Künstler, Diplomat, Intellektueller - all dies trifft auf Peter Paul Rubens zu, und doch ist es zweifellos seine Rolle als einer der herausragendsten Künstler des Barock, in der Rubens am meisten überzeugt. Sein Name ist Programm geworden, sein Werk zum Inbegriff der dominanten Stilrichtung seiner Zeit. Wenigen ist es besser gelungen als ihm, den Gedanken von Michelangelo Merisi da Carravagio umzusetzen, in Gemälden den Moment höchster Dramatik festzuhalten, den Schnitt- und Angelpunkt der Erzählung einzufangen und in den dramatischsten Farben und Posen zu schildern. Und wie so oft bei den Großen der Geschichte, ist über sein Leben zwar allerhand bezeugt - nur sein Geburtsdatum ist nach wie vor unsicher. Wahrscheinlich wurde er am 28. Juni 1577 als Sohn des reformierten Rechtsanwaltes und Antwerpener Schöffen Jan Rubens und seiner Frau Maria Pypelincks in Siegen in Westfalen geboren. Die Familie hatte neun Jahre zuvor im Zuge der Religionsunruhen aus Antwerpen fliehen müssen, und konnte erst 1587, nach dem Tod des Vaters dorthin zurückkehren. Bis 1598 war Rubens unter anderem bei Adam van Noort und Otto van Veen in der Lehre. In diesem Jahr schloss er seine Ausbildung ab und wurde in die Antwerpener Lukasgilde aufgenommen. Kurz darauf begab sich Rubens nach Italien, um dort seine Ausbildung zu verfeinern. Er studierte die großen Künstler Italiens - Tintoretto und Tizian in Venedig, die Altmeister der florentinischen Renaissance Rafael und Michelangelo. Schließlich wurde der Herzog Vincenzo Gonzaga von Mantua auf ihn aufmerksam, der ihn als Hofmaler nach Mantua holte. Die Kunstschätze des Herzogs - die Fresken Giulio Romanos und die Arbeiten Mantegnas - boten ihm die reichste Anregung für sein Schaffen. Aber es zog ihn bald nach Rom, wo er neben dem Werk des jungen Caravaggio, demenfant terribleder römischen Kunst, wohl auch die unvergleichlichen Fresken Annibale Caraccis kennenlernte, der wenige Jahre zuvor mit der Ausschmückung des Palazzo Farnese begonnen hatte. Gerade sein Aufenthalt in Rom, wo die Arbeiten Caravaggios und Caraccis um Aufmerksamkeit buhlen, zum Teil auch fast nebeneinander zu betrachten sind, dürfte den jungen Rubens stark geprägt und seinen Stil auf Jahre hinaus beeinflusst haben. Sein Italienaufenthalt wurde erst 1608 unterbrochen, als er die Nachricht von der schweren Krankheit seiner Mutter erhielt. Trotz eines Gewaltrittes von Italien nach Antwerpen, traf Rubens zu spät ein und konnte nur noch den Tod seiner Mutter betrauern.[...]
Inhalt
1. Einleitung
2. Auftraggeber und Ausstellungsort
3. Bildthema
4. Vorbereitung und Bildentwicklung
5. Beschreibung
6. Interpretation
7. Vergleich I: Rembrandts „Samson von Delilah betrogen“
8. Vergleich II: Rubens´ „Cimon und Pero“
9. Vergleich III: Rembrandts „Die Blendung des Samson“
10. Ausblick – Der Streit um die Authentizität des Londoner Werkes
11. Schlusswort
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Künstler, Diplomat, Intellektueller – all dies trifft auf Peter Paul Rubens zu, und doch ist es zweifellos seine Rolle als einer der herausragendsten Künstler des Barock, in der Rubens am meisten überzeugt. Sein Name ist Programm geworden, sein Werk zum Inbegriff der dominanten Stilrichtung seiner Zeit. Wenigen ist es besser gelungen als ihm, den Gedanken von Michelangelo Merisi da Carravagio umzusetzen, in Gemälden den Moment höchster Dramatik festzuhalten, den Schnitt- und Angelpunkt der Erzählung einzufangen und in den dramatischsten Farben und Posen zu schildern.
Und wie so oft bei den Großen der Geschichte, ist über sein Leben zwar allerhand bezeugt – nur sein Geburtsdatum ist nach wie vor unsicher. Wahrscheinlich wurde er am 28. Juni 1577 als Sohn des reformierten Rechtsanwaltes und Antwerpener Schöffen Jan Rubens und seiner Frau Maria Pypelincks in Siegen in Westfalen geboren. Die Familie hatte neun Jahre zuvor im Zuge der Religionsunruhen aus Antwerpen fliehen müssen, und konnte erst 1587, nach dem Tod des Vaters dorthin zurückkehren.
Bis 1598 war Rubens unter anderem bei Adam van Noort und Otto van Veen in der Lehre. In diesem Jahr schloss er seine Ausbildung ab und wurde in die Antwerpener Lukasgilde aufgenommen.
