Ursprünglich sollte sich die vorliegende Arbeit ausschließlich mit dem Stand der Forschung zu den Tauschtheorien der Führung beschäftigen. Tauschtheorien brachten erstmals in die Führungswissenschaft den Aspekt der gegenseitigen Einflussnahme von Führendem und Geführten ein, ein Ansatz, von dem es allemal fruchtbar erschien, seinem aktuellen Forschungsstand auf den Grund zu gehen.
Wer allerdings nach den Tauschtheorien sucht, wird schnell und unweigerlich auf die transformationale Führung stoßen.
In der angelsächsischen Führungsliteratur ist transformationale (oder auch: charismatische) Führung in aller Munde und schreibt sich selbst auf die Fahnen, ein neues Führungsparadigma geschaffen zu haben, nach dem es Führung möglich wäre, Leistungen jenseits aller Erwartungsgrenzen hervorzubringen.
Dies allein rechtfertigt noch nicht, die Tauschtheorien der Führung mit Missachtung zu strafen. Tatsächlich bestehen hingegen zwischen beiden Ansätzen konkrete Verknüpfungspunkte, vornehmlich dergestalt, dass transformationale Führung sich einiger Aussagen der Tauschtheorien bedient und sie sich zu eigen macht.
Die offenkundige Allgegenwart des transformationalen Paradigmas wirft jedoch nicht nur im Hinblick auf tauschtheoretische Aspekte von Führung einige Fragen auf: Ist transformationale Führung die Ablösung oder die Weiterentwicklung tauschtheoretischer Überlegungen zur Führung, oder nimmt Tauschtheorie gar nur den Platz einer Randnotiz im transformationalen Paradigma ein? Was erklärt den scheinbaren Erfolg und den Geltungsanspruch dieses Ansatzes? Kann man tatsächlich überhaupt von einem neuen Paradigma sprechen, oder handelt es sich nicht vielleicht letztlich doch nur um „jungen Wein in alten Schläuchen“? Diesen Fragen wird in dieser Arbeit nachgegangen. Hierzu ist es zunächst notwendig, die vakanten Führungstheorien von den herkömmlichen abzugrenzen. Kapitel 2 widmet sich daher den Grundausrichtungen konventioneller Führungstheorie, wie sie sich im 20. Jahrhundert entwickelt hat. In Kapitel 3 werden dann zunächst die Tauschtheorien der Führung anhand der Ansätze ihrer herausragenden Vertreter, namentlich Edwin P. Hollander und George B. Graen, vorgestellt sowie jüngere Entwicklungen beleuchtet. Kapitel 4 widmet sich anschließend der transformationalen Führung, deren Annahmen in erster Linie mit dem Namen Bernard Bass verbunden sind. Auch hier sollen jüngere Entwicklungen betrachtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Abstract
- 1 Einleitung
- 2 Herkömmliche Führungstheorien
- 2.1 Die eigenschaftstheoretische Perspektive
- 2.2 Führungsstiltheorien
- Entscheidungsspielraum der Gruppe
- Entscheidungsspielraum der Vorgesetzten
- 2.3 Situationstheorien der Führung
- 2.4 Zusammenfassung
- 3 Tauschtheorien der Führung
- 3.1 zum Sozialtausch
- 3.2 Das Idiosynkrasiekredit-Modell nach Hollander
- 3.2.1 Grundannahmen
- 3.2.2 Idiosynkrasiekredit
- 3.2.3 Führung und Effizienz
- 3.3 Die Theorie der Führungsdyaden
- 3.3.1 Grundannahmen
- 3.3.2 heterogener vs. homogener Führungsstil
- 3.4 jüngere Entwicklungen
- 3.4.1 Führung und Organisationsstrukturen
- 3.4.2 LMX in Deutschland
- 3.5 Zusammenfassung
- 4 transformationale Führung
- 4.1 Grundannahmen
- 4.2 transformationale & transaktionale Führung – das Faktorenmodell nach Bass
- 4.3 jüngere Entwicklungen
- 4.3.1 Effizienz und Zufriedenheit
- 4.3.2 Commitment
- 4.3.3 charismatische Führung und Visionen
- 4.3.4 Persönlichkeitsmerkmale
- 4.3.5 Identifikation, Ermächtigung und Abhängigkeit
- 4.3.6 Transformationale Führung und LMX
- 4.4 Zusammenfassung
- 5 Tauschtheorien und transformationale Führung im Diskurs
- 5.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede
- 5.1.1 Bedeutung des Tauschgedankens
- 5.1.2 Deskriptivität vs. Normativität
- 5.1.3 Legitimation und Motivation
- 5.1.4 Organisatorischer Wandel
- Kriterium
- 5.2 Kritische Würdigung
- 5.2.1 Führung und Charisma
- 5.2.1.1 Entstehung charismatischer Führung
- 5.2.1.2 Charisma in Organisationen
- 5.2.2 Weitere Kritikpunkte
- 5.2.3 Transformationale Führung: revolutionär oder reaktionär?
