Ein unpolitischer Film im NS-Filmwesen?! - Der Film als eine Verstrickung von Politik, Propa-ganda und Kunst. Diese Verflechtung möchte ich im ersten Teil meiner Arbeit aufzeigen, indem ich einen kurzen Überblick über filmpolitische Maßnahmen und Institutionen, die zur Verstaatlichung und Gleichschaltung des Filmwesens sowohl beitrugen als auch deren Bestandteile waren. Da die Nationalsozialisten die Wirksamkeit und Möglichkeiten des Films als effektive Propandamittel erkannten, wurde dieser systematisch gefördert, weiterentwickelt und zielorientiert eingesetzt. So wurde auch der Unterhaltungsfilm besonders für die Vermittlung von latenten und versteckten Ideologien „mißbraucht“. Das Publikum sollte nicht auch noch im Kino mit offensichtlicher Agitation konfrontiert, sondern unterhalten und abgelenkt werden, um die Begeisterungs- und Aufnahmefähigkeit für Propaganda zu behalten. Durch den Appell an die Emotionen der Rezipienten, die Darstellung einer „heilen Welt“ und die Nutzung einer Identifikationswirkung (mit den Filmstars) konnten die Wertvorstellungen und regimestabilisierenden Inhalte im Film untergebracht werden. Neben anderen bekannten Unterhaltungsfilmen war auch „Die Feuerzangenbowle“ ein Produkt des Filmwesens im Dritten Reich. Sie war die erfolgreichste Filmkomödie zu dieser Zeit. Noch heute wird der Film immer wieder vorgeführt und eingeschworene Fans lassen sogar Heinz-Rühmann-Gedenkfeiern und Feuerzangenbowle-Partys veranstalten. Aber kann denn unter den Entstehungsumständen dieser Film unpolitisch produziert worden sein? Mit diesem Aspekt werde ich mich im zweiten Teil meiner Arbeit beschäftigen und werde versuchen, meinen Standpunkt, daß die Unterhaltungsfilme mit versteckter Propaganda beladen sind, darzulegen. Ich werde im Speziellen „Die Feuerzangenbowle“ daraufhin untersuchen und meine Thesen durch ausgewählte Beispiele und Filmstellen untermauern, wobei ich auch einige Thesen der Gegenseite beachten möchte.
Inhalt
1. Einleitung
2. Organisation und Institutionen des NS-Filmwesens
2.1 Volksaufklärung, Reichskulturkammer, Reichsfilmkammer
2.2 Joseph Goebbels – Der „Propagandakünstler“
3. Der Unterhaltungsfilm in der NS-Zeit
4. „Die Feuerzangenbowle“ – heiter oder ideologisch?
4.1 Zum Filminhalt
4.2 Allgemeines zum Film „Die Feuerzangenbowle“
4.3 „Die Feuerzangenbowle“ – Unterhaltung oder Ideologie?
5. Fazit
6. Literatur- und Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Ein unpolitischer Film im NS-Filmwesen?! – Der Film als eine Verstrickung von Politik, Propa-ganda und Kunst. Diese Verflechtung möchte ich im ersten Teil meiner Arbeit aufzeigen, indem ich einen kurzen Überblick über filmpolitische Maßnahmen und Institutionen, die zur Verstaatlichung und Gleichschaltung des Filmwesens sowohl beitrugen als auch deren Bestandteile waren. Da die Nationalsozialisten die Wirksamkeit und Möglichkeiten des Films als effektive Propandamittel erkannten, wurde dieser systematisch gefördert, weiterentwickelt und zielorientiert eingesetzt.
So wurde auch der Unterhaltungsfilm besonders für die Vermittlung von latenten und versteckten Ideologien „mißbraucht“. Das Publikum sollte nicht auch noch im Kino mit offensichtlicher Agi-tation konfrontiert, sondern unterhalten und abgelenkt werden, um die Begeisterungs- und Aufnahmefähigkeit für Propaganda zu behalten. Durch den Appell an die Emotionen der Rezipienten, die Darstellung einer „heilen Welt“ und die Nutzung einer Identifikationswirkung (mit den Filmstars) konnten die Wertvorstellungen und regimestabilisierenden Inhalte im Film untergebracht werden.
