Ziele müssen klar formuliert, mit allen Beteiligten kommuniziert und überprüfbar sein. Zur Lösung der Problemstellung bietet sich ein Konzept an, welches Ziele abbildet und mit Hilfe von Kennzahlen überprüft. In der Praxis sind bereits einzelne Forschungs- und Entwicklungsbezogene Kennzahlen bekannt und in der Literatur zahlreich vorhanden. Eine Kennzahl, die jedoch nur einzeln dargestellt wird, vermag nicht die Beziehungen in der komplexen Welt der F&E abzubilden und verliert daher ihre Aussagekraft.
Um zwischen einzelnen Zielen und Kennzahlen einen Zusammenhang herzustellen und die Produktentwicklung auf die Unternehmensvision auszurichten, wird in der vorliegenden Arbeit das Managementsystem der Balanced Scorecard aufgegriffen und auf die Gegebenheiten der Produktentwicklung angewendet.
Ziel dieser Arbeit ist es, ein praxisorientiertes Konzept zum Einsatz von Balanced Scorecard (BSC) in der Produktentwicklung zu erarbeiten. Das resultierende Balanced Scorecard Konzept muss dabei stets im Einklang mit den Unternehmensvorgaben stehen, wobei gleichzeitig den individuellen Anforderungen der Produktentwicklung Rechnung zutragen ist.
Inhaltsverzeichnis
ii. Abbildungsverzeichnis
iii. Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Glossar
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Vorgehensweise und Struktur der Arbeit
2 Einführung in das Balanced Scorecard Konzept
2.1 Merkmale des BSC Konzepts
2.2 Die vier Balanced Scorecard Perspektiven
2.2.1 Die Finanzperspektive
2.2.2 Die Kundenperspektive
2.2.3 Die interne Prozessperspektive
2.2.4 Die Lern- und Entwicklungsperspektive
2.3 Verknüpfung von Kennzahlen und Unternehmensstrategie
2.4 Verknüpfung durch Ursache- und Wirkungsbeziehungen
2.5 Balanced Scorecard im deutschsprachigen Raum
3 Management und Controlling von F&E
3.1 Begriffsbestimmung
3.2 Leistungsmessung in F&E
3.3 Produktentwicklung als kritischer Erfolgsfaktor
3.4 Kernaufgaben des F&E Managements
3.5 Controlling in der Produktentwicklung
3.5.1 Operatives F&E Controlling
3.5.2 Strategisches F&E Controlling
4 BSC Konzept für die Produktentwicklung
4.1 Voraussetzungen für den PE-Bereich und seine Mitarbeiter
4.2 Ableitung der Balanced Scorecard
4.2.1 Herunterbrechen der Unternehmens-BSC
4.2.2 Unabhängige Entwicklung einer BSC für die Produktentwicklung
4.3 Schritt 1: Klärung von Vision und Mission
4.4 Schritt 2: Strategiefindung
4.4.1 Technologiestrategien
4.4.2 Erster Workshop
4.5 Schritt 3: Auswahl der BSC-Perspektiven
4.6 Schritt 4: Ableitung von strategischen Zielen und Treibern
4.7 Schritt 5: Herstellung von Ursache- und Wirkungszusammenhängen
4.7.1 Zweiter Workshop
4.8 Schritt 6: Definition von Kennzahlen
4.9 Schritt 7: Ableitung von strategischen Maßnahmen
4.9.1 Dritter Workshop
4.10 Darstellung der Balanced Scorecard
4.11 Kontinuierlichen Einsatz der Scorecard gewährleisten
4.11.1 Balanced Scorecard in das Berichtssystem integrieren
4.11.2 Vierter Workshop
4.12 Zusammenfassung des Vorgehensmodells
5 Softwarelösungen für Balanced Scorecard
5.1 Spreadsheets als Interimslösung in der Einführungsphase
5.2 Der Software-Auswahlprozess
5.2.1 Grundsätzliche Realisierungsmöglichkeiten eines BSC-Systems
5.2.2 Der Auswahlprozess in vier Schritten
5.2.3 Entscheidungsmodell zur Softwareauswahl
6 Möglichkeiten und Grenzen der Balanced Scorecard
Literaturverzeichnis
Bücher und Aufsätze
Internet Quellenverzeichnis
Anhang
ii. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Struktur der Studienarbeit
Abbildung 2: Früh- und Spätindikatoren
Abbildung 3: Vorgehensweise des BSC Konzepts
Abbildung 4: Die Balanced Scorecard und ihre vier Perspektiven
Abbildung 5: Mögliche Messgrößen der internen Prozessperspektive
Abbildung 6: Die vier Balanced Scorecard Perspektiven und ihre Kernaspekte
Abbildung 7: Grafische Aufbereitung einer Ursache- Wirkungskette
Abbildung 8: Ausbreitungsgrad der Balanced Scorecard
Abbildung 9: Außenstrukturierung des F&E Bereichs
Abbildung 10: Innenstrukturierung des F&E Bereichs
Abbildung 11: Phasenstruktur und Aufbau des BSC Projekts
Abbildung 12: Organigramm des Projekts
Abbildung 13: Vertikaler und horizontaler Roll-out
Abbildung 14: Entscheidungskriterien zur Auswahl der Methoden
Abbildung 15: Überblick über die Vorgehensweise
Abbildung 16: Komponenten einer Vision
Abbildung 17: Mission der Microsoft Corporation
Abbildung 18: Die vier BSC Perspektiven der Produktentwicklung
Abbildung 19: Identifikation der Treiber
Abbildung 20: Finden von Ursache- und Wirkungszusammenhängen
Abbildung 21: Fokussierung auf strategisch beabsichtigte Ursache-/Wirkungsketten
Abbildung 22: Vermeidung redundanter Zielbeziehungen
Abbildung 23: Zielableitungsprozess
Abbildung 24: Anforderungen an Key Performance Indikatoren
Abbildung 25: Zusammenhang zwischen Maßnahmen und Kennzahlen
Abbildung 26: Priorisierung von strategischen Maßnahmen
Abbildung 27: Strategischer Managementprozess mit der BSC
Abbildung 28: Informationsdilemma der Führungskräfte
Abbildung 29: Vier Phasen zur Implementierung einer BSC im F&E Bereich
Abbildung 30: Balanced Scorecard Server
Abbildung 31: Abfolge der vier Schritte zur Software Auswahl