Kurz darauf begab sich Rubens nach Italien, um dort seine Ausbildung zu verfeinern. Er studierte die großen Künstler Italiens – Tintoretto und Tizian in Venedig, die Altmeister der florentinischen Renaissance Rafael und Michelangelo. Schließlich wurde der Herzog Vincenzo Gonzaga von Mantua auf ihn aufmerksam, der ihn als Hofmaler nach Mantua holte. Die Kunstschätze des Herzogs – die Fresken Giulio Romanos und die Arbeiten Mantegnas – boten ihm die reichste Anregung für sein Schaffen. Aber es zog ihn bald nach Rom, wo er neben dem Werk des jungen Caravaggio, dem enfant terrible der römischen Kunst, wohl auch die unvergleichlichen Fresken Annibale Caraccis kennenlernte, der wenige Jahre zuvor mit der Ausschmückung des Palazzo Farnese begonnen hatte. Gerade sein Aufenthalt in Rom, wo die Arbeiten Caravaggios und Caraccis um Aufmerksamkeit buhlen, zum Teil auch fast nebeneinander zu betrachten sind,[1] dürfte den jungen Rubens stark geprägt und seinen Stil auf Jahre hinaus beeinflusst haben.
Sein Italienaufenthalt wurde erst 1608 unterbrochen, als er die Nachricht von der schweren Krankheit seiner Mutter erhielt. Trotz eines Gewaltrittes von Italien nach Antwerpen, traf Rubens zu spät ein und konnte nur noch den Tod seiner Mutter betrauern.
Ein etwas längerer Blick auf seinen Italienaufenthalt ist bei Rubens deshalb geboten, weil Werke wie „Samson und Delilah“ sehr stark von italienischen Einflüssen und Erlebnissen geprägt sind. Schließlich war Rubens erst in Italien zu dem geworden, was man heute unter Rubens versteht. Zurück in Antwerpen machte er sich nun daran, das in langen Jahren Erlernte in die Tat umzusetzen.
2. Auftraggeber und Ausstellungsort
Von großer Hilfe war ihm dabei sein Freund und Gönner Nicolaas Rockox (1560-1640), der Bürgermeister von Antwerpen, der mitverantwortlich dafür gewesen war, dass Rubens 1608 oder 1609 den prestigeträchtigen Auftrag für ein Gemälde der Anbetung der drei Könige im Antwerpener Rathaus erhalten hatte (heute im Museo del Prado, Madrid). Etwa um dieselbe Zeit muss der Sammler Rockox seinem Freund Rubens auch den Auftrag für „Samson und Delilah“ gegeben haben.
Man wird sich die vielleicht nicht unberechtigte Frage stellen, wieso Nicolaas Rockox, der, soweit auszumachen ist, durchaus glücklich verheiratet war, ausgerechnet ein solches Bild, mit einem solchen Thema, in Auftrag gab. Weibermacht/Weiberlist-Darstellungen – also die dargestellte Umkehr der göttlichen Ordnung, wenn sich nämlich Männer in der Hand beziehungsweise der Gewalt von Frauen befinden – waren im gesamten nordalpinen Raum zwar sehr beliebt, doch ist es wahrscheinlich, dass Rockox noch andere Motive hatte. Sein junger Freund und Protegé Rubens war unlängst als einer der vielversprechendsten Maler seiner Zeit aus Italien zurückgekehrt. Vorausgeeilt war ihm der Ruhm großer Leistungen im Dienst der Gonzaga. Rockox, der ihm bereits immer bedeutendere Aufträge zugeschanzt hatte, wollte nun wohl – wie man heute sagen würde – „einen Rubens“ für sich selbst. Das Werk sollte das Zimmer schmücken, in dem er und seine Frau Gäste unterhielten und Feste feierten, offizielle Empfänge in seiner Funktion als Bürgermeister, aber auch private Feierlichkeiten. So sollte aller Welt deutlich werden, zu welchen Leistungen der von ihm protegierte Künstler fähig war. Neben dem Talent Rubens´ sollte wohl aber auch nicht zuletzt der raffinierte und exklusive Kunstgeschmack des Bürgermeisters selbst verdeutlicht werden, der mit „Samson und Delilah“ ein Gemälde ganz auf der Höhe seiner Zeit in Auftrag gab. Die Hintergrundgeschichte bot sich dazu an, weil sie die idealen Voraussetzungen dazu bot, die Fähigkeiten des jungen Rubens zur Gänze hervortreten zu lassen. Ein alttestamentarischer Heros, eine verführerische Frau, eine Erzählung von Liebe und Verrat, von Erotik und extremer Gewalt – eine nahezu perfekte Leinwand für einen Künstler, der noch heute den Ruf hat, ein Meister des Schrecklichen zu sein.
