Künstliche Intelligenz wird im kommenden Jahrzehnt zu einem massiven Wandel innerhalb wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Strukturen führen. Ihr Potenzial soll sogar größer als das der Erfindung der Dampfmaschine sein. Für Führungskräfte ist es deshalb von erheblicher Bedeutung, den Einfluss einer KI auf ihr eigenes Unternehmen einzuschätzen.
Welche Auswirkungen bringen der Einsatz sowie die Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz mit sich? Inwiefern können Firmen sich unter einem ethischen Aspekt frühzeitig und erfolgreich gegen den disruptiven Wandel konditionieren? Timo Grünzinger gibt einen grundlegenden Überblick über die Auswirkungsformen von KI auf den Arbeitsmarkt und Unternehmenskulturen.
Dazu setzt er sich mit den fünf Kernfaktoren in der Einschätzung von disruptiven Technologien auseinander: Auswirkungen auf Unternehmen, Mensch-Maschine-Beziehung, Human-Resource-Prozesse, Implikationen auf den Arbeitsmarkt und ethische Betrachtung. Seine Publikation bietet neben hilfreichem Hintergrundwissen auch praktische Handlungsempfehlungen für Unternehmen.
Aus dem Inhalt:
- Artificial Intelligence;
- AI;
- Management;
- Innovation;
- Digitalisierung
Inhaltsverzeichnis
Danksagung
Abstract
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Struktureller Aufbau der Arbeit
2 Literarische Grundlagen von Künstlicher Intelligenz und dessen zunehmende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Unternehmenskultur
2.1 Definition von Kernbegrifflichkeiten
2.2 Mensch-Maschine-Beziehung
2.3 Human-Resource-Prozesse
2.4 Implikationen auf den Arbeitsmarkt
3 Qualitativ empirische Analyse auf Grundlage von leitfadengestützten Experteninterviews
3.1 Beschreibung und Begründung der Forschungsmethodik: Das semi-strukturierte Experteninterview
3.2 Auswertung des Kategoriensystems
4 Diskussion der Forschungsergebnisse
4.1 Interpretation der Forschungsresultate und Abgleich mit der Literaturanalyse
4.2 Klärung der übergeordneten Forschungsfrage
4.3 Analyse der Haupterkenntnisse unter utilitaristischer Betrachtung
4.4 Handlungsempfehlungen für Unternehmen
5 Fazit und Ausblick
6 Literaturverzeichnis
7 Anhang
7.1 Semi-Strukturierter Fragebogen
7.2 Tabellarisches Kategoriensystem
7.3 Transkribiertes Experteninterview 1
7.4 Transkribiertes Experteninterview 2
7.5 Transkribiertes Experteninterview 3
7.6 Transkribiertes Experteninterview 4
7.7 Transkribiertes Experteninterview 5
7.8 Transkribiertes Experteninterview 6
7.9 Transkribiertes Experteninterview 7
7.10 Transkribiertes Experteninterview 8
Danksagung
An erster Stelle möchte ich meinem Studiengangsleiter und Betreuer Prof. Dr. Hans-Rüdiger Kaufmann danken, welcher mich nicht nur richtungsweisend und mit viel Engagement während meiner Bachelorarbeit begleitete, sondern mir ebenfalls während meines gesamten Studiums mit Rat und Tat bei Seite stand.
Des Weiteren gilt ein besonderer Dank allen Teilnehmern meiner Experteninterviews, ohne die diese Arbeit nicht hätte entstehen können. Mein Dank gilt ihrer Informationsbereitschaft und ihren interessanten Beiträgen und Antworten auf meine Fragestellungen.
Ein herzliches „Dankeschön!“ geht auch an meine Freunde Melina Bluhm und Daniel Zotov, für ihre Zeit und Mühe als Korrekturleser und die konstruktive Kritik.
Abschließend möchte ich mich bei meinen Eltern bedanken, die mir mein Studium durch ihre Unterstützung ermöglicht haben und stets ein offenes Ohr für meine Sorgen hatten.
Abstract
Nach Aussage führender Ökonomen und Politiker wird Künstliche Intelligenz (KI) im kommenden Jahrzehnt zu einem massiven Wandel innerhalb wirtschaftlicher, sowie gesellschaftlicher Strukturen führen. Dieser aufstrebenden intelligenten Technologie wird bereits ein größeres Potential als der Erfindung der Dampfmaschine prognostiziert (vgl. Bughin et al., 2018, S. 2 f.). Daraus abgeleitet ist es für Führungskräfte von erheblicher Bedeutung, zu erfahren, ob und in welchem Umfang eine KI auf ihr Unternehmen Einfluss nehmen wird.
Die vorliegende Arbeit gibt daher einen grundlegenden Überblick über die Auswirkungsformen von KI auf den Arbeitsmarkt und Unternehmenskulturen und geht anschließend darauf ein, inwiefern Firmen sich unter einem ethischen Aspekt frühzeitig und erfolgreich gegen den disruptiven Wandel konditionieren können. Hierzu wurden fünf als erheblich betrachtete Kernfaktoren – Auswirkungen auf Unternehmen, Mensch-Maschine-Beziehung, Human-Resource-Prozesse, Implikationen auf den Arbeitsmarkt und ethische Betrachtung – aus der Literatur abstrahiert. Im Hinblick des sehr jungen Forschungsgebietes wurden zudem acht Experten befragt und mit Hilfe der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring zielgerichtet ausgewertet und mit dem Literaturstand abgeglichen.
Die Arbeit kommt so zu dem Ergebnis, dass KI eine erhebliche Veränderung von alltäglichen Arbeitsweisen, sowie Mitarbeiterkompetenzanforderungen verursacht und in diesem Sinne ein zunehmendes Substitutionsgut menschlicher Arbeitskraft darstellt. Eine Anpassung von Unternehmenskulturen ist somit für die Sicherung einer harmonischen Implementierung von KI unausweichlich. Durch die Neuartigkeit des Themengebietes, sowie den immer schneller werdenden technologischen Wandel sind die Ergebnisse dieser Arbeit nur in einem aktuellen Zeitbezug als valide zu betrachten. Daraus folgt, dass die abschließend genannten Handlungsempfehlungen an ein Unternehmensmanagement eine weitere akademische Langzeitverifizierung, wie beispielshaft eine Längsschnittstudie, benötigen.
Schlüsselwörter:Künstliche Intelligenz, Arbeitsmarkt, Wertewandel, Management, Unternehmenskultur, Innovation, Arbeitsweisen, Technologischer Wandel, Digitalisierung.
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
B Befragter (Experte)
E Experteninterview
HR Human Resources
I Interviewer
IT Informationstechnik
K Kategorie
KI Künstliche Intelligenz
PwC PricewaterhouseCoopers
§ Absatz (des Experteninterviews)
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Modell der Unternehmenskultur nach Schein 5
Abbildung 2: Wie Manager ihre Zeit verbringen 9
Abbildung 3: Zuordnung der Leitfragensegmentierung mit untergeordneten Forschungsfragen & Kategoriensystem 16
Abbildung 4: Faktoren einer harmonischen Integrierung von Künstlicher Intelligenz im eigenen Unternehmen 21
Abbildung 5: Kernanforderungen an zukünftige Arbeitnehmer ausgelöst durch technologischen Wandel 25
Abbildung 6: Politische Maßnahmen zur Gewährleistung eines ethischen Einsatzes von Künstlicher Intelligenz 30
1 Einleitung
Der deutsche Wirtschaftsminister, Peter Altmaier, bezeichnete die Entwicklung von KI als „Schlüsselfrage für Deutschland und Europa“ (Altmaier, 2018, S. 1). Diese neuartige Technologie sei „keine Innovation wie viele andere“ (Altmaier, 2018, S.1). Sie stelle eine zukünftige technische Notwendigkeit dar, die schon in wenigen Jahren alle Wirtschafts- und Lebensbereiche durchdrungen haben werde (vgl. Altmaier, 2018, S. 1). Demnach soll Deutschland nach dem Willen der Bundesregierung weltweit führend in der Entwicklung dieser intelligenten Technologie werden. Das Bundeskabinett verabschiedete daher Mitte des Jahres 2018 Eckpunkte für eine nationale KI-Strategie. Das übergeordnete Ziel ist es, das Land zum führenden KI-Standort auf der ganzen Welt zu machen (vgl. Armbruster, 2018, S. 1).Doch da diese Thematik auch mit einer starken ökonomischen Automatisierung und somit der Angst der Bevölkerung um den Entfall von Arbeitsplätzen verbunden ist, ergänzte der Bundesminister für Arbeit und Soziales:
„Künstliche Intelligenz wird die Arbeitswelt und somit auch die Gesellschaft verändern. Mir ist wichtig, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Prozess Schritt halten können und den Wandel auch als Chance begreifen“ (Heil, 2018, S.1).
1.1 Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit
Zugeschnitten auf diese beschriebene gesellschaftliche Wissenslücke gibt die vorliegende Bachelorarbeit Einblicke auf die Konsequenzen der zunehmenden Evolution und unternehmerischen Implementation von KI auf den Arbeitsmarkt und Unternehmenskulturen, um im Anschluss Handlungsempfehlungen zu deduzieren, welche aufzeigen, wie sich solche Organisationen frühzeitig auf den disruptiven Wandel konditionieren können.
Abgeleitet lautet die übergeordnete Forschungsfrage wie folgt:
Welche Auswirkungen beinhaltet der Einsatz und die Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen auf den Arbeitsmarkt und die Unternehmenskultur?
Als Lösungsansatz werden basierend auf der Auswertung der bestehenden Literatur und der durchgeführten Forschungsmethodik Antworten auf nachfolgende untergeordnete Forschungsfragen generiert, welche zielführend in der Beantwortung der Kern-Forschungsfrage münden:
- Inwiefern ist eine Steigerung der Einflussnahme von KI auf Unternehmen zu erwarten?
- In welcher Art und Weise wird KI Mitarbeiter in ihren Arbeitsweisen beeinflussen?
- Inwieweit können sich Firmen gegenüber dem Wandel von KI konditionieren?
- Wie wirkt sich KI auf Human-Resource-Prozesse aus?
- Werden durch KI neue Kompetenzanforderungen an Nachwuchsarbeitskräfte generiert?
- Lassen sich Fokusindustrien identifizieren, welche stärker von dem Wandel und einer Arbeitsverknappung durch KI betroffen sind?
- Lassen sich bestehende Mitarbeiter auf neue Anforderungen von KIs umschulen?
- Ist es unter einer ethischen Betrachtungsweise sinnvoll KI weiterzuentwickeln und zu implementieren?
Die Antworten der Forschungsfragen werden darauffolgend unter dem ethischen Modell des Utilitarismus diskutiert, welches im Kern das Ziel besitzt, das größtmögliche Glück für die größtmögliche Anzahl von Personen zu fördern und so das Leid der Allgemeinheit zu minimieren (vgl. Müller, 2003, S. 167-191). Final werden basierend auf diesen ethischen Rahmenbedingungen Handlungsempfehlungen für Unternehmen herausgearbeitet. Diese Bachelorarbeit dient daher als erste Informationsquelle für leitende Angestellte von Firmen, um sie darüber zu informieren, wie KI sich in Zukunft auf ihr Arbeitsumfeld auswirken wird, und um ihnen geeignete Konditionierungsmaßnahmen gegenüber diesem Wandel aufzuzeigen.
