Durch den Fortschritt in der Medizin kommt dem Menschen immer mehr Verantwortung zu, da er in den Bereichen Geburt und Tod eingreifen kann. Die moderne Medizin hat uns Mittel verschaffen, die es uns möglich machen, viele – oft auch schwerbehinderte – Neugeborene am Leben zu erhalten, die noch vor ein paar Jahren kurz nach der Geburt gestorben wären. Vor dem Hintergrund der immensen Fortschritte in Biologie und Medizin gewinnt die Frage nach dem richtigen Umgang mit dem menschlichen Leben zunehmend an Bedeutung. Gerade hier stellen sich einem die Fragen, ob man jedes Kind am Leben erhalten muss, oder sollte der Tod in gewissen Fällen, zum Beispiel wegen einer schweren Schädigung des Neugeborenen, zugelassen oder sogar dazu beigetragen werden?
Muss menschliches Leben ungeachtet seiner Qualität grundsätzlich am Leben erhalten werden? Darf man es zulassen, dass schwerbehinderte Neugeborene getötet werden, um somit ihr Leiden zu verkürzen? Medizinisch nützlich ist jede Behandlung die das Leben verlangt, doch ist es auch ethisch vertretbar, wenn ein Neugeborenes am Leben erhalten wird, welches zum Beispiel ein Leben ohne Bewusstsein führen muss?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definitionen
2.1 Leben
2.2 Ethik
2.2.1 Bioethik
2.3 Menschenwürde
2.4 Euthanasie
2.4.1 Früheuthanasie
3. Rechtliche Grundlagen
3.1 Grundgesetz
3.2 Umgang mit Neugeborenen aus Sicht der Rechtsordnung
3.3 Einbecker Empfehlung
4. Euthanasie
4.1 Aktive Euthanasie
4.2 Passive Euthanasie
4.3 Moralische Bewertung der Euthanasie
4.4 Rechtliche Grundlage der Euthanasie
4.4.1 In Deutschland
4.4.2 In den Niederlanden (als Kontrabeispiel)
5. Singers Ethik
5.1 Die Person Peter Singer
5.2 Utilitarismus
5.3 Differenzierung zwischen Person und Nicht-Person
5.4 Singers Standpunkt
5.4.1 Zur Euthanasie
5.4.2 Zur Früheuthanasie bei schwerbehinderten Neugeborenen
6. Schluss
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
»Die Tötung eines geborenen Kindes ist in ihren sozialen Nebenfolgen nicht vergleichbar mit der eines Ungeborenen. Auch wenn die Geburt, was den Entwicklungsstand des Kindes betrifft, keine >echte< Grenze ist und eine Frühgeburt weniger weit entwickelt sein kann als ein Ungeborenes vor der Geburt, ist sie doch eine Grenze, was die Wahrnehmung Dritter anbelangt, auf die es wesentlich ankommt. [Und er fährt fort] Von der Abtreibung können wir mit einiger Sicherheit sagen, daß sie von großen Teilen der Gesellschaft >verkraftet< wird. Gilt das aber auch von der Tötung Neugeborener [...]?«
(Birnbacher, D.,1991)[1]
Durch den Fortschritt in der Medizin kommt dem Menschen immer mehr Verantwortung zu, da er in den Bereichen Geburt und Tod eingreifen kann. Die moderne Medizin hat uns Mittel verschaffen, die es uns möglich machen, viele – oft auch schwerbehinderte – Neugeborene am Leben zu erhalten, die noch vor ein paar Jahren kurz nach der Geburt gestorben wären. Vor dem Hintergrund der immensen Fortschritte in Biologie und Medizin gewinnt die Frage nach dem richtigen Umgang mit dem menschlichen Leben zunehmend an Bedeutung. Gerade hier stellen sich einem die Fragen, ob man jedes Kind am Leben erhalten muss, oder sollte der Tod in gewissen Fällen, zum Beispiel wegen einer schweren Schädigung des Neugeborenen, zugelassen oder sogar dazu beigetragen werden?
Muss menschliches Leben ungeachtet seiner Qualität grundsätzlich am Leben erhalten werden? Darf man es zulassen, dass schwerbehinderte Neugeborene getötet werden, um somit ihr Leiden zu verkürzen? Medizinisch nützlich ist jede Behandlung die das Leben verlangt, doch ist es auch ethisch vertretbar, wenn ein Neugeborenes am Leben erhalten wird, welches zum Beispiel ein Leben ohne Bewusstsein führen muss?