Neben anderen bekannten Unterhaltungsfilmen war auch „Die Feuerzangenbowle“ ein Produkt des Filmwesens im Dritten Reich. Sie war die erfolgreichste Filmkomödie zu dieser Zeit. Noch heute wird der Film immer wieder vorgeführt und eingeschworene Fans lassen sogar Heinz-Rühmann-Gedenkfeiern und Feuerzangenbowle-Partys veranstalten.
Aber kann denn unter den Entstehungsumständen dieser Film unpolitisch produziert worden sein? Mit diesem Aspekt werde ich mich im zweiten Teil meiner Arbeit beschäftigen und werde versuchen, meinen Standpunkt, daß die Unterhaltungsfilme mit versteckter Propaganda beladen sind, darzulegen. Ich werde im Speziellen „Die Feuerzangenbowle“ daraufhin untersuchen und meine Thesen durch ausgewählte Beispiele und Filmstellen untermauern, wobei ich auch einige Thesen der Gegenseite beachten möchte.
2. Organisation und Institutionen des NS-Filmwesens
2.1 Volksaufklärung, Reichskulturkammer, Reichsfilmkammer
Im Dritten Reich wurde ein Organisationssystem (wie in so vielen Bereichen) auch für das deut-sche Filmwesen aufgebaut, das „dem Staat eine absolute ideologische Kontrolle über das Kino ga-rantierte.“[1]
Mit der Gründung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda (im folgenden RMVP) am 13. März 1933 wurde die erste Institution der Gleichschaltung der Kultur- und Medien-landschaft geschaffen, deren Leitung Dr. Joseph Goebbels als Minister übernahm. Somit unterstan-den ihm alle Einrichtungen, die für die Kontrolle des Filmwesens verantwortlich waren:
„1. Die Filmabteilung seines Ministeriums; 2. die Reichsfilmkammer, deren Präsident ihm unterstand; 3. der
Reichsbeauftragte für die deutsche Filmwirtschaft, der an seine Weisungen gebunden war; 4. der Reichsfilm-
intendant, dessen Dienstvorgesetzter er war.“[2]
In der Position des Ministers des RMVP wurden Goebbels durch eine Verordnung vom 30. Juni 1933 „alle Aufgaben der geistigen Einwirkung auf die Nation, [die] Werbung für Staat, Kultur und Wirtschaft, [die] Unterrichtung der in- und ausländischen Öffentlichkeit über sie und [die] Ver-waltung aller diesem Zweck dienenden Einrichtungen“[3] übertragen.
Das RMVP umfaßte verschiedene Ressorts, unter denen die Abteilung V für den Film zuständig war. Über diesen Bereich konnte Goebbels „die Propagandabüros der Gaue, Filmzensur und
-genehmigungen, Preise und Auszeichnungen, die Wochenschau und den Filmexport kontrol-lier[en].“[4] Die grundlegendsten Aufgaben lagen in der „geistigen Mobilmachung“. Den zuständigen Mitarbeitern oblag das Vorschlagen von Themen und Ideen, das In-Auftrag-Geben von Drehbüchern und das Unterbinden von Projekten, die „Fehler im Geschmack“ aufwiesen oder „künstlerische[n] Irrtümer[n]“[5] unterlagen. Besonders wichtige Filme wurden durch dem Ministerium zur Verfügung stehende Mittel unterstützt.
