Abstract
„Darf man Terroristen töten?“ Diese Frage ist seit dem 11. September 2001 wieder in aller Munde. Aufgrund der aktuellen Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus, habe ich mich dazu entschieden, den Fokus meiner Arbeit auf diesen zu richten. Das Wort „islamistisch“ verwende ich hier nicht in dem Sinn von „streng muslimisch gläubig“, sondern in der gebräuchlicheren Bedeutung „fundamentalistisch muslimisch“. Da unser heutiges Rechtsverständnis in Deutschland immer noch von der Philosophie Immanuel Kants bestimmt ist, werde ich die oben gestellte Frage anhand des Menschenbildes und Rechtsverständnisses des Philosophen erörtern. Abschließend werde ich persönlich zum Umgang mit der terroristischen Bedrohung Stellung nehmen und Alternativen zu einer gewalttätigen Bekämpfung aufzeigen.
Gliederung:
Einleitung: Überblick
I. Islamistischer Terrorismus
1. Merkmale
2. Bedrohungslage
3. Ursachen und Täterprofil
4. Ziele
II. Der Menschenbild und Rechtsverständnis bei Immanuel Kant
1. Menschenbild
2. Rechtsverständnis
a) Strafrecht
b) Völkerrecht
III. Überprüfung der Vereinbarkeit des Tötens von Terroristen mit der Philosophie Immanuel Kants
Schluss: persönliche Stellungnahme, Alternativen der Bekämpfung von Terrorismus
Einleitung: Überblick
„Darf man Terroristen töten?“ Diese Frage ist seit dem 11. September 2001 wieder in aller Munde. Aufgrund der aktuellen Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus, habe ich mich dazu entschieden, den Fokus meiner Arbeit auf diesen zu richten. Das Wort „islamistisch“ verwende ich hier nicht in dem Sinn von „streng muslimisch gläubig“, sondern in der gebräuchlicheren Bedeutung „fundamentalistisch muslimisch“. Da Unser heutiges Rechtsverständnis in Deutschland immer noch von der Philosophie Immanuel Kants bestimmt ist, werde ich die oben gestellte Frage anhand des Menschenbildes und Rechtsverständnisses des Philosophen erörtern. Abschließend werde ich persönlich zum Umgang mit der terroristischen Bedrohung Stellung nehmen und Alternativen zu einer gewalttätigen Bekämpfung aufzeigen.
I. Islamistischer Terrorismus
1. Merkmale
Der Begriff des Terrors (lat. Terror: Furcht, Schrecken) wurde erstmals in der Französischen Revolution während der Schreckensherrschaft der Jakobiner unter Führung des radikalen Republikaners Robbespierres (1793-1794) verwendet für den Einsatz von zum Teil willkürlicher Gewalt gegen politische Gegner. Aber bereits aus der Frühgeschichte sind uns politisch motivierte Gewaltakte organisierter Gruppen bekannt. So berichtet Josephus Flavius in seinen Werken über die Sikarer, eine extreme Splittergruppe der Zeloten, die nach der römischen Besetzung Palästinas in Jerusalem aktiv wurden. Im Schutz feiernder Menschenmengen töteten sie mit einem unter dem Mantel verborgenen Dolch (sica) vor allem Geldverleiher, um die Eintreibung von Schulden zu verhindern. Neben diesem sozialen Element spielten bei ihren Taten auch politische Motive eine Rolle, als sie einen Hohenpriester umbrachten und den Palast der herodischen Dynastie nieder brannten.
Seitdem tauchte der Terrorismus im Laufe der Geschichte in den unterschiedlichsten Formen auf. Definitionsversuche gab es viele, aber mit Gewissheit lässt er sich nur als „Anwendung von Gewalt durch eine Gruppe bezeichnen, die zu politischen oder religiösen Zwecken gewöhnlich gegen eine Regierung, zuweilen auch gegen andere ethnische Gruppen, Klassen, Religionen oder politische Bewegungen vorgeht“ (Walter Laqueur).
