Jean Pauls „Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch“ wurde um die Jahrhundertwende 1800/1801 in Berlin niedergeschrieben. Es gehört zum Komischen Anhang des Titan. Giannozzo ist italienisch für der große Hans, was französisch Jean heißt und so als eine Maske Jean Pauls interpretiert werden kann. Jean Paul betont in seiner Vorrede, dass die Meinungen des Luftfahrers nicht den seinen entsprechen und der Leser einen Unterschied machen möge. Jean Paul, der Herausgeber und sein „Alter Ego“ Giannozzo kommentieren sich vielmehr gegenseitig. Giannozzo bereist mit seinen Luftschiff keine fremden Länder, sondern er gewinnt aus der Luft eine neue Perspektive auf die Heimat. Anders als viele Schriftsteller seiner Zeit nutzt Jean Paul das Genre der Luftfahrtsliteratur zur Satire. Giannozzo ist der „männlichste, unbedingteste, aber auch liebloseste aller Humoristen Jean Pauls“ und seine Siechkobelfahrt dient als „Sinnbild für ein Humoristenleben“. Besonders bemerkenswert ist außerdem noch Jean Pauls poetischer Umgang mit der Natur, worauf im Folgenden ebenfalls näher eingegangen werden soll.
Gliederung
1. Einleitung
2. Inhalt
3. Giannozzos Satire
4. Naturdarstellung bei Jean Paul
5. Jean Pauls innere Landkarte
6. Das Erlebnis der Naturelemente
6.1. Wetter
6.2. Landschaften
7. Das sinnliche Erlebnis der Natur
7.1. Klang / Geruch
7.2. Farben / Licht
8. Beschreibung von Personen durch Vergleiche aus der Natur
9. Schluss
1. Einleitung
Jean Pauls „Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch“[1] wurde um die Jahrhundertwende 1800/1801 in Berlin niedergeschrieben. Es gehört zum Komischen Anhang des Titan. Giannozzo ist italienisch für der große Hans, was französisch Jean heißt und so als eine Maske Jean Pauls interpretiert werden kann. Jean Paul betont in seiner Vorrede, dass die Meinungen des Luftfahrers nicht den seinen entsprechen und der Leser einen Unterschied machen möge. Jean Paul, der Herausgeber und sein „Alter Ego“ Giannozzo kommentieren sich vielmehr gegenseitig. Giannozzo bereist mit seinen Luftschiff keine fremden Länder, sondern er gewinnt aus der Luft eine neue Perspektive auf die Heimat. Anders als viele Schriftsteller seiner Zeit nutzt Jean Paul das Genre der Luftfahrtsliteratur zur Satire. Giannozzo ist der „männlichste, unbedingteste, aber auch liebloseste aller Humoristen Jean Pauls“[2] und seine Siechkobelfahrt dient als „Sinnbild für ein Humoristenleben“[3]. Besonders bemerkenswert ist außerdem noch Jean Pauls poetischer Umgang mit der Natur, worauf im Folgenden ebenfalls näher eingegangen werden soll.
2. Inhaltsangabe
Jean Pauls aus Italien stammender Luftschiffer Giannozzo schreibt seine Erlebnisse in einem Luftfahrt-Journal, welches er seinem Freund Graul widmet, nieder. Bruder Graul ist der uns aus früheren Werken Jean Pauls bekannte Leibgeber bzw. Schoppe.
Die Fahrt mit dem Siechkobel, seinem Luftschiff, beginnt am „Pfingsttag, wo der heilige Geist aus dem Himmel stieg“[4]. Hier steigt Giannozzo über die verschlossenen Stadttore in den Himmel und lässt Leipzig, das „antigeniale Pleiße-Hanse-Athen“[5], mit all seinen Krämerseelen hinter sich. So fährt er nun und echauffiert sich über die ihm „greuliche Menge der Schnapphähne und Krähhähne“[6], um schließlich am zweiten Pfingsttag im kleinen Fürstentum Vierreuther zu landen. Als Träger des dort hochgeachteten Krötenordens, wohnt Giannozzo einer äußerst langweiligen Abendgesellschaft bei. Nach einem vorgetäuschten Ohnmachtsanfall lässt er einige Fledermäuse fliegen, um sich darauf über das verursachte Chaos, den „Frosch- und Mäusekrieg“[7] zu amüsieren und sich dann davonzustehlen.
In der Luft träumt er vom freien Leben als Haifisch und bei einem Zwischenstop im Dorfe „Dorf“ spendiert er der Bevölkerung kurzerhand für „2 Taler 48 5/8 Kreuzer“[8] ein Festgelage.
