Die Grundsteuer ist eine der ältesten Formen der direkten Besteuerung. Mit ihr wird in Deutschland der Grundbesitz besteuert und jeder Einwohner und jedes Unternehmen zahlt sie, entweder direkt oder als Teil der Mietzahlungen. Im Jahr 2018 betrugen laut dem statistischen Bundesamt die Steuereinnahmen der Gemeinden aus der Grundsteuer (A und B) 14,2 Milliarden Euro. Der Anteil der Grundsteuer an den gesamten Steuereinnahmen der Gemeinden lag in den Jahren 2006 bis 2016 konstant bei rd. 14% .
Die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer bildet der Einheitswert. Jedoch basieren sämtliche Faktoren, wie z. B. die Jahresrohmiete oder die Gemeindegrößenklasse, die zur Ermittlung des Einheitswerts benötigt werden, auf dem Hauptfeststellungszeitpunkt zum 1.1.1964. Für Grundstücke in Ostdeutschland ist der Stichtag der Hauptfeststellung der 1.1.1935, vereinfachend wird in dieser Arbeit jedoch immer vom 1.1.1964 ausgegangen. Diese Faktoren sind inzwischen vollkommen veraltet und viele der heutzutage maßgeblich wertbildenden Faktoren, wie die Energieeffizienz, Lärmschutz oder das Vorhandensein einer Solaranlage, werden wenn überhaupt nur unzureichend abgebildet. Dies führt zu erheblichen Wertverzerrungen, vor allem auch aufgrund der Tatsache, dass bereits deutlich mehr als die Hälfte des Gesamtbestands der Wohnungen nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt errichtet worden sind.
Während der vergangenen 55 Jahre sind mehrere Gesetzentwürfe zur Reformierung der Grundsteuer und der Bewertung gescheitert. 1985 erklärt die Bundesregierung, dass „die Bundesregierung [..] sich der Probleme der auf den Wertverhältnissen vom 1. Januar 1964 beruhenden Einheitswerte bewußt [ist] […]“. Auf eine Anfrage durch den Bundesfinanzminister an die Finanzminister der Länder, ob ein Gesetzesvorhaben für die Neubewertung des Grundbesitzes eingeleitet werden sollte, wurde 1984 durch die Finanzminister beschlossen, dass auf eine Feststellung von Einheitswerten für den Grundbesitz zwar in Zukunft nicht verzichtet werden kann, aber die Steuerverwaltung nicht in der Lage wäre, eine erneute Hauptfeststellung durchzuführen. Es folgten mehrere Versuche der Länder und der Bundesregierung die Grundsteuer und der ihr zugrunde liegenden Bewertung zu reformieren, die jedoch bislang alle scheiterten.
I. Inhaltsverzeichnis
I. Inhaltsverzeichnis
II. Abkürzungsverzeichnis
III. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Gang der Untersuchung
2. Hintergründe der Grundsteuerreform.
2.1 Kapiteleinleitung
2.2 Überblick über die Grundsteuer und die bisherige Rechtslage
2.3 Der Einheitswert
2.4 Der Verkehrswert
2.5 Entscheidung des BVerfG vom 10. April 2018
2.5.1 Kernaussagen des Urteils
2.5.2 Beurteilung des Urteils
2.6 Verlauf der politischen Diskussion
3 Die Reformvorschläge und die Reform.
3.1 Kapiteleinleitung
3.2 WUM und WAM
3.3 Existierende Modelle im Überblick
3.3.1 Modelle mit wertabhängigen Bemessungsgrundlagen
3.3.2 Modell einer flächenbasierten Grundsteuer
3.3.3 Vor- und Nachteile der einzelnen Reformmodelle
3.3.3.1 Das Verkehrswertmodell
3.3.3.2 Das Kostenwertmodell
3.3.3.3 Die Bodenwertsteuer
3.3.3.4 Das Äquivalenzmodell
3.3.3.5 Bewertung der Modelle
3.3.4 Belastungswirkung der Reformmodelle
3.4 Die neue Grundsteuer
3.4.1 Das Grundsteuer-Reformgesetz
3.4.2 Das neue Ertragswertverfahren
3.4.3 Das neue Sachwertverfahren
3.4.4 Die Länderöffnungsklausel
3.4.5 Grundsteuerreform im Vergleich zu den Reformvorschlägen
3.4.6 Grundsteuerreform im Vergleich zum BVerfG Urteil
4 Auswirkungen der Grundsteuer
4.1 Kapiteleinleitung
4.2 Auswirkungen für Unternehmen
4.3 Auswirkungen für Mieter, Vermieter und Eigentümer
5 Fazit
Anlage 1: Sachwertverfahren – Alternative Rechnung
Literaturverzeichnis
II. Abkürzungsverzeichnis
AO Abgabenordnung
ÄQM Äquivalenzmodell
GrStG Grundsteuergesetz
BauGB Baugesetzbuch
BewG Bewertungsgesetz
BewRGr Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens
BGBL Bundesgesetzblatt
BR-Drucksache Bundesrats-Drucksache
BT-Drucksache Bundestags-Drucksache
BWSt Bodenwertsteuer
E-BewG Entwurf Bewertungsgesetz vom 06.11.2016
FAG Finanzausgleichsgesetz
GG Grundgesetz
GrStG Grundsteuergesetz
GrStRefG Grundsteuer-Reformgesetz vom 02.12.2019
SMZ Steuermesszahl
VWM Verkehrswertmodell
WAM wertabhängiges Modell
WUM wertunabhängiges Model
III. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Übersicht Reformkonzepte zur Bemessungsgrundlage der Grundsteuer
Abbildung 2: Grundsteuerlast für verschiedene Immobilientypen
Abbildung 3: Veränderungen in der Grundsteuerlast
Abbildung 4: Auswirkungen der Reformmodelle auf den Länderfinanzausgleich
Abbildung 5: Ermittlung der Restnutzungsdauer
Abbildung 6: Ermittlung der anzusetzenden Miete
Abbildung 7: Ermittlung des Gebäudewerts
Abbildung 8: Ermittlung des Werts des Grund und Bodens
Abbildung 9: Ermittlung des Grundsteuerwerts
Abbildung 10: Ermittlung Alterswertminderung in %
Abbildung 11: Ermittlung Gebäudenormalherstellungswert
Abbildung 12: Ermittlung Gebäudewert
Abbildung 13: Ermittlung Bodenwert
Abbildung 14: Überleitung vorläufiger Sachwert in Grundsteuerwert
Abbildung 15: Ermittlung Grundsteuerbetrag
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Die Grundsteuer ist eine der ältesten Formen der direkten Besteuerung1. Mit ihr wird in Deutschland der Grundbesitz besteuert und jeder Einwohner und jedes Unternehmen zahlt sie, entweder direkt oder als Teil der Mietzahlungen. Im Jahr 2018 betrugen laut dem statistischen Bundesamt die Steuereinnahmen der Gemeinden aus der Grundsteuer (A und B) 14,2 Milliarden Euro2. Der Anteil der Grundsteuer an den gesamten Steuereinnahmen der Gemeinden lag in den Jahren 2006 bis 2016 konstant bei rd. 14 %3.