1.2 Struktureller Aufbau der Arbeit
Zu Beginn dieser Bachelorarbeit steht der Fokus der Literaturanalyse auf der Definition der Terminologie von Kernbegrifflichkeiten, um dem Leser vorweg ein Grundverständnis des Forschungsgebietes zu vermitteln. Daran anschließend erfolgt eine Beschreibung von repräsentativen Studien und Fachliteratur, um aufzuzeigen, welchen Einfluss KI auf heutige geschäftliche Arbeitsweisen, HR Prozesse und somit ebenfalls auf die Unternehmenskultur, sowie den Arbeitsmarkt nimmt und welcher weitere Entwicklungsverlauf prognostiziert wird.
Darauf aufbauend beginnt der explorativ qualitative Forschungsabschnitt der wissenschaftlichen Arbeit. Anfänglich wird hierbei die primäre Forschungsmethodik – das leitfadengestützte Experteninterview – und dessen Auswertungsmethode – die Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring – beschrieben und begründet. Im zweiten Abschnitt der Forschung werden die Antworten von den insgesamt acht Experten verschiedener Unternehmensbereiche, Hierarchiepositionen und der Wissenschaft ausgewertet, welche durch einen semi-strukturierten Fragebogen zu den Auswirkungen des zunehmenden Einsatzes von KI, ebenfalls unter den Aspekten der vorangegangenen aufgezählten Forschungsfragen, auf den Arbeitsmarkt und die Unternehmenskultur befragt wurden.
Anschließend an die Forschung findet eine kritische Betrachtung der empirischen Ergebnisse statt. Hierbei werden die Resultate der Literaturanalyse und der Auswertung der Experteninterviews abgeglichen und zur zielgerichteten Beantwortung der Forschungsfragen eingesetzt. Ebenso beinhaltet die Diskussion eine prüfende Analyse der erarbeiteten akademischen Haupterkenntnisse unter der Reflexion der utilitaristischen Ethik, um im Anschluss Handlungsempfehlungen für ein Unternehmensmanagement auszusprechen.
Finalisierend erfolgt ein Resümee und ein Ausblick, womit die Inhalte und Schlussfolgerungen dieser Bachelorarbeit und damit die Antwort der übergeordneten Forschungsfrage zusammengefasst beschrieben, sowie bestehende wissenschaftliche Limitationen und weiterer Forschungsbedarf genannt werden.
2 Literarische Grundlagen von Künstlicher Intelligenz und dessen zunehmende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Unternehmenskultur
Beginnend mit der Literaturanalyse werden zunächst die wichtigsten Nomenklaturen definiert und beschrieben, um den Leser ein allgemeines Grundverständnis der behandelnden Thematik zu vermitteln:
2.1 Definition von Kernbegrifflichkeiten
Künstliche Intelligenz
Der Begriff Künstliche Intelligenz, abgekürzt KI bezieht sich auf jedes System oder technische Gerät, welches eine Kombination von maschinellem Lernen, Robotik und/oder Datenanalyse verwendet und somit mit weniger Ressourcen ein gewinnbringenderes Ergebnis im Vergleich zum Altsystem erreicht. KI ermöglicht es Unternehmen, ihre Prozesse so zu optimieren, dass bestimmte menschliche Limitationen überwunden werden können. Intelligente Automatisierung kann Maschinen zukünftig dazu befähigen, Menschen in den meisten ökonomisch relevanten Disziplinen bei weitem zu überbieten (vgl. Byrum, 2018, S. 29).
Zu beachten ist in diesem Kontext, dass das Wort „Intelligenz“ im Vordergrund der verschiedenen Definitionen von KI steht. So beschrieb beispielsweise John McCarthy, einer der ersten Pioniere auf diesem Gebiet, bereits 1995 das Ziel von KI als den Versuch, Maschinen zu entwickeln, welche unser Verhalten und unsere Intelligenz nachahmen können (vgl. Ertel, 2009, S. 1). Eine weitere zeitlose Definition gibt beispielsweise Elaine Rich und fasst den Kern dieser intelligenten Technologie folgendermaßen zusammen: „Artificial Intelligence is the study of how to make computers do things at which, at the moment, people are better“ (Rich, 1983 zitiert nach Ertel, 2009, S. 2). Es handelt sich somit um den zielgerichteten Versuch, Maschinen (Computer) als Substitutionsgut menschlicher Arbeit zu entwickeln.
Unternehmenskultur
In der Literatur finden sich zahlreiche Erklärungsansätze rund um das Forschungsgebiet der Unternehmenskultur, sodass eine einheitliche Definition schwierig ist. Eine Auflistung diverser Begriffsbestimmungen gibt beispielsweise Sonja Sackmann (vgl. Sackmann, 2006, S. 3 ff.). Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit orientiert sich nun primär an dem Modell von Unternehmenskultur-Vorreiter Edgar Schein, da dieses in der aktuellen Literatur und Wissenschaft einen starken Einfluss entwickelte (vgl. Bauschke, Hofman, Homma, 2014, S. 4). Schein definiert die Unternehmenskultur als ein „Muster von Annahmen“ (Schein, 1985, S. 9), welche einer Gruppe oder Organisation dazu dienen sollte, sich erfolgreich an eine sich wandelnde Umwelt anzupassen – externe Adaption – sowie die Sicherung des internen Zusammenhalts – interne Integration – zu gewährleisten (vgl. Schein, 1985, S. 9; Bauschke, Hofman, Homma, 2014, S. 4).
Dabei teilt Schein diese Annahmen in drei Ebenen auf: „Grundannahmen“, „Werte und Normen“, sowie „Artefakte“ (vgl. Franzke, Wien, 2014, S. 12 & 29 ff.) (Abbildung1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Modell der Unternehmenskultur nach Schein
Quelle: Schein, 1984, S. 4.
Erstere bilden das Fundament der Unternehmenskultur und beinhalten grundlegende Orientierungs- und Verhaltensmuster. Sie können daher auch als Weltanschauung bezeichnet werden. In der zweiten Ebene manifestiert sich diese Weltanschauung in konkreten Verhaltensstandards und umfasst beispielsweise Gebote, Verbote und Verhaltensrichtlinien. Hierbei entsteht eine Art Mitarbeiterkodex mit Gesetzen und Regeln, die darüber entscheiden, welches Verhalten richtig oder falsch ist (vgl. Hofman, Homma, 2014, S. 7). Artefakte stellen die oberste Ebene dieses Modells dar und meinen das sichtbare Verhalten der Mitglieder einer Unternehmenskultur, welches sich aus den Normen und Werten der zweiten Ebene ergibt. Sie können dabei in Symbole (z.B. Firmenlogos), Gebäude (z.B. Unternehmensarchitektur), Sprache (z.B. Akronyme), Geschichten (z.B. Erfolgsgeschichten), Rituale (z.B. Dresscodes) und Zeremonien (z.B. Mitarbeiterehrungen) unterteilt werden (vgl. Trice, Beyer, 1993 zitiert nach Hofman, Homma, 2014, S. 7).
Arbeitsmarkt
Die Literatur der Volkswirtschaft definiert den Arbeitsmarkt weitläufig als das „Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage der privaten Haushalte, Unternehmen und des Staates“ (vgl. Wohltmann, 2018, S. 1). Im Kontext einer ethischen Betrachtungsweise des Phänomens KI fokussiert sich die vorliegende Arbeit dabei insbesondere auf die Perspektive der privaten Haushalte. Unter diesem Aspekt umfasst die Forschungsfrage – „Welche Auswirkungen beinhaltet der Einsatz und die Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen auf den Arbeitsmarkt?“ – die sich daraus ergebenden Konsequenzen für private Haushalte, verursacht durch eine Veränderung der Arbeitsnachfrage seitens der Unternehmen, welche KI zunehmend einsetzen.
Utilitarismus
Im Utilitarismus handelt es sich um eine normative Ethik, dessen primäre Frage lautet, welche moralischen Regeln erstrebenswert sind und wie diese rational begründet werden können. Das Ziel ist es, ein Kriterium zu erschaffen, an dem man die moralische Richtigkeit von Handlungen messen kann. Im Laufe der Zeit evolvierte eine große Varietät von Strömungen des Utilitarismus (vgl. Höffe, 2008, S.10). Nachfolgend widmet sich diese Arbeit den Ausprägungen mit der höchsten Popularität:
Jeremy Bentham (1748-1832), welcher einen der substanziellsten Beiträge zur utilitaristischen Ethik verfasste, ging davon aus, dass sich der eigentliche Antrieb eines Menschen in seinem Streben nach Glück widerspiegelt. Somit gilt die Realisierung menschlicher Bedürfnisse als höchstes zu besitzendes Gut. Für Bentham ergab sich daraus das Prinzip der Nützlichkeit, auch genannt: „Das größte Glück der größten Zahl“ (vgl. Bentham, 2013, S. 14-15). Nach dieser Modularität gilt jede Handlung als moralisch richtig, welche die Tendenz aufweist, das Glück mehrheitlich derjenigen Menschen, deren Interessen davon betroffen sind, zu vervielfältigen, beziehungsweise das Unglück dieser zu mindern (vgl. Bentham, 2013, S. 56). Nicht das Motiv einer Handlung, sondern lediglich ihre Konsequenzen sind schlussendlich von Bedeutung – auch Handlungsutilitarismus genannt – (vgl. Bentham, 2013, S. 10). Diese von Bentham angeführten Grundgedanken wurden anschließend von John Stuart Mill (1806-1873) mit seinem Werk „Utilitarianism“ mit eigenen Thesen erweitert und vervollständigt. So ergänzte Mill vor allem das von Bentham angeführte Beurteilungskriterium einer Freude (hauptsächlich Quantität) um den Zusatz der Qualität (vgl. Mill, 2006, S. 26). Während sein Vorgänger die vom Menschen empfundene Richtigkeit einer Freude für deren Glücksempfinden als nicht relevant betrachtete – „Quantity of pleasure being equal, pushpin is as good as poetry“ (Mill, 2006, S. 203) –, behauptete Mill, dass Menschen sehr wohl in der Lage seien, die Qualität einer Freude bei deren Konsum zu berücksichtigen (vgl. Mill, 2006, S. 26-28). So kam das berühmte Zitat zustande: „Es ist besser ein unzufriedener Mensch zu sein, als ein zufriedenes Schwein“ (Mill, 2006, S. 27). Dieser Mill entsprungene neue Gedanke der utilitaristischen Ethik wurde im Laufe der Geschichte als Regelutilitarismus bekannt, da hierbei nicht das Ergebnis einer Handlung über die moralische Richtigkeit entscheidet, sondern die Handlung als solche.
