Max von der Grüns Buch "Die Vorstadtkrokodile. Eine Geschichte zum Aufpassen" ist eines der auflagestärksten Werke der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur und ein oft behandeltes Buch im Deutschunterricht.
Im ersten Teil meiner Arbeit gehe der Frage nach, ob das Buch, wie man es oftmals von Deutschlehrern hört oder in Empfehlungen liest, einen modernen Klassiker der deutschen Kinder- und Jugendliteratur darstellt. Danach werde ich untersuchen, ob das Buch heutzutage immer noch geeignet für den Einsatz im Deutschunterricht ist. Schließlich sind inzwischen seit der Erstveröffentlichung des Buches dreißig Jahre vergangen, in denen sich zum einen die Kinder- und Jugendliteratur, zum anderen aber auch die Lesevorlieben und Lesebedürfnisse der Zielgruppe geändert haben. Dazu kommt die Frage, ob das Buch nach dreißig Jahren thematisch genug Anknüpfungspunkte an die Lebenswirklichkeit der jugendlichen Leser bietet, oder ob sich die im Buch angesprochenen Themen nicht mehr im Lebensbild der Leser widerspiegeln und daher für diese uninteressant sind.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. „Vorstadtkrokodile“ –
Ein moderner Klassiker
2.1 „Vorstadtkrokodile“ –
Eine inhaltliche Zusammenfassung
2.2 Kinder- und Jugendliteratur der
siebziger Jahre
2.3 Was ist ein Klassiker der KJL?
2.4 Analyse:
Ist das Buch „Vorstadtkrokodile“ als Klassiker
der KJL zu bezeichnen?
3. Heutige unterrichtliche Relevanz
3.1 Ganzschriften im Unterricht
3.2 „Vorstadtkrokodile“ – Nach dreißig Jahren
noch eine Option für den Deutschunterricht?
Literatur
1. Einleitung
Max von der Grüns Buch „Die Vorstadtkrokodile. Eine Geschichte zum Aufpassen“ ist eines der auflagestärksten Werke der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur und ein oft behandeltes Buch im Deutschunterricht.
Im ersten Teil meiner Hausarbeit gehe der Frage nach, ob das Buch, wie man es oftmals von Deutschlehrern hört oder in Empfehlungen liest, einen modernen Klassiker der deutschen Kinder- und Jugendliteratur darstellt.
Danach werde ich untersuchen, ob das Buch heutzutage immer noch geeignet für den Einsatz im Deutschunterricht ist. Schließlich sind inzwischen seit der Erstveröffentlichung des Buches dreißig Jahre vergangen, in denen sich zum einen die Kinder- und Jugendliteratur, zum anderen aber auch die Lesevorlieben und Lesebedürfnisse der Zielgruppe geändert haben. Dazu kommt die Frage, ob das Buch nach dreißig Jahren thematisch genug Anknüpfungspunkte an die Lebenswirklichkeit der jugendlichen Leser bietet, oder ob sich die im Buch angesprochenen Themen nicht mehr im Lebensbild der Leser wiederspiegeln und daher für diese uninteressant sind.
2. „Vorstadtkrokodile“ – Ein moderner Klassiker
2.1 „Vorstadtkrokodile“ –
Eine inhaltliche Zusammenfassung
Max von der Grün erzählt in seinem 1976 erschienenen Buch die Geschichte der Vorstadtkrokodile, einer Clique von Kindern und Jugendlichen aus der Papageiensiedlung, einem Vorort von Dortmund. Zu dieser Gruppe möchte auch der zehnjährige Hannes gehören. Um Mitglied zu werden muss Hannes eine Mutprobe absolvieren. Er muss auf das Dach einer ehemaligen Ziegelfabrik klettern und das Wort „Krokodil“ ausrufen. Hierbei rutscht Hannes ab. Er kann sich nur mit Mühe an der Dachrinne festhalten und wird schließlich in letzter Minute durch die von Maria, dem einzigen weiblichen Mitglied der Vorstadtkrokodile und Schwester von Olaf, dem Anführer der Gruppe, gerufenen Feuerwehr gerettet.
Hannes bekommt von seinen Eltern zur Strafe Arrest und Fernsehverbot. Durch Zufall erblickt er Kurt, einen querschnittsgelähmten Jungen aus der Nachbarschaft, auf der Straße. Wenige Tage später treffen sich beide Jungen am Supermarkt wieder und freunden sich an.
Hannes stellt den Antrag, Kurt bei den Krokodilern aufzunehmen, was aber von den anderen Kindern mit dem Hinweis auf Kurts Behinderung brüsk abgelehnt wird.
„'So ein Quatsch', rief Olaf. 'Was sollen wir denn mit dem, mit einem Krüppel, der dauernd gefahren werden muss. Wir können nur welche brauchen, die auf Bäume und Dächer klettern'“ (von der Grün 2001, S. 33f).