Die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer bildet der Einheitswert. Jedoch basieren sämtliche Faktoren, wie z. B. die Jahresrohmiete oder die Gemeindegrößenklasse, die zur Ermittlung des Einheitswerts benötigt werden, auf dem Hauptfeststellungszeitpunkt zum 1. Januar 19644. Für Grundstücke in Ostdeutschland ist der Stichtag der Hauptfeststellung der 1. Januar 1935, vereinfachend wird in dieser Arbeit jedoch immer vom 1. Januar 1964 ausgegangen. Diese Faktoren sind inzwischen vollkommen veraltet und viele der heutzutage maßgeblich wertbildenden Faktoren, wie die Energieeffizienz, Lärmschutz oder das Vorhandensein einer Solaranlage, werden wenn überhaupt nur unzureichend abgebildet5. Dies führt zu erheblichen Wertverzerrungen, vor allem auch aufgrund der Tatsache, dass bereits deutlich mehr als die Hälfte des Gesamtbestands der Wohnungen nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt errichtet worden sind6.
Die Problematik der veralteten Berechnungsgrundlagen zur Bestimmung des Einheitswertes und die Reform der Grundsteuer beschäftigte den Gesetzgeber in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach. So gab es schon während der Durchführung der Hauptfeststellung zum 1. Januar 1964 die ersten Überlegungen, die Bewertung zu reformieren7.
Während der vergangenen 55 Jahre sind mehrere Gesetzentwürfe zur Reformierung der Grundsteuer und der Bewertung gescheitert. 1985 erklärt die Bundesregierung, dass „die Bundesregierung [..] sich der Probleme der auf den Wertverhältnissen vom 1. Januar 1964 beruhenden Einheitswerte bewußt [ist] […]“8. Auf eine Anfrage durch den Bundesfinanzminister an die Finanzminister der Länder, ob ein Gesetzesvorhaben für die Neubewertung des Grundbesitzes eingeleitet werden sollte, wurde 1984 durch die Finanzminister beschlossen, dass auf eine Feststellung von Einheitswerten für den Grundbesitz zwar in Zukunft nicht verzichtet werden kann, aber die Steuerverwaltung nicht in der Lage wäre, eine erneute Hauptfeststellung durchzuführen9. Es folgten mehrere Versuche der Länder und der Bundesregierung die Grundsteuer und der ihr zugrunde liegenden Bewertung zu reformieren, die jedoch bislang alle scheiterten.
Am 10. April 2018 entschied der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (1 BvL 11/14), dass die Vorschriften und Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Einheitsbewertung von Grundvermögen für die Grundsteuer in den alten Bundesländern seit Beginn des Jahres 2002 nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar seien. Das Festhalten an den Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führt zu einer „gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlung bei der Bewertung von Grundvermögen, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gibt.“10.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Gesetzgeber spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu treffen hat11. Bis dahin dürfen die verfassungswidrigen Regelungen weiter angewendet werden. Weiterhin dürfen diese Regelungen bis zu fünf Jahre nach Verkündung der Neuregelungen, aber längstens bis zum 31. Dezember 2024, im Interesse der Finanz- und Haushaltsplanung angewendet werden12.
Diese Entscheidung hat nun zur Folge, dass verschiedene Modelle zur Reform der Grundsteuer diskutiert und entwickelt werden. Dabei werden auch Modelle, die bereits in früheren Diskussionen entwickelt worden sind, wieder aufgegriffen und an die aktuellen Gegebenheiten angepasst. So wurde bereits am 10. April 2019 durch den Bundesfinanzminister ein Entwurf zur Neuregelung des Grundsteuergesetzes vorgelegt. Mit diesem ist er jedoch auf Widerstand in der Großen Koalition gestoßen13.
Aus einer Anfrage der FDP-Fraktion an die Bundesregierung ergeht, dass mit einer Neubewertung von ca. 35,4 Mio. Grundstücken zu rechnen ist14. Welche Auswirkungen die Grundsteuerreform auf die kommunalen Haushalte haben wird, kann zum derzeitigen Stand noch nicht abschließend eingeschätzt werden. Am 21. Juni 2019 hat die Bundesregierung die Reform der Grundsteuer beschlossen. Der Entwurf der Grundsteuer sowie der notwendigen Änderungen des Bewertungsrechts und des Grundgesetzes sind am 27. Juni 2019 im Bundestag vorgestellt worden. Nach Vornahme der geforderten Änderungen ist die Reform am 18. Oktober 2019 ein weiteres Mal im Bundestag verlesen worden und am 8. November 2019 im Bundesrat verabschiedet worden. Am 02. Dezember 2019 ist das Grundsteuer-Reformgesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden15. Die neue Ermittlung der Grundsteuer tritt ab dem 01. Januar 2025 in Kraft.
