Seit Kaiser Karl IV. Mitte des 14. Jahrhunderts zum endgültigen Abschluss der
Verhandlungen zur Goldenen Bulle die Stadt Metz besucht hatte, beschäftigten sich die spätmittelalterlichen Chroniken der Metzer Historiographie immer wieder mit diesem Ereignis. Die Antworten auf die Frage, wie in diesen Quellen die damaligen Akteure dargestellt werden, ist für die Einschätzung der Perspektive bestimmter sozialer Gruppen auf die Herrschaftsstrukturen des Alten Reiches von besonderer Relevanz. Diese Frage an die Perspektive der Chronisten wird auf die Rolle der Kurfürsten in den Schilderungen über den Besuch Kaiser Karls IV. in der Stadt Metz (1355/56) focussiert. Für
die vorliegende Arbeit sind daher Auszüge dreier spätmittelalterlicher Chroniken von Metz ausgewählt worden, obwohl es durchaus weitere vergleichbare Quellen gibt: Zunächst sei ein Ausschnitt von „Les coroniques parlans de l’empereur Hanrey cuien de Luxembourg et de sa descendue“ von Jaique Dex und seinem Sohn vorgestellt, die wahrscheinlich zwischen
1434 und 1438 entstanden. Diese Kompilation besteht aus drei Teilen, von denen der erste den Zug Heinrichs VII. nach Rom beschreibt, und der zweite Abschnitt durch Lieder und Gedichte den 4-Herren-Krieg illustriert. Der anschließende Prosateil gibt die hier eigentlich interessierende Chronik
über eine Periode von 1308-1437 wieder. Letztere Darstellung beruht auf schriftlichen und mündlichen Quellen sowie eigenen Erlebnissen, deren französischsprachige Schilderung unter dem historischen Einfluss der
Ablösung des „pays-entre-deux“ (Lothringen) vom Heiligen Römischen Reich Dt. Nat. unter Kaiser Siegmund stand. In der Perspektive eines vermögenden Patriziers, dessen Familie jedoch erst wenige Generationen in Metz ansässig ist, steht er für ein aufstrebendes, junges Bürgertum der Stadt. Seine Rolle als Gesandter an den Hof Kaiser Siegmunds des Frommen lässt die Intention des Autors dieser als Geschenk und Schmeichelschrift für den Kaiser gedachten Metzer Chronik daher zusätzlich in einer Form von Selbstlegitimation vermuten. [...]
Inhaltsverzeichnis
- I. Die Autoren, ihre Zeiten und ihre Werke: Der Untersuchungsgegenstand
- II. Die Kurfürsten: Die Rolle in den Quellen
- III. Gewichtungen und Gewicht: Alt und Intention der Darstellungen
- IV. Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Darstellung der Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches in drei spätmittelalterlichen Chroniken der Stadt Metz, die den Besuch Kaiser Karls IV. im Jahr 1356/57 schildern. Die Arbeit analysiert die Perspektiven der Autoren und deren Intentionen, die sich in der Gewichtung und Darstellung der Kurfürsten widerspiegeln.
- Die Rolle der Kurfürsten in den Chroniken
- Die Perspektiven der Chronisten
- Die Intentionen der Autoren
- Die Bedeutung der Goldenen Bulle von 1356
- Die Darstellung der Reichsstrukturen
Zusammenfassung der Kapitel
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I. Die Autoren, ihre Zeiten und ihre Werke: Der Untersuchungsgegenstand
Die Arbeit fokussiert auf drei spätmittelalterliche Chroniken aus Metz, die den Besuch Kaiser Karls IV. im Jahr 1356/57 schildern. Die Chroniken von Jaique Dex, Philippe de Vigneulles und dem Dekan des Metzer Stifts St. Theobald bieten unterschiedliche Perspektiven auf das Ereignis und die Rolle der Kurfürsten. Jaique Dex, ein vermögender Patriziers, verfasste seine Chronik im 15. Jahrhundert und fokussiert auf die weltliche und geistliche Macht des Kaisers. Philippe de Vigneulles, ein erfolgreicher Kaufmann, verfasste seine Chronik im frühen 16. Jahrhundert und verfolgte die Absicht, eine Stadtchronik mit Eindrücken der französischen Geschichte zu schreiben. Die Chronik des Dekans des Metzer Stifts St. Theobald, verfasst zwischen 1429 und 1445, hebt die Bedeutsamkeit der Kirche hervor und ist vorwiegend für die Metzer Stiftskanoniker selbst geschrieben worden.
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II. Die Kurfürsten: Die Rolle in den Quellen
Die Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches finden in allen drei Quellen Erwähnung im Zusammenhang mit dem Einzug Kaiser Karls IV. in Metz, der Messe zum Heiligen Abend und dem Festbankett auf dem Champ-å-Sailles. Jaique Dex nennt die im Gefolge des Kaisers reisenden Personen nur an einer dieser drei Stellen ausführlicher. Philippe de Vigneulles hingegen erwähnt die Kurfürsten im Zusammenhang mit allen drei Ereignissen und korrigiert dabei teilweise die Angaben des Dekans von St. Thiébaut. Die Chronik des Dekans von St. Theobald positioniert die Geistlichen an den Anfang der Prozession in die Stadt hinein, was möglicherweise auf einen Versuch der Legitimation geistlichen Herrschaftsanspruches über die Stadt Metz hindeutet.
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III. Gewichtungen und Gewicht: Alt und Intention der Darstellungen
Die drei Chroniken zeigen unterschiedliche Gewichtungen und Intentionen in der Darstellung der Kurfürsten. Jaique Dex scheint die herausragenden Metzer Leistungen gegenüber dem Kaiser zu glorifizieren und die Stadt Metz als leistungsfähig und wohlhabend darzustellen. Die Chronik des Dekans von St. Theobald ist hingegen vorwiegend geistlich geprägt und hebt die religiösen Teilnehmer bei den Ereignissen besonders hervor. Philippe de Vigneulles hingegen stellt Kaiser und Reich besonders regelkonform dar und konstruiert damit weltliche Perfektion. Alle drei Verfasser deuten die Zusammenhänge in der Weise um, dass diese ihrem Leserkreis möglichst zupass waren. Eine korrekte Wiedergabe der Reichsstrukturen kann als Anliegen jedenfalls ausscheiden.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Goldene Bulle von 1356, die Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches, die Stadt Metz, die spätmittelalterliche Chronistik, die Perspektiven der Autoren, die Intentionen der Chroniken, die Darstellung der Reichsstrukturen und die Gewichtung der Ereignisse.
- Quote paper
- Nico Nolden (Author), 2006, Die "Säulen des Tempels" in spätmittelalterlichen Chroniken der Stadt Metz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55268
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