Spätestens seit PISA sind die Themen Schule und Schulreform in aller Munde. Mängel und Notstände werden angesprochen, Alternativen werden gesucht. Die Nachfrage der Eltern nach alternativen Schulformen steigt. Jedes Jahr wechseln zehntausende Schüler auf Privatschulen. Nicht ohne Grund: Eltern suchen aus verschiedenen Gründen nach Alternativen für ihre Kinder; gerade die Möglichkeit zum Lernen im angstfreien Raum wird gefordert. Lernen soll außerdem (wieder) eine aktive, kreative, die Selbstständigkeit fördernde, lebensverbundene, ‚natürliche‘ Tätigkeit werden. Lebensweise und pädagogisches Bewusstsein wandeln sich; und so müssen Erziehung und Schule an aktuelle Bedürfnisse und Prozesse, an die Herausforderungen der Zeit angeglichen werden.
Die ideale Schule ist sicherlich noch nicht geboren, doch viele Reformschulen zeigen, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, den Schülern (auch in der Sekundarstufe II) ein ‚anderes’ Lernen zu ermöglichen – so z.B. auch die Sudbury Schule, eine von Summerhill inspirierte, demokratisch strukturierte Schule, die Wert auf selbstbestimmtes Lernen in einer selbstregulierten Umgebung legt, und der es gelingt, zu demonstrieren, dass Schüler jeden Alters durchaus in der Lage sind, völlig ohne Druck, freiwillig, selbstständig und konzentriert zu arbeiten. Dies könnte ein Anlass dafür sein, dem selbstständigen Arbeiten auch im Schulalltag der Regelschule noch mehr Raum zu gewähren als bisher.
Diese Schule mit dem interessant wie utopisch klingenden Konzept soll im Folgenden vorgestellt werden. Dabei soll sowohl auf das pädagogische Konzept und die Grundsätze der Sudbury Schule eingegangen werden als auch darauf, wie sich die Verwirklichung dieses Konzepts in Schulalltag und Unterrichtskonzeption der Sudbury Schule niederschlägt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Herkunft der Sudbury Schule
3. Motivation für die Gründung der ersten Sudbury Schule
4. Grundlegendes über die Organisation der Schule
Leitung der Schule
Die Räumlichkeiten
5. Grundsätze der Sudbury Schule
Lernen in Freiheit
Demokratie leben
Eigene Wege finden
6. Schneller, effizienter und tiefgründiger lernen
7. Rolle eines ‚Lehrers‘ in der Sudbury Schule
8. Wird in irgendeiner Weise sichergestellt, dass die Schüler das ‚Grundwissen‘ lernen, das an anderen Schulen gelehrt wird?
9. Auswertung
Sudbury Schule
Reformpädagogik
10. Literaturverzeichnis
1. Einführung
Was ist und was will Reformpädagogik? Wo setzt ihre Kritik an der Regelschule an, und welche Forderungen stellt sie an die ‚neue’ Schule? Diesen Fragen soll in der Einleitung zuerst einmal nachgegangen werden, bevor im Anschluss, als Beispiel einer Alternativschule, das Konzept der Sudbury Schule vorgestellt wird
Einer der wohl wichtigsten Punkte, die die Reformpädagogik kritisiert, ist der ‚Zwangscharakter‘ und die autoritäre Struktur der alten Schule, die sie als ‚Buch-‘ und ‚Paukschule‘ bezeichnet. Die Reformpädagogik befürwortet eine Schule, die sich nicht durch Autorität und Zwang auszeichnet. Die nicht nur als ‚Paukschule‘, sondern vielmehr als Lebensraum gesehen und gestaltet wird; als eine Lebensgemeinschaft, die ein harmonisches, partnerschaftliches Zusammenleben ermöglicht und fördert
Ein weiterer Kritikpunkt der Reformpädagogik an der Regelschule ist die übermächtige Wichtigkeit des Lehrplans. Die Reformpädagogik fordert, dass statt der Erfüllung des Lehrplans besser die Bedürfnisse, Fragen und Interessen des Kindes im Vordergrund stehen sollten. Generell müsse es zu einer Neudefinition des Lernbegriffs bzw. zur Ausbildung einer neuen Vorstellung von Lernen kommen. Lernen soll (wieder) eine aktive, kreative, die Selbstständigkeit fördernde, lebensverbundene, ‚natürliche‘ Tätigkeit werden. Damit spricht sich die Reformpädagogik ausdrücklich gegen die Dominanz rezeptiver Lernformen (bestes Beispiel: der Frontalunterricht) aus
Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass die Kritik der Reformpädagogik nicht erst an der Struktur der alten Schule, sondern eigentlich noch viel weiter vorne, nämlich an der Gesellschaft selbst, ansetzt, die scheinbar keinen Wert auf ‚ganzheitliche‘ Erziehung legt. Stattdessen fordert sie ein Übergewicht intellektuellen Lernens, das nicht dem Wohl des Kindes dienen kann
Die Reformpädagogik war immer und ist auch heute noch auf der Suche nach neuen, humaneren Formen der Schule und der Erziehung. Sie verlangt nach einer Erziehung des ‚ganzen Menschen‘ mit all seinen intellektuellen, physischen, sozialen und emotionalen Fähigkeiten und Möglichkeiten
Dieser Wunsch führte schon früh zur Suche nach Alternativen zur herkömmlichen Pädagogik und damit auch zu zahlreichen neuen methodischen Ansätzen und Schulgestalten. Es bildeten sich Traditionen heraus, die zum Teil bis heute weiterwirken.[1] So unterschiedlich die verschiedenen Ansätze auch sein mögen, in den oben genannten neuen Forderungen und in der Kritik an der alten Schule sind alle Ansätze mehr oder weniger gleichgesinnt. Dennoch haben sich zahlreiche unterschiedliche Lösungsansätze entwickelt, die alle auf ihre Art und Weise versuchen, das problematische Verhältnis zwischen dem Bedürfnis des Kindes nach Individualität, also nach der Entwicklung und Entfaltung des Einzelnen, und der gesellschaftlichen Notwendigkeit, sich an gegebene Verhältnisse anpassen zu können, miteinander in Einklang zu bringen
Anhand dieser Arbeit soll nicht nur dargestellt werden, mit welchem pädagogischen Konzept die Sudbury-Schule dieses Problem zu lösen versucht, sondern auch, wie sich die Verwirklichung dieses Konzepts in Schulalltag und Unterrichtskonzeption der Sudbury-Schule niederschlägt. Am Ende der Arbeit soll eine Auswertung des vorgestellten Ansatzes erfolgen
2. Herkunft der Sudbury Schule
Die erste Sudbury Schule wurde 1968 in Framingham (Massachusetts, USA) von Daniel Greenberg, Mimsy Sadofsky u.a. gegründet. Der Erfolg der Schule sorgte dafür, dass bald nicht nur innerhalb der USA, sondern weltweit das Schulmodell von anderen Schulen übernommen wurde, unter anderem auch in Europa. Die meisten Sudbury Schulen befinden sich heute in den USA, weitere in Kanada, Israel, Dänemark, Australien, Spanien,... Die Sudbury Valley School ist somit mittlerweile Vorbild für ca. 30 ähnliche Schulen, die sich nach ihr benannt haben. Auch in Deutschland gibt es Gründungsgruppen, so z.B. in Berlin-Brandenburg, Halle-Leipzig und Überlingen, die es sich zum Ziel gemacht haben, ‚ihre‘ Sudbury Schule sobald wie möglich, evt. sogar noch im Jahr 2005, zu gründen
3. Motivation für die Gründung der ersten Sudbury Schule
Mimsy Sadofsky, eine der Gründer/innen der Sudbury Valley School in Framingham (Massachusetts, USA), ist nach ihren eigenen Angaben[2] aufgewachsen ‚wie jeder andere’, und hat ‚wie jeder andere’ das College besucht. Bevor ihr eigenes Kind in die Schule ging, hatte sie es als aufgeweckt und motiviert erlebt. Dies änderte sich jedoch sehr schnell, als es eingeschult wurde. Es klagte jeden Tag über Bauchschmerzen, war bedrückt und quengelte viel, woraufhin sie und ihr Mann begannen, das Schulsystem in Frage zu stellen. Die beiden fingen an, sich mit Erziehungswissenschaft auseinanderzusetzen und sich mittels Bücher zu informieren. Als sie bei ihrer Recherche auf Summerhill stießen, ließen sie sich von seiner Theorie überzeugen, dass Kinder nicht Struktur brauchen, sondern Freiheit. Damit war der Grundstein gelegt zur Gründung der Sudbury Schule. In erster Linie ging es Mimsy Sadofsky also darum, eine ‚passende’ Schule für ihre eigenen Kinder zu entwickeln. Sie tat sich mit anderen Eltern mit demselben Interesse zusammen. 