Seit vielen Jahren schon sind Tierschützer, Tierrechtler und ihre Gegner in ständigem
Widerstreit: Verhält der Mensch sich unmoralisch, wenn er Appetit auf Huhn oder Schwein
hat oder ist es sein Wesen Tiere zu essen? Verspeist man Leichenteile oder Fleisch;
Hennenmenstruationsendprodukte oder Eier; Kuhdrüsensekrete oder Milch? Braucht der
gesunde menschliche Körper Fleisch für eine gesunde Ernährung oder können wir ebenso
vegetarisch oder vegan leben? Ist es ein naturalistischer Fehlschluss, wenn man den Verzehr
von tierischen Produkten damit rechtfertigt, dass der Mensch das Gebiss eines Allesfressers
hat und somit für den Verzehr von Fleisch bestimmt ist? Das sind Fragen, die den
nachdenkenden Nicht-Vegetarier beim Sinnieren über das Tier als Nahrungsmittelproduzent
nicht unberührt lassen.
Aber nicht nur über das Tier als Nahrungsmittel werden die verschiedensten Diskurse geführt,
Tierschützer und Tierrechtler haben es sich ebenfalls zur Aufgabe gemacht, auch das Leben
gequälter und leidender Tiere zu verbessern. Hierzu gehören nicht nur Haus- und Nutztiere,
sondern auch Zootiere, Tiere, die Forschungszwecken dienen, und vom Aussterben bedrohte
Tierarten.
Jedoch sind Tierschützer und Tierrechtler nicht gleichzusetzen.
Beide haben unterschiedliche Ansatzpunkte und verfolgen unterschiedliche Ziele.
Tierrechtler setzen sich nicht für bestimmte Tierarten, ob bedroht oder gequält, ein. Sie
unterscheiden nicht zwischen Wirbeltieren und einem Regenwurm. Sie vertreten die These,
dass alle Tiere leidensfähig sind und somit alle dem Menschen gleichzustellen sind. Somit
sorgen sich Tierrechtler um das Schicksal jeden einzelnen Tieres. Ihr Ziel ist ein Ende
jeglicher Nutzung, Haltung und Unterdrückung aller Tiere. [...]
Entgegen einer solchen Betrachtung von Mensch und Tier stehen Peter Singer und die
Tierrechtsorganisation PeTA (People for ethical Treatment of Animals). Mit den Argumenten
der Tierrechtler soll sich in dieser Arbeit hauptsächlich auseinandergesetzt werden. Das
größere Augenmerk soll auf Peter Singer liegen, da die PeTA zu einem großen Teil die
Argumentation Peter Singers übernimmt bzw. nutzt.
Abschließend soll der Diskurs um die umstrittene Kampagne der PeTA mit den Hühner-
Holocaust-Vergleich aufgegriffen und diskutiert werden. An der Erstellung solcher
Kampagnen und den Reaktionen darauf lässt sich der Stand um die Debatte der Gleichstellung
von Mensch und Tier erörtern.