Bis zum Tod von Rockox sollte das Gemälde dann auch im großen Salon („groote Saleth“) des Bürgermeisters bleiben, über einer großen Feuerstelle, wo es auch Frans Franken der Jüngere 1630-1635 gesehen und abgebildet hat.[2] Erst wenn man bedenkt, dass das Bild in der Gewissheit gemalt wurde, dass es späterhin gute zwei Meter über dem Boden aufgehängt werden würde, lässt sich Rubens´ unglaubliche Leistung nachvollziehen. Erst in dieser vorhergesehenen Höhe entfaltet das Gemälde seine volle Wirkung: Proportionen und Perspektive werden vollkommen, die Figuren selbst fast greifbar, im flackernden Licht der bildinternen Beleuchtung und der großen Feuerstelle, die sich unmittelbar unter dem Gemälde befand. Der Eindruck, den dieses Werk macht, ist unvergleichlich. Gerade auch kleinere Details lassen es fast lebendig erscheinen. Die etwas seltsam anmutende Geste der alten Frau, die eine flackernde Kerze mit der Hand vor einem imaginären Luftzug abschirmt, die sorgfältig aufeinander abgestimmten Farben und Schatten – alles ergibt sich aus der Aufhängung zwischen Feuerstelle und einer Reihe von mannshohen Fenstern, die den Blick auf Rockox’ Garten freigaben.
3. Bildthema
Dargestellt ist die Geschichte vom jüdischen Helden Samson und der Philisterin Delilah (bezeichnenderweise bedeutet schon der Name im Hebräischen „schwach“). Die Erzählung von Samson und seinem Untergang ist in der Bibel überliefert (Altes Testament, Buch der Richter 16, 4-21).
Noch vor Samsons Geburt erscheint seiner Mutter ein Engel, der ihr prophezeit, ihr ungeborener Sohn werde einst das Land Israel von seinen Feinden befreien. Er solle vom Moment seiner Geburt an ein Nazarit sein und im Ausgleich von Gott mit übermenschlichen Kräften gesegnet werden. Der Begriff Nazarit stammt vom hebräischen Verb „nazar“, sich abschneiden oder abtrennen. Ein Nazarit war eine auserwählte Person, die den Schwur abgelegt hatte, sich von Familie und Gesellschaft für eine bestimmte Zeit zu trennen, um eine Aufgabe zu erfüllen. Es gab drei wichtige Bedingungen, die ein Nazarit erfüllen musste, um seine Kraft nicht zu verlieren: Er durfte keinen toten Körper berühren, keinen Wein oder andere alkoholische Getränke zu sich nehmen und er musste seine Haare wachsen lassen.[3]
Jahrelang kämpfte Samson mit wechselndem Erfolg in den unzähligen Kriegen zwischen Juden und Philistern, bis die Philister schließlich zu einer List griffen, um den jüdischen Helden zu vernichten.
Sie versprachen einer Frau namens Delilah eine enorme Geldmenge, sollte sie das Geheimnis seiner Kraft entdecken und es ihnen preisgeben. Delilah verführte ihn, doch noch scheinen nicht alle guten Geister Samson verlassen zu haben. Dreimal täuscht er sie, lockt er sie auf die falsche Fährte, ist allerdings scheinbar nicht verwundert, dass jeden Abend Soldaten der Philister versuchen, eben gerade diese vermeintliche Geheiminformation gegen ihn zu verwenden. Schließlich gab Samson doch nach und offenbarte das Geheimnis seiner Kräfte. Noch am gleichen Abend gab Delilah das Geheimnis an die Philister weiter. Als Samson in ihrem Schoß eingeschlafen war, schnitt sie ihm das kräftige Haar ab, so dass Samson den heranstürmenden Soldaten keinen Widerstand leisten konnte. Samson wurde geblendet und musste an einen Mühlstein gefesselt die Arbeit verrichten, die üblicherweise einem Ochsen vorbehalten war, während die Philister ihn verspotteten. Mit der Zeit allerdings wuchs nicht nur sein Zorn, sondern auch seine Haare, und mit seinem Haupthaar kehrte auch seine Kraft zurück. Samson starb nach einem Fluchtversuch, indem er einen Tempel der Philister zum Einsturz brachte und seine Verfolger mit sich in den Tod riss.
[...]
[1] Man nehme nur Caravaggios Matthäus-Darstellung in S. Luigi dei Francesi, oder die kleine Kirche S. Maria del Popolo, wo Caravaggios Paulus neben Caraccis Himmelsfahrt Mariens zu sehen ist.
[2] Die Kunstkammer des Nicolaas Rockox, von Frans Francken dem Jüngeren, (1630-35), Öl auf Leinwand, 62,3 x 96,5 cm, Alte Pinakothek, München.
[3] Vgl. z.B. Kahr, Delilah, S.283. Zu den Bestimmungen und Regeln der Nazariten, siehe Altes Testament, Buch Numeri, 6, 1f.
- Citar trabajo
- Christian Rollinger (Autor), 2005, Samson und Delilah, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58020
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