Wir sind ununterbrochen auf der Suche nach einem Namen zur treffenden Umschreibung der Gesellschaft unserer Epoche. Je nach dem Blickwinkel, unter welchem wir die Gesellschaft wahrnehmen und welche Strukturen und Prozesse wir als die zentralen betrachten, ändern sich das Selbstverständnis und damit auch die Namensvorschläge. Deren Spektrum ist breit gestreut: von der posthistorischen, der postmodernen Gesellschaft über die Konsum-, Freizeit-, Dienstleistungs-, Multioptions-, bis zur Informations- und Cybergesellschaft erstreckt sich das kaum noch zu überblickende Angebot der auf den Begriff gebrachten Gegenwartsdiagnosen.
Praktisch seit Beginn der Industrialisierung erhoffte man sich, ihre Segnungen befreit von ihren unangenehmen Nebenfolgen genießen zu können. In erfolgreichen utopischen Romanen wurden blühende Gartenstädte beschrieben, die durch die Wunder der Elektrizität von all dem Staub, Ruß und den Rauchwolken der Fabriken befreit sein würden1. Die Ironie des Schicksals hat zwar diesen Traum wahr werden lassen: Atomkraftwerke haben ja, will man den Berechnungen glauben, mittlerweile luftreinigenden Charakter. Und dennoch sind sie zu einer Bedrohung geworden, die das Problem rauchender Fabrikschlote manchem als das kleinere Übel erscheinen lassen.
Thema dieser Arbeit ist ein relativ prominenter Namensvorschlag: der Entwurf der Risikogesellschaft2, der gerade diese immer dominanter werdenden Nebenfolgen der Segnungen des Fortschritts thematisiert. Der Begriff der Risikogesellschaft ist keine rein sozialwissenschaftliche Vokabel geblieben; der Erfolg und die Breitenwirkung dieses Buches deuten darauf hin, daß es dem Bedürfnis gerecht geworden zu sein scheint, das Gefühl der Andersartigkeit der Gegenwart auf den Begriff zu bringen. Ein weiterer Grund für den außerwissenschaftlichen Erfolg dieses Buches mag darin liegen, daß Beck hierin dem üblichen akademischen Abwägen eine stimmungsgeladenere Darstellungsweise bevorzugt3.
1 vgl. Spelsberg, Gerd: Rauchplage. Hundert Jahre saurer Regen, Alano Verlag, Aachen 1984, S. 193f, m.w.N.
2 Beck, Ulrich: Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Edition Suhrkamp, Band 365 NF, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1986; im folgenden zitiert: Beck, RG.
3 vgl. ebd., S. 12.
Inhaltsverzeichnis
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- Neue Risiken
- Entscheidungsabhängigkeit
- Unzurechenbarkeit
- Nichtkompensierbarkeit/Irreversibilität
- Unsichtbarkeit
- Wissensabhängigkeit
- Verlust der Aus-Eingrenzbarkeit
- Konturen der Risikogesellschaft
- Risiko und Entgrenzung der Politik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem Konzept der Risikogesellschaft, das Ulrich Beck in seinem gleichnamigen Werk entwickelt hat. Ziel ist es, die zentralen Thesen der Risikogesellschaft zu diskutieren und zu analysieren, insbesondere im Hinblick auf die neuen Risiken, die Beck als charakteristisch für die späte Industriegesellschaft beschreibt.
- Die Diagnose der Risikogesellschaft, geprägt durch neue, charakteristische Risiken
- Die Enttraditionalisierung von Lebensformen, die Beck als Individualisierung bezeichnet
- Der Prozess der reflexiven Modernisierung, der die Grenzen zwischen Politik und Wissenschaft verwischt
- Der Wandel der Gesellschaftsstruktur durch die Dominanz neuer Risiken
- Die Entgrenzung der Politik als Folge der neuen Risiken
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit stellt Ulrich Becks Risikogesellschaft vor und erläutert die zentralen Argumente, die Beck für die These einer „anderen Moderne" anführt. Beck argumentiert, dass die gesellschaftliche Produktion von Reichtum systematisch mit der Produktion von Risiken einhergeht. Diese neuen Risiken zeichnen sich durch verschiedene Merkmale aus, die sie von den Risiken früherer Epochen unterscheiden: Sie sind entscheidungsabhängig, unzurechenbar, nicht kompensierbar, unsichtbar und stark vom Wissen über sie abhängig. Außerdem sind sie nicht mehr räumlich, zeitlich oder sozial eingrenzbar.
Im zweiten Kapitel wird die Auswirkung der neuen Risiken auf die Gesellschaftsstruktur beleuchtet. Die Risikogesellschaft zeichnet sich durch einen Wandel der Konfliktlinien aus, die entlang der Risikobetroffenheit verlaufen und nicht mehr zwingend den traditionellen Klassengrenzen folgen. Der Erfolg der Industriegesellschaft schafft gleichzeitig die Voraussetzungen für ihren Untergang.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Entgrenzung der Politik im Kontext der Risikogesellschaft. Beck argumentiert, dass die neuen Risiken zu einem eklatanten Institutionenversagen führen, gleichzeitig aber auch eine basisdemokratische Entwicklungsdynamik bewirken. Die Trennung zwischen citoyen und bourgeois verschwimmt, traditionelle Handlungsfelder gewinnen politische Relevanz und die Politik verliert ihre zentrale Steuerungsfunktion. Dieser Prozess wird durch die Durchsetzung von Bürgerrechten verstärkt, die die Subpolitik vor parlamentarischem Zugriff schützen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Risikogesellschaft, neue Risiken, Individualisierung, reflexive Modernisierung, Entgrenzung der Politik, Subpolitik, Gefahr, Sicherheit, Objektivität, Risikowahrnehmung, Globalisierung und die Folgen der Industrialisierung.
- Arbeit zitieren
- M.A. Hans Christian Siller (Autor:in), 2000, Die Risikogesellschaft - eine andere Mode(rne)?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5486
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