Inhalt
1. Einleitung
2. Der Tierschutz
2.1. Entwicklung des Tierschutzes im Gesetz
2.2. Einbeziehung in die Verfassung und Auswirkung auf die Verfassung
3. Gaitas Sicht auf die Gleichstellung von Mensch und Tier
4. Alle Tiere sind gleich?
5. Peter Singer über die Gleichheit aller Tiere
5.1. Sind Menschen Speziezisten, die die Gleichheit aller Wesen nicht erkennen?
5.2. Ein gemeinsamer Würdebegriff für Mensch und Tier
6. Verankerung der Ungleichheit zwischen Mensch und Tier in der Sprache im Vergleich mit der Sprache über ehemals diskriminierte Gruppen von Menschen
7. PeTA – People for ethical Treatment of Animals
7.1. Wissenswertes über PeTA
7.2. Die Hühner-Holocaust-Kampagne
7.3. Reaktionen auf die Kampagne
8. Resümee
1. Einleitung
Seit vielen Jahren schon sind Tierschützer, Tierrechtler und ihre Gegner in ständigem Widerstreit: Verhält der Mensch sich unmoralisch, wenn er Appetit auf Huhn oder Schwein hat oder ist es sein Wesen Tiere zu essen? Verspeist man Leichenteile oder Fleisch; Hennenmenstruationsendprodukte oder Eier; Kuhdrüsensekrete oder Milch? Braucht der gesunde menschliche Körper Fleisch für eine gesunde Ernährung oder können wir ebenso vegetarisch oder vegan leben? Ist es ein naturalistischer Fehlschluss, wenn man den Verzehr von tierischen Produkten damit rechtfertigt, dass der Mensch das Gebiss eines Allesfressers hat und somit für den Verzehr von Fleisch bestimmt ist? Das sind Fragen, die den nachdenkenden Nicht-Vegetarier beim Sinnieren über das Tier als Nahrungsmittelproduzent nicht unberührt lassen.
Aber nicht nur über das Tier als Nahrungsmittel werden die verschiedensten Diskurse geführt, Tierschützer und Tierrechtler haben es sich ebenfalls zur Aufgabe gemacht, auch das Leben gequälter und leidender Tiere zu verbessern. Hierzu gehören nicht nur Haus- und Nutztiere, sondern auch Zootiere, Tiere, die Forschungszwecken dienen, und vom Aussterben bedrohte Tierarten.
Jedoch sind Tierschützer und Tierrechtler nicht gleichzusetzen.
Beide haben unterschiedliche Ansatzpunkte und verfolgen unterschiedliche Ziele.
Tierrechtler setzen sich nicht für bestimmte Tierarten, ob bedroht oder gequält, ein. Sie unterscheiden nicht zwischen Wirbeltieren und einem Regenwurm. Sie vertreten die These, dass alle Tiere leidensfähig sind und somit alle dem Menschen gleichzustellen sind. Somit sorgen sich Tierrechtler um das Schicksal jeden einzelnen Tieres. Ihr Ziel ist ein Ende jeglicher Nutzung, Haltung und Unterdrückung aller Tiere.
Tierschützer hingegen setzen sich für eine bessere Lebensqualität von Tieren, die der Mensch sich zu Nutzen gemacht hat, ein. Sie wollen erreichen, „dass Tiere in der Landwirtschaft, in Labors und anderswo nicht gequält werden, dass ihre Haltungsbedingungen verbessert werden und sie, wo nötig, schmerzfrei getötet werden.“[1] Sie stellen den Mensch und das Tier nicht gleich; dem Menschen gilt das höhere Interesse.
Schlussendlich drängt sich eine alles umfassende Frage in der Vordergrund: Sehen wir Tiere als uns ebenbürtige Mitgeschöpfe und schützen wir sie um ihrer selbst Willen oder schützen wir die Tiere nur auf Grund unserer eigenen Sitte und Moral, die uns das Quälen von Tieren durch Menschen unwürdig erscheinen lässt?
Da Tierschutz sowohl für Tierschützer, Tierrechtler als auch für die Mehrheit der deutschen Bevölkerung eine wichtige Rolle spielt, soll zunächst auf die Entwicklung des Tierschutzes und die Verankerung in Gesetz und Verfassung eingegangen werden. Hierbei sollen positive und auch negative Auswirkungen angesprochen werden. Anschließend soll eine Position des scheinbar natürlichen Umgangs (jedenfalls für die meisten Menschen) von Mensch und Tier vorgestellt werden.
Raimond Gaita schildert den Umgang von Mensch und Tier zwar als Partner und Freund, nicht jedoch als gleichgestelltes Mitgeschöpf.
Entgegen einer solchen Betrachtung von Mensch und Tier stehen Peter Singer und die Tierrechtsorganisation PeTA (People for ethical Treatment of Animals). Mit den Argumenten der Tierrechtler soll sich in dieser Arbeit hauptsächlich auseinandergesetzt werden. Das größere Augenmerk soll auf Peter Singer liegen, da die PeTA zu einem großen Teil die Argumentation Peter Singers übernimmt bzw. nutzt.
