haben die neuen Kolleginnen und Kollegen Anspruch auf eine verlässliche professionelle und systematische Begleitung.
Das Anliegen der vorliegenden Arbeit ist es, mit Hilfe von Expertinnen und Experten im Schulbereich den Einarbeitungsprozess von neuen Lehrerinnen und Lehrern abzubilden. Das Interesse gilt dem Ablauf der Einarbeitung, vom Erstkontakt bis zur gelungenen Integration von neuen Lehrkräften. Die Berührungspunkte zur Problemstellung Onboarding ergaben sich durch die Tätigkeit der Autorin als Praxislehrerin. Durch persönliche Kontakte mit angehenden Lehrerinnen und Lehrern wurde die hohe Unsicherheit in Bezug auf den Berufseinstieg sichtbar und die Sinnhaftigkeit einer systematischen Begleitung offenkundig geäußert. Auch Dreer (2018) beschreibt das „Bedürfnis nach Begleitung nach Einführung in den Schulalltag und Einbindung in die Lehrer- und Schülerschaft“ (S. 19). Diese Phase der Einarbeitung bildet die Basis für die weitere Zusammenarbeit und sollte mehr Beachtung erhalten. Eine qualitative und systematische Begleitung muss für neue Mitglieder gewährleistet sein.
Ziel der Untersuchung ist es, den aktuellen Einarbeitungsprozess abzubilden, die Daten unterschiedlicher Schultypen zu vergleichen, Gemeinsamkeiten zu finden, Unterschiede aufzuzeigen und Erfahrungen des Kollegiums miteinzubeziehen. Mittels Triangulation werden die gewonnenen Erkenntnisse für eine ökonomische Einarbeitung im Schulsystem aufgezeigt.
1.1 Ausgangslage
„78% der insgesamt rund eine Million im Jahr 2010 neu aufgenommenen aktiven Beschäftigungsverhältnisse wurden innerhalb von zwei Jahren wieder beendet.“ (Statistik Austria, 2016). Das bedeutet, dass nur ca. ein Viertel der neuen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Jahr 2010 nach zwei Jahren noch im selben Beschäftigungsverhältnis waren. Im Schnitt beträgt die Beschäftigungsdauer nicht einmal vier Jahre. „Demnach muß [sic] jeder Berufstätige im Durchschnitt circa zehnmal in seinem Berufsleben einen Arbeitsplatzwechsel über sich ergehen lassen“ (Kratz, 1997, S. 5). Deshalb ist es wichtig, günstige Faktoren für die Mitarbeiterbindung zu finden und effektiv anzuwenden, um die Einarbeitung zu begünstigen und Bindung zu ermöglichen und die Anzahl der Arbeitsplatzwechsel zu verringern.
Trotz all der Bemühungen kann eine „frühzeitige Kündigung nicht ganz vermieden werden, denn nach wie vor ist es möglich, dass die beiderseitigen Erwartungen nicht in Übereinstimmung gelangen“ (Simonsen, 2015, S. 1). Eine ausführliche Einarbeitung - Onboarding, die in der Wirtschaft bereits intensiv genutzt wird, kann die hohe Fluktuationsrate senken. Durch die spürbaren Anforderungen an die Unternehmensziele wird ein rasches und ökonomisches Inplacement (Erklärung folgt in Kapitel fünf) angestrebt. „Im klassischen Personalmanagement verläuft die Personaleinführung in verschiedenen Phasen, der Voreintrittsphase als Phase vor dem Eintritt, der Eintrittsphase selbst mit dem Beginn des Orientierungszeitraumes und der Integrationsphase“ (Huber, 2013, S. 33). In der freien Marktwirtschaft hat diese Phase einen sehr hohen Stellenwert. „Für die Kandidatur und Selektion neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird ausreichend Zeit eingeräumt“ (Brenner, 2014, S. 6), denn für „Unternehmen und Organisationen gehen jedes Jahr eine unendliche Menge an Ressourcen, Know-how, Erfahrungen und Motivation verloren, wenn Fach- und Führungskräfte aus Altersgründen aus dem aktiven Berufsleben ausscheiden“ (Schmid & Haasen, 2011, S. 10). Wird dieses wertvolle Gut nicht an Nachkommende weitergegeben, kann dies zu hohen Verlusten führen.
Die Voreintrittsphase in der Schule und jene in der Wirtschaft verlaufen unterschiedlich. Obwohl oft ausreichend Zeit wäre, denn meistens vergehen Wochen zwischen „Vertragsabschluss und Arbeitsantritt“ (Brenner, 2014, S. 6), entfällt im Schulsystem in den meisten Fällen ein unterstützter Eintritt ins Berufsleben. Anders sieht es in finnischen Schulen aus, wo dieser Ansatz der Personalführung bereits umgesetzt wird (Huber, 2013, S. 33).
Ab dem Schuljahr 2019/20 tritt in Österreich die Induktionsphase1, inklusive dem verpflichteten Mentoring, gesetzlich in Kraft (siehe Gesetz in 6.2). Dies fordert ein systematisches Einarbeitungskonzept neuer Lehrkräfte im Schulsystem ein. Für die organisierte Einbindung neuer Lehrkräfte bedarf es einer Methode. Dabei bietet sich das Personalentwicklungsinstrument „Mentoring“ an. „Mentoring ist eine Standardmethode der Personalentwicklung“ und findet in der letzten Phase der Vorbereitung auf die Berufsausübung, der Integrationsphase, besondere Bedeutung (Graf & Edelkraut, 2017, S. 1). „Im Zuge der Neustrukturierung der ,Pädago- gInnenbildung NEU‘ wird das Mentoring in die Induktionsphase implementiert. Eine Expertengruppe des Bundesministeriums für Bildung befürwortet die „Unterstützung durch eine Mentorin/einen Mentor, die/der eine Schlüsselrolle in der Einführung von AssistenzlehrerInnen in den Schulstandort einnimmt‘“ „ (BMB, 2010, S. 66).
