Der Aktionsplan der Vereinten Nationen verschreibt sich mit seinen 17 nachhaltigen Entwicklungs-zielen (SDGs) einer besseren und nachhaltigeren Zukunft für alle. Im Zentrum seiner Verpflichtungen steht dabei das Mantra, dass niemand bei den Entwicklungsbestrebungen zurückgelassen werden soll. Der Gedanke der sozialen Gerechtigkeit, der sich in der Idee des inklusiven Wachstums manifestiert, stellt dabei eine wesentliche Errungenschaft gegenüber den Millennium Entwicklungszielen (MDGs) dar. Trotz diesem sozialen Versprechen lässt sich eine Absenz von LGBTIQA+ Belangen in der Agenda 2030 vernehmen. Weder das Entwicklungsziel 5 zur Geschlechtergleichstellung, noch das Entwicklungsziel 10 zu weniger Ungleichheiten weist eine LBTIQA+ Komponente auf. Generell bleibt diese Thematik in allen SDGs inklusive deren Indikatorenkatalog unadressiert.
Ziel dieser Seminararbeit ist es deshalb aufzuzeigen weshalb LGBTIQA+ Belange in die Agenda 2030 inkludiert werden sollten. Dabei soll verdeutlicht werden, weshalb diese Inklusion vorrangig im Entwicklungsziel 5 zur Geschlechtergleichstellung verankert werden sollte. Dafür werden zwei Hypothesen herangezogen: 1) Aus einer Entwicklungsperspektive heraus ist LGBTIQA+ Inklusion notwendig, damit Entwicklungsvorteile sowohl für das Individuum, als auch für die Gesellschaft als Ganzes nicht verloren gehen; 2) Von einer Gleichheitsperspektive aus gesehen ist LGBTIQA+ Inklusion unerlässlich, um niemanden vom Entwicklungsversprechen auszuschließen. Aus dieser Gleichheitsperspektive heraus lässt sich dabei auch schließen, dass LGBTIQA+ Gleichheit der Geschlechtergleichheit zuzuordnen ist.
Einleitung
Der Aktionsplan der Vereinten Nationen verschreibt sich mit seinen 17 nachhaltigen Entwicklungs-zielen (SDGs) einer besseren und nachhaltigeren Zukunft für alle. Im Zentrum seiner Verpflich-tungen steht dabei das Mantra, dass niemand bei den Entwicklungsbestrebungen zurückgelassen werden soll. Der Gedanke der sozialen Gerechtigkeit, der sich in der Idee des inklusiven Wachs-tums manifestiert, stellt dabei eine wesentliche Errungenschaft gegenüber den Millennium Entwick-lungszielen (MDGs) dar. (EESC, 2019) Trotz diesem sozialen Versprechen lässt sich eine Absenz von LGBTIQA+1 Belangen in der Agenda 2030 vernehmen. Weder das Entwicklungsziel 5 zur Geschlechtergleichstellung, noch das Entwicklungsziel 10 zu weniger Ungleichheiten weist eine LBTIQA+ Komponente auf. (UN SDG Knowledge Platform) Generell bleibt diese Thematik in allen SDGs inklusive deren Indikatorenkatalog unadressiert. (A/RES/71/313)
Das World Economic Forum führt das Ausblenden von LGBTIQA+ Belange in der 2030 Agenda als unmissverständliches Ergebnis eines globalen Aushandlungsprozesses aus, indem sich Länder wie Russland und der Organisation of Islamic Cooperation, die sich für die traditionelle Familie aussprechen, erfolgreich gegen die Förderung von LGBTIQA+ Belange stellten, während sich Länder des globalen Nordens sich aufgrund wirtschaftlicher und politischer Überlegungen nicht laut genug für deren Inklusion einsetzten. (WEF, 2015) Diese Einschreibung der Aushandlungsprozesse in einen normativ geladenen Nord-Süd Begriff scheint allerdings unangebracht in Anbetracht dessen, dass beispielsweise Südafrika und Länder Lateinamerikas unter den Vorreiter_innen in Sexual Orientation Laws fungieren (ILGA, 2019)