Abschließend soll der Diskurs um die umstrittene Kampagne der PeTA mit den Hühner-Holocaust-Vergleich aufgegriffen und diskutiert werden. An der Erstellung solcher Kampagnen und den Reaktionen darauf lässt sich der Stand um die Debatte der Gleichstellung von Mensch und Tier erörtern.
2. Der Tierschutz
Seit dem Deutschen Reich (1871 – 1933) ist der Tierschutz im Gesetz verankert. Wie an der Entwicklung des Tierschutzes, von der Aufnahme ins Gesetz bis zur Aufnahme in die Verfassung, ersichtlich werden wird, ist es gelungen, dem Menschen im Umgang mit dem Tier Rechte und Pflichten aufzuerlegen, die zu einem möglichst leidlosen Leben der Tiere beitragen sollen. Zunächst soll kurz die Entwicklung des Tierschutzgesetzes erläutert werden um anschließend die Aufnahme des Tierschutzes die Verfassung besser greifbar zu machen.
2.1. Entwicklung des Tierschutzes im Gesetz
Mitte des 18. Jh. gab es lediglich Strafvorschriften, die das Quälen von Tieren sanktionierten, später wurden Vorschriften zur Haltung von Tieren und Tierversuchen entwickelt. Allerdings wurde lediglich öffentliche Tiermisshandlung unter Strafe gestellt. Der Tierschutz war hier also nicht dazu da, dass Tier seiner selbst Willen zu schützen, sondern vielmehr, um den unbeteiligten Menschen vor dem Anblick der Misshandlung zu schützen.
Erstmalig fand der Tierschutz im Deutschen Reich Eingang ins Strafgesetzbuch. Jetzt war auch die nicht-öffentliche Tiermisshandlung untersagt. Die experimentelle Tierforschung etwa war damit nicht untersagt, was damit erklärt wird, dass man dem Tierexperimentator keine Gesinnung eines sittlich verwerflichen oder rohen Verhaltens vorwerfen konnte.[2]
Die Schlachtmethode des Schächtens, bei der zum Beispiel nach jüdischem Ritus dem Tier in unbetäubtem Zustand mit einem Messer quer durch Halsschlagader, Speise- und Luftröhre geschnitten wird, wurde nach Machtergreifung der Nationalsozialisten unter Strafe gestellt. Das war sicher weniger vom Gedanken des Schutzes der Tiere motiviert, sondern eher um in das kulturelle Leben der jüdischen Glaubensgemeinschaften einzugreifen.
1933 wurde dem Tierschutz zum ersten Mal die Leidensfähigkeit der Tiere zu Grunde gelegt. Tierversuche, die mit erheblichen Schmerzen verbunden waren, wurden verboten.[3]
Das Tierschutzgesetz blieb nach dem 2. Weltkrieg in Kraft, nur das rituelle Schächten für die jüdischen Glaubensgemeinschaften wurde, unter Vorbehalt, wieder erlaubt. Durch die Neufassung des Tierschutzgesetzes wurde die Fortgeltung des alten Tierschutzgesetzes nur formell bereinigt.
In § 1 Satz 1 des Tierschutzgesetzes wird die pathozentrische Ausrichtung des Gesetzes deutlich, in dem es heißt, dass die Vorschriften dem „Schutz des Lebens und des Wohlbefinden der Tiere“ dienten. Das anthropozentrische Gegengewicht hierzu war, dass niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen durfte.[4]
In der Neufassung des Tierschutzgesetzes von 1986 wurde der pathozentrische Gedanke noch verstärkt, indem von einer „Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf, dessen Leben und Wohlbefinden“ die Rede ist.[5]
2.2. Einbeziehung in die Verfassung und Auswirkung auf die Verfassung
Durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Januar 2002 zum Schächten eines muslimischen Metzgers entstanden teilweise heftige Reaktionen der Öffentlichkeit. Der Deutsche Tierschutzbund, der Bundesverband der Tierversuchsgegner und PeTA starteten eine Postkartenaktion an die Abgeordnetenbüros, damit der Tierschutz ins Grundgesetz aufgenommen wird. Daran beteiligten sich über 2 Millionen Menschen.[6]
Fraglich ist, warum genau dieses Urteil über den muslimischen Metzger solche Empörung der Bevölkerung und der Tierschutzverbände hervorrief, während es ruhig blieb, wenn es um das Schächten nach jüdischem Ritus ging, was seit Jahren in Deutschland praktiziert wird.
