Inklusion ist in der Schullandschaft ein elementares Thema. Diese Arbeit zeigt, dass auch der Lateinunterricht geeignete Konzepte für SuS mit einer Autismus-Spektrum-Störung ermöglicht. Im gesellschaftlichen Umgang mit Heterogenität lassen sich vier verschiedene Formen herausstellen: die Exklusion, die Separation, die Integration sowie die Inklusion. Mithilfe eines von Lütje-Klose modifizierten Schaubildes nach Powell sollen Definitionen der vier Begriffe einleitend herausgearbeitet werden, um im Folgenden die Rahmenbedingungen anwendungsbezogen in Bezug auf inklusiven Lateinunterricht nachvollziehen zu können.
Die Anordnung der vier Begriffe ist chronologisch zu verstehen und beschreibt einen historischen Wandel in Schule und Bildung. Obwohl die Chronologie die Inklusion als Element aufführt, besteht in der Bildungspolitik weiterhin die Forderung nach inklusiver Beschulung. Powell betont, dass der Ersatz von Segregation und Stigmatisierung durch inklusive Pädagogik noch nicht vollends realisiert ist. In der Realität treten diese vier Begriffe jedoch nicht trennscharf nacheinander auf, sondern überlappten und überlappen sich.
Inhalt
1. Einführung: Gesellschaftliche Formen zum Umgang mit Behinderung
2. Formen von Autismus und der Begriff der Autismus-Spektrum-Störungen
3.1 Beispielhafte Situationen mit Herausforderungen für SuS mit einer Autismus-Spektrum-Störung im Lateinunterricht: Inwieweit können Maßnahmen getroffen werden?
4 Fazit
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
1. Einführung: Gesellschaftliche Formen zum Umgang mit Behinderung
Im gesellschaftlichen Umgang mit Heterogenität lassen sich vier verschiedene Formen herausstellen: die Exklusion, die Separation, die Integration sowie die Inklusion. Mithilfe eines von Lütje-Klose (2016)1 modifizierten Schaubildes nach Powell (2007) sollen Definitionen der vier Begriffe einleitend herausgearbeitet werden, um im Folgenden die Rahmenbedingungen anwendungsbezogen in Bezug auf inklusiven Lateinunterricht nachvollziehen zu können.
Die Anordnung der vier Begriffe ist chronologisch zu verstehen und beschreibt einen historischen Wandel in Schule und Bildung. Obwohl die Chronologie die Inklusion als Element aufführt, besteht in der Bildungspolitik weiterhin die Forderung nach inklusiver Beschulung. Powell (2007) betont, dass der Ersatz von Segregation und Stigmatisierung durch inklusive Pädagogik noch nicht vollends realisiert ist.2 In der Realität treten diese vier Begriffe jedoch nicht trennscharf nacheinander auf, sondern überlappten und überlappen sich.3
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Exklusion meint den Ausschluss von jeglichem Schulbesuch. Die modifizierte Abbildung von Lütje-Lose (2016) verdeutlicht diesen Umstand4, indem die homogene Masse, mit roten Punkten dargestellt, innerhalb des Kreises Platz findet. SuS mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf finden innerhalb des Kreises keinen Platz. Sie erhalten keinen Zugang zum Bildungssystem und sind daher in der Abbildung durch gelbe, grüne und blaue Punkte außerhalb des Kreises angeordnet. Im Vergleich zur Exklusion schließt sich im historischen Wandel der Schulpolitik die Separation an. Separation meint die Sonderbeschulung für SuS mit Förderbedarf. Mit der Gründung spezieller Institutionen für Menschen mit sonderpädagogischem Förderbedarf wird zwar eine Bildungsfähigkeit anerkannt, aber eine Aussonderung stillt keineswegs die Bedürfnisse dieser SuS.5 Auf dieser Grundlage lassen sich die beiden Kreise in der Abbildung 1 zur Separation erklären.6 Eine breite heterogene Masse bildet den großen Kreis zur Beschulbarkeit innerhalb einer Regelschule. SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden separat in einem kleinen Kreis dargestellt.