Auch der Vorwurf des Imperialismus beruhend auf dem Argument, dass die LGBTIQA+ Terminologie ein „westliches“ Konzept verkörpere und damit für eine globale Entwicklungsagenda unzulänglich sei, lässt sich als Ausdruck der Einschreibung der Aushandlungsprozesse in ein Nord-Süd-Gefälle verzeichnen. Dieser Vorwurf blendet aus, dass die dahinter liegenden Phänomene in jeder Zivilisation und zu jedem Zeitpunk der menschlichen Geschichte existierten und damit kein neues Phänomen mit Ursprung im globalen Norden sind. (Yuvraj, 2018, S. 4-8). Zudem sollen durch das hinzugefügte Plus (+) in der Terminologie auch jene Individuen erfasst werden, die sich in dem eng gefassten Begriff LGBTIQA nicht wiederfinden. (Rumbach und Kyle, 2014, S. 39-41)
Unabhängig von der Nord-Süd Metapher ist allerdings eindeutig, dass sich etwaige Länder gegen LGBTIQA+ Belange auf globaler Ebene aussprechen (The conversation, 2014) und deren Inklusion in die Agenda 2030 zu verhindern wussten. In Anbetracht eines damit ausbleibenden trickle-down Effekts, scheint diese Exklusion im höchsten Referenzrahmen für Entwicklungsangelegenheiten umso verheerender. Führt man sich beispielsweise Instrumente der Geschlechtergleichstellung2 zur Umsetzung der Agenda 2030 zu Gemüte, entdeckt man rasch, dass diese von einem rein binär ge-prägten Geschlechterverständnis ausgehen und somit LGBTIQA+ Inhalte außen vor lassen. Durch diese Spirale der Absenz werden LGBTIQA+ Belange in eine entwicklungspolitische Policy-Nische abgedrängt, die es fortan zu öffnen gilt.
Ziel dieser Seminararbeit ist es deshalb aufzuzeigen weshalb LGBTIQA+ Belange in die Agenda 2030 inkludiert werden sollten. Dabei soll verdeutlicht werden, weshalb diese Inklusion vorrangig im Entwicklungsziel 5 zur Geschlechtergleichstellung verankert werden sollte. Dafür werden zwei Hypothesen herangezogen: 1) Aus einer Entwicklungsperspektive heraus ist LGBTIQA+ Inklusion notwendig, damit Entwicklungsvorteile sowohl für das Individuum, als auch für die Gesellschaft als Ganzes nicht verloren gehen; 2) Von einer Gleichheitsperspektive aus gesehen ist LGBTIQA+ Inklusion unerlässlich, um niemanden vom Entwicklungsversprechen auszuschließen. Aus dieser Gleichheitsperspektive heraus lässt sich dabei auch schließen, dass LGBTIQA+ Gleichheit der Ge-schlechtergleichheit zuzuordnen ist.
In Bezugnahme auf das Entwicklungsargument soll zunächst das Verhältnis zwischen Entwicklung und LGBTIQA+ Inklusion geklärt werden und mit Referenz zum Entwicklungsziel 8 zur men-schenwürdigen Arbeit und Wirtschaftswachstum verdeutlicht werden. Dabei ist festzuhalten, dass ich mit einem holistischen Entwicklungsverständnis arbeite, das auch der Agenda 2030 zugrunde liegt. Es umfasst neben der wirtschaftlichen Entwicklung auch die menschliche und nachhaltige Entwicklung. Zudem ist es um die Komponente der sozialen Gerechtigkeit ergänzt, indem der ge-meinsame Wohlstand als übergeordnetes Ziel fungiert. (Park und Mendos, 2018, S. 15)
Anschließend soll mittels des Gleichheitsarguments der menschenrechtsbasierende Ansatz der inter-nationalen Entwicklungsarbeit beleuchtet und dabei herausgearbeitet werden, weshalb LGBTIQA+ Gleichheit der Geschlechtergleichheit entspricht. Es gilt hierbei zu verzeichnen, dass ich mit Killer-mann‘s Gendermodell arbeite, das über ein binäres Geschlechterverhältnis hinausgeht (2020) Abschließend sollen die Ergebnisse in einem konkludierendem Paragraphen zusammengefasst und die ein und andere Policy-Empfehlung für die Entwicklungszusammenarbeit abgegeben werden.