Mentoring geschieht, wenn eine diensterfahrene Person des Betriebes die berufliche Entwicklung einer Nachwuchskraft fördert (Stöger, Ziegler & Schimke, 2009, S. 196). „Der Prozess beginnt bei der Personalrekrutierung, bei der Vorbereitung des Mitarbeitereintritts, der Planung des ersten Arbeitstages und begleitet Men- tees in einem abgestimmten Betreuungsprogramm über das Mentoring-System die ersten sechs Arbeitsmonate“ (Beer, Benischek, Dangl & Plaimauer 2014, S. 217). Diese Methode dient der Beratung neuer Lehrkräfte. Die Betreuung erstreckt sich meistens über ein halbes bis zu einem ganzen Jahr, indem die Desorientierung reduziert werden soll und eine fachliche, soziale und werteorientierte Integration erfolgt (Brenner, 2014, S. 7). Das Mentoring beinhaltet eine Begleitung vom Arbeitsbeginn bis zur vollständigen Integrierung am neuen Arbeitsplatz. „Die Quote von Lehrern, die im Lehrberuf bleiben, bei Lehrern, die ganzheitlich vorbereitet sind, ist wesentlich höher, als bei denen, die Defizite in den Kernaspekten der Vorbereitung aufweisen“ (Aichah, 2015, S. 17). Aus diesen Gründen ist die Auseinandersetzung mit diesem Thema aktuell und von großer Bedeutung.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Ziel der Forschung ist es zu ermitteln, welche Einarbeitungsmaßnahmen für neue Kolleginnen und Kollegen in der Literatur vorkommen, welche bereits von Schulleiterinnen in der Praxis erfolgreich umgesetzt werden und welche Schritte generell gesetzt werden sollen/müssen, um eine rasche Integration von neuen Lehrkräften zu fördern. Die Arbeit thematisiert somit Gelingensfaktoren für den Berufseinstieg neuer Kolleginnen und Kollegen im Schulsystem. Daraus resultiert die zentrale Frage: „Welche Maßnahmen werden für das Onboarding neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Schulwesen bereits angewandt?“ Das Anliegen der Untersuchung ist die Erhebung von Daten zum realen Einarbeitungsprozess in unterschiedlichen Schultypen.
Mittels eines halbstrukturierten Interviewleitfadens wurden drei erfahrene Schulleiterinnen bezüglich des Einarbeitungsprozesses an ihren Schulen persönlich befragt. Zusätzlich boten die vorhandenen Einarbeitungsunterlagen der jeweiligen Schulen ergänzende Informationen. Für einen Perspektivenwechsel dienten die Erfahrungen und Meinungen des eigenen Kollegiums, die mittels Fragebogen erhoben wurden. Das Bestreben liegt in der Darstellung des aktuellen Einarbeitungsprozess für neue Kolleginnen und Kollegen im Schulsystem.
1.3 Aufbau und methodische Vorgangsweise
Die Arbeit gliedert sich in 14 weitere Teile. In Kapitel zwei folgen theoretische Grundlagen zu den Bedürfnissen neuer Kolleginnen und Kollegen in der Einarbeitungsphase anhand der angegebenen Literatur. Anschließend folgt die begriffliche Klärung der Personalentwicklung. Die Definitionen der relevanten Begriffe Onboarding und Mentoring werden in Kapitel fünf und sechs angeführt und ein Bezug zwischen der Fachliteratur und der aktuellen Problemstellung hergestellt. Schwerpunkt ist in Kapitel fünf der komplexe Prozess des Onboardings. Es werden die Phasen der Einarbeitung näher erläutert und die Partizipation der Beteiligten beleuchtet. Des Weiteren werden in Kapitel sechs beispielhafte Aspekte zum Thema Mentoring in der Privatwirtschaft dargelegt, die sich auf die Ökonomie des Schulsystems positiv auswirken können. Als methodische Herangehensweise wurde zur Bearbeitung der Forschungsfrage eine qualitative Untersuchungsmethode gewählt. Die Entstehung eines halbstrukturierten Interviewleitfadens steht in Kapitel acht im Vordergrund. Zusätzlich bietet dieser Abschnitt die Erläuterung des Interviewprozesses. Eine Triangulation unterschiedlicher Datenquellen kommt in der Analyse der zur Anwendung. Die qualitative Forschung erfolgt mittels halbstrukturierter direkter Einzelinterviews mit drei Schulleiterinnen und Dokumentenanalysen derer Einarbeitungsunterlagen und die quantitative durch schriftliche Befragung mittels eines Fragebogens für Lehrkräfte. In Kapitel neun bis zwölf werden die empirischen Befunde dargestellt und beschrieben. In weiterer Folge beschäftigt sich Kapitel 13 mit der Beantwortung der Forschungsfrage sowie den Ergebnissen der mündlichen Erhebungen. Zusammenfassend wird in Kapitel 14 die Arbeit mit einer Methodenkritik und der Limitation der Thematik abgerundet. Zum Schluss findet sich in Kapitel 15 noch ein Ausblick.
Im kommenden Kapitel stehen die Bedürfnisse der Menschen, vor allem aber die, der neuen Kolleginnen und Kollegen im Schulsystem im Vordergrund. Es soll deutlich gemacht werden, weshalb eine systematische Einarbeitung sinnvoll ist, um die notwendige Mitarbeiterbindung zu steigern. Auch wird beschrieben, welche Bedürfnisse es zu stillen gilt und mit welchen Maßnahmen dies erfolgen kann.
2 ZENTRALE BEDÜRFNISSE
„Alles was Menschen tun, tun sie um ein Bedürfnis zu erfüllen.“
Marshall B. Rosenberg (Alltagsinspirationen, 2018) Jeder Mensch hat Bedürfnisse, die einer natürlichen Reihenfolge unterliegen. Vorausgesetzt die basalen Bedürfnisse sind befriedigt, dann ist ein Denken an „höhere“ Bedürfnisse möglich. Die Bedürfnispyramide nach Maslow (1943) betreffend der „physiologischen Bedürfnisse“, „Sicherheitsbedürfnisse“, „sozialen Bedürfnisse“, „Wertschätzungsbedürfnisse“ und „Selbstverwirklichungsbedürfnisse bietet heute noch eine der besten Erklärungen für Mitarbeitermotivation“ (Gürster, 2009, S. 7). Auch im Schulsystem spielen Bedürfnisse eine wesentliche Rolle. „Lehrerinnen und Lehrer können ihren Beruf erfolgreicher und gesünder ausüben, wenn ihr Arbeitsumfeld die Erfüllung zentraler Bedürfnisse ermöglicht.“ (Dreer, 2018, S. 11).
