Die grenzüberschreitende Verlustverrechnung ist aufgrund der Verflechtung der Weltwirtschaft von großer Bedeutung. Neben der permanenten Relevanz dieses Themenkomplexes stellt das derzeitige „leichte konjunkturelle Aufschwungklima“ viele Unternehmen vor die Situation, zu prüfen, ob und in welchem Umfang die in den letzten Jahren angefallenen Verluste verrechnet werden können. Zu den Überlegungen, welche die Bedeutsamkeit der grenzübschreitenden Verlustverrechnung dominieren, gehört zum einen die Sicherstellung einer möglichst zeitnahen Verlustnutzung, um Zins- und Liquiditätsnachteile zu verhindern. Direkt mit diesem Ziel verknüpft ist die Bestrebung, den Untergang vorhandener Verluste zu vermeiden. Zum anderen liegt es aufgrund ausgeprägter Steuersatzunterschiede im Interesse des Steuerpflichtigen, definitive finanzielle Vorteile dadurch zu erlangen, dass die Verluste an dem Ort genutzt werden, an dem die Steuersätze das höchste Niveau aufweisen. Diese Zielsetzung führt im Regelfall dazu, dass es vorteilhaft ist, eine Verrechnung in Deutschland zu erwirken.
Das Recht der (zeitnahen) Nutzung von Verlusten stellt keine Steuererleichterung, -befreiung oder Subvention dar, sondern ist eine grundlegende Bedingung zur Sicherstellung der Steuergerechtigkeit („Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit“) – ein Anspruch, der über Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich verankert ist. Die Verlustverrechnungsmöglichkeiten sind nicht zuletzt ein bedeutender Standortfaktor, der im Blickpunkt in- und ausländischer Investoren liegt. Der Ausgleich von Verlusten über die Grenze unterliegt dabei einer Vielzahl von Beschränkungen, die einer differenzierten Analyse bedürfen.
Ziel dieser Analyse ist es, die grenzüberschreitenden, ertragsteuerlichen Verlustverwertungsmöglichkeiten darzustellen. Hierzu wird analysiert, wie sich die momentane Rechtslage ausprägt, welche Gestaltungsmöglichkeiten sich anhand dieser ergeben sowie welche aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich gegenwärtig und in naher Zukunft von besonderer Bedeutung sind.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- 1. Problemstellung
- 2. Zielsetzung und Gang der Untersuchung
- 3. Prämissen
- II. Grundlagen der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung
- 1. Kategorisierung der Outbound-Investitionen
- 1.1 Betriebsstätte
- 1.1.1 Der Betriebsstättenbegriff
- 1.1.2 Erfolgs- und Vermögensaufteilung
- 1.2 Personengesellschaft
- 2. Doppelbesteuerungsabkommen und Verlustverrechnung
- 2.1 Bedeutung und Funktion
- 2.2 Die Abkommensberechtigung
- 3. Die Qualifikationsproblematik
- 3.1 Qualifikation der Gesellschaft (Subjektqualifikation)
- 3.1.1 Nicht-DBA-Fall
- 3.1.2 DBA-Fall
- 3.2 Qualifikation der Einkünfte (Objektqualifikation)
- 3.2.1 Grundsätze der Objektqualifikationsproblematik
- 3.2.2 Sondervergütungen
- III. Berücksichtigungsmöglichkeiten ausländischer Verluste in Deutschland de lege lata
- 1. Verluste von Tochterkapitalgesellschaften
- 1.1 Kapitalgesellschaft(en) als Gesellschafter
- 1.2 Natürliche Person(en) als Gesellschafter
- 2. Verluste aus Betriebsstätten
- 2.1 Verluste aus Nicht-DBA Staaten
- 2.2 Verluste aus DBA-Staaten
- 2.2.1 Der Begriff der Unternehmensgewinne im DBA-Fall
- 2.2.2 Die Aktivitätsklauseln in deutschen DBA
- 2.2.3 Verlustberücksichtigung vs. Freistellungsmethode
- 3. Besonderheiten bei Personengesellschaften
- 3.1 Unterschiede zur Verlustberücksichtigung von Betriebsstätten
- 3.2 Gewerblichkeit der Einkünfte
- 3.3 Beschränkung der Verlustverrechnung gem. § 15a EStG
- 3.4 Verfall ausländischer Verluste
- IV. Verrechnung inländischer Verluste mit positiven ausländischen Einkünften
- 1. Vorbemerkungen
- 2. Positive ausländische Einkünfte aus Tochterkapitalgesellschaften
- 2.1 Behandlung der Einkünfte
- 2.2 Berücksichtigung ausländischer Quellensteuern
- 3. Positive ausländische Einkünfte aus Betriebsstätten und Personengesellschaften
- 3.1 Einkünfte aus Nicht-DBA-Staaten
- 3.2 Einkünfte aus DBA-Staaten
- V. Gestaltungsmöglichkeiten
- 1. Territoriale Verlagerungen
- 2. Tochterkapitalgesellschaften
- 2.1 Verlustnutzung mit Konsolidierungsmodellen
- 2.1.1 Die deutsche Organschaft
- 2.1.2 Überlegungen zur grenzüberschreitenden Organschaft
- 2.1.3 Nutzung ausländischer Gruppenbesteuerungssysteme
- 2.2 Darlehensvergabe an die Auslandstochtergesellschaft
- 3. Betriebsstätten und Personengesellschaften
- 3.1 Wechsel des DBA-Methodenartikels
- 3.2 Vermeidung des Betriebsstättentatbestandes
- 3.3 Nutzung der abkommensrechtlichen Aktivitätsklauseln
- 3.4 Partieller Methodenwechsel gem. § 20 Abs. 2 AStG
- 3.5 Vermögensverwaltende Personengesellschaften
- VI. Entwicklungen
- 1. Reform der Behandlung von Tochterkapitalgesellschaftsverlusten?
