Die Studie leistet einen wichtigen Beitrag zum Wirkungsfeld der politischen Propaganda und ihren Folgen für das Mediensystem eines Staates. Konkret liefert sie detaillierte Einblicke in die medienpolitische Arbeit der SED und deren Einfluss auf die Arbeit der DEFA-Wochenschau. Sie leistet damit einen weitreichenden Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte des DDR-Regimes.
Die DDR verfolgte seit ihrer Gründung den konsequenten Aufbau des Sozialismus. Besonders in den Anfangsjahren führte diese Politik zu grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen. In diesem Zusammenhang untersucht die vorliegende Arbeit, welchen Einfluss die DDR-Staatsführung auf die Nachrichtenauswahl und -gestaltung der DEFA-Wochenschau „Der Augenzeuge“ ausübte. Ausgehend von den politischen Zielen des Staates wird analysiert, welchen Anspruch die SED an den „Augenzeugen“ stellte und wie Gesellschaftspolitik und erzieherischer Auftrag der Medien im „Augenzeugen“ zwischen 1949 und 1953 umgesetzt wurden. Die Untersuchungsergebnisse werden exemplarisch am Beispiel einer Wochenschau aus dem Frühjahr 1953 dargelegt.
Inhaltsverzeichnis
I. Problemstellung, methodisches Vorgehen und Quelle .
II. Politisches Programm der DDR 1949-1953:
Der Aufbau des Sozialismus durch gesellschaftliche Umgestaltungen
1. Sozialistische Umgestaltung von Staat, Wirtschaft und
Gesellschaft
2. Ideologiezentrierte Erziehung der Gesellschaft
III. Anspruch politischer Programme:
Die DEFA-Wochenschau als Propagandainstrument zum Aufbau des Sozialismus
1. Das Medium Wochenschau
2. Sozialistische Umgestaltung der DEFA-Wochenschau
vom Volksvertreter zum Propagandainstrument der SED
3. Besondere Wirkung der Wochenschau als Propagandainstrument
4. Die propagandistische Erziehungsaufgabe der Wochenschau
im Rahmen politischer Programme
5. Vorgaben für die Nachrichtenauswahl und -gestaltung
der Wochenschau .
IV. Die Quelle: Der Augenzeuge 13/53
1. Produktionsdaten
2. Inhalt und Aufbau .
V. Wirklichkeit politischer Programme in der
Wochenschau
1. Zielgerichtete Thematik der Wochenschau
2. Aufbau des Sozialismus nach sowjetischem Vorbild
3. Aufbau von Wirtschaft und industrieller Produktion
4. Antithetische Gegenüberstellung von Sozialismus und
Imperialismus
5. Nachrichtengestaltung: Einheit von Inhalt und Form
VI. Ergebnisse und Ausblick
VII. Literaturliste
I. Problemstellung, methodisches Vorgehen und Quelle
Die DDR verfolgte seit ihrer Gründung den konsequenten Aufbau des Sozialismus. Besonders in den Anfangsjahren führte diese Politik zu grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen. In diesem Zusammenhang untersucht die vorliegende Arbeit, welchen Einfluß die DDR-Staatsführung auf die Nachrichtenauswahl und -gestaltung der DEFA-Wochenschau „Der Augenzeuge“ ausübte. Ausgehend von den politischen Zielen des Staates wird analysiert, welchen Anspruch die SED an den „Augenzeugen“ stellte und wie Gesellschaftspolitik und erzieherischer Auftrag der Medien im „Augenzeugen“ zwischen 1949 und 1953[1] umgesetzt wurden. Die Untersuchungsergebnisse werden exemplarisch am Beispiel einer Wochenschau aus dem Frühjahr 1953 dargelegt.
Die Studie versteht sich als Beitrag zum Wirkungsfeld von politischer Propaganda auf die Arbeit der Wochenschau im System der DDR. In diesem Rahmen können die Entwicklungsgeschichte des „Augenzeugen“ und seine Rolle innerhalb des Propagandasystems nur marginal beleuchtet werden. Der journalistische Anspruch der Wochenschau-Redakteure und die Wirkung der Wochenschau beim Rezipienten bleiben unbeachtet.
II. Politisches Programm der DDR 1949-1953:
Der Aufbau des Sozialismus durch gesellschaftliche Umgestaltungen
1. Sozialistische Umgestaltung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft
Die DDR setzte nach ihrer Staatsgründung im Oktober 1949 den von der sowjetischen Besatzungsmacht begonnenen sozialistischen Umgestaltungs-prozeß von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft nach dem Vorbild der Sowjetunion konsequent fort.