Abbildung 32: Entscheidungsmodell zur Softwareauswahl
iii. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Interne und externe Potentiale des strategischen F&E Controlling
Tabelle 2: SWOT-Analyse
Tabelle 3: Technologiestrategien nach Zörgiebel
Tabelle 4: Technologiepolitiken nach Porter
Tabelle 5: Technologiestrategien und BSC-Perspektiven
Tabelle 6: Ursache- und Wirkungsbeziehungen in der Zielkarte
Tabelle 7: Darstellung einer Zielkarte
Tabelle 8: Darstellung einer Zielkarte
Tabelle 9: Instrument zur Auflistung der strategischen Maßnahmen
Tabelle 10: Balanced Scorecard mit MS Excel
Tabelle 11: Darstellung der Balanced Scorecard
Tabelle 12: Tabellenlösung für die Balanced Scorecard
Tabelle 13: Eine BSC für den F&E Bereich in sieben Schritten erstellen
Tabelle 14: Zielkarte als Grundlage für eine Spreadsheet Lösung
Tabelle 15: Vorbereitungsfragen zur Softwareauswahl
Tabelle 16: Realisierungsvarianten von BSC Softwarelösungen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Glossar
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
„Die größte Schwierigkeit der Welt besteht nicht darin, Leute dazu zu bewegen neue Ideen anzunehmen, sondern alte zu vergessen.“
[John Maynard Keynes, Ökonom]
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
In fast allen Branchen ist derzeit eine zunehmende turbulente und dynamische Unternehmensumwelt zu beobachten. Unternehmungen werden ständig vor neue Herausforderungen gestellt und eine hohe Flexibilität ist notwendig, um auf geänderte Bedingungen zu reagieren. Der weltweite Trend geht dahin, dass immer schneller bessere und kostengünstigere Produkte auf den Markt gebracht werden müssen, um im Konkurrenzkampf mitzuhalten. Eine zentrale Anforderung an die Unternehmen ist oft der möglichst frühe Markteintritt neuer Produkte, damit ein Wettbewerbsvorteil erzielt werden kann. Im Umfeld der Technologieunternehmen kommt unter diesen Aspekten der „Produktentwicklung“ eine erfolgskritische Schlüsselfunktion zu. Einen Beitrag zur Bewältigung dieser Anforderungen kann die Auseinandersetzung mit folgender Fragestellung leisten:
„Wie kann man strategische Ziele eines Unternehmens auf die Produktentwicklung herunterbrechen, formulieren und kommunizieren, so dass sich alle Mitarbeiter motiviert für den Unternehmenserfolg engagieren?“[21]
Ziele müssen klar formuliert, mit allen Beteiligten kommuniziert und überprüfbar sein. Zur Lösung der Problemstellung bietet sich ein Konzept an, welches Ziele abbildet und mit Hilfe von Kennzahlen überprüft. In der Praxis sind bereits einzelne Forschungs- und Entwicklung (F&E)-bezogene Kennzahlen bekannt und in der Literatur zahlreich vorhanden. Eine Kennzahl, die jedoch nur einzeln dargestellt wird, vermag nicht die Beziehungen in der komplexen Welt der F&E abzubilden und verliert daher ihre Aussagekraft.
Um zwischen einzelnen Zielen und Kennzahlen einen Zusammenhang herzustellen und die Produktentwicklung auf die Unternehmensvision auszurichten, wird in der vorliegenden Arbeit das Managementsystem der Balanced Scorecard aufgegriffen und auf die Gegebenheiten der Produktentwicklung angewendet.
Ziel dieser Arbeit ist es, ein praxisorientiertes Konzept zum Einsatz von Balanced Scorecard (BSC) in der Produktentwicklung zu erarbeiten. Das resultierende Balanced Scorecard Konzept muss dabei stets im Einklang mit den Unternehmensvorgaben stehen, wobei gleichzeitig den individuellen Anforderungen der Produktentwicklung Rechnung zutragen ist.
1.2 Vorgehensweise und Struktur der Arbeit
In Kapitel 2 wird zunächst ein allgemeiner Überblick über das von Robert Kaplan und
David Norton entwickelte Balanced Scorecard Konzept für Unternehmen gegeben. Es wird das klassische Konzept mit den vier Perspektiven auf Unternehmensebene betrachtet, um einen Einstieg in die Thematik zu geben.
Im folgenden Kapitel 3 wird auf Management und Controlling im F&E Bereich eingegangen. Es wird die Schlüsselstellung von F&E Tätigkeiten bei Technologieunternehmen verdeutlicht und die Notwendigkeit eines effizienten Managementsystems geklärt.
Durch eine Synthese der Balanced Scorecard Grundlagen und den spezifischen Anforderungen des F&E Bereichs wird in Kapitel 4 ein Konzept zum Einsatz von BSC in der Produktentwicklung erarbeitet. Im dargestellten Vorgehensmodell wird ein universeller Ansatz verfolgt, welcher es ermöglichen soll, ein BSC Projekt im F&E Bereich zu starten, unabhängig davon, ob eine Balanced Scorecard für das Gesamtunternehmen vorhanden ist.
Das fünfte Kapitel geht auf softwaretechnische Umsetzungsmöglichkeiten der BSC ein, damit ein dauerhafter und effizienter Einsatz des BSC Systems sichergestellt werden kann. Zentrales Thema ist das Entscheidungsverfahren zur Auswahl einer geeigneten Softwarelösung unter Berücksichtungen individueller Anforderungen eines F&E Bereichs.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Struktur der Studienarbeit
2 Einführung in das Balanced Scorecard Konzept
„Transform Strategy into Action.“[22] Mit diesen Schlagworten der Urväter der Balanced Scorecard, Robert S. Kaplan und David P. Norton, ist die Kernaufgabe des BSC-Konzepts bereits treffend umrissen.