1.2 Zielsetzung
Die Zielsetzung dieser Arbeit soll sein, die Problematik der Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer zu beleuchten und darzustellen. Daneben soll eine Gegenüberstellung der diskutierten Reformvorschläge zu einem wertunabhängigen und einem wertabhängigen Modell unter Nennung der Vor- und Nachteile erfolgen. Dabei wird neben den ursprünglich diskutieren Reformen auch auf das neue Grundsteuergesetz eingegangen.
1.3 Gang der Untersuchung
Im Anschluss an die Einleitung wird die Arbeit in drei Abschnitte gegliedert. In Abschnitt 2 werden die Hintergründe zur Notwendigkeit der Grundsteuerreform dargelegt. Dazu wird die bisherige Rechtslage zur Ermittlung der Grundsteuer und des Einheitswerts dargestellt. Im Anschluss wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 näher beleuchtet und die Beanstandungen an den bisher geltenden Regelungen herausgearbeitet. Am Ende des Abschnittes wird die derzeitige politische Diskussion über die Kompromissfindung und die diskutierten Reformvorschläge näher betrachtet. Dabei werden auch die in der Vergangenheit gemachten Vorschläge aufgegriffen.
In Abschnitt 3 werden die bisherigen Reformvorschläge und neuen Modelle zur Berechnung der Grundsteuer vorgestellt und die Kernaussagen der Modelle herausgearbeitet. Diese werden hinsichtlich ihrer steuerlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen sowie ihrer Auswirkungen auf die Grundbesitzer und den Länderfinanzausgleich gegenübergestellt und mit den in Abschnitt 2 herausgearbeiteten Kernaussagen zur Verfassungswidrigkeit der zurzeit gültigen Regelungen abgeglichen. Dabei wird der Schwerpunkt auf dem wertabhängigen und dem wertunabhängigen Modell liegen. Neben den diskutierten Reformvorschlägen wird das neue Grundsteuergesetz, welches seit dem 21. Juni 2019 als Entwurf und ab dem 02. Dezember 2019 in seiner endgültigen Fassung vorliegt, betrachtet. Dazu erfolgt ein Vergleich zwischen den einzelnen Reformvorschlägen.
In Abschnitt 4 werden die in vorherigen Abschnitten herausgearbeiteten Auswirkungen der einzelnen Reformvorschläge mit dem neuen Sachwertverfahren für Unternehmen verglichen. Hierzu wird für ein Beispiel Unternehmen die Grundsteuer nach dem neuen Verfahren berechnet. Weiterhin werden mögliche Chancen und Risiken für die Unternehmen aufgrund der angedachten Länderöffnungsklausel erörtert und eine Handlungsempfehlung aufgezeigt.
Abschließend werden die gewonnen Erkenntnisse im Abschnitt 5 zusammengefasst.
2. Hintergründe der Grundsteuerreform
2.1 Kapiteleinleitung
In dem folgenden Kapitel werden die Hintergründe des Urteils vom 10. April 2018 über die Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer vorgestellt und unter Betrachtung der Kernaussagen näher erläutert. Zunächst erfolgt eine Beschreibung der Grundsteuer und des Einheitswerts. Dabei werden die Grundlagen der Grundsteuer als auch der Begriff des Verkehrswerts kurz erläutert, der für das Verständnis des Urteils wichtig ist. Am Ende des Kapitels erfolgt ein Überblick über den bisherigen Verlauf der politischen Diskussion und der diskutierten Reformvorschläge. Die Reformvorschläge, die in der Vergangenheit bereits zur Debatte standen, werden in diesem Zusammenhang kurz vorgestellt, sowie der Unterschied zwischen wertabhängigen und wertunabhängigen Modellen aufgezeigt.
2.2 Überblick über die Grundsteuer und die bisherige Rechtslage
Die Grundsteuer ist eine Realsteuer, Vgl. § 3 Abs. 2 AO, mit der die Gemeinden den Grundbesitz in Deutschland besteuern. Die Gemeinden vereinnahmen die Grundsteuer direkt, daher stellt diese eine wichtige Einnahmequelle für die kommunale Haushaltplanung dar. Historisch betrachtet, hat sich die Grundsteuer als konjunkturunabhängige Möglichkeit zur kommunalen Selbstverwaltungsautonomie bewährt16. Ein Wegfall der Grundsteuer führt demnach zu einem Defizit in der kommunalen Haushaltsplanung von rd. 14 Mrd. Euro.
Zu dem Grundbesitz gehören insbesondere das Grundvermögen nach dem Bewertungsgesetz (Grundsteuer B) sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebe (Grundsteuer A), § 2 GrStG. In den Jahren 1961 bis 1962 wurde außerdem eine sogenannte Baulandsteuer oder auch Grundsteuer C für baureife, aber unbebaute Grundstücke erhoben. Dadurch sollte die Spekulation mit Bauland verhindert werden. Durch den aktuell in Ballungsgebieten herrschenden Wohnungsmangel wurde in der Diskussion um die Reform der Grundsteuer auch entschieden, dass die Grundsteuer C wiedereingeführt werden soll, um den Wohnungsmangel zu bekämpfen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf des Bundeskabinetts wurde zusammen mit dem Gesetzesentwurf zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts am 20. Juni 2019 vorgelegt. Aufgrund der eher untergeordneten Bedeutung der Grundsteuer auf land- und forstwirtschaftliche Flächen sowie der Grundsteuer C beziehen sich die folgenden Aussagen lediglich auf die Grundsteuer B.
