Die Zigeunerin Carmen gilt als eine der schwer zu fassendsten Figuren der Operngeschichte. Obwohl Bizets Partitur sich auf den ersten Blick aus beschwingten, leicht zugänglichen Stücken zusammensetzt, sind die inneren Vorgänge der Titelfigur sehr undurchsichtig und nur sehr schwer zu verstehen. Carmens Handlungsweise wirkt unrealistisch, unlogisch und dadurch nicht nachvollziehbar: es fällt schwer, sich in sie hineinzuversetzen und ihre Gefühle nachzuempfinden. Man mag sie als flatterhafte, bunte und amüsierende Gestalt verstehen, doch einem tieferen Blick hält dieses Bild nicht Stand. Eine Inszenierung der „Carmen“ reicht in der Regel nicht, um Handlung und Titelfigur vollends zu erfassen. Es gab und gibt in Vergangenheit und Gegenwart die verschiedensten Ansätze, sich diesem Ziel zu nähern. Peter Brook hat dabei einen sehr eigenwilligen Weg eingeschlagen. Er entfernt sich von der Carmen als einem Massenereignis mit Chor, Statisten und großem Orchester. Er lässt weniger sehen und dafür mehr spüren, wobei er besonderen Wert auf eine individuelle und präzise Personenregie legt. Carmen und die anderen Hauptfiguren treten aus dem „Schutz“ einer menschenüberfüllten Bühne hervor, es gibt nichts mehr, wohinter sie sich verstecken könnten. Somit trifft der Operbesucher auf eine Carmen, die für sich steht - ohne Gesellschaft die sie umgibt, eine Carmen, die alleine mit sich ihre Tragödie erlebt bis zum bitteren Ende, und die gerade deshalb jeden ganz persönlich etwas angeht. Da in dieser Arbeit der Weg zur Analyse hauptsächlich über die Beschäftigung mit dem Theatertext und dessen Vorlage geht, ist die Vorgehensweise überwiegend die einer Transformationsanalyse.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Aufführungstext — Inszenierungstext
- Bizet und Mérimée
- Das Problem der Fassungen
- Brook — Bizet — Mérimée
- Beziehungen und Konflikte
- Der Tod
- Zuniga
- Garcia
- Escamillo
- Carmen
- Don José
- Fazit: Ist Brooks Carmen ein „Todesengel"?
- Carmens Einstellung zu Schicksal und Tod
- Der Ehrenkodex
- Was versteht Brook unter „Carmens Tragödie"?
- Schluss
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit analysiert Peter Brooks Inszenierung von „La Tragédie de Carmen" und untersucht, wie er Bizets Oper und Mérimées Novelle in seiner Inszenierung verarbeitet und welche neuen Aspekte er dadurch hervorhebt. Die Arbeit konzentriert sich insbesondere auf die Darstellung des Todes als zentrales Thema sowie die Analyse der Beziehungen und Konflikte der Hauptfiguren.
- Die Rolle des Todes in Brooks Inszenierung
- Die Beziehung zwischen Carmen, Don José und Escamillo
- Die Frage, ob Carmen ein „Todesengel" ist
- Carmens Einstellung zu Schicksal und Tod
- Der Einfluss des Ehrenkodex auf die Handlung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Figur Carmen als eine der komplexesten und schwer zu fassenden Figuren der Operngeschichte vor. Brooks Inszenierung wird als ein eigenwilliger Ansatz beschrieben, der sich von den traditionellen Inszenierungen der „Carmen" unterscheidet. Die Arbeit konzentriert sich auf die Analyse des Theatertextes und dessen Vorlage, wobei die Transformationsanalyse im Vordergrund steht.
Kapitel 2 beschreibt die Umsetzung des Aufführungstextes in Brooks Inszenierung. Die Verwendung von sparsamen Requisiten und einer Einheitsdekoration sowie die verschiedenen Besetzungen der Hauptrollen werden erläutert. Die Arbeit konzentriert sich auf die Film-Version mit Héléne Delavault in der Titelrolle, da es sich um einen Inszenierungstext handelt, dessen Umsetzung vom Regisseur selbst überwacht wurde.