Bezüglich der räumlichen Ausdehnung lassen sich drei Typen des Terrorismus unterscheiden: der nationale Terrorismus – in Zielsetzung und Aktionsradius auf das Territorium eines Staates beschränkt, der internationale Terrorismus mit zwar staatsinternen Zielen aber einem die Grenzen des Landes überschreitenden Tätigkeitsfeld, und der transnationale Terrorismus mit weltweiten Anschlagszielen und der Absicht, die internationale Ordnung zu verändern. Letztere Bezeichnung trifft beispielsweise auf das Terrornetzwerk Al-Quaida zu.
Islamistischer Terrorismus ist zudem religiös motiviert. Das Leben wird als immerwährender Kampf zwischen den guten Mächten Gottes und den teuflischen Kräften des Bösen begriffen. „Gut“ sind alle moslemischen Menschen, die nach der Scharia, dem traditionellen islamischen Gesetz, leben. Die westliche Welt mit ihrer auf den einzelnen Menschen ausgerichteten Weltsicht ist der Feind aller Gläubigen. Der Islamologe Ahmad Taheri beschrieb in der Frankfurter Rundschau vom 26. 9. 1990 das religiöse Ziel der Islamisten folgendermaßen: „Die Moslems haben die Pflicht, ihr Territorium gegen Angriffe der Ungläubigen zu verteidigen und zugleich die Welt der Ungläubigen zu unterwerfen, bis der Islam auf dem gesamten Globus herrscht.“ Die islamischen Radikalen streben also in ihrem revolutionären Kampf (Dschihad) keine Reform und keinen Verhandlungsfrieden an, sondern den Sturz des gesamten westlichen Systems.
Elliot Cohen, Mitglied der Defence Policy Boards und Mitarbeiter des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums spricht im Zusammenhang mit islamistischen Terrorismus von einem „modernen Krieg“: Der Gegner hat lediglich eine neue Form; er ist unsichtbar, unberechenbar und existiert an sich nicht. Deshalb können konventionelle Armeen in dieser Form des Krieges nicht eingesetzt werden.
Neuerdings taucht vor allem im anglophonen Sprachraum für islamistischen Terror auch die Bezeichnung „homegrown terrorism“ auf, für den Fall, dass er von Leuten ausgeht, die im Zielland des Terrors unscheinbar aufwuchsen und leben.
2. Bedrohungslage
„Warum sollten Angst, Tod, Zerstörung, Vertreibung, Verwaisung und Verwitwung weiterhin unser Schicksal bleiben, während Sicherheit, Stabilität und Glück euer Schicksal sind? Das ist ungerecht. Es ist Zeit, abzurechnen. Ihr werdet getötet werden, so wie ihr tötet, und ihr werdet bombadiert werden, so wie ihr bombadiert. Seid auf Erschütterungen gefasst.“ (Osama Bin Laden, Chefideologe der Al-Quaida in einer Tonbandaufzeichnung, ausgestrahlt von Al-Dschasira am 12. 11. 2002)
Die zahlreichen Bomben- und Selbstmordattentate auf US-amerikanische Einrichtungen und Zivilisten ausgeführt durch Islamisten bestätigen den Ernst dieser Worte. Am 11. September 2001 starben bei den Anschlägen auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington über 3000 Menschen – rund dreimal so viele wie in allen terroristischen Anschlägen der vergangenen 30 Jahre zusammen. Die oben geschilderte Einteilung der Welt in „gut“ und „böse“ legitimiert scheinbar die bedingungslose Gewalt der „Gläubigen“ gegen die „Ungläubigen“ und führt zu einem Streben nach immer höheren Opferzahlen. Die Bombenattentate islamistischer Terroristen auf den öffentlichen Nahverkehr am 11. 03. 2004 in Madrid mit 191 Toten und 1500 Verletzten und am 07. 07. 2005 in London mit 56 Toten und 700 Verletzten, sowie der jüngste Anschlag vom 24. 04. 2006 im ägyptischen Badeort Dahab mit über 20 Toten und 62 Verletzten, belegen die Aktualität der terroristischen Bedrohung.
Es ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis die Attentäter auch atomare, biologische und chemische Massenvernichtungswaffen gegen Zivilisten einsetzten werden. Angesichts der Komplexität bei der Beschaffung, Herstellung und Ausbringung solcher Substanzen ist es jedoch momentan für viele Terrorgruppen weiterhin leichter, Sprengsätze zu verwenden.