Als Hannes wenige Tage später wieder bei Kurt zu Gast ist, berichtet dieser ihm, er habe die gesuchten Diebe, die seit einiger Zeit nachts in Geschäfte der Umgebung einsteigen und für deren Ergreifung eine hohe Belohnung ausgesetzt ist, bei einem Einbruch beobachtet. Als Gegenleistung für weitere Informationen nötigt Kurt Hannes das Versprechen ab, ihn mit zu den Vorstadtkrokodilen zu nehmen. Kurts Informationen sind aber nicht die von Hannes erwarteten Namen. Kurt weiß lediglich, dass es sich um drei Täter handelt, die auf Mopeds zu den Einbrüchen fahren. Bei einem der Mopeds sind am Lenker auffällige bunte Bänder befestigt.
Hannes gibt diese Informationen an die anderen Krokodiler weiter, die sich aber auch mehr davon versprochen hatten. Schließlich gebe es sehr viele Mopeds, auf welche diese Beschreibung zuträfe. Selbst Egon, der große Bruder von Frank, einem weiteren Mitglied der Vorstadtkrokodile, besäße ein solches Moped. Und von dessen Unschuld sind alle Gruppenmitglieder überzeugt. Hannes stellt erneut den Antrag, Kurt bei den Krokodilern aufzunehmen, diesmal mit dem Hinweis auf das gegebene Versprechen. Aber auch diesmal wird sein Ansinnen abgelehnt. Trotzdem teilt Olaf, der Anführer der Vorstadtkrokodile, Hannes am Abend mit, er solle Kurt am nächsten Tag mitbringen, die anderen Gruppenmitglieder würden sich dann schon mit dessen Anwesenheit abfinden.
So fahren die Krokodiler am nächsten Tag zusammen mit Kurt zur Alten Ziegelei, auf deren Gelände sie sich eine neue Hütte errichten, nachdem ihre alte Hütte im Wald zerstört wurde. Da Kurt beim Hüttenbau nicht helfen kann, rollt er alleine auf den Hof und in ein altes Bürogebäude, wo er den abschüssigen Flur übersieht und in den Keller rollt. Nach einiger Zeit wird er von den übrigen Krokodilern befreit, die sich teilweise in ihren alten Vorurteilen gegenüber Menschen mit Behinderungen bestätigt sehen. Kurt macht sie auf eine Tür am Ende des Ganges aufmerksam. Hinter dieser Tür finden die Krokodiler das Warenlager der Diebesbande. Zuerst überlegen sie, das Lager dauernd zu überwachen, um so die Täter zu überführen. Da ihnen dies aber nicht möglich ist, wird der Plan verworfen. Plötzlich betreten Franks Bruder Egon und einer seiner Freunde den Hof der Ziegelei. Als sie Kurt und die übrigen Krokodiler sehen, reagieren sie sehr gereizt und fordern die Kinder in wüstem Ton auf, das Gelände zu verlassen. Frank und besonders Kurt drohen sie Prügel an. Wenige Tage später erfahren die Krokodiler, dass der Schornstein der Ziegelei gesprengt werden soll. Sie beobachten das Schauspiel. Neben anderen Schaulustigen sind auch Egon und zwei weitere junge Männer mit ihren Mopeds anwesend. Kurt und Olaf beobachten sie aus den Augenwinkeln. Sie haben den Eindruck, dass Egon und seine Freunde verdächtig in Richtung des alten Bürogebäudes schauen. Am darauffolgenden Samstag findet in der Kleinen Schweiz, einem Waldstück in der Nähe der Papageiensiedlung, ein Fest statt, das von einem Großteil der Anwohner besucht wird. Kurt hat die Idee, dass dieser Tag für die Diebe optimal sei, um das Diebesgut unbemerkt aus dem alten Bürogebäude zu schaffen, da sich die Bewohner der Siedlung auf dem Fest befinden werden. Unter einem Vorwand verlassen die Kinder das Fest und begeben sich in ihre Hütte auf dem Gelände der Ziegelei. Nach einiger Zeit nähert sich ein weißer Lieferwagen dem Fabrikgelände. Egon und zwei weitere junge Männer steigen aus und beginnen, die gestohlenen Gegenstände aus dem Keller in den Wagen zu räumen. Während sie sich im Keller der Bürogebäudes befinden, laufen plötzlich mehrere spielende italienische Kinder den Weg zur Ziegelei entlang. Sie erblicken den offenen Lieferwagen und nehmen unter lautem Jubel mehrere Kisten und ein Fahrrad heraus. In diesem Moment kommen Egon und seine Freunde aus dem Keller. Wütend verjagen sie die Kinder, die wenig später mit dem Diebesgut von der Polizei aufgegriffen werden. Die Zeitungen vermelden den Erfolg. Die Krokodiler befinden sich nun in einer Zwickmühle. Einerseits wissen sie, dass die italienischen Kinder unschuldig sind, wollen aber andererseits die wahren Täter nicht anzeigen, da einer von ihnen Franks Bruder Egon ist. Sie beschließen zur Polizei zu gehen, um dort ihre Beobachtung zu melden, die Namen der Täter aber zu verschweigen. Auf diese Weise entlasten sie die unschuldigen italienischen Kinder ohne Franks Bruder und seine Freunde zu belasten. Wenige Tage später treffen Maria, Hannes und Kurt zufällig auf Egon, der Kurt zuerst beschimpft und dann versucht den Rollstuhl umzuschmeißen. Nach dieser erneuten Attacke auf Kurt durch Egon beschließen Hannes und Maria, diesen nicht weiter zu schützen. Sie berichten der Polizei die ganze Geschichte, was zur Verhaftung der Diebe führt.