Nachdem nun die Grundbegriffe KI, Unternehmenskultur, Arbeitsmarkt und Utilitarismus definiert worden sind, wird im Nachfolgenden zielgerichtet die übergeordnete Forschungsfrage untersucht, inwieweit sich das Fortschreiten von KI in einem wirtschaftlichen Umfeld auf die Unternehmenskultur und den Arbeitsmarkt auswirkt.
Vorab ist jedoch zu erwähnen, dass durch den jungen Charakter des Forschungsgebiets die derzeitige Wissenschaft wenig umfassende Erkenntnisse über die Beantwortung der Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit liefert. Vielmehr wird daher in diesem Kapitel ein Überblick über den aktuellen Stand zu den aus der Literatur deduzierten Teilgebieten „Mensch-Maschine-Beziehung“, „Human-Resource-Prozesse“ und „Implikationen auf den Arbeitsmarkt“ im Kontext von KI gegeben. Als Quellenbasis dienen hierfür primär wissenschaftliche Fachjournals, Studien von Unternehmen, als auch Universitäten, sowie Interviews mit leitenden Managern und Geschäftsführern.
2.2 Mensch-Maschine-Beziehung
Arbeitsweisen im Wandel
In einem Fachartikel namens „Mögliche Auswirkungen einer entwickelten KI auf Arbeits- und Lebenswelt“ von Görz et al. wird diskutiert, inwieweit sich Arbeitsweisen in den folgenden Jahren wandeln werden. Dabei unterscheiden die Autoren zwischen drei hypothetischen Zukunftsszenarien von KI, in denen der technologische Stand unterschiedlich weit fortgeschritten ist (vgl. Görz et al., 1992, S. 2).
Im ersten Stadium sind Maschinen in der Lage, intellektuelle Routinetätigkeiten, wie Rechnen und Sortieren zu vollführen und als Expertensysteme „Wissen“ zu speichern und zu vervielfältigen. Görz et al. sprechen in diesem Kontext von einer „Neubewertung der Ressource Wissen“ (Görz et al., 1992, S. 4), da maschinell erzeugte Fachkenntnisse günstiger sind und somit den Wert von (Berufs-)Qualifikationen sinken lassen. In diesem Stadium ist es annehmbar, dass KI die Experten unterstützt, indem sie beispielsweise breit aufgestelltes Personal mit Spezialwissen anreichert, sowie das Kommunikationsproblem zwischen mehreren Spezialgebieten und -experten auflöst. In ferner Zukunft ist es somit denkbar, dass die Rolle eines Spezialisten, wie eines Ingenieurs, weniger darin bestehen wird, ein Fachmann mit tiefgreifendem Fachwissen zu sein (vgl. Görz et al., 1992, S. 4-5).
In der zweiten Entwicklungsphase einer KI kann diese Wissen selbstständig verknüpfen und repräsentieren. Ebenso kann sie Fehler selbst erkennen, sowie eigene Reparaturen durchführen (vgl. Görz et al., 1992, S. 4). Die Problematik, welche hierbei auftritt, ist die Frage nach Verantwortung und Abhängigkeit von Menschen gegenüber KI. Wenn Maschinen sich beispielsweise selbst reparieren können, wer trägt dann die Verantwortung für eine fehlerhafte Reparatur? Ebenso wenn die Arbeitsweisen von KI immer intransparenter werden, in welche Abhängigkeit und Unwissenheit wird die Menschheit geraten (vgl. Görz et al., 1992, S. 6-7)? In diesem Zusammenhang betonen Görz et al.: „Die komplexen Interaktionen der maschinellen Prozesse, die auf die eigene Programmstruktur Einfluss nehmen können, erscheinen ebenso wenig abschätzbar wie der Verlauf evolutionärer Prozesse“ (Görz et al., 1992, S. 7).
In der dritten und somit letzten Evolutionsstufe einer KI wird ein Level erreicht, in dem sie sich selbstständig weiterentwickelt und intelligent auf ihre Umwelt reagieren kann. Maschinen sind hierbei in der Lage, menschliche Eigenschaften wie Kreativität, Spontanität und Zielstrebigkeit nachzubilden und können deshalb als „Künstliches Leben“ bezeichnet werden (vgl. Görz et al., 1992, S. 2). Bei diesem Szenario ist es denkbar, dass ganze Branchen, wie beispielsweise die Güterproduktion, gänzlich automatisiert werden, sodass keine menschlichen Arbeitskräfte in dieser Industrie mehr im Einsatz sind. Da sämtliche physische Interaktionen von KI übernommen werden, könnte sich menschliche Arbeit in Zukunft rein auf Entscheidungs- und Verantwortungsprozesse beschränken (vgl. Görz et al., 1992, S. 6).
Management im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz
Eine weitere Publikation, welche sich mit wandelnden Arbeitsweisen beschäftigt, ist der Harvard Business Review von Amico, Kolbjørnsrud und Thomas. Die Autoren diskutieren auf Grundlage einer Expertenumfrage, die 1.770 Manager aus 14 Ländern involvierte, inwieweit die zunehmende wirtschaftliche Implementation von KI die Arbeitsweisen von Managern verändern werde.
Die folgende Abbildung 2 aus der Publikation zeigt auf, welchen Tätigkeiten Manager heutzutage prozentual am meisten Zeit widmen. Darin ist erkennbar, dass administrative Tätigkeiten zum aktuellen Geschehen den größten Anteil ihrer Kapazitäten in Anspruch nehmen (54 Prozent), während kreative und zwischenmenschliche Aufgaben, wie Strategie und Innovation oder auch Stakeholder-Management nur 10 Prozent oder 7 Prozent einnehmen (vgl. Amico, Kolbjørnsrud, Thomas, 2016, S. 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Wie Manager ihre Zeit verbringen
Quelle: Amico, Kolbjørnsrud, Thomas, 2016, S. 4.
Dieser Umstand befindet sich jedoch in einem aktuellen Wandelprozess. Die befragten Manager sind der Auffassung, KI würde am meisten Einfluss auf administrative Tätigkeiten nehmen. Dies bestätigen ebenso Amico, Kolbjørnsrud und Thomas, sodass KI diesen Verantwortungsbereich zunehmend automatisiert und daraus resultierend Entscheidungsträgern in Unternehmern zeitlichen Freiraum generiert, sodass diese ihren Fokus auf kreativere Aufgabenbereiche verlagern können (vgl. Amico, Kolbjørnsrud, Thomas, 2016, S. 3).
Im Zuge dieser Automatisierung sehen die Befragten ebenso einen Wandel ihrer eigenen Kompetenzanforderungen. Insbesondere bewertungsorientierte Befähigungen, wie kreatives Denken und Experimentieren, Datenanalyse und ‑interpretation, sowie Strategieentwicklung identifizieren die Befragten als drei der vier wichtigsten neuen Kernfähigkeiten, welche für den unternehmerischen Erfolg in der Zukunft erforderlich sind (vgl. Amico, Kolbjørnsrud, Thomas, 2016, S. 4). Ähnliches prognostiziert auch das Unternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC): Fachkräfte, welche routinemäßige, methodische Aufgaben erledigen, besitzen demnach eine höhere Chance von einer Maschine ersetzt zu werden, wohingegen Mitarbeiter, die sich komplexeren und nicht einfach substituierbaren Tätigkeitsfeldern zuwenden, eine zunehmende Relevanz erhalten. Insbesondere menschliche Kompetenzen, wie Kreativität, Innovationsleistung, Vorstellungskraft und Gestaltungskompetenz sollen bei zukünftigen Arbeitgebern zunehmend gefragt sein (vgl. Bothun, Lieberman, Rao, 2017, S. 2-4).
Weiterhin treffen 78 Prozent der befragten Manager die Aussage, dass sie bei zukünftigen Geschäftsentscheidungen auf den Rat intelligenter Systeme vertrauen werden. Amico, Kolbjørnsrud und Thomas empfehlen in diesem Zusammenhang, KI als „Arbeitskollegen“ zu behandeln, da jene technologische Unterstützung ein wichtiger und immer verfügbarer Ratgeber sein wird (vgl. Amico, Kolbjørnsrud, Thomas, 2016, S.4).
Darüber hinaus werden zusätzlich soziale Fähigkeiten in Zukunft einen entscheidenderen Einfluss besitzen. Laut Meinung von Amico, Kolbjørnsrud und Thomas unterschätzen die befragten Unternehmensverantwortlichen „Deep Social Skills“, die für das Networking, das Coaching und die unternehmensweite Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung sind und Managern dabei helfen, sich von den Leistungen einer KI abzugrenzen (vgl. Amico, Kolbjørnsrud, Thomas, 2016, S.5).
2.3 Human-Resource-Prozesse
Nachdem die neuen Beziehungsmuster und die sich daraus resultierenden Anforderungen zwischen Mensch und einer Künstlichen Intelligenz (Maschine) dargestellt wurden, erfolgt nun im Folgenden anhand des konkreten Beispiels der Unternehmenskultur prägenden Unternehmenseinheit Human Resources (HR) eine akzentuierte Analyse, inwieweit KI gezielt die Arbeitsweisen und den Arbeitsmarkt einer Personalabteilung beeinflussen wird.
Status Quo
Laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC setzen derzeit 40 Prozent der HR Ressorts internationaler Unternehmen bereits KI ein. Dieser Anteilwert wird nach der Studie weiterhin zunehmen, sodass innerhalb der jetzigen Jahresdekade weltweit 50 Prozent aller Unternehmen in Data Analytics investieren, um zukünftig passende Arbeitskräfte für unbesetzte Stellen zu identifizieren und zu entwickeln (vgl. Staley, 2017, S. 2-4).
Eine weitere Studie des Beratungsunternehmens Korn Ferry, bei welcher weltweit 770 „Talent Acquisition Professionals“ befragt wurden, unterstreicht den digitalen Wandel im Personalmanagement. Laut Ergebnis gaben 63 Prozent der Befragten an, dass KI die Art und Weise der Personalrekrutierung in ihrem Unternehmen grundlegend verändert hat und 69 Prozent behaupten, dass KI die Qualität der Jobkandidaten verbessert. Fast die Hälfte (48 Prozent) behauptet weiterhin, dass Big-Data in Kombination mit KI ihren Berufsstand erleichtern würde. Darunter sagten 40 Prozent der Befragten aus, dass KI die optimalste Methode sei, neue Business-Insights zu generieren, und 27 Prozent, dass der Einsatz von KI eine zeitliche Ersparnis erzeugt (vgl. Gugler, van Hoogenvest, Weyhe, 2018, S. 1).
Die Zukunft von Human Resources
Bezüglich der Frage, inwieweit KI das Personalmanagement in Zukunft in Gänze ersetzen wird, herrschen laut der genannten Studien verschiedene Meinungen. So gaben 85 Prozent der befragten Personaler an, dass sie die Auswirkungen von KI auf ihren Job nicht fürchten und 89 Prozent, dass intelligente Technologie ihren ausgeübten Beruf nicht ersetzen wird (vgl. Gugler, van Hoogenvest, Weyhe, 2018, S. 1).