- 6 Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit untersucht die Entwicklung des Führungsbegriffs im 20. Jahrhundert, wobei der Fokus auf dem Wandel von traditionellen Führungstheorien zu Tauschtheorien und der transformationalen Führung liegt. Die Arbeit analysiert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Ansätze und untersucht, ob die transformationale Führung ein neues Paradigma der Führung darstellt oder eher eine Weiterentwicklung bestehender Konzepte.
- Entwicklung des Führungsbegriffs
- Vergleich von traditionellen, Tausch- und transformationalen Führungstheorien
- Analyse von Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Ansätze
- Bewertung der transformationalen Führung als Paradigmenwechsel
- Kritik an der transformationalen Führung
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 2: Herkömmliche Führungstheorien - Dieses Kapitel präsentiert die klassischen Führungstheorien, die sich mit den Eigenschaften, dem Verhalten und dem Stil von Führungskräften auseinandersetzen. Es werden sowohl eigenschaftstheoretische als auch verhaltensbasierte Ansätze sowie situationstheoretische Modelle, wie z.B. den Kontingenzansatz nach Fiedler, beleuchtet.
- Kapitel 3: Tauschtheorien der Führung - Dieses Kapitel behandelt die Tauschtheorien der Führung, die den Aspekt der gegenseitigen Beeinflussung in den Mittelpunkt stellen. Es werden Modelle wie das Idiosynkrasiekredit-Modell nach Hollander und die Theorie der Führungsdyaden vorgestellt, die die Interaktion zwischen Führungskraft und Geführten als Grundlage für erfolgreiches Führungshandeln betrachten.
- Kapitel 4: Transformationale Führung - Dieses Kapitel widmet sich der transformationalen Führung, die den Fokus auf die Motivation und Inspiration der Geführten legt. Es wird das Faktorenmodell nach Bass vorgestellt, welches transformationale und transaktionale Führung unterscheidet. Zudem werden die Auswirkungen transformationaler Führung auf Effizienz, Commitment und die Entwicklung charismatischer Führung untersucht.
- Kapitel 5: Tauschtheorien und transformationale Führung im Diskurs - Dieses Kapitel vergleicht die Tauschtheorien mit der transformationalen Führung und analysiert Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Es werden die deskriptiven und normativen Aspekte der Ansätze beleuchtet sowie die Auswirkungen auf die Legitimation, Motivation und den organisationalen Wandel untersucht. Darüber hinaus wird die Kritik an der transformationalen Führung, insbesondere im Hinblick auf die Entstehung und Bedeutung von Charisma, diskutiert.
Schlüsselwörter
Führung, Führungstheorien, Eigenschaftstheorie, Verhaltenstheorie, Situationstheorie, Tauschtheorie, Idiosynkrasiekredit, Führungsdyaden, transformationale Führung, charismatische Führung, Motivation, Inspiration, Commitment, Legitimation, organisationaler Wandel, Paradigmenwechsel.
- Arbeit zitieren
- Andreas Schwarz (Autor:in), 2005, Von den Tauschtheorien zur Transformationalen Führung - ein Paradigmenwechsel?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55712