Die Entwicklungsperspektive
Die Vereinten Nationen sehen die Bekämpfung von Homophobie und Transphobie nicht nur als Menschenrechtspriorität, sondern auch als Entwicklungsimperativ. (UN Human Rights, 2015) Denn durch Marginalisierung, soziale Ausgrenzung und Kriminalisierung werden LGBTIQA+ Personen daran gehindert gleichermaßen an der Gesellschaft teilzunehmen, wodurch wichtige Entwicklungs-vorteile für Individuen und die Gesellschaft insgesamt verloren gingen. (LGBTnet, 2019) Nicht nur seien die Raten von Armut, Arbeitslosigkeit und Ernährungsunsicherheit unter der LGBTIQA+ Community höher, sondern gleichzeitig ginge dies mit einem Verlust von menschlichem Potenzial, Talent, Kreativität und Produktivität für die breitere Gesellschaft einher. (UN Human Rights, 2015)
Daher seien einerseits die Kosten für Homophobie und Transphobie enorm und würden sich lt. einer kürzlich durchgeführten Pilotstudie der Weltbank für eine Ökonomie der Größe Indiens auf bis zu 32 Milliarden Dollar pro Jahr belaufen. (UN Human Rights, 2015) Andererseits bürge die erfolg-reiche LGBTIQA+ Inklusion ein gewisses Entwicklungsversprechen. Das Weltwirtschaftsforum vertritt beispielsweise die Position, dass Länder mit besserer LGBTIQA+ Inklusion wirtschaftlich erfolgreicher wären, ein tendenziell schnelleres Wachstum aufwiesen und sich durch eine höhere Produktivität und bessere Wettbewerbsfähigkeit auszeichnen würden. (WEF, 2019)
Um die durch die internationalen Institutionen proklamierte Korrelation zwischen Entwicklung und LGBTIQA+ Inklusion zu beleuchten, können vier entwicklungstheoretische Ansätze in der Literatur verortet werden: Der Humankapital-ansatz, der Ansatz postmaterialistischer Werte, die strategische Modernisierung und der Kapa-bilitätenansatz. Diese sollen zunächst hier vorge-stellt und kritisch diskutiert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Figure 1: Causal pathways linking LGBTIQA+ inclusion and economic development.
Der Humankapitalansatz geht von einer Menge an Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnissen und men-schlicher Gesundheit aus, welche die Produktivität des Einzelnen steigert und damit zum Wirtscha-ftswachstum beiträgt. (Mincer, 1958; Becker et al., 1990). Aus dieser Perspektive heraus würde durch verbesserte Einbeziehung von LGBTIQA+ Personen der Humankapitalbestand der Wirtschaft erhöht werden. Umgekehrt würde die Exklusion von LGBTIQA+ Individuen von Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen zu einer Verringerung des Humankapitals und damit der Wirtschafts- leistung führen. Durch LGBTIQA+ Inklusion würde damit nicht nur das Wirtschaftswachstum erhört werden, sondern LGBTIQA+ Personen würden von der damit einhergehenden Stärkung ihrer Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse und Gesundheit selbst profitieren. (Badgett et al, 2019, S. 2) Es gilt dabei allerdings darauf hinzuweisen, dass die meisten Studien dieses Ansatzes sich auf Länder des „globalen Nordens“ beziehen und mikroökonomischer Natur sind. (Badgett et al., 2019, S. 3-4) Zudem verkennt die Perspektive den Aspekt der nachhaltigen Entwicklung und beschränkt die Individuelle Entwicklung auf jene Elemente, die in direktem Zusammenhang mit der wirtschaft-lichen Leistung stehen. Das Wohlergehen des Einzelnen und einer Nation wird dabei als Entwick-lungsindikator außen vor gelassen und auch der Gedanke der sozialen Gerechtigkeit wird in diesem Ansatz nur ungenügend und als Mittel zum Zweck adressiert.