Als physiologische Bedürfnisse in der Arbeitswelt gelten unter anderem das Arbeitsentgelt und die Arbeitsbedingungen. Die Erfüllung dieses Bedürfnisses steigert die Mitarbeitermotivation (Gürster, 2009, S. 8). Doch diese obliegen dem Gesetz- und dem Dienstgeber und können von der Schulleitung nur bedingt beeinflusst werden. Anders sieht es beim Sicherheitsbedürfnis in der Arbeitswelt aus. Führungskräfte gewinnen Vertrauen, indem sie für eine transparente Orientierung in ihrem Unternehmen sorgen (Gürster, 2009, S. 9). Die Digitalisierung begünstigt einen unkomplizierten Informationsaustausch. Beim sozialen Bedürfnis kommt das Personalentwicklungsinstrument Mentoring zum Tragen. Die systematische Einführung in den Schulalltag intensiviert nachhaltig die Mitarbeitermotivation (Gürster, 2009, S. 10). Auch die Erfüllung des Bedürfnisses nach Wertschätzung steigert die Bindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an das Unternehmen. Die letzte Stufe, die „Selbstverwirklichung“, der Bedürfnispyramide wird durch Vertrauen in die neue Arbeitskraft erreicht. „Dies schafft ein Gefühl der Unabhängigkeit und stärkt das Selbstvertrauen“ (Gürster, 2009, S. 11). Die genannten Bedürfnisse sind zentrale Faktoren, die verantwortlich sind für eine emotionale Bindung an einen Arbeitsplatz. (Dreer, 2018, S. 19).
„Führung ohne Interesse am Menschen ist wie Schwimmen ohne Wasser. Man sitzt schnell auf dem Trockenen.“ (Carsten Bach, 2019)
Ob diese Bedürfnisse gestillt werden, wird direkt bei den Schülerinnen und Schülern in der Klasse spürbar, denn „die Qualität der unterrichtenden Lehrperson hat einen großen Einfluss auf die Schülerleistungen“. (Smit, Helfenstein & Guldi- mann, 2015, S. 34). Umso niedriger der sozialökonomische Status liegt, umso höher ist der Lehrerpersoneffekt im Klassenzimmer. (Beywl & Zierer, 2013, S. 130131). Das bedeutet, dass der Einfluss auf die Kinder umso mehr steigt, umso weniger Unterstützung vom sozialen Umfeld vorhanden ist.
Gerade der Beginn einer Lehrtätigkeit ist eine sehr sensible Phase, die geprägt ist von Unsicherheit und Orientierungslosigkeit. „Das vorwiegend regelgeleitete Wissen der Novizenphase während des Studiums muss differenziert und an die kontextbezogenen Anforderungen adaptiert werden. Dabei entwickelt es sich vom regelgeleiteten Know-that zum erfahrungsbasierten Know-how.“ (Dreyfus, 1986, S. 41) Es erfolgt eine Metamorphose: Vom Studium zum Unterricht, von der Theorie zur Praxis. Der Anspruch an sich selbst nichts falsch zu machen ist hoch und die Erfahrungen fehlen. Oft braucht es in Stresssituationen spontane Reaktionen, mit denen unerfahrene Kolleginnen und Kollegen überfordert sind. In der Vergangenheit wurden aus Studierenden auch erfolgreiche Pädagoginnen und Pädagogen, mit dem Unterschied, dass ab 2019/20 ein systematisches Mentoring für jede und jeden gewährleistet wird. Der Prozess der Einarbeitung und Sicherheit im Job erfolgt schneller, denn „die Wirkung von Selbsterkundung und Eigeneignungsanalysen kann erheblich gesteigert werden, wenn die subjektiven Selbsteinschätzungen durch Fremdeinschätzungen oder professionelle Beratung unterstützt werden.“ (Terhart et al., 2014, S. 371).
„Vor 50 Jahren sagte Dan Lortie, junge Lehrer seien wie Robinson Crusoe, gestrandet auf einer Insel, den Herausforderungen ums Überleben entgegensehend“ (Aichah, 2015, S. 17).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Stufenkonzept nach Fuller und Brown 1975 in Keller-Schneider, 2010, S. 37 (eigene Darstellung)
Durch eine systematische und qualitative Begleitung ist der Übergang von der „survival stage“ zur „mastery stage“ nach Fuller und Brown, schneller gegeben. Aus dem „Überleben und Entdecken“ im Schulsystem entwickelt sich durch geleitete Begleitung rascher Professionalität. (Keller-Schneider, 2010, S. 15)
Ein Perspektivenwechsel ist notwendig, denn bei der „survival stage“ hat die Lehrperson noch mit sich selbst zu tun und ist damit nicht fähig die Bedürfnisse der Kinder vollständig wahrzunehmen. Das Ziel ist das rasche Erreichen der „routine stage“, die den Fokus auf das Lernen der Schülerinnen und Schüler legt. (Keller-Schneider, 2010, S. 37) Das Bestreben liegt in einem schülerorientierten und kinderzentrierten Unterricht, der auf die individuellen Bedürfnisse Rücksicht nimmt. (Hericks 2006, S. 41- 42). Umso rascher und effektiver eine Lehrkraft integriert wird, umso schneller kann sich ein „persönlich stimmiges Rollenmodell“ für die Lehrerseite entwickeln. (Hollerer, Kleißner & Seel, 2013, S. 31) Daraus resultiert ein sichtbarer Effekt in der Klasse, denn die Schülerleistungen steigen langfristig an. Beim Phasenmodell nach Hubermann (1991) ist die Gliederung der Phasen der Lehrerentwicklung detaillierter als bei Fuller und Brown.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Phasenmodell von Hubermann 1991 in Messner & Reusser, 2000, S. 160-161 (eigene Darstellung)
Wie in Tabelle 2 ersichtlich sind die ersten beiden Phasen noch im Wesentlichen für alle Lehrpersonen gleich. Die ersten drei Jahre werden als die des „Überlebens“ und Entdeckens“ bezeichnet. In den folgenden drei Jahren tritt eine „Stabilisierung“ ein. „Die Anfängerprobleme sind überwunden, man beherrscht die grundlegenden Unterrichtstechniken und identifiziert sich mit dem Lehrersein.“ (Hubermann, 1991 in Messner & Reusser, 2000, S. 160) Im 7. bis zum 18. Dienstjahr passiert ein Wandel, der entweder in „Aktivismus“ oder in „Selbstzweifel“ mündet. Des Weiteren führt die berufliche Entwicklung im Lehrerberuf zur Phase des „Experimentierens“ oder zur Phase der „Selbstzweifel“ und zu einem Überdenken der „beruflichen Wirksamkeit“. Werden die negativen Erfahrungen während des Berufsalltags nicht bewältigt, kann dies in der vierten Phase, im 19. bis zum 30. Berufsjahr, zu konservativen und fatalistischen Einstellungen führen. In der letzten Phase (31.-40. Berufsjahr) „zeigt sich bei beiden Gruppen ein zunehmendes Disengagement“. Diese ist geprägt durch die Gefühle der „Gelassenheit und Befriedigung“ oder der „Bitterkeit gepaart mit Zynismus“. Sowohl bei Fuller und Brown, als auch bei Hubermann sprüht die erste Phase im Arbeitsleben einer Lehrkraft vor Neugier, vor allem aber vor Unsicherheit. Der Ruf nach einer systematischen und qualitativen Begleitung ist groß.