Kapitel 3 beleuchtet die Entstehungsgeschichte der Oper und die Beziehungen zwischen Bizet und Mérimée. Die Unterschiede zwischen der Novelle und der Oper werden herausgearbeitet, insbesondere die Änderungen hinsichtlich der Charaktere, der Handlung und der musikalischen Gestaltung. Es wird deutlich, dass Bizet sich von Mérimées Novelle inspirierte, jedoch viele Veränderungen vorgenommen hat, um dem Geschmack des Publikums seiner Zeit gerecht zu werden.
Kapitel 4 befasst sich mit dem Problem der verschiedenen Fassungen der „Carmen". Die Uraufführung der Oper war ein Misserfolg, was Bizets Bestreben zeigt, sein eigenes Carmen-Verständnis ohne Abschwächung an die Öffentlichkeit zu bringen. Die verschiedenen Änderungen der Oper nach der Uraufführung werden beschrieben, insbesondere die Rekonstruktionen von Bizets „ureigener" Carmen-Fassung.
Kapitel 5 untersucht die Beziehung zwischen Brooks Inszenierung, Bizets Oper und Mérimées Novelle. Es wird deutlich, dass Brooks Inszenierung ein eigenständiges Werk ist, das sich aus Elementen der Oper und der Novelle zusammensetzt. Die musikalischen Kürzungen und die Rückgriffe auf die Novelle werden als ein Versuch interpretiert, sich Bizets Carmen-Vorstellung anzunähern.
Kapitel 6 analysiert die Beziehungen und Konflikte der Hauptfiguren in Brooks Inszenierung. Die Konzentration auf die Hauptfiguren führt zu einer Verschärfung der Konflikte zwischen ihnen, insbesondere zwischen Carmen und Micaela sowie zwischen Don José und den anderen männlichen Figuren. Die starke Eifersucht und die Unbeherrschtheit von Don José werden als charakteristische Eigenschaften hervorgehoben. Die Beziehung zwischen Carmen und Escamillo sowie Carmens grundsätzliche Einstellung zur Liebe werden ebenfalls beleuchtet.
Kapitel 7 beschäftigt sich mit dem zentralen Thema des Todes in Brooks Inszenierung. Die „Todesszenen" werden in chronologischer Reihenfolge betrachtet, wobei die Unterschiede zu Bizets Oper und Mérimées Novelle hervorgehoben werden. Es wird untersucht, ob Carmen als „Todesengel" interpretiert werden kann.
Kapitel 8 analysiert Carmens Einstellung zu Schicksal und Tod. Es wird deutlich, dass Carmen an das Schicksal glaubt und sich ihrem Schicksal mehr oder weniger teilnahmslos entgegensieht. Die Frage, ob Carmen tatsächlich nur das Opfer ihres Schicksals oder doch ein Opfer ihrer selbst wird, wird diskutiert.
Kapitel 9 untersucht den Einfluss des Ehrenkodex auf die Handlung. Der Ehrenmord als Motiv für Josés Tötung von Carmen wird erläutert. Es wird gezeigt, dass der Ehrenkodex in der spanischen Gesellschaft eine wichtige Rolle spielte und die Handlung der Oper beeinflusste.
Kapitel 10 befasst sich mit Brooks Verständnis von „Carmens Tragödie". Es wird deutlich, dass Brook die Tragödie als den Kampf eines alleingelassenen Menschen mit einem übermächtigen Schicksal versteht. Carmens Einsamkeit und ihre überstarke Lebenslust werden als Gründe für ihre Tragödie interpretiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen „La Tragédie de Carmen", Peter Brook, Georges Bizet, Prosper Mérimée, Musiktheater, Inszenierungstext, Transformationsanalyse, Tod, Schicksal, Ehrenkodex, Femme fatale, Liebe, Eifersucht, Rivalität, Tragödie.
- Arbeit zitieren
- Gislinde Nauy (Autor:in), 2005, Der Tod als zentrales Thema in Peter Brooks "La Tragédie de Carmen", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55813
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