Auf der Vierten Fahrt schließlich gelangt Giannozzo über die Kleinstadt Mülanz. Dort beobachtet er im Mondschein ein Liebespaar: Herrn von Fahland, einem „gewissenlosen Roué mit acht Bräuten in vier Städten“, der „die empfindsame Stimmung für seine Zwecke zu nutzen weiß“[9] und eine schwarz gekleideten Dame. In Mülanz trifft der Luftschiffer auch auf Herrn Gehrischer. „Gehrischer vertritt den nüchternen Menschenverstand; er verfügt über reichlich Geldmittel, ist gastfrei, beherrscht Sprachen; [...] alles im Rahmen des Herkömmlichen“[10]. Die Bewohner von Mülanz sind wie Gehrischer „aufgeklärte Achzehnjahrhunderter“[11], denen es jedoch durch ihre in jeder Hinsicht gemäßigte Einstellung am Sinn für das Besondere mangelt. Bei einer Prozession zur Feier der Belehnung von Mülanz mit der Stadtgerechtigkeit hält Giannozzo eine Spottrede auf den Galgen.
Auf seiner sechsten Fahrt landet der Luftschiffer auf dem Brocken, findet das von einem Teufel verfasste Brockenbuch und liest darin über die Heuchelei der Menschen. Die Realität beginnt zu verschwimmen und Giannozzo erlebt eine dämonische Erscheinung seines Freundes Schoppe in einem weißen Hemd.
Seine während der sechsten Fahrt andauernde Missstimmung löst sich, als er auf der siebten Fahrt ins paradiesisch erscheinende Italien gelangt. Es folgt eine Begegnung mit Teresa, dem Idealbild einer Frau, die auf ihren Liebhaber wartet. Ihre Schönheit und Liebe zur Kunst bringen den Luftschiffer ins Schwärmen.
Nachdem Giannozzo beim Abschied dem Geliebten Teresas noch Grüße überbracht hat, führt ihn seine Fahrt ins idyllische Fantaisie bei Bayreuth und schließlich übers Seifersdorfer Tal. Er ist noch immer euphorisch, ahnt aber, dass dies sein „letzter Freudentaumel“[12] ist. Ein ungünstiger Wind lässt ihn wieder in Mülanz landen, wo er sogleich verhaftet wird und sich wegen der Galgenrede verantworten soll. Ein Gewitter verhilft dem freiheitsliebenden Luftschiffer dann zur Flucht. Die Erde ist ihm seitdem „ein Meeresboden voll ungestalter Seetiere“, zu welchen er mit seiner „Taucherglocke"[13] nur noch widerwillig herabsteigt. „Die neunte Fahrt erweist die Wehrlosigkeit der Festung Blasenstein […] gegen eine Bedrohung aus der Höhe“[14]. Als es Giannozzo in die Industriestadt Ulrichsschlag gelangt, beschließt er, seinen Großoheim, den Bankier Herrn van der Haft, zu besuchen. Er kann aber dem Onkel, sowie den anderen „gewinnsüchtigen Heuchlern“[15] in der Stadt, die „taub gegen Freude und heiß dahinrennend wie ein Gaul“[16] ist, nur Spott entgegenbringen. Giannozzos Sehnsucht führt ihn schließlich in der elften Fahrt ans Meer, dessen Anblick ihn aber auch mit der Welt nicht zu versöhnen vermag.
Nun hospitiert er an der Universität St.Görgen, um Vorlesungen zu besuchen, jedoch auch keine Wissenschaft kann ihn befriedigen.
Auf seiner 13. Fahrt gelangt er nach Bad Herrenleis, welches ihm mit seinen verweichlichten, erschlafften Badegästen Einblick gewährt in die „Atonie des Jahrhunderts“[17]. Giannozzo ist angewidert von den Reichen „Siechlingen“[18], bei denen die „Weiber männlich und die Männer weibisch werden“[19]. Dies lässt er den Badadel mit einer spontanen Rede auch wissen, als diese verkleidet eine Bauernhochzeit zur Unterhaltung abhalten.
Auf dem Weg in die Berge zu seinem Freund Graul wird Giannozzo auf der 14. und letzten Fahrt Zeuge einer großen Schlacht. Voller Hass auf die Menschen gerät er kurz darauf in ein schweres Gewitter, welches er sogleich als sein Schicksal erkennt. Bis zur letzten Minute schreibt er in sein Tagebuch. Giannozzos letzter Gedanke, bevor er mit seinem Siechkobel in die Tiefe stürzt, gilt Bruder Graul. „Sein rechter Arm und sein Mund waren weggerissen, […] und sein Gesicht zornig verzogen“[20] als ihn Schoppe findet. Giannozzo stirbt unversöhnt mit der Welt.
[...]
[1] Kommerell S.319
[2] ebda
[3] ebda
[4] Miller S.667
[5] ebda
[6] Miller S. 668
[7] Miller S. 674
[8] Miller S.677
[9] Langenmaier S.2
[10] ebda
[11] Miller S.682
[12] Miller S.699
[13] Miller S.704
[14] Langenmaier S.7
[15] ebda
[16] Miller S.709
[17] Miller S.718
[18] Miller S.719
[19] ebda
[20] Miller S.728
- Citation du texte
- Kerstin Remshard (Auteur), 2004, Die Natur in "Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch" von Jean Pau, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54857
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