Mit dem ersten Zweijahresplan für 1949/50 forcierte die SED die Verstaatlichung von Betrieben und den Ausbau einer zentralistisch gesteuerten Wirtschaft.[2] Diese Politik wurde in Verbindung mit dem ersten Fünfjahresplan für 1950-1955 fortgesetzt. Ziel des Fünfjahresplans war, eine leistungsfähige Volkswirtschaft zu errichten und die Industrie-produktion zu steigern, um den Wohlstand des Volkes zu sichern und das materielle und kulturelle Lebensniveau zu erhöhen. Auf der zweiten Parteikonferenz im Juli 1952 bekräftigte die SED-Führung ihren Kurs des sozialistischen Aufbaus. Die beschlossenen Richtlinien für den „planmäßigen Aufbau der Grundlagen des Sozialismus“ sahen die Stärkung der Staatsmacht, die Entwicklung der sozialistische Industrialisierung und Planwirtschaft, die Verteidigung der DDR gegen den Imperialismus sowie die sozialistische Erziehung der Werktätigen vor.[3]
Im Zeitraum von 1949 bis 1953 ging die DDR zu einer sozialistischen Planwirtschaft über. Die Produktionskapazitäten wurden erweitert, das Schul- und Hochschulwesens sozialistisch umstrukturiert und der Marxismus-Leninismus umfassend verbreitet. Die DDR setzte auch ihre Bemühungen zu einer Wiedervereinigung Deutschlands auf der Grundlage des Potsdamer Abkommens fort.[4] Im Zuge des sozialistischen Aufbaus entstanden Spannungen in der Bevölkerung. Diese eskalierten im Volksaufstand am 17. Juni 1953. Der anschließende „Neue Kurs“ der Staatsführung brachte politische Lockerungen im gesellschaftlichen Leben.
2. Ideologiezentrierte Erziehung der Gesellschaft
Im ideologischen Zentrum der DDR standen der Antifaschismus und die Lehre des Marxismus-Leninismus. Sie bildeten die zentralen ideologischen Bausteine des Herrschafts- und Geltungsanspruchs des SED und ihrer konkreten Politik.[5]
Die SED verfolgte das Ziel, auf der Basis eines marxistisch-leninistischen Gesellschafts- und Menschenbildes „sozialistische Persönlichkeiten“ zu formen, und diese zu einem zielgerichteten Verhalten, zu einer Parteinahme für den Kampf um Frieden und Fortschritt, für den Sozialismus und gegen den Imperialismus anzuleiten.[6] Dieser sozialistische Erziehungsplan umfaßte über verschiedene Institutionen das gesamte soziale Leben. Er griff über das Bildungssystem[7] und die Massenmedien, über Kunst und Kultur[8], über gesellschaftliche Institutionen und Massenorganisationen in alle Bereiche des Lebens ein. Die Hauptinstrumente zur ideologischen Massenbeeinflussung bildeten Schule und Medien mit ihren Mitteln der Agitation und Propaganda.[9]
III. Anspruch politischer Programme:
Die DEFA-Wochenschau als Propagandainstrument zum Aufbau des Sozialismus
1. Das Medium Wochenschau
Die Wochenschau ist ein periodisch erscheinender Kurzfilm über aktuelle Ereignisse mit dokumentarischem Anspruch. Sie zeigt Ausschnitte aus der Wirklichkeit, gibt reale Tatsachen wider und berichtet über die vielfältigen Ereignisse in Politik, Wirtschaft, Staat, Technik, Sport, Kunst und Natur. Die dokumentarische Wiedergabe der Wirklichkeit ist dabei abhängig von Standpunkt und Intension des Filmschöpfers, von der Auswahl, Anordnung und Interpretation des Materials.[10]
In der DDR existierte von 1946 bis 1981 die DEFA-Wochenschau „Der Augenzeuge“. Sie erschien als Vorprogramm zum Spielfilm im Kino. Die Ausgaben erschienen am Anfang nur monatlich, dann vierzehntägig und ab Frühsommer 1946 wöchentlich. Ab 1956 wurden zwei Ausgaben wöchentlich produziert.