Zu dem Grundvermögen gehören nach § 68 BewG:
- Grund und Boden, Gebäude, sonstige Bestandteile und Zubehör
- Erbbaurechte
- das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht
Jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens ist ein Grundstück, § 70 Abs. 1 BewG. Die Grundsteuer B wird dementsprechend insbesondere für die Wohn- und Betriebsgrundstücke festgesetzt.
Die Grundsteuer belastet den Grundbesitz ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse oder die Leistungsfähigkeit des Eigentümers zu nehmen. Die Grundsteuer knüpft nur an das Vorhandensein des Grundbesitzes an, daher ist es unerheblich, ob der Eigentümer mit dem Grundstück Erträge erzielt. Die Grundsteuer führt bei den Gemeinden zu regelmäßigen Einnahmen17. Schuldner der Grundsteuer ist derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Einheitswerts zuzurechnen ist, § 10 Abs. 1 GrStG. Steuerobjekt der Grundsteuer ist somit immer das einzelne Grundstück und Steuersubjekt der Schuldner der Grundsteuer (der Steuerpflichtige).
Die Ermittlung der Grundsteuer erfolgt in einem dreistufigen Verfahren. Zunächst wird der Steuermessbetrag ermittelt, § 13 Abs. 1 GrStG. Dieser ergibt sich aus der Multiplikation des nach den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes ermittelten Einheitswerts mit der Steuermesszahl. Die Steuermesszahl beträgt grundsätzlich 3,5 ‰. Für Einfamilienhäuser wird die Steuermesszahl zweigeteilt: Für die ersten 38.346,89 € beträgt sie 2,6 ‰ und für jeden darüberhinausgehenden Euro 3,5 ‰. Eine weitere Anpassung der Steuermesszahl erfolgt, wenn es sich bei dem Grundstück um ein Zweifamilienhaus handelt, dann beträgt die Messzahl 3,1‰18. Anschließend wird auf den Steuermessbetrag ein von den Gemeinden festgesetzter Hebesatz angewendet, § 25 Abs. 1 GrStG.
2.3 Der Einheitswert
Zentraler Bestandteil der Ermittlung der Grundsteuer ist der Einheitswert. Der Einheitswert wird nach den Bestimmungen im Bewertungsgesetz für inländischen Grundbesitz festgestellt. Der Grundbesitz wird in § 19 Abs. 1 BewG als Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, Grundstücke und Betriebsgrundstücke definiert.
Ursprünglich wurde der Einheitswert für die Berechnung verschiedenen Steuerarten, wie der Erbschaftsteuer, Grundsteuer und Vermögensteuer zugrunde gelegt19. Aufgrund der Nichterhebung und Einführung von Sonderregelungen im Bewertungsgesetz gilt der Einheitswert derzeit nur noch für die Ermittlung der Grundsteuer20. Der Gesetzgeber hatte vorgesehen, dass die Einheitswerte in Zeitabständen von je sechs Jahren, der sogenannten Hauptfeststellung, festgestellt werden sollten, § 21 Abs. 1 BewG. Dadurch sollte eine Wertverzerrung vermieden werden. Der letzte Hauptfeststellungzeitpunkt fand zum 1. Januar 1964 statt21. Sämtliche Faktoren, wie z. B. die Jahresrohmiete oder die Gemeindegrößenklasse, die zur Ermittlung des Einheitswerts benötigt werden, sind entsprechend auf diesen Hauptfeststellungszeitpunkt bezogen22.
Der Einheitswert wird nach § 180 Abs. 1 Nr. 1 AO auf Basis der Regelungen des Bewertungsgesetzes in einer gesonderten Feststellung durch das Finanzamt, in dessen Bezirk das Grundstück bzw. das Betriebsgrundstück liegt, § 18 Abs. 1 Nr. 1 AO, ermittelt. Dabei wird das zu bewertende Grundvermögen grundsätzlich in unbebaute und in bebaute Grundstücke unterschieden. Die bebauten Grundstücke werden für die Bewertung weiterhin nach der Grundstücksart unterschieden.
Der Einheitswert für ein unbebautes Grundstück ermittelt sich durch die Multiplikation der Fläche des Grundstücks mit den Bodenrichtwerten von 196423. Für bebaute Grundstücke werden je nach Grundstückart unterschiedliche Bewertungsverfahren verwendet24. Die verschiedenen Grundstücksarten werden in § 75 BewG abschließend aufgezählt. § 76 BewG regelt, welches Bewertungsverfahren für welche Grundstücksart zu verwenden ist.
Es werden zwei Verfahren unterschieden:
1. Ertragswertverfahren (§§ 78 bis 82 BewG)
2. Sachwertverfahren (§§ 83 bis 90 BewG)
Das Ertragswertverfahren kommt bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern, Geschäftsgrundstücken, Mietwohngrundstücken und gemischt genutzte Grundtücken zur Anwendung. Der Grundstückswert im Ertragswertverfahren umfasst den Bodenwert, den Gebäudewert und den Wert eventueller Außenanlagen. Der Bodenwert entspricht in seiner Ermittlung dem Wert des unbebauten Grundstücks. Der Gebäudewert ergibt sich aus der Multiplikation der Jahresrohmiete des Jahres 1964 mit einem Vervielfältiger. Der zu verwendende Vervielfältiger ist in den Anlagen 3 bis 8 zum Bewertungsgesetz geregelt. Er bestimmt sich nach der Grundstücksart, der Bauart und Bauausführung, dem Baujahr des Gebäudes sowie der Einwohnerzahl der Belegenheitsgemeinde, § 80 Abs. 1 BewG. All diese wertbildenden Faktoren beziehen sich auf die letzte Hauptfeststellung im Jahr 1964. Die Jahresrohmiete ist das gesamte Entgelt, das ein Mieter für die Benutzung des Grundstücks zu entrichten hat, Abschnitt 21 Abs. 1 BewRGr.