1968 schließlich hatten sie es gemeinsam geschafft, die Sudbury Valley School in Framingham (Massachusetts, USA) zu gründen. Mimsy Sadofsky ist noch immer von den Prinzipien der Schule überzeugt. All ihre Kinder haben die Schule in Framingham besucht. Sie selbst engagiert sich noch heute sehr stark für das Konzept der Schule,[3] weil sie noch immer von ihm überzeugt ist. Die beste Bestätigung war für sie mitzuerleben, wie die Sudbury Schule die Motivation ihres eigenen Kindes wieder wecken konnte, die die Regelschule so sehr gedämpft hatte. Wie später noch erklärt wird, schaden laut dem Sudbury Konzept die Methoden der Regelschule (Druck, Zwang, Unterordnung des Schülers unter den Willen des Lehrer, Noten zur Belohnung und Bestrafung von Leistung, usw.) der inneren Motivation und wirken sich verheerend auf die natürliche Fähigkeit und Motivation zu lernen aus.[4]
4. Grundlegendes über die Organisation der Schule
Bei den Sudbury Schulen handelt es sich um demokratisch organisierte Schulen, in denen jeder Schüler selbst entscheidet, was, wann und wie er lernt, bzw. noch allgemeiner gesagt: wie und wo er seine Zeit in der Schule verbringt. Das Schulgelände ist zu jeder Zeit ‚offen‘, so dass die Schüler kommen und gehen können, wann sie wollen. Jeder Schüler tut zu jeder Zeit, worauf er gerade Lust hat und hält sich zu jeder Zeit auf, wo er gerade möchte. Niemand muss sich bei irgendjemandem an- oder abmelden, wenn er kommt, geht oder sich im Freien aufhalten will. Unterrichtsstunden, wie wir sie aus der Regelschule kennen, finden nur dann statt, wenn die Schüler diese ausdrücklich wünschen. Es gibt keine Unterteilung in Klassen oder Altersstufen, und die Schüler werden auch nicht bewertet; weder durch Zensuren noch durch schriftliche Beurteilungen. Generell handelt es sich bei den Sudbury Schulen um Privatschulen, die auf Schulgeld angewiesen sind. Sie haben die Berechtigung, High School Abschlüsse zu vergeben. Schüler, die die Sudbury Schule verlassen, schlagen die verschiedensten Wege ein. Ca. 80% besuchen das College, der Rest ergreift die unterschiedlichsten Berufe
Leitung der Schule
Geleitet wird die Schule durch das ‚School Meeting’, das wöchentlich stattfindet, und in dem jeder Schüler und jeder Mitarbeiter[5] eine Stimme hat. Das School Meeting trifft z.B. Entscheidungen darüber, wer im folgenden Schuljahr als Mitarbeiter an der Schule tätig sein darf und wer nicht
Neben dem School Meeting gibt es ein ‚Justizkomitee’, welches größtenteils aus Schülern besteht. Es untersucht Beschwerden über die Verletzung von Schulregeln und entscheidet über Konsequenzen und eventuelle Strafauferlegungen. Auch wenn die Schule den Schülern so viel Freiraum wie möglich lassen will, besteht also durchaus die Möglichkeit zur Bestrafung. Einige Beispiele für Strafen sind z.B. einen Tag lang einen bestimmten Raum nicht benutzen dürfen, zwei Tage lang nicht nach draußen gehen dürfen, zusätzlicher Mülldienst, etc
Auch in der jährlich stattfindenden School Assembly besitzen neben Mitarbeitern und Eltern auch die Schüler Stimmrecht. Die School Assembly entscheidet über die Vergabe von Schulabschlüssen und über Satzungsänderungen. Weiterhin überprüft sie den vom School Meeting vorgelegten Jahreshaushalt
Das Alter der Schüler wie auch die Schüleranzahl variiert von Schule zu Schule; die Sudbury Valley School in Framingham (Massachusetts, USA) bietet Raum für etwa 200 Schüler im Alter von 4 bis 19 Jahren. Da auf ca. 200 Schüler 11 Mitarbeiter kommen, ist es nicht schwer, sich auszurechnen, dass es tatsächlich die Schüler sind, die die jeweils anstehenden Wahlen entscheiden
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[1] Montessori, Steiner, Petersen,
[2] http://www.sudval.org/01_abou_09.html (30.01.2005)
[3] Sie hat z.B. die Gründungsgruppe Überlingen besucht und dort einen Workshop geleitet, um den interessierten Eltern und Schülern Informationen zu liefern
[4] siehe Kap. „Lernen in Freiheit“
[5] Die Sudbury Schule spricht ausdrücklich nicht von ‚Lehrern’, sondern von ‚Mitarbeitern’
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