Die Kehrseite jedoch besagt, dass 39 Prozent der Befragten aus der PwC Studie die Auswirkungen von KI auf ihre zukünftig gebrauchten beruflichen Fähigkeiten („future skill needs“) als massiv und disruptierend bezeichnen und daher 63 Prozent ihre persönliche Rolle im Personalmanagement bereits überdenken. So behauptet PwC: „As more individual tasks become automatable, jobs are being redefined and re-categorised. It’s clear that automation will result in a massive reclassification and rebalancing of work. Some sectors and roles, even entire sections of the workforce, will lose out - others will be created” (Charlier, Kloppenburg, 2017, S. 4).
Die zentrale Frage scheint zu sein, welches technische Niveau KI in Zukunft anstrebt und welche Grenzen, sowie Mehrwerte diese schlussendlich innerhalb von HR Abteilungen erreichen kann. Einen Überblick über die potentiellen Vorteile von KI zeigt die konzeptionelle Studie von Geetha et al. des Vellore Institute of Technology. Als Kernnutzen von Künstlicher Intelligenz heben die Autoren hauptsächlich die Ersparnis von Zeit und Kosten, als auch eine höhere Qualitätssicherung bei der Auswahl von Jobkandidaten hervor. Konkret kann intelligente Technologie beispielsweise Bio-Daten erfassen, eine Vereinheitlichung von Bewerber-Profilen vornehmen, sowie die „Skill-Sets“ von Anwerbern effizient ermitteln und abgleichen. Im Zuge dessen fürchten Recruiter mit KI in einem direkten Wettbewerb zu stehen. Die Autoren betonen jedoch, dass es sich schlussendlich um Software handelt, welche die Arbeit der Personaler im Kern lediglich vereinfachen soll und somit eine unterstützende Funktionalität einnimmt (vgl. Geetha et al., 2018, S.69‑70).
2.4 Implikationen auf den Arbeitsmarkt
Bisher stellte die Literaturanalyse zusammenfassend dar, dass die Gefahr einer Automatisierung durch KI von routinemäßigen und administrativen Arbeitsprozessen am höchsten ist. Erwerbstätige der Zukunft werden sich somit verstärkt kreativeren, sowie sozial kommunikativeren Tätigkeiten zuwenden müssen. Die Einschränkung der Literatur besteht zum aktuellen Zeitpunkt darin, dass bisher nur Berufszweige mit hohen Qualifikationsvoraussetzungen in Kombinationen mit einem gewissen Einflusspotential auf die Unternehmenskultur (Manager, Personaler usw.) betrachtet wurden. Die Fragestellung, die sich nun ergibt, lautet daher: Welche grundlegenden Implikationen auf den globalen Gesamtarbeitsmarkt lassen sich identifizieren ohne Beschränkung auf bestimmte Arbeitsgebiete?
Der globale Arbeitsmarkt im Wandel von Künstlicher Intelligenz
Viele Ökonomen sind sich einig, das KI einen schwerwiegenden Einfluss auf das Gefüge des internationalen Arbeitsmarkts ausüben wird. Die mit am häufigsten zitiertesten Experten Roubini und Stiglitz gaben in ihren Artikeln, sowie in Diskussionsrunden auf dem vergangenen World Economic Forum im Jahr 2015 einen Ausblick auf die von KI verursachten Veränderungen auf den globalen Arbeitsmarkt (vgl. Roubini, 2014; Stiglitz, 2014). Diese treffen die Aussagen, dass KI zu einer steigenden Arbeitslosenquote in der Wirtschaft führen wird, welche schlussendlich auf der Effizienzsteigerung und Innovationskraft von KI begründet ist (vgl. Roubini, 2014; Stiglitz, 2014 zitiert nach Dirican, 2015, S. 565).
Doch nicht nur die Verbreitung der Erwerbslosigkeit, sondern auch andere volkswirtschaftliche Faktoren, wie die Kaufkraftparität, das Bruttoinlandsprodukt und die Inflation sollen sich in den kommenden Jahren basierend auf den Entwicklungen von KI erheblich verändern (vgl. Dirican, 2015, S. 570).
Ökonomen wie Cowen, Brynjolfsson und McAfee prognostizieren weiterhin, dass diese Tendenzen die Einkommensschere innerhalb der Bevölkerung verstärkt öffnen werden, sowie zu Lohnsenkungen und massiv erhöhter Arbeitslosigkeit führen (vgl. Cowen, 2013; Brynjolfsson, McAfee, 2014 zitiert nach Mannino et al., 2015, S. 5). Noch verschärfter führte eine Studie aus dem Jahr 2013 zu dem Ergebnis, dass fast die Hälfte (47 Prozent) aller Jobs in den USA in den kommenden zehn bis zwanzig Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine Maschine automatisierbar sein werden (vgl. Frey, Osborne, 2013 zitiert nach Mannino et al., 2015, S. 5).
Identifikation von verstärkt betroffenen Sektoren und Berufen
Doch nicht alle wirtschaftlichen Branchen und Berufsgruppen sollen gleichermaßen von diesem Wandel betroffen sein. Laut Hirst führen Innovationen und technologische Entwicklungen, wie KI, zu einer primär erhöhten Arbeitslosigkeit von gering qualifizierten Arbeitskräften (vgl. Hirst, 2014 zitiert nach Dirican, 2015, S.570). Diese Hypothese bestärkt beispielsweise der „Creativity versus Robots“ Bericht, welcher die Aussage trifft, dass die für Computerisierung und KI anfälligsten Berufe vor allem Bürokaufleute, Call-Center-Mitarbeiter, Bibliothekare, Rinder- und Pflanzenbauern, Holzfäller, Bergleute, Autoverkäufer und Hotelmitarbeiter sind, da diese nur zu 21 Prozent mit kreativen Aufgaben konfrontiert sind (vgl. Mizroch, 2015 zitiert nach Dirican, 2015, S. 567).
Nach Meinung des Softwareentwicklers, Unternehmers und Buchautors Martin Ford wird auch in der Fast-Food und Getränkeindustrie, sowie im Einzelhandel eine zunehmende Automatisierung stattfinden, da Selbst-Bedienungs-Kassen sich einer zunehmenden Beliebtheit erfreuen. Beispielsweise hat der amerikanische Unternehmensriese Walmart bereits einen Dienst getestet, mit dem Kunden Barcodes scannen und im Anschluss ihre Einkäufe mit ihrem Mobiltelefon, statt an der Kasse, bezahlen können (vgl. Ford, 2013, S. 39).
Tätigkeiten hingegen, die eine hohe emotionale und soziale Intelligenz, Kreativität oder Feingefühl und Flexibilität voraussetzen, wie beispielsweise PR-Beratung, Mode-Design, Kundenbeziehungsmanagement oder Chirurgie, seien am wenigsten von einer technischen Substitution betroffen, da diese am schwierigsten von einer KI zu automatisieren sind (vgl. Mannino et al., 2015, S. 5).
3 Qualitativ empirische Analyse auf Grundlage von leitfadengestützten Experteninterviews
Nachdem die Literaturanalyse abgeschlossen ist, basiert darauf aufbauend die folgende zweite Forschungsstufe auf der empirischen Methodik einer Fallstudie (Case Study). Hierbei kommt anhand semi-strukturierten leitfadengestützten Experteninterviews ein zielgerichtetes Stichprobenverfahren zum Einsatz. Beginnend wird die Empirie und Herangehensweise von Leitfadeninterviews erklärt und in diesem Zusammenhang das verwendete Fragebogendesign, sowie das anschließende Auswertungsvorgehen nach Phillip A. E. Mayring erläutert und begründet. Daraufhin erfolgt eine Einordnung und Kurzvorstellung der befragten Experten. Im nächsten Schritt wird das erstellte Kategoriensystem als ein Ergebnis der Qualitativen Inhaltsanalyse aufgezeigt. Hierbei werden die aufgestellten Antwortcluster analysiert und interpretiert, um zielgerichtet Hypothesen aus den Fragestellungen dieser Bachelorarbeit herzuleiten, sowie die aktuelle Literaturanalyse in der anschließenden Diskussion zu validieren.
3.1 Beschreibung und Begründung der Forschungsmethodik:
Das semi-strukturierte Experteninterview
Das Leitfadeninterview zählt zu den nichtstandardisierten, folglich qualitativ-offenen Befragungsformen (vgl. Loosen, 2015, S. 139). Dabei gilt das Prinzip „so offen wie möglich, so strukturierend wie nötig“. Denn einerseits können durch die Offenheit subjektive Relevanzen des Befragten herausgearbeitet und zugleich durch die Strukturiertheit eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse, sowie ein Schwerpunkt auf die für den Interviewer relevanten Aspekte identifiziert werden (vgl. Baur, Blasius, 2014, S. 560 ff.). Charakteristisch für das Leitfadeninterview ist die vorangehende Ausarbeitung eines Leitfadens, der als Grundlage für die Befragung dient und einen „roten Faden“ des Gesprächs darstellt. Durch vorformulierte Fragestellungen und Themenfelder wird eine strukturierte Vorgehensweise ermöglicht, die in der Anwendung dennoch eine hohe Flexibilität aufweist. Als Resultat kann die Reihenfolge der Fragen, sowie deren genaue Formulierung an die jeweilige Gesprächssituation angepasst werden (vgl. Gläser, Laudel, 2009, S. 36 ff.). Der Interviewer nimmt hierbei eine eher passive Rolle ein. Zwar lenkt er das Gespräch, greift jedoch sonst nicht in den Erzählfluss ein, wodurch ein natürlicher Gesprächsverlauf entsteht (vgl. Gehrmann, Müller, 2006, S.101).
Das in dieser akademischen Arbeit angewandte semi-strukturierte Experteninterview ist hierbei eine Unterkategorie des Leitfadeninterviews. Ziel der semi-strukturierten Herangehensweise ist es, konkrete und prägnante Antworten im Bereich bestimmter inhaltlicher Themenstellungen zu erhalten (vgl. Baur, Blasius, 2014, S.571).
3.1.1 Fragebogendesign
Das Leitfadeninterview und die damit zusammenhängenden Fragen wurden hierbei aufbauend auf der bereits dargestellten Literaturanalyse in die folgenden fünf Inhaltsabschnitte gegliedert: (1) Auswirkungen auf Unternehmen, (2) Mensch-Maschine-Beziehung, (3) Human-Resource-Prozesse, (4) Implikationen auf den Arbeitsmarkt und (5) Ethische Betrachtung. Jedes Experteninterview ist auf die Dauer von 40 Minuten Gesprächszeit ausgelegt. Ziel ist es, anhand der Befragung ausgewählter Experten und der inhaltlich gegliederten Fragestellungen, sowie deren Kategoriensystem Antworten über die zukünftigen Auswirkungen von KI auf den Arbeitsmarkt und die Unternehmenskultur herzuleiten.