Die Gliederung in Tabelle 2, das Phasenmodell nach Hubermann ist die Grundlage für die Einteilung des Lehrerkollegiums in 12.2. Dadurch wird die Dienstaltersstruktur dargestellt.
3 BEDEUTUNG VON EFFEKTIVITÄT UND EFFIZIENZ BEIM ONBOARDING
„Effizienz und Effektivität der Personalentwicklung wird erreicht, wenn der Zufall durch System ersetzt wird“. (Becker, 2013, S. 1) Durch die gesetzlich vorgeschriebene Induktionsphase ab dem Schuljahr 2019/20, wie in Abschnitt 6.2 beschrieben, wird das bisher zufällig erfolgte Mentoring im Schulsystem durch ein systematisches ersetzt. Der Anspruch an den neu organisierten Onboardingprozess ist hoch und soll effizient und effektiv gestaltet werden. Effektiv arbeiten bedeutet, so zu arbeiten, dass ein angestrebtes Ergebnis erreicht wird. Effizient arbeiten bedeutet, so zu arbeiten, dass das erzielte Ergebnis und eingesetzte Mittel in einem möglichst günstigen Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen und der Nutzen dabei größer ist als die Kosten (ökonomisches Prinzip). Beurteilungskriterium, mit dem sich beschreiben lässt, ob eine Maßnahme geeignet ist, ein vorgegebenes Ziel zu erreichen. (Gabler Wirtschaftslexikon, 2019) Im konkreten Fall, „Einarbeitung neuer Kolleginnen und Kollegen im Schulsystem“, ist das Erreichen der fachlichen, sozialen und werteorientierten Integration mit langjähriger zufriedener Bindung und gestillten Bedürfnissen effektiv. „Effektive Integrationsmaßnahmen bewirken Bindung“. (Lohaus & Habermann, 2016, S. 9) Wird dies mit so wenig Aufwand wie möglich und so viel Einsatz wie nötig erreicht, ist der Prozess zudem auch effizient. Unter weniger günstigen Voraussetzungen kommt es beim Mentoring zum Imitationslernen statt zu einer reflexiven Professionalisierung. (Carl, Dickel & Kurz, 2017, S. 58) Im Idealfall erfolgt die Findung einer Selbstentwicklung von „EigenArt, Eigen-Initiative und Eigen-Dynamik“. (Neuberger, 1992, S. 200)
Die bloße Abhaltung von Mentoring gewährleistet noch kein optimales Onboarding, weist der Prozess erhebliche Defizite auf, verliert das Personalentwicklungsinstrument sogar an Effektivität. (Stöger et al., 2009, S. 13) Die kooperative Zusammenarbeit zwischen der Schulleitung, die im Falle der Induktionsphase letztlich auch für die Beurteilung verantwortlich ist, und der Mentorin/dem Mentor trägt zu einem effektiven Onboardingprozess bei.
Für die Personalentwicklung am Standort ist die Schulleitung verantwortlich. Diese wird im kommenden Kapitel ausführlich erläutert.
4 BEGRIFFLICHE KLÄRUNG PERSONALENTWICKLUNG
In diesem Kapitel wird eine treffende Definition des Begriffes Personalentwicklung beschrieben, die Teilbereiche der Personalentwicklung dargestellt und die Bedeutung der Maßnahmen aus der Sicht der Wirtschaft für die Schule hervorgehoben. Die bedeutende Rolle der Unternehmens- oder Schulleitung wird aufgezeigt und mögliche Instrumente der Integration skizziert. Die Definition von Becker 2013 bringt die Funktionender Personalentwicklung auf den Punkt:
„Personalentwicklung umfasst alle Maßnahmen der Bildung, der Förderung und der Organisationsentwicklung, die von einer Person oder Organisation zur Erreichung spezieller Zwecke zielgerichtet, systematisch und methodisch geplant, realisiert und evaluiert werden.“ (Becker, 2013, S. 5)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Personalentwicklung nach Becker, 2013, S. 5 (eigene Darstellung)
Der Bereich Förderung, wie in Abb. 1 dargestellt, der unter anderem die Einarbeitung, den Arbeitsplatzwechsel, die Mitarbeitergespräche und die Personalbeurteilung beinhaltet, ist für die Masterarbeit von Bedeutung. (Becker, 2013, S. 4) In diesem Rahmen findet das Mentoring Platz. Das bedeutet, dass das Mentoring eine Maßnahme zur Förderung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im erweiterten Sinne ist und kommt nicht nur in der Einarbeitungsphase zur Anwendung, weil es sich dabei „eher um ein Personalentwicklungs- als ein Integrationsinstrument“ handelt. (Nicolai, 2009, S. 128) Das Mentoring, das sehr zeit- und kostenintensiv ist, aber eine hohe Wirksamkeit besitzt, kommt zum Einsatz, wenn die neue Ar- beitskraft von immenser Bedeutung für das Unternehmen ist. (Graf & Edelkraut, 2017, S. 40)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Übersicht gängiger Personalentwicklungsinstrumente der Praxis nach Wegerich, 2015, S. 37 (eigene Darstellung)
Einige Personalentwicklungsinstrumente werden in der Abbildung 2 dargestellt. Wegerich (2015) platziert das mitarbeiterbezogene Instrument Mentoring in die Kategorie „on the job“ und teilt damit die Meinung von Nicolai (2009), Mentoring sei eine Maßnahme, die eher bei bereits im Dienst befindlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum Einsatz kommt. Trotzdem wird das Mentoring wie in 6.2 beschrieben bereits zu Beginn der Induktionsphase als Instrument angewendet.