Integration hingegen hebt den Zustand der Exklusion und Separation auf und nimmt die Individuen mit in die Gesellschaft auf, indem ihnen die Förderung nach individuellen Fähigkeiten ermöglicht wird.7 Es ist jedoch anzumerken, dass Gruppierungen innerhalb der Großgruppe bestehen bleiben können. Dieses Phänomen der Gruppenbildung innerhalb einer Gruppe stellt Lütje-Klose (2016) mithilfe eines kleinen Kreises innerhalb der Großgruppe dar, der die SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf integriert.8 In Abgrenzung zur Integration ist die Inklusion nicht einfach dadurch gekennzeichnet, dass nun alle SuS mit sonderpädagogischem Förderbedarf das Regelschulsystem besuchen.9 Der Unterschied zur Integration ist nicht einfach quantitativer Art, sondern hat qualitativen und konzeptionellen Hintergrund.10 Lütje-Klose (2016) berücksichtigt dies in ihrer grafischen Darstellung insofern, dass es keine direkte Kreisdarstellung mehr gibt. Vielmehr wird symbolisiert, dass Barrieren aufgehoben werden, indem Gleichberechtigung und Partizipation sowie uneingeschränktes Recht eines jeden Individuums auf persönliche Entwicklung, soziale Teilhabe, Mitgestaltung und Mitbestimmung in einem allgemeinen Schulsystem durch Differenzierung ermöglicht werden. Das Farbschemata greift insofern die theoretische Grundlage auf, als dass sich die farbigen Punkte in keiner starren Anordnung befinden, sondern eine heterogene Masse bilden.11
Innerhalb dieser heterogenen Masse können sich unter den verschieden farbigen Punkten auch SuS mit Autismus befinden. Um Herausforderungen für den Lateinunterricht herauszuarbeiten und Maßnahmen für das Ziel inklusiven Unterrichts aufzustellen, werden im Folgenden die Formen von Autismus kurz und prägnant vorgestellt. Außerdem wird erläutert, weshalb im Kontext der Forschung von Autismus-Spektrum-Störungen gesprochen wird.
2. Formen von Autismus und der Begriff der Autismus-Spektrum-Störungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese grafische Darstellung gibt Aufschluss darüber, dass zwischen frühkindlichem Autismus, dem Asperger-Syndrom, dem Atypischen Autismus und SuS ohne Diagnose unterschieden wird. Im Folgenden wird ein Überblick zur Definition eben dieser Formen von Autismus gegeben.
Beim Frühkindlichen Autismus treten die Symptome innerhalb der ersten drei Lebensjahre auf.12 Es handelt sich um eine lebenslange Entwicklungsstörung.13 Kinder, die an Frühkindlichem Autismus leiden, haben einerseits qualitative Beeinträchtigungen wechselseitiger sozialer Interaktionen, andererseits qualitative Beeinträchtigungen der Kommunikation, eingeschränkte Interessen14 sowie stereotypische Verhaltensmuster.15 So schätzen sie soziale und emotionale Signale unangemessen ein und haben einen geringen Gebrauch sozialer Signale.16 Qualitative Beeinträchtigungen der sozialen Interaktion zeigen sich beim Frühkindlichen Autismus außerdem in nonverbalen Verhaltensweisen wie dem Blickkontakt, der Beziehungsaufnahme zu Gleichaltrigen oder dem Ausdruck von Gefühlen.17 Die Kommunikation ist ebenso qualitativ beeinträchtigt. Es fehlt ein sozialer Gebrauch sprachlicher Fertigkeiten und es herrscht ein Mangel an emotionaler Resonanz bezogen auf eine verbale und nonverbale Annäherung durch andere Menschen.18
Darüber hinaus weisen Kinder mit frühkindlichem Autismus ein ängstliches Verhalten auf und haben Auffälligkeiten in ihrem Sprachverhalten.19 Neben ängstlichem Verhalten können auch unspezifische Probleme wie Befürchtungen, Phobien, Schlaf- und Essstörungen, Wutausbrüche, Aggressionen oder Selbstverletzungen auftreten.20 Motorische Schwierigkeiten hingegen haben sie jedoch nicht.