Grund ist sicherlich die zum einen, oben dargestellte historische Vorbelastetheit des Verbots des Schächtens für die jüdische Glaubensgemeinschaft, und zum anderen ist es umstritten, ob es für Muslime wirklich zwingende Glaubensvorschrift ist, betäubungslos zu schlachten.
Die PeTA macht jährlich auf ihrer Web-Seite folgenden Aufruf: In einer Mitteilung zum moslemischen Opferfest appelliert sie an die Moslems, dass die Gläubigen „statt einer rituellen Schlachtung auch einen Kuchen backen und an die Armen verteilen [könnten], ohne dabei Religionsgesetze zu verletzen“. Auch Mohammed habe sich hauptsächlich von Gerstenbrot, Datteln, Feigen, Nüssen und Quellwasser ernährt.[7]
Hier findet eine Einmischung in innere Angelegenheiten der Religionsgemeinschaft statt. PeTA verletzt hier die Würde der Religionsgemeinschaft, wenn die Organisation hiermit indirekt zu verstehen gibt, dass die praktizierten Riten nur auf Grund Fehlinterpretationen vorgenommen werden.
Schließlich würde PeTA auch nicht akzeptieren, wenn man der Organisation die Definition und Handlungsvorschriften des Veganismus streitig machen würde. Ebenso wie man bei PeTA auch denkt, das Monopol für die Definition[8] welches Lebewesen leidensfähig ist zu haben.
Man kann sagen, wie es dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 15.01.2002 getan hat, dass es „wissenschaftlich umstritten sei ob das Schlachten ohne vorheriges Betäuben mehr Schmerzen und Leiden verursacht, als das Schlachten mit vorheriger Betäubung.“
Dies hieße unser „normales“ Schlachten und das Schächten (der Moslems und Juden) wären vom Leiden her gleich für die Tiere. Angegriffen wird jedoch vor allen Dingen das Schächten der Moslems zum Opferfest, da man dadurch dennoch einen breiten Rückhalt in der „fleischessenden“ Bevölkerung erwarten kann. Über diesen Umweg geht es der PeTA, nicht für jeden gleich durchschaubar, dennoch um ein von Ihnen erklärtes Ziel:
„Menschen, die die Rechte der Tiere unterstützen, sind der Ansicht, dass wir als Menschen
kein Recht haben, Tiere für Nahrung, Kleidung, Unterhaltung, Versuche oder andere Zwecke
zu benutzen“.[9]
Dieses Motto wird nicht jedem Unterstützer klar sein (wenn es den Leuten klar wäre, gäbe es sicher keine so breite Unterstützung) und dies wird in Kauf genommen um das Ziel zu erreichen.
Die Tierrechts- und Tierschutzorganisation wollten eine Aufnahme des Tierschutzes in die Verfassung erwirken, damit der Tierschutz besser einklagbar ist.
Kurze Zeit nach der Postkartenaktion wurde der Tierschutz als Staatsziel in die Verfassung integriert. Und zwar nicht mit den weitgehenden Folgen, die sich Tierschützer oder Tierrechtler erhofft hatten.
Folge von der Verankerung in der Verfassung ist, dass nun im Einzelfall immer zwischen der Religionsfreiheit und dem Tierschutz abgewogen werden muss.
Man könnte dies als eine folgenlose Gleichstellung sehen, denn im Prinzip ist vieles beim Alten geblieben und eine Nutzung der Tiere zum Wohle des Menschen ist weiterhin möglich. Es sind jedoch auch Fälle vorstellbar, in denen diese Gleichstellung zu einer Benachteiligung des Menschen, zumindest von Minderheiten in der Bevölkerung, führt.