Eine wesentliche Rolle bei der Personalentwicklung hat die Führungsper- sönlichkeit über. „Die drei Führungsrollen Manager, Leader und Coach sind Voraussetzung für effiziente Führung“ (Moskaliuk, 2016, S. 26).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Die drei Führungsrollen Manager, Leader und Coach Moskaliuk, 2016, S. 26 (eigene Darstellung)
Nicht nur die Methoden, sondern auch der Umfang des Einsatzes dieser ist entscheidend für die Mitarbeiterbindung, denn „die Personalentwicklung betreibt Nachwuchssicherung durch Professionalisierung“. (Becker, 2009, S. 3) Die Rolle der Leitung in einer Schule ist überwiegend die Rolle der „leaderin“/des„leaders“, denn diese bezieht sich „eher auf Personaleinstellung, -beurteilung und - entwicklung“. (Buchen & Rolff, 2016, S. 6). Anders als bei der Managerin/beim Manager, die/der eher sachbezogen handelt, agiert die leaderin/der leader eher personenbezogen. (Buchen & Rolff, 2016, S. 6). Schule leiten bedeutet daher nicht Manager oder Leader sein(Dubs, 2005, S. 167).„Beide Fähigkeiten müssen sich zu einer tragfähigen Symbiose vereinigen, um erfolgreiche Schulleitung zu garantieren“. (Beeret al., 2014, S. 221)
In dieser Arbeit ist die Leadershipkomptenez dominant, denn es braucht Feingefühl und Sensibilität bei der Arbeit mit Menschen. Die Aufgabenverteilung im Lehrkörper zählt zu den Agenden der Schulleitung und bedarf genauer Überlegungen. Rasch kann es zu Unruhen und Aufregungen kommen, wenn es um die Aufteilung von Tätigkeiten geht. Es gilt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Wünsche, Stärken und Schwächen zu kennen, um sie dementsprechend einzusetzen. Eine zusätzliche Funktion wird ab dem Schuljahr 2019/20 die Mentorin bzw. der Mentor sein. Die Zusammenarbeit zwischen der Schulleitung und dem Mentorenteam wird fundamental für das Onboarding und in weiterer Folge für die gesamte Induktionsphase sein. Auch an dieser Stelle ist Fingerspitzengefühl gefordert. Die Aufgabe der Führungspersönlichkeit ist es, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausreichend zu fordern, ohne sie zu überfordern (Kratz, 1997, S. 76).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Oldehaver (2015, S. 1)
Es gilt das richtige Maß zu finden, um einen „flow“ auszulösen. „Das flow Erlebnis entsteht, wenn Fähigkeiten und Kompetenzen genau zu den Anforderungen passen. Sind die Anforderungen höher als die Bewältigungsmöglichkeiten, entsteht Überforderung. Ein Flow kann zu großer intrinsischer Motivation, dem Tätigkeitsanreiz, führen und wird auch als positive Sucht bezeichnet“. (Graf, 2014, S. 5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Spektrum: Yerkes-Dodson-Gesetz (1906, S. 1)
Bereits 1906 erkannten Yerkes und Dodson, dass „die Leistung bei sehr niedrigem und sehr hohem Erregungsgrad schlechter ist als bei mittlerer Erregung“.Umdie Leistung, nicht nur von neuen Kolleginnen und Kollegen, zu optimieren, sollten sie entsprechend ihrer Vorstellungen und Fähigkeiten eingesetzt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: wollen x können x dürfen (Grond, 2016, S. 1)
Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter entfaltet ihre/seine volle Leistung unter der Voraussetzung, dass alle drei „Komponenten Wollen (Leistungsbereitschaft), Können (Leistungsfähigkeit) und Dürfen (Handlungsrahmen) im Gleichgewicht sind“. Bei nur partiell erreichten Zielen kann die Motivation abflauen und das „fach- und firmenspezifische Wissen geht verloren“.Daraus resultieren „schlechte Ergebnisse und Frustration“. (Grond, 2016)
4.1 Personalentwicklung in der Wirtschaft
Komponenten wie das Wollen, Sollen und Dürfen sind nicht statisch, sondern situationsabhängig und verändern sich im Laufe der Zeit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickeln sich und damit verändern sich auch ihre Bedürfnisse. Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Privatwirtschaft und dem Schulsystem besteht in der Werbung um neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bisher entfiel das Buhlen um geeignetes Personal im öffentlichen Dienst. Im privaten Bereich jedoch wird das Angebot an qualifizierten Kräften durch unterschiedliche Faktoren geringer und Werbung notwendig. Unternehmen locken mit diversen incentives2, um fähiges Personal zu finden. „Ungewöhnliche Vorgehensweisen erwecken Aufmerksamkeit bei jungen Menschen. Je mehr Unternehmen ähnliche Wege gehen, desto eher nutzt sich dieser Effekt ab“. (Nicolai, 2019, S. 94) Schon in naher Zukunft könnte es, auf Grund des Lehrermangels und längerer Studienzeit, geschehen, dass sich auch Schulleiterinnen und Schulleiter mit dieser Thematik auseinandersetzen müssen. Momentan ist dies noch nicht real und die Schulleitungen befassen sich mit anderen Problematiken, unter anderem mit der, der Motivation. Zu Beginn einer Tätigkeit „steigt die Arbeitszufriedenheit signifikant über den normalen set point an (Honeymoon Effekt) und sinkt binnen weniger Monate deutlich ab (Hangover Effekt), bis unter das Niveau des individuellen Basis-Levels“ (Beyermann, 2015, S. 11). Aus diesem Grund ist die systematische Begleitung bis zur vollständigen Integration von immenser Bedeutung. Woran erkennbar ist, dass diese erfolgreich abgeschlossen ist, wird in Abschnitt 5.7 näher erläutert.
Kostenintensive Auswirkungen hat nicht nur die tatsächliche Kündigung, sondern auch die „innere Kündigung“, bei der die Arbeitskraft zwar im Unternehmen bleibt, aber nicht die erwünschte Leistung erzielt. (Nicolai, 2019, S. 1). Jedes Unternehmen verfügt über Kapital. Im Gegensatz zu Maschinen agiert das Personal nicht mechanisch und ist nicht berechenbar. Deshalb braucht es eine sensible Personalentwicklung, denn „der Mitarbeiter ist die wertvollste Ressource und der wichtigste Produktionsfaktor des Unternehmens“. (Kratz, 2009, S. 9) „Immer mehr Unternehmen gehen deshalb dazu über, den Arbeitsbeginn und die Einarbeitungszeit ihrer neuen Mitarbeiter zu strukturieren. Damit erreichen sie eine deutlich schnellere Ressourcenallokation, welche die zusätzlichen Kosten der Betreuung aufwiegt“ (Nicolai, 2009, S. 132).