Der Ansatz postmaterialistischer Werte kehrt hingegen die Ursache-Wirkungsrichtung um. Länder würden Minderheitenrechten eher verwirklichen, nachdem sie sich wirtschaftlich entwickelt haben. Denn eine starke Wirtschaft ermögliche es über das reine Überlebensdenken hinaus sich mit Werten des Selbstausdrucks, der individuellen Autonomie, und der Menschenrechte zu beschäftigen (Ing-lehart, 1981, 2008). Mehrere Studien dieses Ansatzes belegen, dass Länder mit höherem Inklusions-grad höhere Level von Pro-Kopf-Einkommen aufweisen, als jene mit geringem Inklusionsgrad. (Badgett et al., 2018, S. 5; Badgett et al., 2019, S. 3) Dabei sei angemerkt, dass methodisch bei diesen Studien mit öffentlichen Meinungsumfragen und Rechtsindizes3 gearbeitet wurde, um das Level von Inklusion zu messen. Badgett et al. (2017) haben so beispielsweise berechnet, dass die Einführung eines zusätzlichen Rechtes einen Anstieg von $ 2.065,- im pro-Kopf-Einkommen be-deuten würde. Diese Methodik verkennt allerdings die gelebte Realität von LGBTIQA+ Personen und lässt damit nicht auf ihre tatsächlichen Entfaltungsmöglichkeiten schließen ( = de facto vs. de jure). Zudem wurden in den wenigsten Studien Schwellen- oder Entwicklungsländer als Untersuch-ungsobjekte herangezogen, womit die Ergebnisse nur unzureichend abstrahiert werden können.
Ähnlich, wie im Humankapitalansatz wird das Entwicklungsverständnis beschränk – hier auf ein ökonomisches und rechtliches. Hinsichtlich des Gedankens der sozialen Gerechtigkeit, erweiterten Andersen and Fetner den postmaterialistischen Ansatz um diese Perspektive, indem sie feststellten, dass ein höheres Pro-Kopf-Einkommen für eine höhere Akzeptant von LGBTIQA+ Individuen alleine nicht ausreicht; die Einkommensverteilung sei dabei ausschlaggebend. Je gerechter das Ein-kommen in einem Land verteilt wird, desto höher die Akzeptanz von LGBTIQA+ Personen. (2008) Obwohl diesem Ansatz damit ein etwas breiteres Entwicklungsverständnis zugrunde liegt, können diese Studien nur eine teilweise kausale Korrelation von LGBTIQA+ Inklusion und Entwicklung belegen; d.h. Ein Entwicklungsfortschritt, muss nicht immer einen Fortschritt in LGBTIQA+ In-klusion bedeuten. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass sich beide Kräfte gegenseitig bestärken. (Badgette et al., 2018, S. 5)
Der dritte Ansatz der strategischen Modernisierung verbindet LGBTIQA+ Inklusion und Entwick-lung mit dem Interesse eines Landes Strategien anzuwenden, die beide Komponente fördern, um Offenheit und Modernität zu bekunden. Ziel sei dabei, das moderne Image, sowie weitere An-strengungen zur Steigerung der Attraktivität des Landes zu nutzen, um Tourist_innen, potenzielle ausländische Investor_innen und Handelspartner_innen anzuziehen. (Weiss, 2007) In diesem Mo-dell werden damit Entwicklung und Inklusion gleichzeitig verbessert, stehen aber nicht unbedingt in einem direkten Kausalzusammenhang, wie beim Ansatz des Humankapitals. (Badget et al., 2019, S. 3) Noland wies beispielsweise eine positive Korrelation zwischen LGBTIQA+ Akzeptant und aus-ländischen Direktinvestitionen nach (2005), während Florida in seiner Studie bestätigte, dass offene Unternehmenskulturen und LGBTIQA+ Visibilität auch Nicht-LGBTIQA+ Migrant_innen und Arbeitskräfte ins Land ziehen. (2001) Dh. Sichtbarkeit von LGBTIQA+ Menschen führt nicht di-rekt zu einer höheren Wirtschaftsleistung, sondern ist ein Indikator für eine zugrunde liegende offene Kultur, die Innovation fördert. (Florida & Tinagli, 2004).
Diesem Ansatz kann entgegengehalten werden, dass LGBTIQA+ Inklusion einem rein strategischen Interesse gilt; nämlich ein Land als Arbeits- und Produktionsstandort attraktiv zu machen, in der Hoffnung damit die Wirtschaft anzukurbeln. Das Entwicklungsverständnis beschränkt sich dabei auf ein Wirtschaftliches. Dimensionen der sozialen Gerechtigkeit, sowie die ökologische Kompo-nente von Entwicklung, bleiben dabei völlig unterbelichtet. Auch das Wohlergehen des Einzelnen bleibt abgesehen vom ökonomischen Aspekt in diesem Ansatz unthematisiert. Damit einhergehend vernachlässigt der Ansatz auch die Entwicklungsbedürfnisse von LGBTIQA+ Personen unter die Lupe zu nehmen und impliziert damit ein vorwiegend utilitaristisches Modell zum Zweck des rein wirtschaftlichen Fortschrittes auf gesamtstaatlicher Ebene.