Da nun sowohl die Religionsfreiheit, als auch der Tierschutz in der Verfassung stehen ist es möglich, dass Urteile zu Ungunsten der Religionsfreiheit gefällt werden könnten, falls die Interessen des Tierschutzes als überwiegend eingestuft werden.
Hier wäre dann sogar ein Überwiegen des Tierschutzes über menschliche Interessen möglich. Von einer Gleichstellung käme man hier direkt zu einer möglichen Überordnung in Kollisionsfällen.
Nach der Auffassung der Verfasserin ist jedoch das Verbot des Ausübens einer rituellen Handlung zur Zubereitung von Nahrungsmitteln, bei der auch keine Menschen zu Schaden kommen können, tatsächlich eine nicht zumutbare Einschränkung in der Religionsfreiheit.
Es werden schließlich keine nutzlosen Opferriten vollzogen, sondern die Tiere werden verzehrt.
Natürlich muss dafür gesorgt werden, dass auch hier das Tier vor unnötigem Leiden durch unsachgemäßes Schächten geschützt wird.
Nichtbeabsichtigte Folge solcher Verbote ist die Zunahme unsachgemäßen Schächtens durch Laien, was dem Tierschutz auch nicht hilft.
In der Praxis wirkt sich der Tierschutz in der Verfassung zurzeit noch dahingehend aus, dass der Tierschutz als Argumentation dafür benutzt, wird muslimischen Schlächtern die Ausnahmegenehmigung für das Schächten zu versagen. In diesem Fall gibt es faktisch, durch die Gleichstellung der Tierrechte und der Religionsfreiheit, schon ein Überwiegen der Tierrechte.
Es ist daher kaum zu rechtfertigen, warum Tierschutz ebenso gewichtet werden sollte, ebenso viel zählen sollte, wie die Religionsfreiheit des Menschen, es sei denn der Mensch geht von einer vollständigen Gleichstellung von Mensch und Tier aus. Dies hätte aber auch zur Folge, dass man notwendige für Menschen lebensrettende Tierversuche nicht mehr durchführen könnte. Erst Recht wäre kein Verzehr von Tieren möglich.
3. Gaitas Sicht auf die Gleichstellung von Mensch und Tier
Bekennende Tierrechtler und Mitglieder von Tierrechtsorganisationen sind davon überzeugt, dass auch der Mensch nur ein Tier sei. Dies zu akzeptieren, ist auch einer der Grundsätze von PeTA.
Raimond Gaita, Moralphilosoph, versucht in seinem Buch „Der Hund des Philosophen“ solche und ähnliche Ansichten zu erklären. Durch das Nachdenken über die Unterschiedlichkeit, aber auch scheinbare Gleichheit, unserer Gefühle und Empfindungen Menschen und Tieren gegenüber, durch unsere Sprechen über Menschen und über Tiere, und durch die Bewertung und Erfahrung des Todes bei Mensch und Tier versucht Gaita zu begründen, warum Menschen „menschliche“ Freundschaften zu Tieren pflegen, warum Menschen die Tiere schätzen und würdigen können wie Menschen, und warum menschliches Verhalten Tieren gegenüber sich dennoch von zwischenmenschlichen Verhalten unterscheidet.
Konfrontiert mit solchen Thesen rechtfertigen sich Tierrechtler mit dem Satz: „Menschen sind auch bloß Tiere“. Man neigt dazu zunächst erst einmal zuzustimmen.