Am 1. Juni 1933 wurde die Filmkredit-Bank gegründet, da sich die Filmproduktion in einer wirtschaftlichen Krise befand. Diesen erheblichen Rückgang der Filmwirtschaft sollten die Juden (nach nationalsozialistischer Propaganda) verursacht haben, da ihnen der überwiegende Teil der gesamten Produktions- und Verleihfirmen gehörten.[6] Mit der Gründung der Bank sollte eine notwendige Erneuerung und Impulsgabe für die Filmproduktion herbeigeführt werden und den wichtigsten Grundstein für die Festigung der gesamten Filmwirtschaft legen. Die Reichsfilmkammer war bis 1945 ein „mittelbarer Besitz des Reiches und somit abhängig von den politischen Machthabern [...].“[7] Neben der finanziellen Absicherung der Filmwirtschaft bestand die Hauptaufgabe der Filmkredit-Bank in der „politischen Überwachung und Lenkung.“[8] Dies wurde durch die kleinen und mittelständischen Produktionsfirmen, die wenig Eigenkapital aufweisen konnten und dadurch auf die Bank als Kreditgeber angewiesen waren, begünstigt.
„Die Bank übernahm keine 100%ige Finanzierung der Filme. In der ersten Zeit ihres Bestehens stellte sie
Kredite bis zu 70% der Herstellungskosten zur Verfügung und zwar gegen Wechsel der Produzenten und
Akzepte des Verleihs, die restlichen 30% waren von der Herstellungsfirma.“[9]
Die Bewilligung einer finanziellen Unterstützung „von Filmvorhaben [setzte] eine inhaltliche Anpassung an die nationalsozialistische Ideologie voraus.“[10]
Ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem gleichgeschalteten und organisierten Kultur- und Mediensystem war die Schaffung der Reichskulturkammer (deren Präsident Dr. Joseph Goebbels war) am 22. September 1933 mit sieben Fachkammern: Schrifttum, Presse, Rundfunk, Theater, Musik, Film und bildende Künste. Sie schloß alle in kulturellen und künstlerischen Berufen und kulturwirtschaftlichen Betrieben tätigen Menschen zusammen, wobei eine Mitgliedschaft die Voraussetzung für die Berufsausübung war.[11]
Die Filmkammer, die später zur Reichsfilmkammer umgewandelt wurde und somit ein Bereich der Reichskulturkammer darstellte, wurde aufgrund einer Verordnung des Propagandaministeriums vom 6. Juni 1933 (die eine Beschäftigung von Ausländern und vor allem Juden in der Filmproduktion verbot) am 14. Juli provisorisch errichtet. Sie war z. B. für die Einrichtung von Dramatur-gischen Büros und dem Filmarchiv, die Regelung der Eintrittspreise, die Regelung von Vertragsver-hältnissen auf dem Gebiet der Filmwirtschaft, den Filmaußenhandel und für die internationale Zusammenarbeit verantwortlich.[12]
Neben den 1933 gegründeten Kontrollinstitutionen spielte auch das am 16. Februar 1934 verkündete Lichtspielgesetz, das schon 1920 in der Weimarer Republik existierte, eine große Rolle für die Herrschaftsetablierung im Filmwesen.
„Wir haben die Absicht, dem Film ein deutsches Gesicht zu geben, wir wollen auch nicht, daß der National-
sozialismus durch die Auswahl des Stoffes zur Darstellung kommt, sondern durch die Gestaltung des
Stoffes.“[13]
Durch Erneuerungen des Lichtspielgesetzes von 1920 wurde die Vorzensur eingeführt, um „zu verhindern, daß Stoffe behandelt werden, die dem Geist der Zeit zuwiderlaufen.“[14] Außerdem beinhaltete es die Ermächtigung für den Staat, die Filmwertung selbst vorzunehmen. Es gab also keine Abstimmung zur Urteilsfindung mehr, sondern der jeweils Zuständige konnte eigens die Prädikatisierung („Film der Nation“, „staatspolitisch besonders wertvoll“, „künstlerisch besonders wertvoll“, „volkstümlich wertvoll“, „jugendwert“)[15] festlegen.