Die Eingangsfragen des Leitfadens basieren auf dem Abschnitt „Auswirkungen auf Unternehmen“ und führen in die gesamte Themenstellung ein. Hierbei soll identifiziert werden, wie hoch das Auswirkungspotential von KI auf Firmen tatsächlich ausfällt und ob daraus resultierend ein Änderungsbedarf in dem Verhaltensmodell und der Unternehmenskultur besteht. Im nächsten Inhaltscluster „Mensch-Maschine-Beziehung“ werden die Experten darüber befragt, wie und ob Arbeitnehmer der Zukunft stärker auf den Umgang mit intelligenter Technologie geschult werden müssen und ob ein Wertewandel, sowie eine stärkere beidseitige Abhängigkeit durch eine wachsende Mensch-Maschine-Kommunikation unvermeidbar wird. Der dritte Bereich „Human-Resource-Prozesse“ befasst sich mit der Fragestellung, inwiefern Personalabteilungen, als strategische Unternehmenseinheiten, von KI beeinflusst werden und somit eine Rückkopplung auf Unternehmenskulturen zu identifizieren ist. Ebenso wird analysiert, ob ein Umschulungspotential bestehender Mitarbeiter auf neue technische Anforderungsprofile vorhanden ist. Die Ergebnisse des vierten Abschnitts „Implikationen auf den Arbeitsmarkt“ spannen einen Bogen zu den durch KI verursachten Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Hierbei handelt es sich um Fragen über den Arbeitsplätze-Entfall und somit die Existenzgrundlage von Arbeitnehmern. Es werden Fokusgeschäftsfelder identifiziert, welche stärker durch den Einsatz von Automatisierungsprozessen betroffen werden und folgernd eine höhere Sensibilität gegenüber der Thematik vorweisen. Am Ende des Interviews erfolgt eine „Ethische Betrachtung“ und somit ebenfalls eine kritische Auseinandersetzung der zuvor getätigten Expertenaussagen. Darüber hinaus wird geklärt, ob es bereits heute neue juristische und unternehmerische Rahmenbedingungen benötigt, um KI erfolgreich und ethisch sinnvoll in Unternehmen zu integrieren. Final findet eine Danksagung gegenüber dem Befragten statt, welche zudem Freiraum für ein abschließendes Statement ermöglicht. Alle fünf Themenabschnitte des Interviewleitfadens sind inhaltlich wie folgt den untergeordneten Forschungsfragen, sowie dem Kategoriensystem zugeordnet (Abbildung 3):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Zuordnung der Leitfragensegmentierung mit untergeordneten Forschungsfragen & Kategoriensystem
Eigene Darstellung.
3.1.2 Auswahl und Einordnung der Befragten
Die Auswahl der Interviewpartner basiert grundlegend auf nachfolgenden Kriterien: (1) Technische und/oder forschungsbasierte Affinität zur KI, (2) große Anzahl an Berührungspunkten zu Automatisierungsprozessen und intelligenter Technologie aufgrund des derzeitig ausgeübten Berufsstandes, sowie (3) maßgebliche Mitwirkung an der firmeninternen Unternehmenskultur und -identität durch eine leitende Unternehmensfunktion, speziell im Bereich HR.
Bei der genaueren Bestimmung der Gesprächspartner wurde versucht, eine hohe Vielfältigkeit zu erreichen, sodass zwei leitende Angestellte führender europäischer IT Unternehmen, ein Programmierer Künstlicher Intelligenzen, ein Informatik Professor und vier Führungskräfte aus dem Bereich Mitarbeiterschulung und HR zu der Thematik befragt wurden. Es fließen somit Aussagen der wirtschaftlichen Managementebene, eines akademischen Lehrbeauftragten, sowie eines technisch versierten „Schöpfers“ von KI in die Forschung dieser Bachelorarbeit mit ein. Grundlegend gab jeder der acht Befragten ein positives Feedback auf die Interviewfragen, sodass stets ein natürlicher und reger Gesprächsverlauf zustande kam. Auf Wunsch der Experten wurden alle getroffenen Aussagen anonymisiert, weshalb die Zitationen in Form von „Experteninterview 1-8“ (E 1-8) erfolgen. Alle Interviews wurden in Form von Skype oder Live Konferenzen im Zeitraum vom 22. Oktober 2018 bis einschließlich 09. November 2018 durchgeführt.
3.1.3 Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
Die Transkriptionen der Leitfadeninterviews wurden mittels Qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet (vgl. Mayring, 2000). Diese bestimmte Auswertungsform sichert einen regelgeleiteten, sowie methodisch kontrollierten Analyseweg der vorliegenden qualitativen Textdaten. Aus der Verwertung der transkribierten Audiodateien werden final Antworten zielgerichtet zu den untergeordneten Forschungsfragen deduziert. Da sich die Qualitative Inhaltanalyse insbesonders dadurch auszeichnet, nicht nur gegenstandsbezogene Einzelfaktoren zu erkennen, sondern vielmehr mögliche Zusammenhänge zwischen multiplen Faktoren zu identifizieren, eignet sich diese hervorragend, die Themenbereiche der Bachelorarbeit „wandelnde berufliche Arbeitsweisen und Kompetenzanforderungen“ auf den akademischen Schwerpunkt „Arbeitsmarkt und Unternehmenskultur“ zu transferieren. Genauer wurde sich für die Auswertungstechnik der Strukturierenden (Qualitativen) Inhaltsanalyse entschieden. Hierbei liegt das Ziel im Herausfiltern bestimmter Kriterien, welche die Gesamtheit des Textmaterials vollumfänglich abbilden, um daraus ableitend schrittweise ein geeignetes Kategoriensystem zu entwickeln, welches wiederum die Kerninhalte der verwerteten Datensammlung in komprimierter Form darstellt. In diesem Zuge werden „Ankerbeispiele“ verwendet, um die Eingrenzung und Zuordnung von Kategorien vereinfacht zu bestimmen (vgl. Scheibler, 2018, S. 1 f.). Im Folgenden wird nun das verwendete Kategoriensystem mit dessen Ergebnissen detailgetreu beschrieben.
3.2 Auswertung des Kategoriensystems
Bei der Auswertung der Experteninterviews nach Mayring wurde basierend auf den untergeordneten Forschungsfragen, sowie dem Aufbau des Interviewleitfadens ein deduktives Kategoriensystem entwickelt. Dabei wurden die nachfolgenden acht Kategorien gebildet. Zielführend zur Beantwortung der empirischen Kernfrage dieser Bachelorarbeit fand hierbei eine Zuordnung jeder untergeordneten Forschungsfrage zu einer kongruenten Kategorie statt. Die Auswertung geschah mittels computergestützter quantitativer Analyse in Verbindung mit der Software MAXQDA V10. Die Priorisierung fand hierbei maßgeblich durch die Häufigkeit der jeweiligen Kategorie und dessen Ankerbeispiele statt. Dabei waren Mehrfachnennungen möglich. Das Kategoriensystem mit all seinen Definitionen und Codierregeln ist in tabellarischer Form im Anhang zu finden (siehe Anhang B „Tabellarisches Kategoriensystem“). Nachfolgend liegt jedoch der Fokus auf der Verwertung und Darstellung der Interviewergebnisse.
3.2.1 Steigerung der Einflussnahme von Künstlicher Intelligenz
Die erste Auswertungskategorie setzt den inhaltlichen Schwerpunkt auf die Evaluierung der sich verändernden Einflussnahme von intelligenter Technologie auf Unternehmen und deren Unternehmenskultur. Vorab lässt sich durch den anhaltenden Digitalisierungstrend ebenso eine Steigerung der Wichtigkeit und daher auch der Einwirkungskraft von KI in Unternehmen erkennen (E1, 2018, §81). Zudem nannte Experte 6, „dass die Intervalle, wo sich (solche) Veränderungen ergeben, immer kürzer werden“ (E6, 2018, §9). Einer der Hauptgründe hierfür ist, dass intelligente Technologie das Potential einer enormen Produktions- und Leistungssteigerung innehält und parallel die Kostenfaktoren abnehmen:
„Und wenn […] eine KI die richtige Antwort ist und das Preis-Leistungs-Verhältnis einen Business Case darstellt und damit die Investition die Einsparungen-, nein umgekehrt, die Einsparung die Investition übersteigt, ja, dann ist dieser Business Case vorhanden und dann wird so eine Entscheidung auch entsprechend getroffen. Aber es geht immer darum, Prozesse zu vereinfachen und Waren und Dienstleistungen kostengünstiger herzustellen“ (E3, 2018, §19).
Darüber hinaus bietet KI im alltäglichen Arbeitsalltag, insbesondere in sich stetig wiederholenden Tätigkeitsfeldern eine geringere Fehlertoleranz gegenüber menschlichen Arbeitskräften, sodass weitere Effizienzsteigerungen zu erwarten sind (E1, 2018, §75). Der betriebswirtschaftliche Kerngedanke, Umsätze und Gewinne als Unternehmen stetig zu optimieren, wurde von den Experten übergreifend als eines der Hauptargumente verwendet, KI verstärkt zu entwickeln und einzusetzen (E1, 2018, §29; E3, 2018, §19; E5, 2018, §29; E6, 2018, §35).
Dennoch ist in der aktuellen Unternehmenslandschaft trotz der gewaltig zunehmenden Implementierung und des Potentials von KI nur ein geringer Einfluss zu identifizieren. Der aktuelle Entwicklungsstand stellt eher den „Anfang einer Reise“ (E2, 2018, §35) dar. Der Begriff „intelligent“ setzt immer voraus, dass innerhalb gewisser Parameter Entscheidungen selbstständig getroffen werden. Dieses Faktum ist jedoch aktuell noch nicht zu erkennen (E4, 2018, §7). Neuronale Netzwerke befinden sich derzeit auf dem Stand eines „Rattenhirns“, jedoch ist abzusehen, dass diese die Rechenleistung und Komplexität des menschlichen Gehirns erreichen oder gar übertreffen werden (E5, 2018, §33).
Laut Experte 5 benötigt trotz einer Vielzahl an bereits bestehenden Antriebsfaktoren ein solch tiefgreifender und umfangreicher technischer Wandel eine gewisse Übergangszeit. Unternehmensverantwortliche müssen sich nun zunehmend mit der Implementierung von KI auseinandersetzen, da ansonsten die Existenz einer ganzen Organisation auf dem Spiel steht: „Falsche Managemententscheidung kostet zum einen das Unternehmen seine Existenz, weil man zu sehr in der Vergangenheit lebt“ (E4, 2018, §21).
Weiter zugespitzt sprach Experte 4 davon, dass nachfolgende Generationen in einer gänzlich anderen Welt aufwachsen werden, als die Heutige: „Und meine älteste Tochter wurde in einer völlig anderen Welt groß, als meine jüngste Tochter groß werden wird“ (E4, 2018, §45). Wie diese Veränderung im Weltbild in dem alltäglichen Berufsumfeld aussehen wird, wird nun in der nachfolgenden zweiten Kategorie erläutert.
3.2.2 Veränderung der beruflichen Arbeitsweisen
Als Resultat einer zunehmenden Einflussnahme von KI in Unternehmen verändern sich ebenso die beruflichen Arbeitsweisen von Mitarbeitern. Hierbei wird zukünftig jede Abteilung und somit ganzheitlich jeder Arbeitnehmer betroffen sein (E2, 2018, §37).