2. Sozialistische Umgestaltung der DEFA-Wochenschau vom Volksvertreter zum Propagandainstrument der SED
Die Wochenschau „Der Augenzeuge“ wurde im Rahmen der „Deutschen Film AG“ (DEFA) im Dezember 1945 unter der Leitung von Kurt Maetzig gegründet. Die erste Ausgabe lief Ende Februar 1946 im deutschen Kino. Der „Augenzeuge“ verstand sich als Vertreter der Volksinteressen, der Sorgen und Nöte des Publikums ernst nimmt, Kritik übt und nachfragt.[11]
Mit dem Aufbau einer neuen, sozialistischen Gesellschaftsordnung 1948/49 wurde die Filmproduktion der DEFA schrittweise vom Staats- und Parteiapparat der DDR gesteuert und kontrolliert. Oberste Leitungsinstanz bildete die Abteilung Agitation des Zentralkomitees der SED, welche den Schwerpunkt der DEFA-Filmproduktion auf propagandistische Tätigkeit, Massenagitation und auf die Ziele der SED legte.[12]
[...]
[1] Es ist der Zeitraum von der Gründung der DDR im Oktober 1949 bis zum Volksaufstand im Juni 1953.
[2] Vgl. hier und im Folgenden: Meyers Neues Lexikon. Hg. vom VEB Bibliographisches Institut Leipzig. Leipzig, 2. Aufl., Bd.3 1972, S. 397f. und BI-Universallexikon. Hg. vom VEB Bibliographisches Institut Leipzig, Band 1, 1. Aufl., Leipzig 1985, S. 434 und Schroeder, Klaus: Der SED-Staat. Geschichte und Strukturen der DDR. München, 1. Aufl. 1998, S.607-620
[3] Vgl.: Ulbricht, Walter: Die gegenwärtige Lage und die neuen Aufgaben der SED. In: Protokoll 1952, S.58f. Zitiert nach Judt, Matthias: DDR-Geschichte in Dokumenten. Beschlüsse, Berichte, interne Materialien und Alltagszeugnisse. (Schriftenreihe, Band 350), Bonn 1998, S. 52f.
[4] Vgl.: Meyers Neues Lexikon. 1972, S. 423f.
[5] Vgl.: BI-Universallexikon. 1985, S. 434.
[6] Vgl.: Schroeder, Klaus: Der SED-Staat. 1998, S. 556.
[7] Die SED begann 1946 das Bildungs- und Schulsystem, d.h. Bildungsinhalt, Unterrichtsorganisation und Lehrerbildung sozialistisch umzugestalten und ideologisch auszurichten. Im Vordergrund standen die Umerziehung der vom Nationalsozialismus verführten Massen sowie die Rekrutierung systemloyaler Kader für Staatsapparat und Wirtschaft. Die 1951 durchgeführte Hochschulreform brachte die Zentralisierung des Hochschulwesens durch Gründung eines Staatssekretariats, das mit verbindlich vorgegebenen Studien- und Stoffplänen die einheitliche Steuerung und Leitung aller Universitäten sowie deren Einpassung in das System des Fünfjahresplans gewährleisten sollte. Vgl.: BI-Universallexikon. 1985, S. 433 und Schroeder, Klaus: Der SED-Staat. 1998, S. 618 und S.117.
[8] Die SED betonte auf dem III. Parteitag 1950, daß Kultur und Kunst eine bedeutende Rolle als „Waffe im Klassenkampf“, bei der ideologischen „Erziehung“, als Handlungsorientierung und auch für die Erfüllung des Fünfjahresplans spielen. Vgl.: Schroeder, Klaus: Der SED-Staat. 1998, S. 118 und S. 547-565.
[9] Vg.: Hüther, Jürgen: Ideologische Beeinflussung durch die Massenmedien in der DDR. In: Deutsche Filmkunst. Heft 5, 1959, S. 360-373.
[10] Vgl.: Meyers Neues Lexikon. Hg. vom VEB Bibliographisches Institut Leipzig. Leipzig 1963, Bd. 2, S. 662.
[11] Vgl.: Maetzig, Kurt: „Sie sehen selbst! Sie hören selbst! Urteilen Sie selbst!“. Anfangsjahre des Augenzeugen. In: Deutschlandbilder Ost. Dokumentarfilme der DEFA von der Nachkriegszeit bis zur Wiedervereinigung. Hg. von Peter Zimmermann, Konstanz 1995, S.29-46.
[12] So auch: Wilke, Jürgen: Medien DDR. In: Fischer Lexikon. Publizistik / Massenkommunikation. Hg. von Elisabeth Noelle-Neumann et al., S. 219-222 und 233f. und. 1994, S. 35-112 und Holzweißig, Gunter: Medienlenkung in der SBZ / DDR. In: Publizistik. 39. Jahrgang, Heft 1, 1994, S.58-72.
- Quote paper
- Katrin Tobies (Author), 2000, Einfluss politischer Programme der SED auf die DEFA-Wochenschau in der DDR 1949-1953, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57270
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