Das Balanced Scorecard Konzept wurde in den Jahren 1989 bis 1990 im Rahmen einer Studie zur Performancemessung bei einigen amerikanischen Großunternehmen entwickelt. Das Endergebnis dieser Studie lieferte für damalige Verhältnisse etwas Überraschendes: Konventionelle Ansätze des Performance Managements seien zu stark an monetären Größen ausgerichtet und daher fast ausschließlich vergangenheitsorientiert. Weiterhin war es kaum möglich die „Verursacher-Parameter“ der erfassten monetären Kennzahlen detailliert zu erfassen und zu analysieren, da Aufzeichnungen über entsprechende Größen nicht vorhanden waren. Es fiel darüber hinaus auf, dass oft eine unzureichende Verzahnung der strategischen mit der operativen Ebene bestand.[23]
Es wurde bezweifelt, ob ein solch einseitiges Performance Management für die Anforderungen einer, auf schnelles Wachstum gerichteten, strategiekonformen Unternehmenssteuerung geeignet ist.
Somit entstand das Konzept eines ganzheitlichen Modells, welches durch finanzielle und nichtfinanzielle Kennzahlen, strategische und operative Anforderungen ausgewogen integrierte. Durch das Balanced Scorecard System kann die langfristige Unternehmensstrategie in Teilziele gegliedert und mit kurz- und mittelfristigen operativen Maßnahmen verbunden werden.[24]
Kapitel 2 soll einen allgemeinen Überblick über das Balanced Scorecard System auf Unternehmensebene geben. Es wird der grundlegende Ansatz von Kaplan und Norton vorgestellt. Ein für die Erfordernisse der Produktentwicklung angepasstes Konzept wird in Kapitel 4 verfolgt.
2.1 Merkmale des BSC Konzepts
Im Unterschied zu klassischen Steuerungssystemen, wie beispielsweise dem Du-Pont System,[25] oder ZVEI[26], berücksichtigt die Balanced Scorecard nicht nur finanzielle Kennzahlen, sondern auch nichtmonetäre.
Das Unternehmen oder der Unternehmensbereich wird zumeist aus vier unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Die von Kaplan und Norton ursprünglich vorgeschlagenen Perspektiven sind: Die Finanzperspektive, die Kundenperspektive, die interne Prozessperspektive und die Lern- und Entwicklungsperspektive.
Jede der vier Perspektiven beinhaltet spezifische strategische Ziele denen Kennzahlen zugeordnet werden. Diese werden aus der Unternehmensstrategie gemäß Vision und Mission abgeleitet. Eine Vision beschreibt die Fernziele und das Zukunftsbild eines Unternehmens, aus Sicht des Senior-Managements, mit wenigen Worten. Die Unternehmensmission beinhaltet eine Beschreibung von Aufgaben, Mechanismen und Randbedingungen für ein Unternehmen.
Näheres zur Mission und Vision findet sich in Kapitel 4.3. Zwischen verschiedenen Zielen und Kennzahlen bestehen Verknüpfungen, die in einem Ursache-Wirkungszusammenhang stehen. So kann zum Beispiel eine Änderung der Kennzahl „Kundentreue“ in der Kundenperspektive einen Einfluss auf den Wert „Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit“ in der Finanzperspektive haben.
Unter den Kennzahlen wird unterschieden zwischen „nachlaufenden“ Spätindikatoren und „vorlaufenden“ Frühindikatoren. Spätindikatoren beschreiben Ergebnisse strategischer Maßnahmen und spiegeln daher Ziele der Strategie wider. Frühindikatoren hingegen sind Kennzahlen, die als Leistungstreiber auf Spätindikatoren wirken.[27]
Jedem strategischen Ziel sollten Spät- und Frühindikatoren zugeordnet werden. So werden einerseits der Zielerreichungsgrad gemessen und andererseits bereits frühzeitig Warnsignale aufgezeigt. Dieser Aufbau ist exemplarisch in Abbildung 2 auf der nächsten Seite dargestellt. Als strategisches Ziel wurde beispielhaft „Verbesserung der Kundenzufriedenheit“ in der Kundenperspektive herausgegriffen. Die Kennzahl „Kundentreue“ ist ein ex post Indikator für zufriedene Kunden. Die Kennzahlen „Intensität der Kundenbeziehungen“ und „Umfragewerte über Zufriedenheit“ können bereits im Voraus andeuten, ob die Zielerreichung gefährdet ist. Letztendlich haben sie somit einen Einfluss auf den die Kennzahl Kundentreue am Ende des Betrachtungszeitraums haben wird.[28]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Früh- und Spätindikatoren[29]
Insgesamt ist zu sagen, dass die Balanced Scorecard dazu dient, die jeweilige Strategie an bestimmte Kennzahlen zu knüpfen. Daher kann die Balanced Scorecard als ein Instrument zur Strategieimplementierung[30] gesehen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Vorgehensweise des BSC Konzepts[31]
Abschließend sei ein Überblick über das grobe Vorgehen beim Erstellen einer Balanced Scorecard gegeben.
In der Abbildung 3 bilden Vision und Mission die Grundlage des gesamten BSC Konzepts. Als nächste Instanz gibt die Strategie des Unternehmens oder gegebenenfalls des Bereichs „Produktentwicklung“ den Rahmen für die BSC vor. Darunter wird der BSC Entwicklungsprozess zusammengefasst, der von der Ableitung strategischer Ziele bis zur Festlegung von Initiativen voranschreitet.
Durch das Übersetzen von Mission und Vision in konkrete Ziele und Kennzahlen sowie durch das Herunterbrechen des Konzepts in alle Unternehmensbereiche, werden alle Mitarbeiter über die Schlüsselfaktoren für den gegenwärtigen und zukünftigen Unternehmenserfolg informiert.
Das Ableiten strategischer Maßnahmen ermöglicht, dass spezifische Kenngrößen gesteuert werden können. Im Gegensatz zu klassischen Kontrollsystemen stellt das BSC-Konzept eine Möglichkeit dar, um zu einem auf Kommunikation, Information und Lernen basierenden Performance Management System zu gelangen.