Durch den „demografischen Wandel und die Diversität, die Virtualisierung von Arbeitsbeziehungen und das immer deutlicher werdende Spannungsverhältnis von Verlässlichkeit und Flexibilität für viele Organisationen“ (Moser, Soucek, Galais & Roth, 2018, S. 6) wird der Leitung viel abverlangt. Hilb beschreibt die ideale Führungskraft: „With a cool head, a warm heart and active hands“ (Hilb, 1997, S. 32). Die Führungskraft soll wohlüberlegt, empathisch und proaktiv handeln. Die Verantwortung der Schulleitung wächst stetig an. Lehrerinnen und Lehrer üben einen komplexen Beruf, bei dem sie bis zu „55 Dinge gleichzeitig tun“, aus und verfügen in der Regel über eine hohe Sozialkompetenz, die eine einfühlsame Personalentwicklung erfordert (Aichah, 2015, S. 19). Die Auseinandersetzung mit diesem Thema in einem anderen Kontext erfolgt im kommenden Abschnitt.
4.2 Personalentwicklung in der Schule
Wie auch in der Privatwirtschaft liegt die Verantwortung für die Personalentwicklung, im Falle der Schule, bei der Leitung, bei der Direktorin oder beim Direktor, denn, die Schulleitung ist verantwortlich für die Schulentwicklung einschließlich der „Personalauswahl und Personalentwicklung und übt die Dienstvorgesetztenfunktion aus“. (Damman, 2010, S. 31).
In der Schule gilt es eher personenbezogen, wie bereits in Kapitel 4 erwähnt, zu agieren. Es braucht ein ausgewogenes Maß der unterschiedlichen Führungsrollen, denn „Schulmanagement ist kein Selbstzweck. Seine einzige Funktion besteht darin, den »Betriebszweck«, die Unterrichts- und Schulentwicklung, in bestmöglicher Weise bei ökonomischem Mitteleinsatz zu gewährleisten“. (Buchen & Rolff, 2016, S. 37) „Seit dem Schuljahr 2012/13 sind Maßnahmen pädagogischer Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung für alle österreichischen Schulen verpflichtend“ und erfordern eine schriftliche und verbindliche Planung, die auch partiell die Personalentwicklung betrifft. (BMBWF, 2019) Dabei sollen Mängel ehest möglich erkannt und „entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen festgelegt und konsequent umgesetzt werden“. (Brenner, 2014, S. 6) Die Direktorin/der Direktor wird angehalten bewusst qualitativ zu leiten und effektive Personalentwicklung zu betreiben.
Beim Berufseinstieg neuer Lehrerinnen und Lehrer können unterschiedliche Besonderheiten vorkommen, wie der bereits erwähnte „honeymoon Effekt“ in Abschnitt 4.1 oder der sogenannte „Praxisschock“, der in der Literatur häufiger oft genannt wird. (Keller-Schneider, 2010, S. 28) Der „Praxisschock“ tritt bei Konfrontationen in der Schul-und Unterrichtspraxis auf, die Novizen fallen zunächst in konservative und eher pragmatische Denk-und Handlungsmuster zurück. „Erst im Laufe der Zeit nehmen Lehrpersonen ihre ursprüngliche Haltung wieder an.“ (Konstanzer Wanne, 2014, S. 870) In diesen prekären Situationen ist eine professionelle Begleitung erforderlich, um diese Phase bestmöglich zu überwinden.In etlichen Ländern der Welt, wie z.B. in Australien, England und Wales, Frankreich, Griechenland, Israel, Italien, Japan, Nordirland, Südkorea und in der Schweiz bestehen bereits verpflichtende Einstiegsprogramme für Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger, weil „die ersten Jahre im Lehrerberuf weltweit als stark belastend angesehen werden“. (Terhart et al., 2014, S. 355)Durch die Bereitschaft zu höheren Ausgaben in diesem Bereich signalisiert der Staat Interesse an der Förderung des Bildungswesens im eigenen Land.(Terhart et al., 2014, S. 357)
Wie bereits in Abschnitt 1.1 erwähnt wird es auch in Österreich ab dem kommenden Schuljahr 2019/20 eine verpflichtende systematische Begleitung mittels „Mentoring“, das durch die Honorierung aufgewertet wird, während des ersten Dienstjahres geben (Beller & Hoffmeister-Schönfelder, 2016. S. 65). „Mentoring repräsentiert in dieser entscheidenden beruflichen Entwicklungsphase ein erprobtes Werkzeug effektiver individueller, situations- und standortbezogener Förderung mit dem Anspruch von Nachhaltigkeit und Wirksamkeit über die Ebene der Unterrichtsentwicklung hinaus bis in die Ebenen der Personal- und Organisationsentwicklung“. (Brandau, Holzinger & Seel, 2013, S. 8) „Nicht nur die Lehrpersonen, sondern häufig die gesamte Schulkultur profitiert von Mentoring“ (Stöger et al., 2009, S. 202). Dieser systematische Einarbeitungsprozess von neuen Lehrerinnen und Lehrern (Onboarding), der mit Hilfe des Mentorings erfolgen soll wird im kommenden Kapitel näher beschrieben.
5 BEGRIFFLICHE KLÄRUNG ONBOARDING
Onboarding („gleichbedeutend englisch-amerikanisch onboarding, dies gekürzt aus taking on board, eigentlich = das An-Bord-Nehmen“) beziehungsweise Inplacement beschreibt den Prozess der systematischen, zielgerichteten fachlichen Einarbeitung und der sozialen Integration neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Duden, 2019b). Das Onboarding geht über eine rein fachliche Einschulung hinaus und „zielt auf die Integration als Mensch ab“ (Kramer, 2017, S. 7). „An Board holen, signalisiert das Bemühen, neu eingestelltes Personal möglichst schnell in die Arbeitsgruppe und das Unternehmen zu integrieren“ (Becker, 2013, S. 558). Zuletzt wurde der Begriff Inplacement häufiger verwendet, weil er noch deutlicher auf die Integration abzielt. Ziel ist es, die Kolleginnen und Kollegen langfristig und produktiv an das Unternehmen zu binden. Die Personalentwicklung im erweiterten Sinn, wie in Kapitel 4 bereits erläutert ist Aufgabe der Leitung. „Die Vorbereitung der Arbeitsaufnahme, die Planung und Durchführung von strukturierten Mitarbeitergesprächen, die fachliche und die soziale Einführung, die Eingliederung in die Arbeitsgruppe sowie die Beurteilung während der Probezeit sind Aufgaben der Führungskräfte“ (Becker, 2013, S. 560). Durch die Vielzahl an Verbindlichkeiten und dem Zuwachs an Anforderungen in den letzten Jahren im Schulsystem braucht es im Entwicklungsbereich mehr als eine Einzelne/einen Einzelnen, um Schulentwicklung zu betreiben. (Rahm, 2005, S. 106) Für die Unterstützung im Eingliederungsprozess neuer Lehrerinnen und Lehrer sind Mentorinnen und Mentoren, mit einschlägiger Ausbildung, vorgesehen.