Derzeitig lässt sich bereits ein Umbruch in Arbeitskulturen erkennen: Um einen maximalen Mehrnutzen aus dem zunehmenden Einsatz von KI zu generieren, wird vermehrt interdisziplinär, dies bedeutet, prozess-, sowie abteilungsübergreifend gearbeitet, und es werden Hierarchiestrukturen in Unternehmen abgebaut (E5, 2018, §7). Ein hierzu kongruenter Trend ist laut Experte 2 die sogenannte Arbeitnehmerbewegung, namens „Low-Coding“, wodurch Programmiertätigkeiten durch visuelle Unterstützung vereinfacht werden und somit das technische Wissen für Informationstechnik (IT) Fähigkeiten zunehmend einer breiteren Masse an Mitarbeitern zugänglich gemacht wird (E2, 2018, §39). Durch Kollaborationskomponenten in Unternehmen tauschen sich Mitarbeiter selbstständig zu ihrem Lernfortschritt aus und es entsteht dadurch eine dynamische und eigenständige Lernkultur, die von gegenseitiger Hilfe und Unterstützung geprägt ist (E3, 2018, §23).
Dieser Kollaborationsgedanke wird in Zukunft soweit die Arbeitsweise beeinflussen, dass nach Experte 2 jede Firmenabteilung einen sogenannten „Citizen“ erhält, welcher kollegial hinsichtlich Digitalisierungsfragen unterstützend wirkt (E2, 2018, §37). Die aktuelle organisatorische und strukturelle Spaltung von IT und Business löst sich somit zunehmend auf (E2, 2018, §39).
Darüber hinaus verändern sich neben der team- und abteilungsübergreifenden Arbeit, ebenso die individuellen Tätigkeiten:
„Das heißt also viele der wiederkehrenden repetitiven Themen werden dann halt sukzessive durch Automatisierung abgelöst. Also es heißt, die Form und Art und Weise, sage ich mal, wie halt ein Mitarbeiter arbeiten wird, wird sich ändern. Also dahingehend, dass er nicht mehr im Prinzip stupide Arbeit in Anführungsstrichen durchführen muss, sondern entsprechend ja mehr, sozusagen, die Zeit verwendet darauf halt konzeptionell zu arbeiten, aus meiner Sicht“ (E2, 2018, §5).
In diesem Szenario vereinfacht KI Mitarbeitern ihre Aufgabengebiete, die finale Handlung und kreative Bemühungen müssen jedoch weiterhin von einem Menschen durchgeführt werden. In Bezug auf unternehmerische Entscheidungen können diese somit vorbereitet, unter definierten Bedingungen auch begründet werden, jedoch die finale Beschlussfassung bestimmt weiterhin ein menschlicher Entscheidungsträger (E3, 2018, §5). Ebenso wird KI dazu beitragen, dass umfänglichere Datenmengen in kürzerer Zeit als Entscheidungsgrundlage für solche Beschlüsse herangezogen werden, was in einer dynamischeren, sowie zeitnähere Arbeitsweise resultiert (E6, 2018, §3).
Abschließend in dieser Kategorisierung fällt die Aussage, dass intelligente Technologie in ihrer ersten Implementationsphase somit als Entscheidungshilfe die Arbeitsweise von Erwerbstätigen in positiver Weise beeinflusst und unterstützt (E6, 2018, §5). KI wird Mitarbeitern durch die Verarbeitung größerer Datenmengen verschiedene Nutzenszenarien aufzeichnen und somit eine Vorbereitungsrolle einnehmen, aber durch den fehlenden Einfluss an Kreativität und zwischenmenschlichen Faktoren in diesem Frühstadium keine eigenständigen Entscheidungen fällen können (E3, 2018, §11). Dadurch kann jedoch der produktive Ausstoß eines Mitarbeiters erhöht werden (E6, 2018, §39). Ein Erwerbstätiger entwickelt somit zunehmend eine „Coachfunktion“, um die ihn unterstützende KI zielgerichtet mit Wissen anzureichern und ihr Entscheidungen abzunehmen (E2, 2018, §7).
3.2.3 Konditionierungsmöglichkeiten von Unternehmen
Basierend auf der Analyse der Experteninterviews und wie der Abbildung 4 zu entnehmen ist, ließen sich drei Kernaspekte identifizieren, welche eine optimierte Vorbereitung des eigenen Unternehmens gegenüber der Implementierung von KI gewährleisten. Diese sind zum einen die Etablierung einer offeneren und eigenständigeren Organisationstruktur innerhalb der einzelnen Arbeitsabteilungen, als auch gegenüber externen Lehrzentren (E2, 2018, §13), ein vorgelebtes kongruentes Wertebild, hinsichtlich Innovationsfreudigkeit, Technologieaffinität und Schulungsmentalität seitens des Top Managements (E8, 2018, §67), sowie ein Investment in eine zukunftsorientierte IT Infrastruktur, welche die Kapazitäten besitzt, die technischen Herausforderungen einer KI zu bewerkstelligen, sowie Wissen und Referenzprojekte unternehmensweit zur Verfügung zu stellen (E2, 2018, §9).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Faktoren einer harmonischen Integrierung von Künstlicher Intelligenz im eigenen Unternehmen
Eigene Darstellung.
Unter der Rahmenbedingung, welche die Neugestaltung der eigenen Organisationsstrukturen fokussiert, ist das übergeordnete Ziel, Akzeptanz unter den Mitarbeitern gegenüber KI herzustellen. Dies wird einerseits durch die Förderung der Eigenständigkeit einzelner Arbeitnehmer, sowie deren Teams gewährleistet (E2, 2018, §13). Diese sollten die Möglichkeit erhalten, individuelle Erfahrungen im Umgang mit KI zu sammeln, sowie durch schnell durchführbare Pilotierungsprojekte sich selbst allmählich an die Thematik anzunähern (E5, 2018, §7) und im Anschluss die gesammelten Erfahrungen in Form einer Wissensaustauschmentalität unternehmensweit zu verbreiten (E2, 2018, §13). Dies umschließt jedoch ebenso die Anpassung gewisser Führungsstrukturen und somit die Abflachung von Hierarchiemodellen, sodass Entscheidungen innerhalb Abteilungen agiler getroffen werden können (E5, 2018, §7).
Darüber hinaus bedeutet die Öffnung der eigenen Organisation ebenso eine verstärkte Zusammenarbeit mit externen Lehrzentren, in denen einerseits die eigenen Mitarbeiter, als auch Nachwuchsarbeitskräfte zielgerichtet auf die Basis-Anforderungen von KI im jeweiligen Unternehmen geschult und unterstützt werden (E3, 2018, §23). Solche Konstruktionen für „Zukunftswerkstätten“ (E3, 2018, §23), sowie „Lernen-4.0-Ansätze“ finden somit laut Experte 3 immer häufiger den Weg in den Lehralltag von Berufsschulen (E3, 2018, §27).
In Verbindung mit dem zweiten Einflussfaktor, dass das gehobene Management als interner Werte- und Markenbotschafter an Einfluss gewinnt, spielt hierbei eine offene und transparente Top-Down Kommunikation eine wichtige Rolle:
„Man darf die Leute nicht für blöd halten. Also die sind schlau genug, um zu erkennen, ob man ihnen Mist erzählt oder nicht. Und wie gesagt: Es muss nur einmal so passiert sein, dass man denen etwas erzählt hat, was hinterher so nicht kam. Und dann sind die so skeptisch. Und insofern: Offene Karten. Offene Karten, klare Konsequenzen. Und dann entscheidet jeder für sich, ob er nun was daraus macht oder nicht“ (E4, 2018, §33).
Das firmeninterne Führungspersonal ist somit dazu verpflichtet, Konsequenzen durch den Einsatz von KI klar zu kommunizieren und die Dringlichkeit der gesamten Thematik an ihre Mitarbeiter verständlich zu übermitteln, sodass im Umkehrschluss keine Skepsis oder Negativität gegenüber dieser neuartigen Technologie innerhalb der Belegschaft entsteht (E4, 2018, §33).
Um jene Kritikfähigkeit weiter zu vermeiden, muss ebenso eine leistungsfähige Arbeitslandschaft im Unternehmen IT-seitig aufgebaut werden, welche selbst programmierunerfahrenen Mitarbeitern einen Zugang zu intelligenter Technologie ermöglicht (E2, 2018, §9). Laut Experte 2 kann dies in einem schrittweisen Prozess realisiert werden, in dem anfänglich den Arbeitnehmern ermöglicht wird, wiederkehrende Tätigkeiten eigenständig zu digitalisieren, sodass schließlich durch weitere persönliche Anwendung phasenweise das volle Automationspotential von den einzelnen KI Tools ausgeschöpft wird (E2, 2018, §11). Somit entsteht ein praxisbezogener Lernprozess, welcher direkte berufliche Mehrgewinne und somit Erfolgserlebnisse unmittelbar an den Anwender weitergibt, sodass eine weitere Akzeptanzsteigerung zu erwarten ist (E5, 2018, §15).
Doch um diese zielsetzenden Rahmenbedingungen erfolgreich umzusetzen, muss die Unternehmensleitung strategisch unterstützende Abteilungen aktiv in diesen Veränderungsprozess involvieren, hierzu zählt unter anderem die Personalabteilung.
3.2.4 Wandel von Human-Resource-Prozessen
Die nun dargelegte vierte Auswertungskategorie beschäftigt sich daher mit den Veränderungen von HR Abteilungen in Unternehmen. Hierbei wird unterschieden zwischen dem Wandel von administrativen HR Aufgaben, der Personalauswahl (Recruiting) und der Personalplanung. Eine explizite Abgrenzung besteht in dieser Kategorie zu der Personalentwicklung, insbesondere der Mitarbeiterschulung. Diese Tätigkeit ist zwar ebenfalls dem Aufgabengebiet des Personalmanagements zuzuordnen (vgl. Bartscher 2018: 1), jedoch findet im weiteren Verlauf der Kategorienauswertungen eine gesonderte Analysierung dieses Themenfeldes statt.
„Jedes Unternehmen, jeder Bereich, auch der Personalbereich steht unter Effizienzdruck und muss seine Kosten reduzieren und hat von daher schon immer und auch unabhängig von künstlicher Intelligenz oder anderen Themen eine Optimierung seiner internen Arbeit vor. Nur was um die Kurve lugt mit den ganzen technischen Möglichkeiten, das ist etwas, was den Personalbereich und auch die Geschäftsprozesse dort deutlich verändern wird“ (E3, 2018, §3).
Wie das Zitat von Experte 3 verdeutlicht, ist auch die HR Abteilung unter kontinuierlichem Effizienzdruck. Neue technische Errungenschaften, wie KI, können Personaler in Zukunft unterstützen, ihre alltäglichen Arbeitsabläufe weiter zu optimieren (E3, 2018, §3). Insbesondere innerhalb wiederkehrender händischer Tätigkeitsfelder, wie der Anpassung von Arbeitsverträgen oder Entgeltabrechnungen werden intelligente Assistenzsysteme eine Zeit-, sowie Komplexitätsersparnis erzeugen (E3, 2018, §9; E6, 2018, §17).