2.2 Die vier Balanced Scorecard Perspektiven
Die Anwendung der Balanced Scorecard als Managementsystem setzt voraus, dass das Unternehmen seine Vision und Mission bereits vor Augen hat. Ferner muss die zur Umsetzung nötige Strategie bereits entwickelt sein. Die Unternehmensstrategie wird dann, von den vier Perspektiven ausgehend, in strategische Teilziele und die jeweils dazugehörigen Kennzahlen übersetzt. Die sich aus diesen vier Perspektiven ergebenden Kennzahlen dienen somit dazu, die Vision und Strategie bis auf eine für alle Mitarbeiter handlungsrelevante Ebene herunterzubrechen und ihnen somit ihren jeweiligen Standpunkt bzw. Fortschritt innerhalb eines langfristigen Planes zu verdeutlichen. "Daraus resultiert ein gemeinsames Modell des gesamten Unternehmens, welches durch die zu entwickelnden Kennzahlen eine Balance erhält,
- einerseits zwischen extern orientierten Messgrößen für Anteilseigner/Teilhaber und Kunden und internen Messgrößen für kritische Geschäftsprozesse, Innovation, Lernen und Wachstum,
- andererseits zwischen Messgrößen der Ergebnisse vergangener Tätigkeiten und den Kennzahlen, welche zukünftige Leistungen antreiben sollen."[32]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Die Balanced Scorecard und ihre vier Perspektiven[33]
Abbildung 4 zeigt die vier, von Kaplan und Norton vorgeschlagenen, Perspektiven sowie die mit ihnen verbundenen grundsätzlichen Fragestellungen. Vision und Strategie stellen den Überbau für den Inhalt der Balanced Scorecard dar. Bildlich gesprochen, schützt das „Dach“ in der Abbildung das Untenehmen langfristig gegen Wettbewerbsnachteile, sofern es hochwertig gearbeitet wurde. Getragen wird das „Dach“ durch die Balanced Scorecard.
In jeder der vier Perspektiven finden sich entsprechende strategische Teilziele wieder, welche alle auf Vision, Mission und Unternehmensstrategie ausgerichtet sind und eine Antwort auf die jeweilige Fragestellung liefern.
Von Kaplan und Norton werden vier bis fünf strategische Ziele pro Perspektive empfohlen, so dass insgesamt pro Scorecard 16 bis 20 Ziele resultieren. Durch die relativ geringe Anzahl von Zielsetzungen bleibt die Überschaubarkeit der Balanced Scorecard gewahrt. So können betriebliche Ressourcen effizient eingesetzt werden, um strategische Ergebnisse zu erzielen. Der Erreichungsgrad eines strategischen Ziels wird durch eine zugehörige Kennzahl quantifiziert, welche sich aus verschiedenen Messwerten zusammensetzen kann. Um diese Messwerte steuern zu können, werden zugehörige strategische Maßnahmen bzw. Initiativen entwickelt.
Neben oder anstatt den vier von Kaplan und Norton vorgeschlagenen Perspektiven sind, je nach den strategischen Anforderungen einer Organisation, auch weitere Perspektiven möglich. Vorstellbar wären eine "Öffentliche Perspektive" oder eine "Service Perspektive" in einer öffentlichen Verwaltung, um nur eines von vielen Beispielen zu nennen.
2.2.1 Die Finanzperspektive
Die Finanzperspektive behandelt die Frage: „Wie sollen wir gegenüber unseren Teilhabern auftreten, um finanziellen Erfolg zu haben?“
Obwohl von vier ausbalancierten Perspektiven gesprochen wird, stellt in der Praxis die finanzwirtschaftliche Perspektive doch die am stärksten gewichtete dar. Ohne Gewinne kann kein Unternehmen langfristig existieren.[34] Im Rahmen dieser Perspektive sollten daher jene Ziele formuliert werden, die die Existenzberechtigung für die Zukunft nachweisen - jene Ziele also, die für die Anteilseigner die beste Verwertung des eingesetzten Kapitals sichern.[35] Letztendlich sind die Kennzahlen der Finanzperspektive die Spätindikatoren der anderen Perspektiven.
Obige Aussagen haben uneingeschränkte Gültigkeit, sofern das Unternehmen als Ganzes betrachtet wird. In Kapitel 4 wird gezeigt, dass unter bestimmten Vorraussetzungen die Finanzperspektive für die Produktentwicklung auch eine untergeordnete Rolle haben kann.
Weiterhin empfehlen Kaplan und Norton bezüglich der Unternehmensbetrachtung durch die Finanzperspektive eine Unterscheidung gemäß dem aktuellen Lebenszyklusabschnitt. Es wird demnach eine Einteilung in Wachstums-, Reife- und Erntephase vorgenommen.
Die Wachstumsphase befindet sich am Anfang des Lebenszyklus, daher stehen wachstumorientierte Ziele im Vordergrund. Bei starkem Wachstum ist vor allem auf die Liquiditätssicherung zu achten, wo sich zum Beispiel Cashflow und die Reichweite der Zahlungsfähigkeit als Zielgrößen eignen. Aber auch Umsatzwachstum und der Neuproduktanteil am Umsatz können interessant sein.[36]
In der Reifephase verschiebt sich der Fokus meistens von Wachstumszielen zu Rentabilitätszielen. Als Messgrößen können zum Beispiel Betriebsergebnis oder Deckungsbeitrag herangezogen werden, aber auch ROI, ROCE oder EVA.[37]
In der Erntephase wird ein hoher Mittelrückfluss angestrebt, um neue zukunftsorientierte Geschäftsfelder aufbauen zu können. Ziele sollten hohe Kunden- und Kapitalrentabilität sein. Finanzwirtschaftliche Gesamtziele dieser Phase sind ein hoher Operating Cashflow und die Senkung des nötigen Nettoumlaufvermögens (Working Capital).[38]
Die Unterscheidung der Kennzahlen nach Lebenszyklusphasen ist vor allem für die Unternehmens-BSC relevant und ist an dieser Stelle der Vollständigkeit halber erwähnt. Bei der Entwicklung einer Balanced Scorecard für die Produktentwicklung wird dieser Aspekt nicht berücksichtigt.