Das Onboarding, das laut Brenner (2014) auch als „Einarbeitungs- und Integrationsprozess“ (S.1) bezeichnet wird, basiert auf einer zeitlich befristeten Beziehung, meistens über einen Zeitraum von einem Jahr, zwischen einer „erfahrungsjüngeren Person und einer berufserfahrenen Mentorin oder einem Mentor“, wobei ein regelmäßiger Austausch notwendig ist (Höllersdorfer, 2014, S. 21).
5.1 Definitionen
Systematische Handlungen, mit dem Ziel unternehmensexterne zu unternehmensinternen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu formen, werden als Onboarding bezeichnet. (Sluss, Ashfort & Gibson, 2012 in Lohaus & Habermann, 2016, S. 14) „Synonym findet man in der Literatur auch die Bezeichnungen Einführung, Eingliederung, Inplacement oder Integration“ (Beyermann, 2015, S. 6) Der Onboar- ding-Prozess, meistens für die Dauer eines Jahres wird als Einarbeitungs- und Integrationsprozess bezeichnet. Dieser beinhaltet die ganzheitliche und strukturierte Integration „in alle technischen, fachlichen, organisatorischen, wirtschaftlichen, kulturellen und personellen Bereiche des Unternehmens und istdie Grund- lagefür eine erfolgreiche Mitarbeiterbindung“ (Buchheim & Weiner, 2014, S. 133 & Brenner, 2014, S. 1). Aygen (2015) beschreibt es als aktives und gezieltes „an Board nehmen“ (Aygen, 2015, S. 161). Ziel ist es, „dass Mitarbeiter ihre Aufgaben kennen, akzeptieren und lernen sowie in die soziale Struktur der Belegschaft integriert werden“. (Graf, 2014, S. 3)Von großer Bedeutung ist die Ansicht von Moser et al., dass das Onboarding über die reguläre Einarbeitung hinausgeht, es geht um die Aufnahme des ganzheitlichen Menschen (Moser et al., 2018, S. 5). Nur unter dieser Voraussetzung kommt es zu einer Mitarbeiterbindung und zu einer langfristigen fruchtbaren Arbeitsbeziehung. Ein erfolgreicher Onboardingprozess umfasst die „fachliche, soziale und werteorientierte Integration“. (Brenner, 2014, S. 7-8)
Der Schwerpunkt bei der fachlichen Integration liegt in der Aneignung von Faktenwissen, der Einarbeitung in bestimmte Aufgabenstellungen undder Verinnerlichung der unternehmerischen und arbeitsrelevanten Daten und Fakten. Dazu gehört auch das Wissen über die Strukturen, Ziele und Prozesse des Unternehmens. (Schiffer, 2017, S. 9-10). Die soziale Integration umschreibt die Eingliederung der neuen Arbeitskraft in die Unternehmensstruktur und -kultur und vor allem in das Team. Ziel ist das Erreichen eines Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühls auf beiden Seiten. (Schiffer, 2017, S. 9-10). Bei der werteorientierten Integration muss sich die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter „mit den Zielen und Werten und Führungsgrundsätzen des Unternehmens vertraut machen. Wertorientierte Integration ist ein mittel- und langfristig angelegter Prozess, der nicht nur über Leit- bilder,sondern in erster Linie über gelebte Werte dem neuen Mitarbeiter vermittelt werden kann“. (Brenner, 2014, S.8).
5.2 Onboarding in der Wirtschaft
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Position der Personaleinführung innerhalb der Personalbedarfsdeckungskette (Berthel & Becker, 2007, S.246 zitiert nach Lohaus & Habermann, 2016, S. 24) eigene Darstellung
In der Wirtschaft liegt die gesamte Personalbedarfskette für gewöhnlich in der Verantwortung der einstellenden Unternehmen. Von der Erstellung des Anforderungsprofils, über die Ausschreibung und Verbreitung der Stellen, bis hin zur Einstellung und Einarbeitung der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Damit sich die Ausgaben und die investierte Zeit rechnen, sollte eine hohe Übereinstimmung zwischen dem Anforderungsprofil und dem Kandidatenprofil vorherrschen (Brenner, 2014, S. 5). Dadurch wird die Fluktuationsbereitschaft gesenkt. Denn in der Wirtschaft fällt bei 60 bis 70 % aller Kündigungen die Entscheidung in den ersten sechs Monaten. Von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bereits während der Probezeit kündigen, fassen 80 % den Entschluss am ersten Arbeitstag (Transfer, 2011, S. 4). „Ziel der Einführung bzw. der Integration ist es, einen möglichst zufriedenen Mitarbeiter zu bekommen, der eine hohe Leistung bringt und dem Unternehmen langfristig erhalten bleibt“ (Lange, 2004, S. 3), denn Humankapital ist „die wichtigste Ressource und der wichtigste Produktionsfaktor des Unternehmens“ (Lange, 2004, S. 4). Nicht nur eine hohe Korrelation zwischen den Joberwartungen und dem tatsächlichen Aufgabengebiet, sondern auch eine amikale Begleitung steigert die Bindung an ein Unternehmen. Beim Tandemwird die Effektivität durch Systematik verstärkt.
Graf (2014) beschreibt unterschiedliche Strategien zur Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bei der „Schonstrategie“ werden der neuen Arbeitskraft nur „einfache Aufgaben mit großzügigen Zeitvorgaben“ überlassen, dadurch bleibt kaum die Möglichkeit zur Bewährung. Das Pendant ist die „Wirf-ins-kalte- Wasserstrategie“. Bei dieser Methode werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unverzüglich mit schwierigen Aufgaben mit hoher Verantwortung konfrontiert. Hierin liegt die Gefahr der Überforderung und der Erfahrung von „Misserfolgserlebnissen“ durch fehlende Unterstützung. Eine weitere Vorgehensweise ist die „Entwurzelungsstrategie“, dabei erhält die neue Mitarbeiterin/der neue Mitarbeiter „kaum lösbare, schwierige Aufgaben“, es kommt zur emotionalen und leistungsbezogenen Beanspruchung. Diese ist eine Steigerung der „Wirf-ins-kalte-Wasser- Strategie“ und kann „Hilflosigkeit und Verunsicherung hervorrufen“. (Graf, 2014, S. 4)Die richtige „Dosierung von Aufgabenmenge und Komplexität der Aufgaben“ ist wesentlich, um eine „Unter- oder Überforderung“, wie bereits in Kapitel 4 beschrieben, zu vermeiden.(Brenner, 2014, S.10) Kollegiale Beratung kann als personenorientierter Beratungsansatz zur Reduktion beruflichen Belastungserlebens beitragen. (Sauer & Lunkenbein, 2013, S. 29) Aus diesem Grund ist eine systematische Begleitung durch erfahrene Kolleginnen und Kollegen notwendig.