Im 2. Kapitel werden zum Verständnis zunächst die Grundbegriffe, welche hier häufig auftreten, definiert und im 3. Kapitel dann die dazugehörigen rechtlichen Grundlagen und die besonderen rechtlichen Regelung für Neugeborene erläutert.
Im 4. Kapitel wird auf die verschiedenen Formen der Euthanasie näher eingegangen, sowie die rechtliche Lage im Vergleich zwischen Deutschland und den Niederlanden – als Beispiel eines Landes in dem Euthanasie schon legalisiert wurde – dargestellt. Weiter wird die Euthanasie noch unter moralischem Gesichtspunkt analysiert.
Aufgrund der Ethik Peter Singers ist eine heftige Diskussion in Fragen der Euthanasie entfacht und da er eine Tötung von schwerbehinderten Neugeborenen rechtfertigt, gehe ich im 6. Kapitel näher auf seine Ethik ein.
2. Definitionen
2.1 Leben
Was "ein Leben hat", ist in einem bestimmten Maße selbstbewusst. Das heißt, es hat Gefühle, Gedanken, Hoffnungen, Freude, Schmerzen, eine Vergangenheit, eine Gegenwart und eine Zukunft. Es ist sich dessen bewusst und hat gewisse positive oder negative Interessen.[2]
Das Leben an sich hat keinen Wert, der auf irgendeine Weise berechnet werden könnte, denn Leben ist vielmehr die Bedingung dafür, dass irgendetwas Wert haben kann.[3] Das Recht auf Leben stellt einen Grundwert dar, deshalb hat die staatliche Ordnung die Aufgabe diesen Grundwert zu schützen und darf nicht Einzelnen überlassen werden.[4]
2.2 Ethik
Ethik ist eines der zwei Teilgebiete der Philosophie und wird auch die praktische Ethik genannt. Sie setzt sich mit den Prinzipien des guten beziehungsweise schlechten Handelns der Menschen auseinander und befasst sich mit Fragen der Moral, wie zum Beispiel den Grundlagen der Werte, Normen sowie dem Sittlichen.
Zentrale Probleme der Ethik betreffen die Motive, die Methoden und die Folgen menschlichen Handelns.[5]
2.2.1 Bioethik
Die Bioethik ist das Teilgebiet der angewandten Ethik die sich mit dem Thema: „Früheuthanasie bei schwerbehinderten Neugeborenen“ hauptsächlich beschäftigt. Sie befasst sich mit sittlichen Fragen zu Geburt, Leben und Tod im Hinblick auf neue Entwicklungen und Möglichkeiten der Forschung wie auch die Verantwortung des Menschen für alle Formen des Lebens.[6] Aus der neuen Situation ergeben sich neue ethische Probleme und Fragestellungen, welche durch die neuen Erkenntnisse über die Grundbausteine des Lebens und ihre Anwendungsmöglichkeiten aufgeworfen werden.[7]
In der Bioethik gibt es verschiedene Institutionen, wie zum Beispiel Ethikkommissionen, Ethikräte oder Enquete-Kommissionen, die sich mit (bio-)ethischen Fragen beschäftigen, das Bewusstsein für ethische Fragen schärfen und Empfehlungen abgeben.[8]
2.3 Menschenwürde
Menschenwürde, die sich allein durch den Status des Mensch-Seins begründet ohne dass dafür erst bestimmte Leistungen erbracht oder bestimmte Qualitäten erfüllt werden müssen, ist der Anspruch eines jeden Menschen als Träger geistig-sittlicher Werte um seiner selbst Willen geachtet zu werden. Dadurch, dass die Menschenwürde als inhärent und unabdingbar verstanden wird, sichert sie das Lebensrecht für jeden Menschen. Ohne die Menschenwürde wären die Menschen der Willkür Anderer völlig ausgeliefert. Wie im Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes beschrieben (siehe 3.1), ist die Menschenwürde unantastbar. Dies bedeutet, dass es die Verpflichtung aller staatlicher Gewalt sein muss, diese zu achten und zu schützen.