Wie auch Newkirk (Vorsitzende und Mitbegründerin der PeTA) behauptet: „Eine Ratte ist ein Schwein ist ein Hund ist ein Junge. Sie sind alle Säugetiere.[10]
Zu Argumenten wie diesen sagt Gaita:
„Was sie eigentlich meinen, ist, dass die Bezugnahme auf die biologische Art allein keine
ausreichende Begründung liefert, warum man ein Wesen auf die eine oder andere Weise be-
handeln soll. [...] Vielmehr werden unsere Einstellungen maßgeblich von jenen Unterschieden
bestimmt, die wir für ethisch relevant halten.“[11]
Gaita und Gegner der Tierrechtler sind sich einig, dass es Unterschiede zwischen Mensch und Tier gibt, die rechtfertigen, Menschen anders als Tiere zu behandeln. Um sich aber nicht der „Arten-Diskriminierung“ schuldig zu machen, empfiehlt es sich, so Gaita, nicht eine Erklärung durch die biologischen Unterschiede zu geben, sondern man sollte die „Begründung unseres Handelns auf diese konkreten Unterschiede beziehen.“[12]
Einen dieser Unterschiede in unserem Handeln gegenüber Menschen oder gegenüber Tieren sieht Gaita in der unterschiedlichen Sprechweise über den herbeizuführenden Tod. Während man bei Menschen davon spricht, ihn von seinen Qualen zu erlösen, schläfert man ein Tier ein. Und tatsächlich, den meisten Menschen würde es doch eigenartig klingen, wenn wir davon sprächen, einen Menschen einzuschläfern.
Tierrechtler möchten, bezüglich des Todes, keinen Unterschied in unserem Sprechverhalten gegenüber Mensch oder Tier sehen. Ein unbeeinflusstes Sprachgefühl sagt, dass man Tiere tötet und nicht ermordet. Für Tierrechtler ist es jedoch durchaus zulässig, von dem Mord an Tieren zu sprechen, da für sie Lebewesen aus niederen Beweggründen umgebracht werden. Gleicher Kontext auf Menschen angewendet, bedeutet Mord.
Genau hier, im Rahmen des Themas Mord bzw. Tötung, wird die Unterschiedlichkeit spürbar deutlich. Gaita macht darauf aufmerksam, dass schließlich der Mord an einem Menschen schrecklicher ist als der Tod eines Tieres. Er nennt es eine andere Art von Schrecken, die man in beiden Fällen erlebt[13]. Mit Gaitas Beispielen wird verdeutlicht, welche Auswirkungen die Gleichstellung von Mensch und Tier tatsächlich haben müsste, würde man wirklich an die absolute Gleichheit beider glauben. Tierrechtler müssten dann in aller Konsequenz davon überzeugt sein, dass Fleischesser zumindest Anstifter zum Mord sind. Sie müssten auf ein Fleischgericht ebenso reagieren, als würden ihnen Kinder serviert. Erfahrungsgemäß bestätigt sich solch ein Verhalten jedoch nicht.
Um noch stärker zu beleuchten und zu begründen, dass Mensch und Tier ungleich und unterschiedlich sind und um zu begründen warum wir Tiere anders behandeln als Menschen, schreibt Gaita:
[...]
[1] Michael Miersch: „Eine Ratte ist ein Schwein ist ein Hund ist ein Junge“ S.3 Auf:
www.animal-health-online.de
[2] Caspar, Johannes. Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft. S. 261-264
[3] Caspar, Johannes. Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft. S. 269-272
[4] Caspar, Johannes. Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft. S. 279-281
[5] Caspar, Johannes. Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft. S.281-284
[6] http://www.tierschutzbund.de/AKTUELL/PRESSE/INDEX.htm am: 01.12.02
[7] www.peta.de/feat04/ostern04/index.html am: 18.02.05
[8] PeTA orientiert sich an der Definition Singers. Vergleich S. 20 dieser Arbeit
[9] www.peta.de/abaut/faq.htmlam 18.02.05
[10] www.animal-health-online.de am 18.02.05
[11] Gaita, Raimond. Der Hund des Philosophen. S. 48
[12] Gaita, Raimond. Der Hund des Philosophen. S. 48
[13] Gaita, Raimond. Der Hund des Philosophen. S. 250
- Citation du texte
- Cornelia Clauss (Auteur), 2005, Über Tierrecht, Tierschutz und die Gleichstellung von Mensch und Tier - Eine moralische Betrachtung unter Berücksichtigung Gaitas Position, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54882
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