Der Kapabilitätenansatz hingegen geht über die rein wirtschaftliche Dimension von Entwicklung hi-naus, in dem er Entwicklung als Erweiterung der Freiheit von Individuen auslegt, die es ihnen er-möglicht Entscheidungen darüber zu treffen, was sie tun und sein können, unabhängig von ihrer Zu-gehört zu einer bestimmten Identitätsgruppe. (Nussbaum, 2001; Sen, 1999). Das Einkommen wird dabei nur als ein Beitrag zu den Fähigkeiten von Personen gesehen, die Art von Leben zu führen, das sie führen wollen und die Person zu sein, die sie sein wollen. Der Ausschluss bestimmter Perso- nengruppen schränkt die Entwicklung per Definition ein, da er mit der Einschränkung von Freiheit gleichgesetzt wird Entscheidungen darüber treffen zu können, was sie tun und sein können. (Waaldijk, 2013) Inklusion ist daher ausschlaggebend für das Wohlergehen von LGBTIQA+ Per-sonen, sowie die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung - in diesem Fall die Erweiter-ung von Fähigkeiten - als Ganzes. LGBTIQA+ Inklusion und Entwicklung stehen daher in einem klaren Kausalzusammenhang. (Badgett et al., 2019, S. 4)
Zum Beispiel konnten Badgett et al. durch ihre Studie mit mikro- und makroökonomischer Kompo-nente unter Anwendung des Human Development Index (HDI) nachweisen, dass die Vorteile von LGBTIQA+ Inklusion über den rein wirtschaftlichen Effekt hinausgehen und in direktem Zusam-menhang mit einem höheren HDI und damit einem verbesserten menschlichem Wohlbefinden ein-hergehen. (2014) Nun ist einzuwenden, dass der HDI nicht deckungsgleich mit den genannten Fäh-igkeiten bei Nussbaum und Sen ist, d.h. nur einen Bruchteil deren einfängt und somit nur eine Annäherung an ihr Model verkörpert. Zudem gibt er keinen Aufschluss über Aspekte sozialer Ge-rechtigkeit (zB Einkommensverteilung). (UNDP, 2019) Auch bestand eine weitere Herausforderung laut den Autor_innen darin, dass es nur wenige vergleichbare internationale Indikatoren gibt, die grundlegende Aspekte des tatsächlichen LGBTIQA+-Lebens wie Bevölkerungsgröße, Einkommen, Armut oder Gesundheit widerspiegeln und daher nur Schwellenländer mit LGBTIQA+ existenten Daten in die Studie mit einbezogen werden konnten. (Badgett et al., 2019, S. 4)
Bezugnehmend auf die vier entwicklungstheoretischen Ansätze kann zusammenfassend festgehal-ten werden, dass trotz Kritikübung an ihren Auslegungen, jeder eine positive Beziehung zwischen LGBTQA+ Inklusion und (vorrangig wirtschaftlicher) Entwicklung, entweder per Definition (Kapabilitätenansatz) oder über die politischen und ökonomischen Verbindungen, die den Ansätzen zugrunde liegen, aufweist. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich LGBTQA+ Inklusion und Entwick-lung dabei gegenseitig verstärken wurde anhand der dargestellten Korrelationen verdeutlicht. Was dies konkret für die LGBTIQA+ Inklusion in der Agenda 2030 bedeutet, soll nun Anhand des nachhaltigen Entwicklungsziel 8 mit Fokus auf die menschenwürdige Arbeit verdeutlicht werden.