2.2.2 Die Kundenperspektive
Die Kernfrage dieser Perspektive ist: „Wie sollen wir gegenüber unseren Kunden auftreten, um unsere Vision zu verwirklichen?“
Ein Unternehmen kann nur Gewinn erzielen, indem es Produkte oder Dienstleistungen herstellt bzw. bereitstellt und diese dann an seine Kunden verkauft. Das heißt, ohne Kunden ist ein Unternehmen demzufolge auch ohne Einkommen und somit nicht überlebensfähig. Aufgrund dieser Abhängigkeit ist es oberstes Ziel eines jeden Unternehmens Kundenbeziehungen zu halten bzw. Neukunden zu gewinnen. Der Brennpunkt der Kundenperspektive ist auf die Erfassung und die Beeinflussung der Kundenbedürfnisse ausgerichtet. Begriffe wie Customer Relationship Management (CRM), Relationship Marketing und Konzepte wie Kundenzufriedenheits- und Kundenbindungsprogramme kennzeichnen die vielfältigen Anstrengungen der Unternehmen auf diesem Feld.
Es wird heute immer wichtiger, dass ein Unternehmen in der Lage ist, das Wissen und die Wünsche von Kunden bei der Produktentwicklung mit einzubeziehen. Für ein Unternehmen ist es wichtig, die Kunden- und Marktsegmente zu kennen, in denen es konkurrenzfähig sein muss.
Um diese verschiedenen Anforderungen zu erfüllen, kann die Balanced Scorecard ein nützliches Werkzeug darstellen. Sie kann helfen diesen Prozess strukturiert zu bewältigen. Wenn es gelingt, die relevanten Zielsegmente auf den entsprechenden Märkten zu identifizieren, können passende strategische Teilziele und Kennzahlen festgelegt werden.
Nachfolgend einige Grundkennzahlen aus der Kundenperspektive:[39]
- Kundenakquisition: Ausmaß, in dem eine Geschäftseinheit neue Kunden anlockt oder gewinnt (in absoluten oder relativen Zahlen). Mögliche Messzahlen auch Anteil der neuen Kunden geteilt durch die Anzahl der aussichtsreichen Aufträge. Marketingkosten pro hinzugewonnenen Kunden. Erlöse von neuen Kunden pro in Marketing investierte Geldeinheit usw. (Frühindikator)
- Kundentreue: Ausmaß über die Dauerhaftigkeit der Beziehungen, die eine Geschäftseinheit zu ihren Kunden erhält oder gewinnt. Wachstum des Geschäftes mit neuen Kunden (Frühindikator)
- Kundenzufriedenheit: Zufriedenheitsgrad der Kunden vor dem Hintergrund spezifischer Leistungskriterien innerhalb der Wertvorgaben durch die Strategische Planung des Unternehmens. Regelmäßige Umfragen über die Kundenzufriedenheit (Fragebögen, Telefon- oder persönliche Interviews) (Spätindikator)
- Kundenrentabilität: Nettogewinn, der mit einem Kunden oder in einem Marktsegment erzielt wurde unter Berücksichtigung der dafür entstandenen einmaligen Ausgaben. Messen mit Methoden der Prozesskostenrechnung (Spätindikator)
- Marktanteil: Umfang eines Geschäfts in einem gegebenen Markt (Anzahl der Kunden, Umsätze, ausgegebene Beträge, verkaufte Einheiten etc.) Rückgriff auf Schätzungen über die Marktgröße, Messung des Anteils an den Geschäften dieser Kunden (Spätindikator)
Die Kennzahlen der Kundenperspektive wurden in ihrer Eigenschaft als Spät- oder
Frühindikator differenziert, in der Hinsicht, dass nur die Kundenperspektive betrachtet wird.
Allgemein anwendbare Spätindikatoren sind zum Beispiel Marktanteile, Kundenzufriedenheit und Kundenrentabilität. Frühindikatoren beschreiben hingegen den Weg oder das „Wie“ hinsichtlich des zu erreichenden Ergebnisses. Durch einen Frühindikator in seiner Funktion als Treiber wird ein strategisches Ziel beschrieben, dass einen Beitrag zur Erreichung von beispielsweise Kundentreue und Kundenzufriedenheit leistet. In diesem Beispiel könnte „Exzellenter Kundenservice“ ein passender Treiber, sprich Frühindikator sein.
2.2.3 Die interne Prozessperspektive
Um die Kunden eines Unternehmens bestmöglich zu befriedigen, sind immer häufiger hervorragende Produkte notwendig. Um qualitativ hochwertige, zeitgemäße und preislich konkurrenzfähige Produkte anbieten zu können, erfordert es optimale Prozesse. Neben den oft vergleichbaren Produkten von verschiedenen Unternehmen spielen weitergehende Serviceaspekte eine zunehmend größere Rolle. Auch diese können in der Prozessperspektive der Balanced Scorecard abgebildet werden. Effektive und effiziente Prozesse sind ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil erfolgreicher Unternehmen. Für die Produktentwicklung bedeuten effiziente interne Prozesse eine Minimierung von Entwicklungszeit, Qualitätsaufwand und Kosten.
Die Prozessperspektive betrachtet daher die erfolgskritischen unternehmensinternen Geschäftsprozesse. Diese werden strukturiert identifiziert und weiterentwickelt. Neben der Analyse und Optimierung bestehender Geschäftsprozesse sollte ein weiterer Schwerpunkt auf den Innovationsprozess zur Entwicklung neuer strategierelevanter Prozesse gelegt werden.[40] Abbildung 5 auf der nächsten Seite zeigt die von Kaplan und Norton in drei Teile zerlegte Wertkette im Gesamtunternehmen:[41]
- Im Innovationsprozess müssen aufkommende oder latente Kundenwünsche identifiziert werden und sodann Güter und Dienstleistungen geschaffen werden, die diesen Wünschen entsprechen.