Das Sachwertverfahren wird bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern, die sich in ihrer Gestaltung oder Ausstattung wesentlich von den nach dem Ertragswert zu bewertenden Gebäuden unterscheiden, verwendet. Dabei handelt es sich um sogenannte Luxusbauten. Weiterhin wird das Sachwertverfahren für die bebauten Grundstücke angewendet, für die sich keine Jahresrohmiete auf Basis des Jahres 1964 ermitteln oder schätzen lässt, sowie für die sonstigen bebauten Grundstücke, die nicht unter § 75 Abs. 2 bis 3 BewG fallen. Ebenso wie beim Ertragswertverfahren setzt sich der Wert aus dem Wert des unbebauten Grundstücks, dem Gebäudewert und dem Wert eventueller Außenlagen zusammen, Abschnitt 34 Abs. 1 BewRGr. Für die Ermittlung des Gebäudewerts ist zunächst der umbaute Raum in Kubikmeter zu ermitteln. Die Anzahl der Kubikmeter wird mit einen Raummeterpreis multipliziert. Der Raummeterpreis ist nach Erfahrungswerten anzusetzen25. Dabei sind die Bauart und Bauweise sowie die vorgesehene Nutzung des Gebäudes zugrunde zu legen. Die Erfahrungswerte sind für bestimmte Grundstücksarten sowie sonstige bebaute Grundstücke in den Anlagen 14 und 15 zum BewRGr enthalten. Als Ergebnis dieser Multiplikation ergeben sich die Herstellungskosten für das Gebäude. Diese Herstellungskosten sind nach dem Baupreisverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt umzurechnen, um so den Gebäudenominalherstellungswert zu ermitteln. Der Sachwert ergibt sich dann aus der Addition des Bodenwerts und des Gebäudenominalherstellungswerts26.
2.4 Der Verkehrswert
Der Begriff Verkehrswert oder auch Marktwert kommt aus dem Immobilienbereich und entspricht inhaltlich dem angestrebten Bewertungsziel des gemeinen Werts nach § 9 BewG27. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird als Bewertungsziel der Grundsteuer der Verkehrswert angestrebt. Der Verkehrswert wird in § 194 BauGB definiert. Er ist der Preis, der sich in einem bestimmten Bewertungszeitpunkt für eine Immobilie ergibt und im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen ist. Die Ermittlung erfolgt zumeist durch den Gutachterausschuss auf Grundlage der rechtlichen Gegebenheiten sowie den tatsächlichen Eigenschaften der Immobilie. Zu diesen zählen unter anderem die Lage des Grundstücks und die Beschaffenheit der Immobilie. Die tatsächlich erzielten Verkaufspreise werden von den Gutachterausschüssen in Datenbanken gesammelt, aus denen sich Vergleichswerte für die Grundstücke ableiten lassen. Vergleichswerte sind jedoch eher für die Bewertung im Rahmen von Schenkungen und Erbschaften als für die Grundsteuer maßgeblich. Die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers des Grundstücks werden dabei außer Acht gelassen, da diese keinen Einfluss auf den erzielbaren Marktwert haben.
2.5 Entscheidung des BVerfG vom 10. April 2018
2.5.1 Kernaussagen des Urteils
Mit dem Urteil vom 10. April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht die Erhebung der Grundsteuer auf Grundlage der bisherigen Einheitsbewertung für verfassungswidrig erklärt. Die Einheitsbewertung ist laut dem Urteil nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar.
Das Urteil lässt sich in drei Kernaussagen aufteilen:
1. Spielraum des Gesetzgebers bei der Wahl der Bemessungsgrundlage und Ausgestaltung der Regelungen einer Steuer.
2. Die Vermeidung eines großen Verwaltungsaufwands rechtfertigt nicht die Verwendung von realitätsfernen Bewertungsregeln.
3. Der vermiedene Aufwand einer neuen Hauptfeststellung wird nicht durch die geringe Höhe der individuellen Steuerlast noch durch Praktikabilitätserwägungen gerechtfertigt.
Der Gesetzgeber kann sich bei steuerlichen Massenverfahren, wie der Grundsteuer, von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen. Er verfügt dabei über einen gewissen Spielraum die Bemessungsgrundlage einer Steuer zu regeln und die Steuerfestsetzung einfacher zu gestalten. Der Gesetzgeber kann grundsätzlich erhebliche Bewertungs- und Ermittlungsunschärfen in Kauf nehmen, soweit dies dazu dient die Handbarkeit der Festsetzung und Erhebung der Steuer zu erhalten. Der Spielraum für Vereinfachungen wird dabei nur dadurch begrenzt, dass die geschaffenen Regelungen in der Lage sein müssen den verfolgten Belastungsgrund der Steuer und die Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abzubilden28.