5.3 Onboarding in der Schule
In so gut wie allen Ländern mit offiziellen Einführungsprogrammen sind die Anfängerinnen und Anfänger unter gewissen Bedingungen von einem substanziellen Teil ihrer Unterrichtsverpflichtung befreit. (Terhart et al., 2014, S. 357) Diese Regelung wird es für die neuen Lehrkräfte in Österreich nicht geben, sie haben bei einer Vollbeschäftigung eine Unterrichtsverpflichtung von 24 Stunden zu erbringen (RIS, 2019e, VBG, §40a, (3)).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Position der Personaleinführung innerhalb der Personalbedarfsdeckungskette im Schulsystem, Berthel u. Becker, 2007, S. 246 zitiert nach Lohaus & Habermann, 2016, S. 24 (eigene Darstellung)
Im Gegensatz zur Personalbedarfskette in der Wirtschaft, beginnt die Verantwortung der Schulleitung erst durch die Begleitung bei der Einarbeitung (siehe Abbildung 9). Dies wurde durch die befragten Direktorinnen3, die auf die vorigen Phasen gar keinen (D2, Z. 30 & D3, Z. 33) oder nur teilweise Einfluss (D1, Z. 73-75) haben, bestätigt. Das active sourcing4 in der Schule entfällt somit und das Onboarding im Schulsystem beginnt mit dem Vetragsabschluss. Ab diesem Zeitpunkt liegt die Verantwortung der Einarbeitung neuer Kolleginnen und Kollegen bei der Schulleitung.
Dem Beruf geht eine Ausbildung voran, die im Berufsalltag aber nicht unverändert angewandt werden kann. Es bedarf einer flexiblen Anpassung an die jeweiligen Situationen (Keller-Schneider, 2010, S. 14) „Die Grundausbildung schafft Voraussetzungen für den erfolgreichen Berufseinstieg und das selbstständige Weiterlernen im Beruf, doch erfolgreich kann ein Berufseinstieg nur verlaufen, wenn der Lernprozess nahtlos weitergeht“ (Keller-Schneider, 2010, S. 14) und systematisch begleitet wird. „Die Berufseingangsphase ist die prägende Phase in der beruflichen Sozialisation und Kompetenzentwicklung von Lehrkräften, weilsich hier personenspezifische Routinen, Wahrnehmungsmuster und Beurteilungstendenzen sowie insgesamt die Grundzüge einer beruflichen Identität“ bilden. (Terhart et al., 2014, S. 128 & Conrad, 2015, S. 12) Die Einführung in den Schulalltag, also das Greifbarmachen wichtiger Informationen zur Schule, ihren Strukturen und Abläufen, kann merklich erleichtert werden, wenn man als „Neuling“ eine feste Ansprechperson zur Seite gestellt bekommt. Der Einsatz von „Schulbuddys“ oder „Schulpaten“ kann dies realisieren. Es geht um ein Zusammenführen der neuen Lehrperson mit einer Vertreterin oder einem Vertreter der Schule, das dem Zweck dient, in den ersten Tagen der Praxisphase rasch eine gewisse Vertrautheit mit der Schule herzustellen. (Dreer, 2018, S. 49) Da viele Schulen in ihren Grundzügen recht ähnlich aufgebaut sind, fallen neuen unerfahrenen, wie auch erfahrenen Lehrpersonen standortspezifische Details nicht auf. Diese machen aber den Unterschied, wenn es darum geht, die Schule näher kennenzulernen, aus (Dreer, 2018, S. 44).
Auf Grund fehlender Begleitung ist die Ausstiegsquote beim Lehrpersonal doppelt so hoch, als wie bei „Lehrpersonen mit Berufseinführungsangeboten“. (Keller-Schneider, 2010, S. 47) Oft sind die Herausforderungen zu groß, die Ansprüche zu hoch und die Schwierigkeiten allein nicht bewältigbar, da die „neu in den Beruf eintretenden Lehrpersonen von Anfang an die gesamte Verantwortung tragen, den gesamten Berufsauftrag übernehmen, den Rollenwechsel meistern müssen und oftmals gleichzeitig durch die Erwerbstätigkeit in einer neuen Wohnsituation auch das Privatleben neu gestalten müssen“ (Keller-Schneider, 2010, S. 18)In dieser kritischen Phase droht das Scheitern. „An Erster Stelle von fast allen Studien genannt, steht das Problem mit der Disziplin im Klassenzimmer. Diese alltägliche und in jedem Moment geforderte Führungsaufgabe zeigt sich als am häufigsten genannten Problem“. (Keller-Schneider, 2010, S. 30) Für die Bewältigung dieser Schwierigkeiten bedarf es einer professionellen Unterstützung. Kollegiale Beratung kann als wichtigstes Instrument zur Unterstützung von Lehrkräften angesehen werden. (Sauer & Lunkenbein, 2013, S. 30) Eine effektive Onboar- dingmaßnahme, die im kommenden Abschnitt mit Alternativen präsentiert wird, ist das Mentoring, das in Kapitel 6 seinen Platz findet und ausführlich erläutert wird.
5.4 Onboardingmaßnahmen
[...]
1 „Die Induktionsphase dient der berufsbegleitenden Einführung in das Lehramt. Die Vertragslehrperson in der Induktionsphase ist durch eine Mentorin oder einen Mentor zu begleiten“ (RIS, 2019a, Induktionsphase).
2 Himbeere (2019). Incentives (engl. für Anreiz, Antrieb oder Ansporn) sind Anreize, Motivatoren oder Belohnungen in Form von Veranstaltungen für Mitarbeiter, Kunden, Partner oder andere Zielgruppen.
3 Die befragten Personen sind alle weiblich.
4 Monster (2019). Active Sourcing umfasst alle Maßnahmen, die eine aktive Vorgehensweise der Personalabteilung bei der Rekrutierung einschließen
- Quote paper
- Claudia Weinzettl (Author), 2019, Onboarding - Schule Ahoi. Vorteilhafte Aspekte zum Personalentwicklungsinstrument Mentoring bei der Einarbeitung von neuen Lehrkräften in das Schulsystem, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/580624
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