LGBTIQA+ im Kontext Menschenw ürdiger Arbeit
Beschäftigung wird oftmals als wichtigstes Bindeglied zwischen Wirtschaftswachstum und Armuts-bekämpfung angesehen. (Park u. Mendos, 2018, S. 57) Der Zugang zu (menschenwürdiger) Arbeit ist daher nicht nur von wirtschaftlicher Bedeutung, sondern ist auch ein wesentlicher Aspekt für LGBTIQA+ Menschen, da er eng mit ihrem sozioökonomischen Empowerment und mit ihrer Fäh-igkeit zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben verbunden ist. (UNDP, 2018) Die Ziele des SDG 8 zur menschenwürdigen Arbeit, wie die Förderung von entwicklungsorientierten Politiken, welche die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze begünstigen (8.3), gleiches Entgelt für gleichwer-tige Arbeit (8.5), den Anteil junger Menschen ohne Beschäftigung zu verringern (8.6), sowie die Arbeitsrechte zu schützen und sichere Arbeitsumgebungen zu schaffen (8.8) (SDG Watch Austria) sind daher auch wesentlich für LGBTIQA+ Personen. Ihre explizite Inklusion in diese Ziele und deren Indikatoren, ist daher unerlässlich.
LGBTIQA+ Inklusion ist dabei als markanter Schritt zur Eliminierung von Diskriminierung von LGBTIQA+ Personen zu sehen, welche eine grundlegende Herausforderung für die Verwirklichung des SDG 8 und der breiteren Entwicklungsagenda darstellt. (UNDP, 2018) Denn laut Ozeren (2014) sind LGBTIQA+ Personen mit mindestens zwei Hindernissen für eine gleichberechtigte Teilnahme in der Arbeitswelt konfrontiert. Die erste, formelle Diskriminierung genannt, umfasst Diskrimi-nierung bei Einstellung, Beförderung und ungleichen Löhnen. Die zweite, informelle Diskrimi-nierung genannt, umfasst verbale Belästigung, Glaubwürdigkeitsverluste, sowie mangelnde Akzep-tanz und Respekt von Kolleg_innen und Vorgesetzten.
Bezüglich formeller Diskrimierung bestätigt beispielsweise eine Studie über LGBTIQA+ Personen in OECD Ländern, dass LGBTIQA+ Individuen bei Einstellungsgesprächen seltener zurückgerufen werden, als ihre heterosexuellen Kolleginnen und Kollegen. (Valfort, 2017) Auch konnten Daten einer Volkszählung in Indien eine deutlich geringere Beschäftigungsrate von Transgender Personen gegenüber der generellen Bevölkerung nachweisen. (Nagarajan, 2014) Eine Metaanalyse von Studien zu Lohnunterschieden in den USA, den Niederlanden, Großbritannien, Schweden, Griech-enland, Frankreich und Australien zeigt zudem deutliche Einkommensunterschiede bei LGBTIQA+ Personen auf. (Klawitter, 2014) Hinsichtlich informeller Diskriminierung spiegeln Studien über LGBTIQA+ Arbeitnehmer_innen in China, auf den Philippinen, in Thailand (ILO und UNDP, 2018), Hongkong (Holning u. Stotzer, 2001), Chile (Barrientos u. Bozon, 2014) und Indonesien (ILO, 2016) Diskriminierungsmuster von Belästigung und minderwertiger Behandlung am Arbeits-platz wider. Dabei konnte in allen erwähnten Studien eine herausragende Benachteiligung von transgender Personen auch gegenüber ihren LGBIQA+ Kolleg_innen vernommen werden.
[...]
1 Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle, Queer und Asexuelle sowie andere geschlechtsspezifische Minderheiten.
2 zB „EU Gender Action Plan II: From Implementation to Impact“, Concorde, 2018; „Gewusst wie – Gender in der Entwicklungszusammenarbeit“, VENRO Gender-Handbuch, 2010; „Gender Equality and the Empowerment of Women and Girls: Implementing the EU Gender Action Plan II - 2016-2020“, BMEIA, 2017;
3 ZB Gallup World Poll, Eurobarometer, Annual Reports of Statesponsored Homophobia – A World Survey of Laws, World Values Survey, Global Index on Legal Recognition of Homosexul Orientation (GILRHO), Transgender Rights Index, Legal Count Index, Legal Environment Index, Global Acceptance Index;
- Citar trabajo
- Anna Scheithauer (Autor), 2020, Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen. Weshalb LGBTIQA+ Belange in die Agenda 2030 unter der Rubrik Geschlechtergleichstellung inkludiert werden sollten, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/542533
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