Ursprünglich war geplant, dass alle sechs Jahre die Werte für die Einheitsbewertung neu festgestellt werden. Dadurch wurde das Ziel verfolgt, die Verkehrswerte der Grundstücke zumindest annährend realitätsnah zu erfassen und zu ermitteln29. Diesem Ziel liegt der Gedanke des Gesetzgebers zugrunde, dass sich die Verkehrswerte der Grundstücke, ob bebaut oder unbebaut, typischerweise im Zeitablauf verändern. Um eine weiterhin realitätsnahe Ermittlung der Verkehrswerte zu ermöglichen, müssen die Wertverhältnisse in regelmäßigen Abständen bestimmt werden. Die periodenmäßige Neufeststellung der Werte ist somit unerlässlich und ein zentraler Baustein dieses Bewertungssystems. Aufgrund der ausbleibenden neuen Hauptfeststellung sind die Abweichungen zwischen den tatsächlichen Verkehrswerten und den errechneten Einheitswerten zwangsläufig in den letzten Jahrzehnten größer geworden. Dies alleine würde für sich genommen aber noch nicht zu einer Verfassungswidrigkeit führen, solange die Verkehrswerte gleichmäßig hinter den festgestellten Einheitswerten aus dem Jahre 1964 zurückbleiben würden. Wäre dies der Fall, würde die Relation der Verkehrswerte der Wirtschaftsgüter, Grundstücke, zu den festgestellten Einheitswerten untereinander gleichbleiben30. Somit wäre der allgemeine Gleichheitssatz nicht verletzt. Ein solches einheitliches und gleichmäßiges Zurückbleiben der Einheitswerte hinter den Verkehrswerten kann jedoch nicht vorliegen, wie das folgende Beispiel verdeutlicht:
Im Jahre 1950 wurden zwei nebeneinanderstehende gleichartige Gebäude errichtet. Für beide wurde im Rahmen der Hauptfeststellung im Jahre 1964 der gleiche Einheitswert ermittelt. Während das Gebäude A in den folgenden Jahren ohne großartige Erweiterungen oder baulichen Veränderungen genutzt wurde, hat der Eigentümer das Gebäudes B in regelmäßigen Abständen, neben den normal anfallenden Erhaltungsaufwendungen, renoviert, saniert und modernisiert. Dadurch wurde nach und nach beim Gebäude B die alte Bausubstanz abgetragen und durch neue ersetzt, so dass es im Jahr 2019 nicht mehr mit dem ursprünglichen Gebäude aus dem Jahr 1950 vergleichbar ist. Für das Gebäude A würden auch zum aktuellen Zeitpunkt noch die Konzeptionen der Einheitsbewertung zutreffen, so dass sich hier ein dem Verkehrswert linear angenähertes Ergebnis erlangen lässt31. Der Einheitswert des Gebäude B wird zu keinem linear angenähertem Ergebnis führen, da einige der nunmehr wertbildenden Faktoren in der Hauptfeststellung von 1964 nicht abgebildet worden sind bzw. auch nicht abgebildeten werden konnten, weil zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht absehbar war, wie sich z.B. die energetischen Möglichkeiten im Bereich der Gebäude verändern und weiterentwickeln32. An diesem Beispiel wird deutlich, dass es durch die Aussetzung einer neuen Hauptfeststellung zu erheblichen Wertverzerrungen kommt.
Bislang war die Hauptfeststellung ausgesetzt worden, um einen großen Verwaltungsaufwand zu vermeiden. Jedoch stellt der bewusste Verzicht einer neuen Hauptfeststellung keine Vereinfachungsregelung dar, mit der Elemente der Bewertung vereinfacht und dadurch eine Reduzierung der Detailgenauigkeit in Kauf genommen wird. Stattdessen wird hierdurch ein essentieller Teil des Bewertungssystems zur Erreichung von realitätsnahen Werten außer Kraft gesetzt. Vereinfachungsregelungen können nicht auf Dauer gerechtfertigt werden, soweit durch sie eine Ungleichheit erzeugt wird. Die Ungleichheit in der Bewertung führt zu einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Eine Verfassungswidrigkeit einer solchen Regelung kann auch nicht dadurch geheilt werden, dass ihre Beseitigung nicht mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand erfolgen kann33.
2.5.2 Beurteilung des Urteils
Die im vorherigen Abschnitt beschriebenen drei Kernaussagen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts lassen sich wie folgt zusammenfassen: Es ist nicht entscheidend, dass es zu einer Abweichung gegenüber den Verkehrswerten kommt, sondern vielmehr, dass durch die Aussetzung der Hauptfeststellung die Einheitswerte der Grundstücke nicht gleichmäßig hinter den gestiegenen Verkehrswerten zurückbleiben34. Dies bedeutet, dass die Einheitswerte nicht bundesweit um einen bestimmten Prozentwert von den Verkehrswerten abweichen, sondern die Abweichung von Grundstück zu Grundstück unterschiedlich hoch ist. Durch diese schwankende Abweichung kommt es zu ungleichen Belastungen bei den Steuerbürgern: Die einen zahlen im Verhältnis zum Verkehrswert ihrer Immobilie zu viel Grundsteuer, während andere zu wenig zahlen. Diese Verzerrung der Werte führt zur Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG. Jedoch hat das BVerfG in seinem Urteil keine konkreten Vorgaben für eine Neuregelung des Bewertungsverfahrens für die Ermittlung des Einheitswerts getroffen. Somit bleibt dem Gesetzgeber hier die Möglichkeit, sich verschiedener Modelle, die bereits in der Vergangenheit diskutiert worden sind, zu bedienen. Es gilt nunmehr diese Modelle in eine verfassungsgemäße Reform umzuarbeiten. Dazu hat das BVerfG dem Gesetzgeber eine eindeutige Frist gesetzt: Bis zum 31. Dezember 2019 muss eine Neuregelung erfolgt sein, ansonsten entfällt die Grundsteuer35. Den Kommunen würde im Falle einer nicht rechtzeitigen Neuregelung erhebliche Einnahmeausfälle drohen. Dies hätte zur Folge, dass die kommunale Selbstverwaltung stark gefährdet wäre36.
2.6 Verlauf der politischen Diskussion
Das Urteil des BVerfG hat die Diskussion, um die Reformen und Änderungen der Einheitsbewertung sowie der Grundsteuer neuentfacht und weiter angeheizt. Der Gesetzgeber sieht sich derzeit unter Zugzwang bis zum Ende des Jahres 2019 ein neues Gesetz zu erlassen, welches die verfassungswidrigen Bestandteile der Grundsteuerermittlung ersetzt und ausbessert.
Die Diskussion um die Einheitsbewertung nimmt seinen Anfang jedoch nicht erst im Urteil über die Verfassungswidrigkeit, sondern bestand schon länger. Wie eingangs bereits angedeutet begannen die ersten politischen Diskussionen bereits im Zeitpunkt der ersten Hauptfeststellung im Jahr 1964 und wurden über die vergangenen 55 Jahre weiterfortgeführt.