- Der Betriebsprozess (Herstellung und Auslieferung) beginnt mit dem Eingang einer Bestellung und endet mit der Lieferung an den Kunden. Betont wird somit die effiziente Produktion und pünktliche Lieferung existierender Produkte und Dienstleistungen an existierende Kunden.
- Der Kundendienstprozess ist die letzte Stufe der Wertschöpfung. Er beinhaltet die Garantie- und Wartungsarbeiten, die Bearbeitung von Fehlern und Reklamationen sowie die Bearbeitung von Zahlungen. Im Kundendienstprozess müssen die Kundenerwartungen und -wünsche durch kundenorientierte Garantien und Wartungsangebote befriedigt werden.
Unter den drei Pfeilen, die die Wertkette darstellen, werden exemplarisch verschiedene Messgrößen zur Effizienzanalyse der einzelnen Abschnitte aufgezeigt. Solche Messgrößen können sich auch in der internen Prozessperspektive einer Unternehmens-Scorecard wieder finden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Mögliche Messgrößen der internen Prozessperspektive[42]
2.2.4 Die Lern- und Entwicklungsperspektive
In der vierten Perspektive, welche am stärksten auf die Zukunft ausgerichtet ist, geht es darum, die für die Visionserreichung notwendigen Veränderungs- und Wachstumspotentiale zu fördern. Primärziele sind daher Mitarbeiterpotenziale zu messen, zu steuern und zu fördern. Daneben sollen die strategischen Potentiale von Informationssystemen optimiert und ausgebaut werden.[43] Es existieren hier bereits spezielle Ansätze zum Einsatz von Balanced Scorecard in der IT. An dieser Stelle sei auf die Arbeiten von Baschin[44], Bernhard[45] und Wiese[46] verwiesen.
Durch die vierte Perspektive werden Aspekte einer lernenden und wachsenden Organisation institutionalisiert, welche notwendig sind, um den schärfer werdenden Wettbewerbsbedingungen auch zukünftig standhalten zu können. In der Lern- und Entwicklungsperspektive werden demnach wichtige Kernkompetenzen zur Zielerreichung der anderen drei Perspektiven geschaffen.
Zwar sind die Aufwendungen der Lern- und Entwicklungsperspektive aus Sicht des Rechnungswesens Periodenkosten, deren Kürzung schnelle finanzielle Erfolge bringt, doch gravierende Schäden, die sich allerdings erst in der Zukunft zeigen, sind vorprogrammiert.[47] Das Potential dieser Perspektive macht sich daher eher erst mittel- bis langfristig bemerkbar, ist aber eine wichtige strategische Vorraussetzung für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg.
Auch die Kennzahlen der Lern- und Entwicklungsperspektive können in ihrer Eigenschaft als Frühindikatoren oder Spätindikatoren betrachtet werden.
Als Spätindikatoren können zum Beispiel Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeitertreue und die Mitarbeiterproduktivität herangezogen werden. Zu diesen klassischen Kennzahlen existieren bereits geeignete Messverfahren. Im Gegensatz dazu sind für Frühindikatoren, wie Fort- und Weiterbildung, Mitarbeitermotivation, Vorschlagswesen und die informelle Infrastruktur des Unternehmens erst noch geeignete Messverfahren zu diskutieren und zu entwickeln.[48]
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass in den Perspektiven Lernen- und Entwicklung sowie interne Prozesse eher Frühindikatoren tendenziell überwiegen. Diese werden oft auch aufgrund ihrer beeinflussenden Eigenschaft als Treiber bezeichnet.
In der Finanz- und der Kundenperspektive dominieren demgegenüber eher Spätindikatoren, die letztendlich Ergebnisse beschreiben.
Die nachfolgende Abbildung 6 enthält eine Zusammenfassung der zuvor erläuterten vier Grundperspektiven einer Unternehmens-Scorecard. Die vier Perspektiven gruppieren sich um die zentralen Vorgaben durch Vision und Strategie und sind inhaltlich auf diese ausgerichtet. Unter den Perspektiven sind die jeweils wichtigsten Aspekte der Zielsetzungen zusammengefasst.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Die vier Balanced Scorecard Perspektiven und ihre Kernaspekte[49]
2.3 Verknüpfung von Kennzahlen und Unternehmensstrategie
Die vier Perspektiven der Balanced Scorecard müssen sowohl untereinander verknüpft werden, als auch in ihrer Gesamtheit mit der Unternehmensstrategie. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Balanced Scorecard auch eine Methode zur perfekten Implementierung einer „falschen“ Unternehmensstrategie sein kann. Daher ist der vorhergehende Strategiefindungsprozess mit größtmöglicher Weitsicht und Sorgfalt durchzuführen. Durch die Verknüpfung von Balanced Scorecard und Unternehmensstrategie soll der gesamten Organisation nachhaltig die Vision für die Zukunft vermittelt werden.[50] Die ausgewählten Kennzahlen und Steuergrößen dienen letztendlich der Messung und Steuerung des Strategieereichungsgrades.
Um eine strategiegerechte Scorecard zu entwickeln, müssen zwei Regeln eingehalten werden:[51]
- Bei der Auswahl der Messgrößen ist besonderes Augenmerk auf den Unterschied zwischen Spätindikatoren und Frühindikatoren bzw. zwischen strategischen und operativen Kennzahlen zu legen.
- Die Ziele und Kennzahlen müssen mittels Ursache-Wirkungsbeziehungen bis hinauf zur obersten finanzwirtschaftlichen Zielgröße verbunden werden.
Operative uns strategische Kennzahlen
Operative Ziele und zugehörige Kennzahlen geben an, ob ein Unternehmen auf operativer Ebene unter Kontrolle ist. Wenn das nicht der Fall ist, signalisieren sie, dass Eingriffe notwendig sind. Diese Kennzahlen dienen dazu, das Unternehmen in Gang zu halten und besitzen kaum strategische Relevanz im Sinne des Balanced Scorecard Konzepts. Der betrachtete Zeitraum ist zumeist kurz oder mittelfristig. Operative Ziele gehören nicht in eine Scorecard.