In Bezug auf die Thematik, welche sich mit der Personalbeschaffung und somit der Rekrutierung von Arbeitnehmern beschäftigt, ist der Mehrwert von Künstlicher Intelligenz schwerer zu identifizieren: In der aktuellen Praxis werden zwar bereits automatisierte Selektierungsmechanismen verwendet, welche beispielshaft nach „Hard-Facts“, wie Noten, Bewerber vorselektieren. Dennoch findet im Anschluss ein persönlicher Kennenlernprozess, zum Beispiel in Form eines Bewerbungsgespräches, statt, welcher die Entscheidung über die Anstellung des Mitarbeiters maßgeblich beeinflusst (E3, 2018, §5). Obwohl laut Experte 3 nach aktuellem Stand der Technik schon heute persönliche Auswahlgespräche mit einer KI möglich sind, welche finalisiert anhand der Wortauswahl und des Stimm- und Sprechverhaltens eines Kandidaten seine Annahmeentscheidung vorbereitet, sind diese in Unternehmen nur äußerst marginal vertreten (E3, 2018, §3). Ein Grund für die lediglich punktuelle Anwendung dieser intelligenten Technologie im Recruiting Sektor ist nach Experte 6 die fehlende persönliche Atmosphäre, welche eine KI nicht zu messen vermag: „[…] ob jemand für den Job brennt, ob er Leidenschaft mitbringt. Wie misst eine Maschine Leidenschaft?“ (E6, 2018, §23) oder um es in den Worten von Experte 6 auszudrücken: „Machines can’t dream“ (E6, 2018, §23). Experte 2 ergänzt, dass durch solche KI gestützten Systeme die Gefahr einer Einseitigkeit des Charakters von neuen Arbeitnehmern entstehen könnte. Er begründet dies dadurch, dass nur noch Bewerber, welche in das maschinelle Raster der KI fallen, angenommen werden. Er sieht ein Risiko in der gesunden Mitarbeiter-Diversifizierung, die für die Zukunft eines Unternehmens ebenso erfolgsentscheidend ist (E2, 2018, §41).
Trotz der Kritik gibt es auch Stimmen von Experten, welche solche intelligenten Rekrutierungssysteme basierend auf der Akzeptanzbereitschaft innerhalb der Bewerber einsetzen würden: „Ich würde es eher an der Nutzerakzeptanz festmachen. Im Sinne, wird das von den Bewerbern denn so akzeptiert?“ (E5, 2018, §21). Genau jene Nutzerakzeptanz steigt ebenfalls laut Experte 4, sodass es nur eine „Frage der Zeit“ ist, bis KI auch in diesem Gebiet einzieht (E4, 2018, §13). Aus unternehmerischer Sicht ist ein solch automatisierter Prozess „absolut effizient. Ja, und wahrscheinlich auch sehr produktiv und positiv“ (E1, 2018, §69).
In der letzten Segmentierung dieser inhaltlichen Auswertungskategorie, der Personalplanung, hat KI dahingehend einen Wandel zu verantworten, dass der Planungshorizont von frischen Mitarbeitern durch neue Anforderungsprofile, welche auf dem Arbeitsmarkt bisher nur beschränkt zur Verfügung stehen, zunimmt. „Ein Jahr Vorlaufzeit für die Anstellung“ und einen „(Planungs-)Horizont von 5 Jahren“ ist zu bedienen (E3, 2018, §17).
Wie die Ausgestaltung dieser zukunftsorientierten Kompetenzanforderungen im Detail ausfallen, wird nun innerhalb des fünften Analyseabschnitts der Experteninterviews dargestellt.
3.2.5 Neue Kompetenzanforderungen an Nachwuchsarbeitskräfte
Die neuen Kompetenzanforderungen an zukünftige Arbeitnehmer konnten basierend auf den Expertenaussagen in vier Unterkategorien gegliedert werden (Abbildung 5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Kernanforderungen an zukünftige Arbeitnehmer ausgelöst durch technologischen Wandel
Eigene Darstellung.
Als ersten Bedarf an nachfolgende Mitarbeiter wurde eine umfassende technologische Affinität von den Experten genannt (E3, 2018, §25; E6, 2018, §9; E7, 2018, §25; E8, 2018, §23). Dies bedeutet, selbst in Unternehmensabteilungen, welche derzeit wenig bis gar keine Anbindung an eine IT Infrastruktur besitzen, müssen sich die Mitarbeiter zukünftig zumindest „Anwender-Fähigkeiten“ aneignen, welche sie dazu befähigen, digitale Systeme zu verstehen und zu benutzen: „Also zumindest Anwender, IT Anwender […] müsste so selbstverständlich sein wie Rechnen, Lesen, Schreiben“ (E8, 2018, §23). Die Fähigkeit, eine KI zu bedienen und die Daten, welche hieraus entstehen zu verstehen und daraus deduzierte Handlungsempfehlungen abzuleiten, spielt hierbei eine fundamentale Rolle in der Auswahl zukünftiger Bewerber (E6, 2018, §7). Als Grundlage dafür nennen Experte 5 und 6, dass Mitarbeiter eine gewisse Technologieoffenheit besitzen müssen, also sich selbstständig und aus intrinsischem Interesse mit der Thematik auseinandersetzen müssen (E5, 2018, §11; E6, 2018, §11).
Das Hauptaugenmerk in der Auswahl zukünftiger Bewerber besteht also nicht darin, den Fokus auf fundierte Programmierkenntnisse zu legen (E6, 2018, §11), sondern eine allgemeine IT Affinität von den eigenen Mitarbeitern zu verlangen, welche den Anspruch besitzen, das angewendete KI System zu verstehen und „sich vor allem über die Reichweite im Klaren zu sein“ (E8, 2018, §15).
Nach Experte 2 ist die Thematik der persönlichen Einstellung der Mitarbeiter und damit das verbundene Interesse und die Affinität zu neuer Technologie hauptsächlich ein „Generationsthema“ (E2, 2018, §15). In den USA beispielshaft würde man passende Kenntnisse bereits jüngeren Generationen beibringen, sodass in dieser Sparte ein Allgemeinwissen aufgebaut wird (E2, 2018, §15). Auch Experte 5 sieht bereits, dass Fächer wie „Programmieren“ in den Lehrplan von Primarschulen aufgenommen werden (E5, 2018, §19).
Dennoch bestehen drei weitere Kernkompetenzen, welche sich Mitarbeiter selbstständig aneignen müssen, um auf dem Arbeitsmarkt kompetitiv zu sein. Einer dieser drei Fähigkeiten verdeutlicht das nachfolgende Zitat von Experte 7:
„Aber auch nicht nur Wissen ist wichtig. Sondern dass ein Mitarbeiter sich schnell Dinge aneignen kann. […] Also ich glaube, der Mitarbeiter, der alles Mögliche weiß, Wissen gespeichert hat und es jederzeit wiedergeben kann. Das war der Mitarbeiter von früher. Der Mitarbeiter von heute, der muss sehr flexibel sein. Der muss ständig am Lernen sein und muss die neuen Medien auch nutzen können“ (E7, 2018, §27).
Es wird somit zunehmend wichtiger, in einem sich derart schnell wandelnden Berufsumfeld eine schnelle Adaptionsfähigkeit zu besitzen und sich in ein stetiges Lernumfeld zu begeben (E7, 2018, §27).
Darüber hinaus rückt durch die bereits erwähnten, zunehmenden kollaborativen und bereichsübergreifenden Arbeitsweisen eine starke Sozialkompetenz und Teamfähigkeit in das Anforderungsprofil von Erwerbstätigen (E5, 2018, §7).
Final wird zudem durch die Verarbeitung größerer Informationsmengen durch eine KI unterstütze Arbeitsumgebung eine umfassendere und schnellere Datenkorrelation von den Mitarbeitern verlangt. Bereitgestellte Datensätze müssen durch zukünftige Arbeitnehmer schnell interpretiert, auseinandergezogen und zusammengefügt werden können, damit mögliche Zusammenhänge identifiziert werden (E6, 2018, §11).
Abschließend vermittelt jedoch Experte 3, dass es weiterhin „eine ausgewogene Berufsbildlandschaft in Deutschland braucht“ (E3, 2018, §25).
3.2.6 Fokusindustrien und mögliche Beschäftigungsverknappung
Dennoch ließen sich anhand der Expertenaussagen drei große Industrien herausfiltern, welche sowohl bereits in der Gegenwart, als auch in der Zukunft von dem Einfluss einer KI und einem hohen Automatisierungsgrad maßgeblich geprägt werden.
Der erster dieser Wirtschaftszweige ist der Bereich rund um das Fertigungsgewerbe. Dies bedeutet, insbesondere die Produktion, in der bereits Maschinen in hohem Maße eingesetzt werden, wird weiterhin von einem zunehmenden Wandel beeinflusst (E2, 2018, §35). Die eingesetzten maschinellen Werkzeuge werden dort stetig intelligenter, wodurch diese nicht allein Produkte produzieren, sondern die Daten aus der genannten automatisierten Fertigung verwerten und dadurch Qualitätssicherheitsprozesse, Entwicklungsverbesserungen und die Optimierung und Auslastung der einzelnen Maschinen eigenständig regulieren (E6, 2018, §29). Es entfällt somit nicht nur die „erschaffende“ Arbeit, sondern ebenso die „Planerische“.
Die zweite stark betroffene Industrie ist laut der Mehrheit der Experten das Bankwesen und damit in Verbindung stehend das Controlling (E1, 2018, §41; E4, 2018, §19; E5, 2018, 27). Da in diesem Geschäftsumfeld quantitative Datensätze gesammelt und verwertet werden und es sich somit um einen skalierbaren Prozess handelt, kann hier bereits heute KI Personal einsparen: „Und alles was scaleable ist, ist betroffen. Also immer, wenn es drum geht, mehr als einmal das gleiche zu tun. Ist ein Computer einem Menschen überlegen“ (E8, 2018, §61). In jenen Unternehmensbereichen, in denen durch klare Zahlvorgaben und Parameter Rahmenbedingungen einer intelligenten Technologie zur Verfügung gestellt werden, können laut Experte 6 „klare Entscheidungsmuster von einer Maschine getroffen werden“ (E6, 2018, §5).
Als letzten Industriezweig, welcher aktuell im Fokus des Wandels von KI steht, ist das Transport- und Logistikgewerbe zu nennen, da hier eine hohe Automatisierung in Form von selbstfahrenden Automobilen entsteht. Experte 4 äußert sich wie folgt zu dieser Thematik:
„Und man kann eigentlich jedem Berufskraftfahrer, der noch keine 40 ist raten: Guck Dich rechtzeitig nach einem anderen Job um, weil du wirst als Berufskraftfahrer die Rente nicht erleben“ (E4, 2018, §17).
Abgesehen von autonomen Autos entstehen durch künstliche Schwarmintelligenz ganz neue Arten des Produkttransports, wie der Einsatz von Drohen, welche auch bereits von Versandunternehmen wie DHL oder Amazon verwenden werden (E1, 2018, §19). Dadurch ist ein hohes Substituierbarkeitspotential in dieser Branche durch KI gegeben, welches laut Experte 3 maßgeblich in diesem Anfangsstadium der Automation über den Einsatz und den Ersatz menschlicher Arbeitskräfte durch intelligente Technologie entscheidet (E3, 2018, §13).