Im Jahr 1982 haben Fraktionen der SPD und der FDP einen Gesetzesentwurf zu Neubewertung unbebauter baureifer Grundstückte in den Bundestag eingebracht. Im Zusammenhang mit diesem Gesetzesentwurf wurde bereits festgestellt, dass seit der letzten Hauptfeststellung die Werte für Grundbesitz erheblich gestiegen seien. In der Begründung zu dem Gesetzentwurf heißt es: „Für die unbebauten Grundstücke haben Kaufpreis-untersuchungen der Finanzverwaltung zum 1. Januar 1977 ergeben, daß deren Einheitswerte 1964 zu diesem Stichtag im Durchschnitt nur noch etwa 20 v. H. der Verkehrswerte erfaßten. Nach der jüngsten Statistik sind die Kaufpreise für baureifes Land vom IV. Quartal 1976 bis II. Quartal 1981 um rd. 88 v. H. gestiegen (vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 17, Reihe 5, Kaufwerte für Bauland S. 18). Es ist somit davon auszugehen, daß gegenwärtig die Einheitswerte der unbebauten baureifen Grundstücke im Durchschnitt nur noch etwa ein Zehntel der Verkehrswerte erfassen (beim Industriebauland stiegen die Kaufpreise geringer).“37. Schon zu diesem Zeitpunkt war der Politik bewusst, dass es aufgrund der aufgeschobenen Durchführung einer neuen Hauptfeststellung zu Wertverzerrungen zwischen den festgesetzten Einheitswerten und den tatsächlichen Verkehrswerten gekommen ist.
Zu diesem Zeitpunkt wurden außerdem gerade die Vorarbeiten für eine Neubewertung des Grundbesitzes erledigt. Eine Neubewertung war nach Wortlaut der Begründung zum Gesetzesentwurf jedoch nicht vor dem Jahre 1988 zu erwarten. Daher haben die Fraktionen aus SPD und FDP vorgeschlagen, kurzfristig nur die baureifen Grundstücke neu zu bewerten, weil es ansonsten durch die weiteren Wertsteigerungen der Grundstücke zu einer ansteigenden Bevorteilung dieser Grundstücke käme38.
Der Gesetzesentwurf scheiterte jedoch im Bundestag. Anhand der Begründung zu diesem Gesetzentwurf aus dem Jahre 1982 wird ersichtlich, dass die Politik schon frühzeitig erkannt hat, dass die Aussetzung der Neubewertung der Grundstücke zu einem Auseinanderfallen der Einheitswerte und den Verkehrswerten geführt hat. Diese Wertverzerrung führt in der Folge zu einer Ungleichbehandlung in Form einer Privilegierung von bestimmten Grundstücken. In den Jahren nach diesem Gesetzentwurf wurden auch die Vorarbeiten zu einer Neubewertung der Grundstücke eingestellt. Die Finanzminister der Länder haben beschlossen, dass auf eine Feststellung von Einheitswerten für den Grundbesitz zwar in Zukunft nicht verzichtet werden kann, aber die Steuerverwaltung nicht in der Lage ist, eine erneute Hauptfeststellung aufgrund des enormen Verwaltungsaufwandes durchzuführen39. Die Begründung des Gesetzesentwurfes enthielt schon im Jahr 1982 ähnliche Aussagen, wie das im April 2018 gefällte Urteil des BVerfG.
Im Dezember 1995 wurde eine länderoffene Arbeitsgruppe eingesetzt, die eine neue wertorientierte Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer entwickelte. Diese sollte auf dem Bodenrichtwert und einem pauschalierten Gebäudewert basieren40. Es kam jedoch keine Gesetzesinitiative durch die Länder zu Stande, sodass dieser Vorschlag scheiterte. In den Nachfolgenden Jahren wurden die verschiedensten Modelle zur Reformierung der Grundsteuer vorgestellt, die jedoch bislang alle scheiterten. Im Rahmen der aktuellen Diskussion wurden die bereits in der Vergangenheit entwickelten Reformen wieder aufgegriffen.
Beherrscht wird die politische Diskussion vor allem von der Frage, ob es eine Reform hin zu einem wertabhängigen oder wertunabhängigen Modell zur Ermittlung der Grundsteuer werden soll. Weiterhin wird in allen Debatten betont, dass die Grundsteuer in Summe nicht steigen soll. Dabei wird von der sogenannten Aufkommensneutralität gesprochen, das bedeutet, dass auf das gesamte Bundesgebiet gesehen nicht mehr Grundsteuereinnahmen erzielt werden sollen, weil es nach dem bisherigen Modell der Fall ist.
Dafür sind die Hebesätze der einzelnen Gemeinden anzupassen. Jedoch bedeutet Aufkommensneutralität nicht, dass der einzelne Steuerbürger weiterhin dieselbe Grundsteuerbelastung haben wird wie bisher. Durch die diskutierten Reformmodelle werden Verschiebungen der Grundsteuerbelastung innerhalb der Gemeinden entstehen.
Jede beteiligte Partei möchte dabei etwas anderes erreichen. Nur das Ziel der Erhaltung der Grundsteuer steht für die Beteiligten fest. Die Frage nach der Modellwahl, ob wertbasiert oder wertunabhängig, wird stark durch die Interessen der einzelnen Bundesländer sowie die Entwicklung der Mietpreise in den letzten Jahren beeinflusst. So tendieren Bayern und Hamburg zu einem wertunabhängigen Flächenmodell, aufgrund stark gestiegener die Immobilien- und Mietpreise, die als wesentliche Faktoren eines wertabhängigen Modells gelten. Dies würde dazu führen, dass bei einer Neubewertung der Grundstücke auf die Steuerbürger in Bayern und Hamburg wesentlich höhere Steuerfestsetzungen zukommen werden. Weiterhin müssen im Rahmen der politischen Diskussionen die verfassungswidrigen Aspekte der bisherigen Grundsteuerermittlung im Auge behalten und bei der Entwicklung von neuen Modellen mit einbezogen werden. Im Falle einer erneuten Verfassungswidrigkeit der Ermittlung Grundsteuer droht den Gemeinden die Rückzahlung aller ab 2020 eingenommener Grundsteuerbeträge41. Des Weiteren muss die vom BVerfG gesetzte Frist zur Schaffung einer verfassungsgemäßen Grundsteuerermittlung eingehalten werden, weil ansonsten die Grundsteuer und damit eine wichtige Einnahmequelle für die Gemeinden wegfällt.