Gleichfalls zum Grundgehalt der Menschenwürde gehören die kommunikativen Freiheiten, wie die der Meinungs-, der Gewissens- und der Persönlichkeitsentfaltung.[9]
Zusätzlich verbindet sich mit dem Begriff der Menschenwürde ein Anspruch auf Achtung und Anerkennung der keinem Menschen abgesprochen werden kann.[10]
Die Menschenwürde, die als ein vorgegebener und unbedingter Höchstwert gilt, ist nicht von irgendeinem Mehrheitsurteil abhängig und deshalb auch nicht disponibel – alle ethischen Entscheidungen fundieren darauf.
Auf die Medizin bezogen leitet sich die grundlegenden Maxime zur Begrenzung medizinischen Handels aus dem Prinzip der Menschenwürde ab, denn das allgemeine Ziel der Medizin ist nicht die Heilung von Krankheiten sondern die von kranken Menschen.[11]
2.4 Euthanasie
Grundsätzlich steht Euthanasie für einen leichten, schmerzlosen Tod.[12] Sterbehilfe ist die Bezeichnung für das Handeln, das den erleichternden und schmerzgelinderten Tod eines schwerkranken Menschen ermöglicht. Auf die heutige Zeit bezogen bedeutet es das Töten jener, die große Schmerzen ertragen müssen oder unheilbar krank sind, um ihnen weiteres Leiden zu ersparen.
Zur Differenzierung ist es wichtig, dass es drei Formen von Euthanasie gibt:
(1) freiwillige Euthanasie, das heißt die betreffende Person kann zwischen Leben und Tod selbst unterscheiden, verlangt aber danach zu sterben
(2) unfreiwillige Euthanasie, wenn die betreffende Person fähig ist ihrem Tod zuzustimmen, aber es nicht tut, weil sie entweder nicht gefragt wird oder sie zwar gefragt wird, sich aber dafür entscheidet, weiterzuleben
(3) nichtfreiwillige Euthanasie, hier ist die betreffende Person nicht oder sogar nie in der Lage gewesen zwischen Leben und Tod zu wählen, beziehungsweise es zu verstehen oder hat diese Fähigkeit verloren.
Davon betroffen sind:
missgebildete, stark zurückgebliebene, schwerstbehinderte Säuglinge
Menschen, die aufgrund eines Unfalls, einer Krankheit oder hohen Alters die Fähigkeit auf Dauer verloren haben, das Entscheidungsproblem zu verstehen, ohne dass sie zuvor Euthanasie unter diesen Umständen gefordert oder abgelehnt hätten[13]
2.4.1 Früheuthanasie
Als Früheuthanasie wird das nicht Verhindern des Sterbens oder das bewusste Töten von neugeborenen Säuglingen bezeichnet, bei denen eine schwere Behinderung diagnostiziert worden ist. Meistens handelt es sich um ein „liegen lassen“ des Neugeborenen mit lediglich einer Basisversorgung, das heißt schmerzlindernde Medikamente bis zum Todeseintritt. Bei letzterem handelt es sich um passive Euthanasie (siehe 4.2).[14]
3. Rechtliche Grundlage
3.1 Grundgesetz
Wesentlich für das Thema: „Früheuthanasie bei schwerbehinderten Neugeborenen“ sind folgende Ausschnitte des Grundgesetzes:
Artikel 1
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Artikel 2
[...]
[1] Vgl dazu Antor, G.; Bleidick, U., 1995, S.68f
[2] Vgl dazu http://medwell24.at/CDA_Master/1,3008,3087_5897_15083,00.html
[3] Vgl dazu Antor, G,; Bleidick, U., 1995, S.268
[4] Vgl dazu Speck, O., 2003, S.120
[5] Vgl dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Ethik
[6] Der Brockhaus, 2004, S.272
[7] Vgl dazu Körtner, U., 2001, S.9
[8] Vgl dazu www.bundestag.de/parlament/kommissionen/ethik_med
[9] Vgl dazu Antor, G,; Bleidick, U., 1995, S.71
[10] Vgl dazu Antor, G., 2003, S.51
[11] Vgl dazu Körtner, U., 2001, S.115
[12] Der Brockhaus, 2004, S.684
[13] Vgl dazu Singer, P., 1994, S.226ff
[14] Vgl dazu Antor, G,; Bleidick, U., 1995, S.242
- Citation du texte
- Mona Bieber (Auteur), 2005, Früheuthanasie bei schwerbehinderten Neugeborenen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57715
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