Mit Ausnahme der bestandswahrenden Pläne sind jetzt sämtliche Bauleitpläne umweltprüfungspflichtig. In § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB findet sich nun auch eine inhaltliche Ausgestaltung des Nachhaltigkeitsprinzips. Wesentliche Regelungen des alten § 1 Abs. 5 BauGB sind jetzt im neuen § 1 Abs. 6 BauGB enthalten. Anschauen sollte man sich hier vor allem die Nummern 7 und 8. Mit § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB werden „unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer“ berücksichtigt und, wie die §§ 3 und 4 BauGB zeigen, wird die Bürgerbeteiligung zur „Öffentlichkeitsbeteiligung“ und die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange zur „Behördenbeteiligung“. Das Abstimmungsgebot benachbarter Gemeinden (§ 2 Abs. 2 BauGB) wird in Satz 2 neben den städtebaulichen Belangen auch auf raumordnerische Belange ausgedehnt und kann nun gerichtlich durchgesetzt werden, d.h. eine übergangene Gemeinde kann sich mit einem Normenkontrollantrag wehren. Die Flexibilität des neuen Städtebaurechts ist sehr zu begrüssen. Das alte Bauplanungsrecht war sehr statisch und konnte die heutigen kurzlebigen Nutzungen von Grundstücken durch bspw. Freitzeitparks oder Einkaufszentren etc. nicht passabel abbilden. Es konnte die Nutzung immer nur auf Ewig festgeschrieben werden, zeitliche Befristungen waren nicht möglich. Das ändert der neue § 9 Abs. 2 BauGB. Danach kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen oder sonstigen Nutzungen und Anlagen erstens nur für einen bestimmten Zeitraum zulässig sind oder zweitens, bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig sind. Zudem wurden mit § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB Befristungen und Bedingungen auch für den städtebaulichen Vertrag neu geschaffen. All dies korrespondiert mit der Rückbauverpflichtung bei bestimmten Außenbereichsvorhaben, vgl. § 35 Abs. 5 S. 2 BauGB. Neu ist auch die Revisionsklausel des § 5 Abs. 1 S. 3 BauGB, wonach Flächennutzungspläne spätestens 15 Jahre nach ihrer erstmaligen oder erneuten Aufstellung u.a. überprüft werden sollen. Allerdings ist diese Regelung erstmals am 01.01.2010 anzuwenden, vgl. § 244 Abs. 4 BauGB. Das Baurecht auf Zeit hat natürlich auch eine grundgesetzlich relevante Seite, denn der vom Bauplanungsrecht Betroffene muss sich auf das jeweils geltende Städtebaurecht zumindest für einen längeren Zeitraum verlassen können. Auf mögliche Vertrauensschutzgesichtspunkte kann hier aber nicht näher eingegangen werden.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Das Baurecht wird flexibler und trägt dem Zeitgeist Rechnung
- Allgemeines Städtebaurecht - Zulässigkeit von Bauvorhaben im Einzelnen
- Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich, S 34 BauGB
- Vorhaben im Außenbereich, S 35 BauGB
- Besonderes Städtebaurecht — Stadtumbau, Soziale Stadt, Sanierungsgenehmigung
- Unbeachtlichkeit und Heilung bei Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften
- Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text bietet einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau (EAG Bau), das das Baugesetzbuch (BauGB), das Raumordnungsgesetz (ROG) und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) geändert hat. Der Fokus liegt dabei auf den Auswirkungen des EAG Bau auf das Städtebaurecht.
- Flexibilisierung des Städtebaurechts
- Umweltprüfungspflicht für Bauleitpläne
- Öffentlichkeitsbeteiligung und Behördenbeteiligung
- Zulässigkeit von Bauvorhaben im Innen- und Außenbereich
- Stadtumbau und Soziale Stadt
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit der Flexibilisierung des Städtebaurechts. Der Text erläutert, wie das neue BauGB die Nutzung von Grundstücken flexibler gestaltet, indem es zeitliche Befristungen für bauliche Nutzungen ermöglicht. Die Revisionsklausel in S 5 Abs. 1 S. 3 BauGB, die eine Überprüfung von Flächennutzungsplänen alle 15 Jahre vorschreibt, wird ebenfalls behandelt.
Das zweite Kapitel widmet sich dem Allgemeinen Städtebaurecht und der Zulässigkeit von Bauvorhaben. Der Text beleuchtet die Anforderungen an Bauvorhaben im nicht beplanten Innenbereich und im Außenbereich. Die Bedeutung der "Einfügen"-Regelung des S 34 BauGB und die Berücksichtigung der bauplanungsrechtlichen Auswirkungen auf die Umgebung werden erläutert.
Das dritte Kapitel behandelt das Besondere Städtebaurecht, insbesondere den Stadtumbau und die Soziale Stadt. Der Text beschreibt die neuen Regelungen in SS 171 a bis 171 d BauGB und die Überleitungsvorschriften für den Stadtumbau und die Soziale Stadt in S 245 Abs. 1 BauGB. Das Bund-Länder-Programm "Soziale Stadt" und die Sanierungsgenehmigung werden ebenfalls erwähnt.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Unbeachtlichkeit und Heilung von Verfahrens- und Formvorschriften im Städtebaurecht. Der Text erläutert die neue Frist von zwei Jahren für die Geltendmachung von Verfahrensfehlern und die Möglichkeit der rückwirkenden Heilung von Fehlern im Flächennutzungsplan und Bebauungsplan.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Europarechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau), das Baugesetzbuch (BauGB), das Raumordnungsgesetz (ROG), das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG), das Städtebaurecht, die Flexibilisierung des Baurechts, Umweltprüfungspflicht, Öffentliche Beteiligung, Behördenbeteiligung, Stadtumbau, Soziale Stadt, Sanierungsgenehmigung, Verfahrens- und Formvorschriften, Unbeachtlichkeit, Heilung, Abwägung, Flächennutzungsplan, Bebauungsplan, Innenbereich, Außenbereich.
- Quote paper
- Dr. iur. Lars Jaeschke (Author), 2005, Das neue Städtebaurecht - Die wichtigsten Neuerungen im Überblick, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55800