2.2 Kinder- und Jugendliteratur der siebziger Jahre
In den sechziger Jahren macht sich in der Bundesrepublik Deutschland ein anderes Kindheitsbild breit. Kinder sollen sich emanzipieren, sollen an der Welt der Erwachsenen gleichberechtigt teilnehmen. Zeitgleich änderte sich auch die gesellschaftliche Meinung über den Sinn von Erziehung. So sollte die Erziehung Emanzipation der Kinder und deren gesellschaftliche Teilhabe erreichen und nicht länger der Ein- oder Unterordnung in eine gesellschaftliche Struktur dienen.
Dieser Wandel der Kindheitsvorstellung und der Erziehung hatten einen Wandel der Kinder- und Jugendliteratur zur Folge, da man die Forderung nach politischer Erziehung an diese stellte (vgl. Scheiner 2000, S. 121). Aber auch die Autoren wollten durch ihre Werke „aufklären, zu Solidarität, Toleranz und Mitmenschlichkeit erziehen und dazu beitragen, dass Kinder sich zu selbstbestimmten und selbstbewussten Persönlichkeiten entwickeln“ (Schikorsky 2003, S 157). So erfuhr die Kinder- und Jugendliteratur in den siebziger Jahren als wichtiges Sozialisationsmedium eine enorme gesellschaftliche Aufwertung. Dies lässt sich zum Beispiel an der Vielzahl der zwischen 1970 und 1980 neu gestifteten Kinder- und Jugendliteraturpreise festmachen (vgl. Schikorsky 2003, S. 152f).
Neben der antiautoritären Kinder- und Jugendliteratur, die weitestgehend in der ersten Hälfte des Jahrzehnts verfasst wurde und auf die ich im Folgenden nicht eingehen möchte, da sie schon früh aufgrund ihrer Dogmatik als für Kinder ungeeignet abgelehnt wurde (vgl. Scheiner 2000, S. 123), entstand die problemorientierte Kinder- und Jugendliteratur. Hierbei stand die Idee Pate, dass für Kinder die gleichen Rechte wie für Erwachsene gelten sollen. Daher dürfe es für Kinder auch keine Tabus geben ( vgl. ebd., S. 121). Alle Themen galten als kinderliterarisch darstellbar, somit wurde die Enttabuisierung zum Charakteristika dieser Kinder- und Jugendliteratur (vgl. ebd., S.123). Thematisiert werden von nun an Themen wie das Dritte Reich und der Holocaust, Jugendkriminalität, Drogen, Armut, Migration, Menschen mit Behinderungen, Gewalt und der Tod ( vgl. Kliewer 1990, 334-345), die bisher als nicht kindgemäß abgelehnt wurden. Die Kinder- und Jugendliteratur wendet sich somit der Lebenswirklichkeit ihrer Leser zu (vgl. Scheiner 2000, S. 123). Auf die „bis dahin übliche 'Heile-Welt'-Sicht“ (Schikorsky 2003, S. 155) wird verzichtet. Neben diesem „konsequenten Realismus“ (Schikorsky 2003, S. 155), einem eher inhaltlichen Merkmal der Kinder- und Jugendliteratur dieser Epoche, kann man auch einen stilistischen Wandel erkennen, der sich in einer Veränderung der Erzählperspektive manifestiert. Der bis dahin in der Kinder- und Jugendliteratur benutze auktoriale Erzähler, der die Geschichte nicht nur erzählt, sondern das Geschehen auch kommentiert und Werturteile gibt (vgl. Gansel 1999, S. 28), tritt in den Hintergrund und macht einem personalen Erzählstil Platz (vgl. Scheiner 2000, S.125). Hierbei wirkt der Erzähler nicht als Vermittlungsinstanz. Er tritt nicht mehr als persönlicher Sprecher auf und gibt so keine Kommentare oder Wertungen zur den geschilderten Handlungen. Ebenso entfallen moralische Urteile durch den Erzähler (vgl. Gansel 1999, S. 32). Die realistische Kinder- und Jugendliteratur der siebziger Jahre soll sich nicht nur thematisch von der Erwachsenenliteratur unterscheiden und ihren Wirklichkeitsbezug aufweisen (vgl. Schikorsky 2003, S. 153), sondern sich auch im stilistisch und im Bezug auf Komplexität an diese angleichen (vgl. Scheiner 2000, S. 121).
[...]
- Arbeit zitieren
- Simon Hink (Autor:in), 2006, Der Klassiker "Die Vorstadtkrokodile" unter heutiger unterrichtlicher Relevanz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56870
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.