3. Ursachen
Armut wird oft als eine der Hauptursachen des islamistischen Terrorismus genannt. Ehemals als Kolonien von westlichen Ländern ausgebeutet, ist der Lebensstandard in vielen islamischen Ländern niedrig bis sehr schlecht. Aufgrund ihrer hohen Verschuldung sind die meisten Entwicklungsländer darauf angewiesen, Nahrungsmittel und Rohstoffe in den Westen zu exportieren, während die eigene Bevölkerung größtenteils in Armut lebt. Zudem führt in diesen Ländern das hohe Bevölkerungswachstum zu einer weiteren Verknappung lebenswichtiger Ressourcen, allen voran Wasser, so dass sich Krankheiten ausbreiten können. Die daraus resultierende Hoffnungslosigkeit und Unzufriedenheit der dort lebenden Menschen kann zu Hass gegen den zum Teil in Luxus lebenden Westen führen.
Durch den Zusammenbruch des Ostblocks und damit der planwirtschaftlichen Systeme entstand erstmals ein Weltmarkt, in dem sich die kapitalistische Marktwirtschaft über den ganzen Globus konkurrenzlos ausbreiten konnte. Industrialisierungprozesse, die in Europa über einen Zeitraum von ungefähr 200 Jahren stattfanden, verlangten nun von den Entwicklungsländern innerhalb kurzer Zeit wirtschaftliche und soziale Umbrüche. Davon überfordert suchten viele Leute Halt in der Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe oder auch einem traditionell und fundamentalistisch ausgelegten Islam.
Die Chancenungleichheit auf einem globalisierten Markt gegenüber den wirtschaftlich so starken westlichen Ländern frustriert und macht wütend. Über die Weltbank und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) diktiert unser kapitalistisches Wirtschaftssystem den armen Ländern die Bedingungen, unter denen sie sich weiter verschulden müssen, um eine Modernisierung voranzutreiben, die einigen wenigen nützt, aber vielen die Lebensgrundlage nimmt. Das Bruttoinlandsprodukt aller arabischen Länder zusammengenommen betrug 1998 weniger als das Spaniens.
Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch militärisch demonstriert der Westen seine Macht. Während der Zeit des Kalten Krieges unterstützten die USA, u.a. durch militärische Interventionen, diktatorische arabische Staaten, um sie für ihre Seite gegen den Sowjetunion zu gewinnen. Für Osama Bin Laden stellt die Stationierung von Militärbasen westlicher Staaten auf den Boden von muslimischen Ländern eine Besatzung durch Ungläubige dar und rechtfertigt die Notwendigkeit des Dschihad.
Insbesondere im militärischen Bereich wird deutlich, dass sich die Macht in der Welt vorwiegend in den Händen einer einzigen Nation – nämlich den USA – konzentriert. Die Erkenntnis dieser Ungerechtigkeit und das Bedürfnis, daran etwas zu ändern, kommen nicht nur in den armen Ländern auf.
Es stellt sich die Frage, warum die islamische Bevölkerung des Mittleren und Nahen Ostens die positiven politischen Errungenschaften des Westens wie Menschenrechte, Pluralismus und Meinungsfreiheit anerkennen und übernehmen sollten, wenn sie diesen in erster Linie durch eine Politik kennen lernen, die diese Werte zugunsten politischer und ökonomischer Vorteile oft missachtet. Während sich demokratische Institutionen nur langsam globalisieren, verbreiten sich die mit den freien Märkten verbundenen Untugenden wie Waffen, Prostitution und Drogen schnell über die ganze Welt. Diese negativen Beispiele für unsere westliche Lebensweise machen es schwierig, Liberalismus und Demokratie in den arabischen Staaten einzuführen und haben sogar auch leider die Bekämpfung unserer Kultur zur Folge.
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- Arbeit zitieren
- Katharina Baessler (Autor:in), 2006, Darf man Terroristen töten? - Erörterung dieser Frage anhand des Menschenbildes und Rechtsverständnisses in der Philosophie Immanuel Kants, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57070
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