[...]
1 Vgl. Kraft Cornelia, Kraft Gerhard (2017) Die Grundsteuer. in Grundlagen der Unternehmensbesteuerung. Springer Gabler, Wiesbaden, S. 305.
2 Vgl. Statistisches Bundesamt (2019). Steuereinnahmen aus der Grundsteuer in Deutschland von 2004 bis 2018 (in Milliarden Euro). Statista. Zugriff am 09. Juni 2019. Verfügbar unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/830404/umfrage/einnahmen-aus-der-grundsteuer/.
3 Vgl. Brandt, Mathias (2018): "Grundsteueranteil konstant bei 15%." Digitales Bild. 10. April, 2018. Zugegriffen am 01. Februar 2020. https://de.statista.com/infografik/13472/grundsteuer-und-uebrige-steuereinnahmen-der-gemeinden/
4 Vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 2018, 1 BvL 11/14, Entscheidungsdatenbank BVerfGE 148, S. 147 - 217, Rn. 13.
5 ebd., Rn. 38.
6 ebd.
7 Vgl. BVerfG, Urteil vom 10.April 2018, 1 BvL 11/14, Entscheidungsdatenbank BVerfGE 148, S. 147 - 217, Rn. 18.
8 BT-Drucksache 10/3690 vom 30. Juli 1985, S.13.
9 Vgl. BT-Drucksache 10/3690 vom 30.Juli 1985, S. 13f.
10 BVerfG, Pressemitteilung Nr. 21/2018 vom 10. April 2018, Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig.
11 Vgl. BVerfG, Urteil vom 10.April 2018, 1 BvL 11/14, Entscheidungsdatenbank BVerfGE 148, S. 147 - 217, Rn. 169.
12 ebd, Rn. 169f.
13 Vgl. Stöckel, Reinhard (2019): Grundsteuerreform – BMF-Entwurf stößt auf Kanzlervorbehalt, in: NWB, Nr. 18 vom 29. April 2019, S. 1279 – 1280.
14 Vgl. BT-Drucksache 19/9538 vom 17. April 2019, S. 2.
15 Vgl. BGBl. I 2019, S. 1794 – 1849, S. 1794.
16 Vgl. Grootens, Mathias (2019): Die Reform der Grundsteuer, in NWB-EV Nr. 7 vom 03.Juli 2019, S. 228 – 239, S. 229.
17 Vgl. Kraft C., Kraft G. (2018) Die Grundsteuer. In: Grundlagen der Unternehmensbesteuerung. Springer Gabler, Wiesbaden, S. 305.
18 Vgl. § 15 Abs. 2 GrStG
19 Vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 2018, 1 BvL 11/14, Entscheidungsdatenbank BVerfGE 148, S. 147 - 217, Rn. 2.
20 Vgl. ebd.
21 Vgl. ebd., Rn. 5.
22 Vgl. ebd., Rn. 13.
23 Vgl. Abschnitt 7 Abs. 2 BewRGr.
24 Vgl. Abschnitt 16 Abs. 1 BewRGr.
25 Vgl. Abschnitt 38 Abs. 1 S. 1 BewRGr
26 Vgl. Abschnitt 35 bis 40 BewRGr
27 Vgl. Mannek, Wilfried (2009) in Gürsching/Stenger, Düsseldorf, Bewertungsrecht, § 177 BewG Rz. 17.
28 Vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 2018, 1 BvL 11/14, Entscheidungsdatenbank BVerfGE 148, S. 147 - 217, Rn. 131.
29 Vgl. ebd., Rn. 103ff.
30 Vgl. ebd., Rn. 106ff.
31 Vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 2018, 1 BvL 11/14, Entscheidungsdatenbank BVerfGE 148, S. 147 - 217, Rn. 106.
32 eigenes Beispiel
33 Vgl. BVerfGE, Urteil vom 10. April 2018, 1 BvL 11/14, Entscheidungsdatenbank BVerfGE 148, S. 147 - 217, Rn. 129ff.
34 Vgl. BVerfGE, Urteil vom 10. April 2018, 1 BvL 11/14, Entscheidungsdatenbank BVerfGE 148, S. 147 - 217, Rn. 109.
35 Vgl. Vgl. BVerfGE, Urteil vom 10. April 2018, 1 BvL 11/14, Entscheidungsdatenbank BVerfGE 148, S. 147 - 217, Rn. 169, 172 und 176.
36 Vgl. Heine, Peter (2019): Reform der Grundsteuer, in KStZ, 68. Jg. Heft 4 aus April 2019, S. 62.
37 BT-Drucksache 9/1648 vom 13.05.1982, S. 5.
38 Vgl. BT-Drucksache 9/1648 vom 13.05.1982, S. 5.
39 Vgl. BT-Drucksache 10/3690 vom 30.Juli 1985, S. 13f.
40 Vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 2018, 1 BvL 11/14, Entscheidungsdatenbank BVerfGE 148, S. 147 - 217, Rn. 20.
41 Vgl. Ramthun, Christian (2019), WAM, WUM, bumm? in WirtschaftsWoche Nr. 011 vom 08. März 2019, S. 34.
- Citar trabajo
- Maximilian Schmitz-Klüner (Autor), 2020, Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer und Betrachtung der Reformvorschläge, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/542441
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