Strategische Ziele bzw. Kennzahlen hingegen definieren eine Strategie, die auf exzellente Wettbewerbsfähigkeit abzielt. Solche Kennzahlen sollten daher hauptsächlich für eine Balanced Scorecard verwendet werden.[52] Strategische Ziele sind gegenüber operativen Zielen durch eine hohe Wettbewerbsrelevanz und eine hohe Handlungsnotwendigkeit abgegrenzt. Ihr zeitlicher Bezugsrahmen ist oft längerfristig ausgelegt als bei operativen Zielen. Ob ein Ziel für ein bestimmtest Unternehmen strategische Relevanz hat hängt oft von der konkreten Unternehmenssituation und der Branche ab. Zum Beispiel spielen Sauberkeit am Arbeitsplatz und der Einsatz von qualifizierten Reinigungskräften bei den meisten Unternehmen strategisch praktisch keine Rolle.
Ein akuter Mangel an systematischer Sauberkeit könnte allerdings bei einem Fertigungsunternehmen in der Halbleiterbranche plötzlich strategische Relevanz bekommen, wenn die Qualität der Produkte dadurch langfristig in größerem Maße leidet und dadurch die Wettbewerbsposition gefährdet würde.
Früh- und Spätindikatoren
Wie in Kapitel 2.1 schon erwähnt, kann bezüglich der zeitlichen Richtung ihrer Aussage eine Unterscheidung zwischen vorlaufenden Frühindikatoren und nachlaufenden Spätindikatoren getroffen werden.
Die traditionellen und oft universell einsetzbaren Kennzahlen sind zumeist Spätindikatoren. Spätindikatoren beschreiben Ergebnisse unternehmerischen Handelns und dienen vor allem als relevante Informationen für die Anteilseigner des Unternehmens. Wie oben schon erwähnt, sind dies Kennzahlen wie Rentabilität, Marktanteil, Kundentreue, Mitarbeiterqualifikation etc.
Individuellen Charakter hingegen haben meistens Frühindikatoren. Sie müssen oft erst für jedes Unternehmen über die Geschäftsbereiche bis hin zu den Abteilungen und Mitarbeitern entwickelt werden. Betrachtet wird hier zum Beispiel nicht der in ein paar Jahren zu erreichende Gewinn, sondern strategische Schlüsselfaktoren, die heute sicherstellen sollen, dass das Gewinnziel später erreicht wird. Hier wäre eine beispielhafte Kennzahl der „Anteil hochqualifizierter Mitarbeiter an der Gesamtbelegschaft.“ Das zugehörige strategische Ziel könnte für ein bestimmtes Unternehmen lauten: „Anteil des hochqualifizierten Personals erhöhen.“ Diesem Ziel könnte auch noch ein Zielwert zugeordnet werden. Zum Beispiel: „Eine Erhöhung des Anteils bis 2006 von 21 % auf 27 %. Daraus könnten Treiber abgeleitet werden, wie: „Gemeinsame Projekte mit Hochschulen durchführen, um engen Kontakt zu potentiellen zukünftigen Arbeitnehmern herzustellen.“ Der Treiber wiederum könnte wiederum durch die Kennzahl „Anzahl der durchgeführten Hochschulprojekte/Planvorgabe“ gemessen werden. Eine konkrete unterstützende Maßnahme könnte die Durchführung eines Seminars zusammen mit den Studenten eines Fachgebietes der TU-Darmstadt sein.
Kaplan und Norton empfehlen letztendlich für eine Balanced Scorecard eine ausgewogene Mischung aus Frühindikatoren und Spätindikatoren zu verwenden.[53]
Wichtig bei der Auswahl ist, dass die auf der Balanced Scorecard dargestellten strategischen Ziele untereinander konsistent sind und auf einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil abzielen.
2.4 Verknüpfung durch Ursache- und Wirkungsbeziehungen
Neben der Auswahl der richtigen Ziele und Kennzahlen für die Balanced Scorecard, ist auch deren Verknüpfung untereinander notwendig. Der Bildung von Ursache- und Wirkungsbeziehungen liegen zwei Fragestellungen zugrunde.
1) Wie können die Strategie und die strategischen Ziele operationalisiert und herunter gebrochen werden?
2) Wie können strategische Ziele messbar und beeinflussbar dargestellt werden?
Es müssen Beziehungen zwischen den Zielen innerhalb einer Perspektive und zwischen Zielen von verschiedenen Perspektiven entwickelt werden. Auch Verknüpfungen zwischen Zielen aus verschiedenen Scorecards auf unterschiedlichen Unternehmensebenen können entstehen. Die Ursache- und Wirkungsbeziehungen stellen ein Hypothesensystem der Strategie dar.[54]
Das Hypothesensystem ist charakterisiert durch Beziehungen zwischen zwei strategischenZielen, welche mit „wenn-dann“ Aussagen beschrieben werden können. Eine solche Beziehung wird in Abbildung 7 verdeutlicht und kann zum Beispiel folgendermaßen lauten:
„Wenn die Mitarbeiterskills verbessert werden (= strategisches Ziel 1), dann werden die Kompetenzen und die Motivation der Mitarbeiter erhöht (= strategisches Ziel 2).“ Die Ziele 1 und 2 sind beide aus der Lern- und Entwicklungsperspektive gewählt.
Eine weitere Verknüpfung könnte allerdings auch ganz anders aussehen: "Die Erhöhung des Marktanteils (= Ziel der Kundenperspektive) führt zur Erhöhung des Ergebnisses aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit. (= Ziel der Finanzperspektive)"[55]
Es sollte beachtet werden, dass zwischen dem Wirken einer Ursache und dem Eintreten einer erwünschten Wirkung ein nicht unerheblicher Zeitraum entstehen kann.
Jede Verknüpfung sollte nach den folgenden drei Aspekten analysiert und dokumentiert werden:
- Nach der Art des Zusammenhangs (positive oder negative Korrelation)
- Nach dem Ausmaß des Zusammenhangs
- Nach der zeitlichen Verzögerung von Ursache und Wirkung
Durch die Verknüpfung mehrerer Kennzahlen hintereinander ergeben sich Kausalketten. Die Ziele der Perspektiven der Balanced Scorecard werden in kaskadischer Form so verknüpft, dass am Ende einer Kausalkette ein Spätindikator aus der Finanzperspektive oder einer entsprechend anderen Top-Perspektive steht.