Ein weitere tiefgreifende Maßnahme im NS-Filmwesen war die Errichtung des Trusts der Ufa-Film GmbH (Ufi) am 10. Januar 1942, die sämtliche Filmfirmen zusammenfaßte und über ein Stammkapital von über 65 Millionen Reichsmark verfügte, um die „Steigerung der Leistungsfähigkeit des deutschen Filmschaffens“[16] zu bewirken. Schon 1937 waren die vier größten Filmproduktionsfirmen: die Ufa, die Terra, die Tobis und die Bavaria unter staatlicher Aufsicht. Im Jahr 1939 kontrollierten sie 73% der nationalen Produktion.[17]
„Das Filmwesen des Dritten Reiches war in der Sicht und in dem Sinne der Nazis ein voller Erfolg: populär
(durch das Starsystem), propagandistisch erfolgreich (durch Goebbels‘ Strategie der behutsamen Streuung
reiner Propaganda in einem Meer harmloser Unterhaltungsware) und auch noch rentabel [...] Ihr erfolgreichstes
Propagandamittel wurde zum ökonomischen Selbstläufer.“[18]
2.2 Joseph Goebbels – Der „Propagandakünstler“
„Meine Aufgabe ist: Propaganda und Volksaufklärung. Das Gebiet der Kultur. Das liegt mir und und macht mir Freude.“[19]
Als Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda und als Chef der Reichskulturkammer
entwickelte Dr. Joseph Goebbels, entsprechend den Ansichten Hitlers, „für das Volk als Zielgruppe, der es aufs Maul zu schauen gelte, ein Propagandaschema, das ihn [...] als einen entschiedenen Verfechter einer vor allem unbewußt und versteckt wirkenden Propaganda-Technik kennzeichnet.“[20]
Die wesentliche Aufgabe der Propaganda war die Festigung und die Unterstützung des neuen Systems und vor allem das Verankern seiner Ideologie in den Köpfen des Volkes. Sie war staats- und machttragend, später auch kriegswichtig, da man „die Gewinnung von Menschen für die spätere Organisation...[und]...die Zersetzung des bestehenden Zustandes und die Durchsetzung dieses Zustandes mit der neuen Lehre [anstrebte].“[21] Schon die Regierungserklärung zum Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 beinhaltete klare Grundsätze bezüglich der Medien: „Theater, Film, Literatur, Presse, Rundfunk, sie haben alle der Erhaltung der im Wesen unseres Volkstums liegenden Ewigkeitswerte zu dienen.“[22]
[...]
[1] Courtade/ Cadars (1975), S. 21.
[2] Winkler-Mayerhöfer (1995), S. 86.
[3] Courtade/ Cadars (1975), S. 22.
[4] Donner (1995), S. 61.
[5] Courtade/ Cadars (1975), S. 23.
[6] vgl. Bredow/ Zurek (1975), S. 139.
[7] Winkler-Mayerhöfer (1995), S. 82.
[8] Ebd.
[9] Bredow/ Zurek (1975), S. 163.
[10] Winkler-Mayerhöfer (1995), S. 82.
[11] vgl. Donner (1997), S. 61.
[12] vgl. Courtade/ Cadars (1975), S. 25.
[13] Goebbels, Rede vom 9.2.1934 In: Winkler-Mayerhöfer (1995), S. 83.
[14] Lichtspielgesetz vom 16.2.1934 In: Winkler-Mayerhöfer (1995), S. 83.
[15] vgl. Donner (1997), S. 64.
[16] Erlaß des RMVP zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des deutschen Filmschaffens vom 28.2.1942 In: Winkler-
Mayerhöfer (1995), S. 85.
[17] vgl. Courtade/ Cadars (1975), S. 29.
[18] Donner (1997), S. 63.
[19] Goebbels In: Quanz (2000), S. 39.
[20] Winkler-Mayerhöfer (1995), S. 66.
[21] Hitler In: Winkler-Mayerhöfer (1995), S. 64.
[22] Regierungserklärung zum Ermächtigungsgesetz In: Winkler-Mayerhöfer (1995), S. 67.
- Citar trabajo
- Magister Katrin Polter (Autor), 2002, Heiter oder ideologisch? Der Unterhaltungsfilm im Nationalsozialismus am Beispiel der "Feuerzangenbowle"., Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56793
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