Am 23. Februar des Jahres 1807 wurde das britische Unterhaus Zeuge eines denkwürdigen Augenbli-ckes: Nachdem Sir Samuel Romilly für die Beendigung des britischen Sklavenhandels geworben hatte, schloß er seinen Redebeitrag mit einem lang andauernden und emotionalen Tribut an den Ab-geordneten William Wilberforce. Der so Geehrte – Wilberforce hatte beinahe 20 Jahre für den folgen-den Moment gekämpft - wurde während der Rede von seinen Gefühlen überwältigt und begann – seinen Kopf in seine Hände gestützt – vor Freude und Glück zu weinen:
„Wilberforce was overcome by the power of Romilly’s concluding passages, and sat with his head in his hands, tears streaming down his face. As Romilly reached his final sentences the House broke into one of those scenes that is reserved for great occasion. Members stood and cheered him tumultuously.“
Was war zwischen 1788 – dem Jahr, in dem mit dem Dolben Act erste Maßnahmen zur Regulierung des britischen Sklavenhandels ergriffen worden waren – und jenem (für das sonst als so zurückhal-tend geltende House of Commons) außergewöhnlichen Februartag geschehen, welche Hintergrund-variablen waren für diese Entwicklung notwendig gewesen? Es ist das Ziel dieser Arbeit, diesen Zeit-raum ereignisgeschichtlich darzustellen und gleichzeitig einen Blick auf die Motive, die Protagonisten und die kulturhistorischen Grundlagen sowie die politischen Hintergründe und Prozesse zu werfen.
Im Zuge der Debatte der Frage nach den eigentlichen Ursachen für das britische Verbot des Sklaven-handels (wirtschaftshistorischen Aspekte ./. politische Aspekte) wird eine eindeutige Gewichtung auf die Relevanz des ‚politischen‘ Faktors gelegt. Die Arbeit zeigt auf, daß der späte Erfolg keineswegs auf einer fortlaufenden Erosion der politischen Macht der westindischen Opposition gegen den Skla-venhandel beruhte, sondern daß vielmehr harte ‚politische‘ Arbeit vonnöten war, die einen komplizier-ten politischen Prozeß vorantrieb.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und Forschungsüberblick
- Die Anfänge der Abolitionsbewegung
- Die Ursprünge: Quäker, Methodisten und Evangelikale
- Die ersten Erfolge: Granville Sharp und der Fall Somerset
- Der Kampf um die Beendigung des Sklavenhandels (1787-1792)
- Die Gesellschaft zur Abschaffung des Sklavenhandels und Thomas Clarkson
- William Wilberforce
- 1788: Der Beginn des parlamentarischen Kampfes: Der Dolben Act
- 1788-1792: Parlamentarische Initiativen und Massenagitation
- Die lange Durststrecke (1793-1803)
- Das ,,Jakobiner-Problem“
- 1793-1795: Stagnation und neue Taktiken
- 1796-1803: Die Durststrecke
- 1797-1799:,Nebenkriegsschauplätze' I: Slave Carrying und Slave Trade Limitation Bill
- 1798-1802:, Nebenkriegsschauplätze' II: Trinidad und die „neuen‘ karibischen Kolonien
- Das endgültige Verbot des Sklavenhandels (1804-1807)
- 1804-1805: Aufbruchstimmung in den Reihen der Abolitionisten und der Einzug der irischen Abgeordneten in das Unterhaus
- 1805: Direkte und indirekte Initiativen für partielle Verbote des Sklavenhandels
- 1806: Foreign Slave Trade Bill
- 1806: The humble Address to the King
- 1806-1807: Das endgültige Verbot des britischen Sklavenhandels
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Geschichte der britischen Abolitionsbewegung und dem parlamentarischen Kampf um die Abschaffung des Sklavenhandels im Zeitraum von 1788 bis 1807. Ziel der Untersuchung ist es, diesen Zeitraum ereignisgeschichtlich darzustellen und dabei einen Blick auf die Motive, Protagonisten und kulturhistorischen Grundlagen sowie die politischen Hintergründe und Prozesse zu werfen. Die Arbeit setzt sich kritisch mit der klassischen und der marxistischen Interpretation der Abolition auseinander und untersucht die Relevanz des politischen Faktors im Vergleich zu wirtschaftshistorischen Aspekten.
- Die Entstehung und Entwicklung der britischen Abolitionsbewegung
- Die Rolle der religiösen Reformbewegungen (Quäker, Methodisten, Evangelikale)
- Der Einfluss von key players wie Granville Sharp, Thomas Clarkson und William Wilberforce
- Die Bedeutung parlamentarischer Prozesse und Debatten
- Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Deutungsmustern der Abolition
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit der Entstehung der Abolitionsbewegung und ihren Wurzeln in den religiösen Reformbewegungen des 17. und 18. Jahrhunderts. Es werden die wichtigsten Akteure der Bewegung wie die Quäker, Methodisten und Evangelikalen vorgestellt und ihre Motive sowie ihre Rolle im Kampf gegen die Sklaverei beleuchtet. Das zweite Kapitel widmet sich dem parlamentarischen Kampf um die Beendigung des Sklavenhandels von 1787 bis 1792. Es werden die Gründung der Gesellschaft zur Abschaffung des Sklavenhandels, die Rolle von Thomas Clarkson und William Wilberforce sowie die ersten Erfolge der Bewegung, wie die Verabschiedung des Dolben Act, beschrieben. Das dritte Kapitel analysiert die lange Durststrecke zwischen 1793 und 1803, die von Stagnation und neuen Taktiken der Abolitionisten geprägt war. In diesem Kapitel werden die Herausforderungen für die Bewegung, die Auswirkungen des „Jakobiner-Problems“ sowie die Versuche, den Sklavenhandel einzuschränken, behandelt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die britische Abolitionsbewegung, den Sklavenhandel, die Sklaverei, die parlamentarische Geschichte Großbritanniens, die religiösen Reformbewegungen des 18. Jahrhunderts, die Motive der Abolitionisten und die unterschiedlichen Interpretationen der Abolition.
- Quote paper
- Marcus Giebeler (Author), 2003, Die britische Abolitionsbewegung und der parlamentarische Kampf um die Abschaffung des Sklavenhandels , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55871