- 1.1 Die Rechtssache „Marks & Spencer plc“
- 1.1.1 Das Urteil des EuGH
- 1.1.2 Handlungsempfehlungen für deutsche Unternehmen
- 1.1.3 Mögliche Konsequenzen des Urteils für die Organschaft
- 1.2 Teilwertabschreibungen auf ausländische Beteiligungen
- 2. Ausländische Betriebsstättenverluste
- 2.1 Aktuelle Tendenzen der Rechtsprechung
- 2.2 Handlungsempfehlungen
- VII. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Thematik der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung bei Outbound-Investitionen. Ziel ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen dieser Verlustverrechnung, die Gestaltungsmöglichkeiten und aktuelle Entwicklungen zu analysieren.
- Kategorisierung von Outbound-Investitionen (Betriebsstätten, Personengesellschaften)
- Relevanz von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) für die Verlustverrechnung
- Qualifikationsproblematik bei der Verlustverrechnung (Subjekt- und Objektqualifikation)
- Berücksichtigungsmöglichkeiten ausländischer Verluste in Deutschland
- Gestaltungsmöglichkeiten zur Optimierung der Verlustverrechnung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problemstellung, die Zielsetzung und die Prämissen der Untersuchung dar. Kapitel II beleuchtet die Grundlagen der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung, indem es die Kategorien der Outbound-Investitionen (Betriebsstätten und Personengesellschaften) sowie die Relevanz von Doppelbesteuerungsabkommen und die Qualifikationsproblematik bei der Verlustverrechnung erörtert.
Kapitel III behandelt die Berücksichtigungsmöglichkeiten ausländischer Verluste in Deutschland de lege lata, wobei die Verluste von Tochterkapitalgesellschaften, Verluste aus Betriebsstätten und die Besonderheiten bei Personengesellschaften im Fokus stehen. Kapitel IV beschäftigt sich mit der Verrechnung inländischer Verluste mit positiven ausländischen Einkünften.
Kapitel V untersucht verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Optimierung der Verlustverrechnung, darunter territoriale Verlagerungen, Tochterkapitalgesellschaften und Maßnahmen im Zusammenhang mit Betriebsstätten und Personengesellschaften. Schließlich werden in Kapitel VI aktuelle Entwicklungen im Bereich der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung beleuchtet, insbesondere die Reform der Behandlung von Tochterkapitalgesellschaftsverlusten im Lichte des EuGH-Urteils in der Rechtssache „Marks & Spencer plc“ sowie aktuelle Tendenzen der Rechtsprechung bezüglich ausländischer Betriebsstättenverluste.
Schlüsselwörter
Outbound-Investitionen, Verlustverrechnung, Doppelbesteuerungsabkommen, Betriebsstätten, Personengesellschaften, Tochterkapitalgesellschaften, Organschaft, Aktivitätsklauseln, Gestaltungsmöglichkeiten, Rechtsprechung, EuGH, Marks & Spencer plc, Teilwertabschreibungen, Freistellungsmethode, Verlustberücksichtigung
- Arbeit zitieren
- Christian Vogt (Autor:in), 2006, Grenzüberschreitende Verlustverrechnung bei Outbound-Investitionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56107