Für den Frühkindlichen Autismus existieren Synonyme wie das Kanner-Syndrom, der Kanner-Autismus, der infantile Autismus oder - etwas sehr allgemein gehalten - autistische Störung.21 Leo Kanner hat diese autistische Störung im Jahr 1943 erstmals beschrieben. Daher seine namentliche Zuweisung.22
Eine zweite Form von Autismus, das Asperger-Syndrom, tritt im Kindergarten- oder Schulalter auf oder wird sogar noch später diagnostiziert. Hans Asperger beschrieb die Störung 1938 zum ersten Mal als autistische Psychopathie.23 SuS mit dem Asperger-Syndrom haben keinen Sprachentwicklungsrückstand und auch keine bedeutsame Verzögerung ihrer kognitiven Entwicklung.24 Teils haben sie besonders hohe intellektuelle Begabungen.25 Kinder und Jugendliche mit dem Asperger-Syndrom sind sowohl auffällig qualitativ beeinträchtigt in ihrem nonverbalen Verhalten26 innerhalb der sozialen Interaktion, als auch unfähig, zwanglose Beziehungen zu Gleichaltrigen oder Älteren herzustellen.27 Sie können zudem emotional nicht mitreagieren und daher nicht an der Freude oder auch an Ärger und Wut anderer teilhaben.28 Weitere qualitative Beeinträchtigungen der gegenseitigen sozialen Interaktionen entsprechen den Kriterien des frühkindlichen Autismus.29
Bei der dritten Form des Autismus, dem Atypischen Autismus setzt die auffällige und beeinträchtigte Entwicklung erst im oder nach dem dritten Lebensjahr ein.30 Es können Auffälligkeiten im Bereich der sozialen Interaktion, der Kommunikation, begrenzte, stereotype, repetitive Interessen oder Aktivitäten vorliegen, allerdings nicht in ausreichender Anzahl wie beim frühkindlichen Autismus.31 Auf der einen Seite ist bekannt, dass der atypische Autismus häufig mit einer schweren Intelligenzminderung einhergeht. Auf der anderen Seite handelt es sich dennoch insgesamt um eine wenig eindeutig abgrenzbare diagnostische Kategorie, die bisweilen kaum erforscht wurde.32
Es gibt für Autismus allerdings kein unbedingt notwendiges Symptom, sondern eine ganze Symptomvielfalt.33 Daher ist eine Diagnose des Frühkindlichen Autismus auf lange Zeit gesehen nicht immer trennscharf zum Asperger-Syndrom zu betrachten. Die Kernsymptome aus den drei Bereichen Frühkindlicher Autismus, Asperger-Syndrom und Atypischer Autismus zeigen eine entwicklungspsychologische Variabilität und bleiben bis ins Erwachsenenalter als persistierende und tiefgreifende Symptomatik erhalten.34
In diesem Zusammenhang legt die Bezeichnung High-functioning-Autismus zugrunde, dass die Entwicklung eines Kindes mit der Diagnose Frühkindlicher Autismus im Verlaufe der Zeit eher eine Diagnose im Rahmen des Asperger-Syndroms rechtfertigen kann.35 Die Forschung hegt Zweifel, ob Symptomatik des Asperger-Syndroms und des High-functioning-Autismus am Ende der Kindheit voneinander unterschieden werden kann.36
Aufgrund von Schwierigkeiten in der Abgrenzung diagnostischer Merkmale werden die Formen von Autismus zu einem Spektrum unterschiedlicher Schweregrade gemeinsamer Beeinträchtigungen zusammengefasst. Die grafische Darstellung (Abbildung 3) verdeutlicht die Fusion zum Begriff der Autismus-Spektrum-Störungen (ASS).
[...]
1 Vgl. Lütje-Klose (2016): VL 1
2 Vgl. Powell (2007): 337
3 Vgl. Bürli (1997): 55
4 Vgl. Abb. 1 auf Seite 1 dieser Ausarbeitung
5 Vgl. Bürli (1997): 55
6 Vgl. Abb. 1 auf Seite 1 dieser Ausarbeitung
7 Vgl. Bürli (1997): 55
8 Vgl. Abb. 1 auf Seite 1 dieser Ausarbeitung
9 Vgl. Sander (2004): 14
10 Vgl. ebd.
11 Vgl. Abb. 1 auf Seite 1 dieser Ausarbeitung
12 Vgl. Schirmer (32013): 12
13 Vgl. ebd.
14 Hiermit sind beispielsweise eine starre Routine hinsichtlich alltäglicher Beschäftigungen gemeint und ein Widerstand gegen Veränderungen.
15 Vgl. Remschmidt (22002): 16
16 Vgl. Kamp-Becker/Bölte (22014): 17
17 Vgl. ebd.
18 Vgl. ebd.
19 Vgl. Remschmidt (22002): 16 sowie Kamp-Becker/Bölte (22014): 17
20 Vgl. Kamp-Becker/Bölte (22014): 17
21 Vgl. Schirmer (32013): 12
22 Vgl. ebd.
23 Vgl. ebd. und Dodd (2007): 8
24 Vgl. ebd.: 13
25 Vgl. ebd.
26 Nonverbales Verhalten meint Gestik, Mimik und Blickkontakt.
27 Vgl. Kamp-Becker/Bölte (22014): 16
28 Vgl. ebd.
29 Vgl. ebd.: 19
30 Vgl. ebd.: 19
31 Vgl. ebd.: 20
32 Vgl. ebd.: 20
33 Vgl. ebd.: 16
34 Vgl. ebd.
35 Vgl. Schirmer (32013): 13
36 Vgl. ebd.
- Citation du texte
- Anonyme,, 2019, Umgang mit Heterogenität. Inklusiver Lateinunterricht in Bezug auf SuS mit einer Autismus-Spektrum-Störung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/542894
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