In der nachfolgenden Abbildung 7 werden schematisch Ursache- und Wirkungszusammenhänge von strategischen Zielen dargestellt. Die vorangegangenen zwei Beispiele sind farbig hervorgehoben. In Pfeilrichtung bestehen „wenn-dann“ Verknüpfungen von Zielen.
[...]
[1] Vgl. Bühner, R., (2001), S. 68.
[2] Vgl. Kaplan, R.S.; Norton, D.P., (1996a), S. 163.
[3] Vgl. Thommen, J., Archleitner, A., (2003), S. 377-378.
[4] Vgl. Kaplan, R.S.; Norton, D.P., (1997), S. 99.
[5] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, (1997), S. 765.
[6] Vgl. Hahn, D., Hrsg., (1999), S. 75.
[7] Vgl. Kaplan, R.S.; Norton, D.P., (1997), S. 144-145.
[8] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, (1997), S. 2119.
[9] Vgl. Diller, H., Hrsg., (2001), S. 1709.
[10] Vgl. Gleich, R., (2001), S. 11-12.
[11] Vgl. Hórvath, P., (2000), S. 343.
[12] Vgl. Specht, G., (2002), S. 148.
[13] Vgl. Hórvath, P., (2000), S. 345.
[14] Vgl. Kaplan, R.S., Norton, D.P., (1997), S. 20-32.
[15] Vgl. Hórvath, P., (2000), S. 346.
[16] Vgl. Kaplan, R.S., Norton, D.P., (2001), S. 93.
[17] Vgl. Hórvath, P., (2000), S. 31.
[18] In Anlehnung an: Epstein, M.; Roy, M.-J., (2001), S. 585-604.
[19] Vgl. Hórvath, P., (2000), S. 347.
[20] Vgl. Hórvath, P., (2000), S. 348.
[21] In Anlehnung an: Friedag, H., (1999), S. 5.
[22] Vgl. Kaplan, R.S.; Norton, D.P., (1997), S. 183.
[23] Vgl. Hoffmann, O., (1999), S. 49.
[24] Vgl. Kaplan, R.S.; Norton, D.P., (1996b), S. 75.
[25] Das Du-Pont-System wurde 1929 in Deutschland entwickelt und basiert auf der Kennzahl "Return on Investment". Es untersucht lediglich die Rentabilität des Betriebes
[26] Das System wurde vom Zentralverband der elektrotechnischen Industrie Deutschlands als Kennzahlensystem für alle Branchen und Betriebstypen entwickelt. Das Kennzahlen-Informationssystem ZVEI verfolgt sowohl die Liquidität als auch die Rentabilität. ZVEI ist demnach eine Fortentwicklung des Du-Pont-Systems
[27] Vgl. Bernhard, M., (2001), S. 209.
[28] Vgl. Kaplan, R.S., Norton, D.P., (1997), S. 144-151.
[29] In Anlehnung an Kaplan, R.S., Norton, D.P., (1997), S. 150.
[30] Vgl. Horstmann, W., (1999), S. 6 ff.
[31] Quelle: In Anlehnung an Schedl, C., (2002), S. 16.
[32] Vgl. Kaplan, R.S.; Norton, D.P., (1997), S. 8.
[33] Quelle: In Anlehnung an Kaplan, R.S.; Norton, D.P., (1997), S. 9.
[34] Vgl. Friedag, H.R., (1998), S. 292.
[35] Vgl. Friedag, H.R.; Schmidt, W., (1999), S. 184.
[36] Vgl. Friedag, H.R.; Schmidt, W., (1999), S. 189 f.
[37] ROI = Return on Investment, ROCE = Return on Capital Employed, EVA = Economic Value Added; Es handelt sich hier um gängige Finanzkennzahlen aus der Betriebswirtschaftslehre.
[38] Vgl. Kaplan, R.S.; Norton, D.P., (1997), S.48.
[39] Kämpf, Rainer et al., http://www.ebz-beratungszentrum.de/organisation/bsc-teil1.htm, 18.07.03
[40] Vgl. Kaplan, R.S.; Norton, D.P., (1997), S. 26.
[41] Vgl. Kaplan, R.S.; Norton, D.P., (1997), S. 100.
[42] In Anlehnung an Kaplan, R.S.; Norton D.P., (1997), S. 93.
[43] Vgl. Bernhard, M., (2001), S. 30.
[44] Anja Baschin, Die Balanced Scorecard für Ihren Informationstechnologie- Bereich. Ein Leitfaden für Aufbau und Einführung, Campus Verlag, 2001
[45] Martin G. Bernhard, Report. Balanced Scorecard in der IT. Praxisbeispiele - Methoden – Umsetzung, Symposium, 2002
[46] Jens Wiese, Implementierung der Balanced Scorecard. Grundlagen und IT-Fachkonzept, Deutscher Universitätsverlag, 2000
[47] Vgl. Kämpf, Rainer u.a., http://www.ebz-beratungszentrum.de/organisation/bsc-teil1.htm, 18.07.03
[48] Vgl. Friedag H.R.; Schmidt, W., (1999), S. 167.
[49] Quelle: Eigene Darstellung.
[50] Vgl. Kaplan, R.S.; Norton D.P., (1997), S. 142.
[51] Vgl. Schedl, C., (2002), S. 26.
[52] Vgl. Kaplan, R.S.; Norton D.P., (1997), S. 157.
[53] Vgl. Kaplan, R.S.; Norton D.P., (1997), S. 145.
[54] Vgl.: Bernhard, M., (2001), S. 250.
[55] Vgl.: Bernhard, M., (2001), S. 251.
- Arbeit zitieren
- Björn Jacobi (Autor:in), 2004, Der Einsatz von Balanced Scorecard in der Produktentwicklung. Entwicklung eines Konzepts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56848
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