Im Umkehrschluss äußerst sich jedoch Experte 2, dass KI in Bereichen, in denen es einen ausgeprägten persönlichen Kontakt bedarf, wie beispielhaft dem Vertrieb, einen Mitarbeiterersatz in einem absehbaren Zeithorizont nicht geben wird (E2, 2018, §35). Ebenso dort wo eine hohe Kreativität und Transferleistung gefordert wird, ist laut diesem Experten vorab kein Arbeitsplatz gefährdet (E2, 2018, §23).
Abschließend entstand unter anderem aus dieser Abgrenzung zwischen stark betroffenen Industrien und Berufszweigen mit einer gewissen „Immunität“ gegenüber KI eine Abweichung in den Aussagen der Experten bezüglich der Frage: Entfallen durch KI mehr Arbeitsplätze, als das Neue entstehen werden? Während Experte 1, 5 und 8 die Meinung vertreten, dass durch einen höheren Effizienzgewinn durch KI längerfristig weniger Mitarbeiter benötigt und eingesetzt werden (E1, 2018, §63; E5, 2018, §7; E8, 2018, §43), halten Experten 6 und 7 dagegen und behaupten, es werden Arbeitsplätze und Jobprofile entstehen, die man zur heutigen Zeit noch gar nicht kennt (E6, 2018, §39; E7, 2018, §5). Experte 4 vertritt die Meinung, dass zwar quantitativ Arbeitsplätze entfallen werden, diese Entwicklung jedoch durch den demographischen Wandel in Deutschland entschärft wird, da sich längerfristig ebenso weniger Erwerbstätige auf dem Arbeitsmarkt befinden werden (E4, 2018, §23).
3.2.7 Umschulungspotential bestehender Mitarbeiter
Nachdem nun ein wachsender Wandel von Arbeitsweisen, sowie ganzer Fokusindustrien in dem Zusammenhang eines Arbeitsplatzabbaus aufgezeigt wurden, wird in dieser Kategorie erläutert, wie und ob sich bereits bestehende Erwerbstätige vorbereiten und umschulen können, wenn ihr derzeitiger Arbeitsplatz durch eine KI gefährdet wird.
Experte 5, 6 und 7 äußerten sich in diesem Zusammenhang, dass ein Umschulungspotential auf ungefährdete Arbeitsplätze grundlegend gegeben ist, sich diese Neupositionierungsmaßnahmen jedoch meist nur auf Arbeitnehmer anwenden lassen, welche bereits zuvor in komplexeren Themengebieten arbeiteten und somit ebenfalls eine höhere akademische Ausbildung genossen (E5, 2018, §15; E6, 2018, §35; E7, 2018, §9).
Um die Umschulung von Mitarbeitern jedoch initial zu ermöglichen, ist laut Experte 2 ein Entgegenkommen der Unternehmensführung in Form von einer Bereitstellung von Fortbildungsangeboten notwendig. Diese Hilfestellungen geben Angestellten schlussendlich die Chance, sich auf die Applikationen und Automatisierungsformen von KI einzustellen und sich daraufhin zielgerichtet im Unternehmen zu positionieren (E2, 2018, §9).
Darüber hinaus ist neben einer Förderungskultur seitens des Managements ebenso, wie bereits in der Kategorie „Neue Kompetenzanforderungen an Nachwuchsarbeitskräfte“ beschrieben, eine intrinsische Motivation der Mitarbeiter von Nöten:
„So eine gewisse Affinität und Motivation immer vorausgesetzt, also wenn jemand da sowieso sagt, ich möchte nichts damit zu tun haben […] dann wird es erst recht prohibitiv, wahrscheinlich unmöglich. Aber wenn, gehen wir davon aus wir haben Leute die willig sind und da grundsätzlich motiviert sind, da sich mit dem auf das einzulassen. Da würde ich schon sagen, da gibt es schon Mittel und Wege“ (E5, 2018, §15).
Das Zitat von Experte 5 zeigt sehr deutlich, dass nur bei bestehender Offenheit und dem Willen der Mitarbeiter zur eigenen Veränderung eine Umschulung auch im geschäftlichen Umfeld realisiert werden kann. Die grundlegende Frage – Wie geht eine Person mit Veränderung um? – nimmt für Experten 4 eine äußerst wichtige Rolle im Umschulungsaspekt ein. Je höher der eigene Resilienzgrad gegenüber der Technik, desto geringer das Umschulungspotential (E4, 2018, §29).
3.2.8 Ethische Betrachtung
Der nun folgende Inhalt der letzten Kategorie des Auswertungssystems befasst sich mit einer ethischen Betrachtungsweise der Experten gegenüber dem steigenden Einsatz von KI in der Wirtschaft.
Grundlegend, so sind sich die Experten einig, ist die derzeitige Entwicklung durch ihren bereits fortgeschrittenen technologischen Status und die disruptive Durchschlagskraft nicht mehr aufzuhalten (E2, 2018, §47; E4, 2018; §45; E5, 2018, §33; E6, 2018, §43; E8, 2018, §31). Ebenso spielt ein zunehmender Druck eines internationalen Wettbewerbs eine maßgebliche Rolle in der Entscheidungsfindung: „Und der Druck auf dem internationalen Markt wird immer größer“ (E4, 2018, §37) oder wie Experte 5 behauptet, „Konkurrenzdruck ist ein großer Treiber oder kann durchaus zu ethisch fragwürdigen Verhalten führen“ (E5, 2018, §39).
Aus dieser Aussagenbasis ergibt sich gar nicht mehr die Frage, ob KI weiterentwickelt und eingesetzt werden soll, sondern eher, welche Rahmenbedingungen benötigt werden, damit die Verwendung einer KI möglichst gesellschaftlich verträglich und ethisch sinnvoll ist (E2, 2018, §47). Die Signifikanz einer gesellschaftsübergreifenden ethischen Verantwortung wird somit im Zuge von intelligenten Technologien weiter zunehmen (E5, 2018, §37). Darauf aufbauend sind laut Experten tiefere Diskussionen und Gespräche in der Bevölkerung, aber insbesondere in der Politik von Nöten, welche genannte Fragestellung gezielt adressieren (E1, 2018, §21; E6, 2018, §37; E7, 2018, §53).
In der nachfolgenden Abbildung 6 werden somit die Stimmverteilungen von politischen Handlungsempfehlungen der einzelnen Experten dargestellt, welche laut ihnen eine ethische Anwendung von KI in Deutschland gewährleisten könnten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Politische Maßnahmen zur Gewährleistung eines ethischen Einsatzes von Künstlicher Intelligenz
Eigene Darstellung.
Bei dieser Auswertung dominierten Vorschläge um die Thematik einer Vermögensumverteilung. Laut Experte 6 wird durch den Einsatz von KI das Reichtum der Volkswirtschaft nicht schrumpfen. Die Wertschöpfung von Unternehmen wird gleichbleibend sein, jedoch weniger Menschen (Arbeitskräfte) involvieren, sodass Regulierungen benötigt werden, die erwirtschafteten Gewinne in einer fairen Weise zu verteilen (E6, 2018, §39).
Die dabei überwiegend genannte Maßnahme ist der Gedanke eines universellen Basiseinkommens (E1, 2018, §56; E2, 2018, §28; E5, 2018, §9; E8, 2018, §70). Dies bedeutet, dem finanziellen Schaden von Menschen, welche durch Automatisierungsmaßnahmen und KI ihre Arbeitsplätze verloren, als Gesellschaft aktiv entgegenzuwirken und sie somit „sanft in die Arbeitslosigkeit zu entlassen“ (E8, 2018, §69). In Kombination schlagen Experten 2 und 6 eine Besteuerung von intelligenter Technologie und Maschinen vor, sodass der finanzielle Mehrwert eines Roboters und somit auch die Überlegung, einen Menschen zu ersetzen, abnimmt (E2, 2018, §29; E6, 2018, §39). Als letzte Maßnahme einer ethisch gerechten Vermögensumverteilung erwähnt Experte 7 eine Änderung des derzeitigen Lohngefüges und nennt hierbei das Beispiel der Altenpflege: Die Attraktivität von gesellschaftlich wichtigen Berufszweigen, wie der Altenpflege, müsse durch höhere Verdienstmöglichkeiten unterstützt werden. Die Zielsetzung ist es, dadurch arbeitssuchende Menschen aktiv in diese Wirtschaftszweige zu lenken. Hierbei ist eine enge Zusammenarbeit von Industrie und Politik erfolgsentscheidend (E7, 2018, §49).
Alternativ zu neuen regulatorischen Allokationsmaßnahmen finanzieller Mittel ist jedoch auch ein neues Schulungs- und Bildungssystem nach Meinung von Experte 2 und 6 notwendig, wodurch die Gesellschaft bereits frühzeitig erlernt, sich auf den Wandel der Geschäftswelt einzustellen, und somit eigenständig ihrer Rationalisierung entgegenwirken kann (E2, 2018, §17; E6 2018, 41).
Abschließend besagt Experte 5, dass sich die weitere Anwendung von KI über ihren Mehrnutzen bestimmt: „[…] aber am Ende des Tages definiert sich die ethische Anwendung über den Nutzen, über das Nutzszenario“ (E5, 2018, §33). Exakt dieser gesellschaftliche Mehrgewinn ist durch eine Vielzahl an Experten bestätigt worden, sodass eine aufstrebende Implementierung von KI grundlegend als ethisch sinnvoll erachtet wird (E1, 2018, §89; E4, 2018, §45; E5, 2018, §33; E6, 2018, §43; E7, 2018, §47; E8, 2018, §33).
4 Diskussion der Forschungsergebnisse
Nachdem die Ergebnisse der Literaturanalyse, sowie der Forschungsauswertung dargelegt wurden, erfolgt nun eine kritische Auseinandersetzung und Diskussion der akademischen Kernthesen dieser Arbeit. Zu Beginn werden die untergeordneten Forschungsfragen durch Abgleich der Literaturanalyse mit den Aussagen der Experten zielgerichtet interpretiert, um im Anschluss die übergeordnete Forschungsfrage zu beantworten. Basierend auf den Antworten der Fragestellungen dieser Arbeit erfolgt eine kritische Betrachtung der zunehmenden Entwicklung und des steigenden Einsatzes einer KI unter den Gesichtspunkten der utilitaristischen Ethik. Abschließend werden Handlungsempfehlungen für das Unternehmensmanagement deduziert, um eine erfolgreiche und harmonische Implementation von KI in der jeweiligen Organisation zu gewährleisten.
4.1 Interpretation der Forschungsresultate und Abgleich mit der Literaturanalyse
Inwiefern ist eine Steigerung der Einflussnahme von KI auf Unternehmen zu erwarten?
Sowohl die Literatur, als auch die Experten erwarten einen stark wachsenden Einfluss der KI auf die gesamte Arbeitswelt. Begründet und legitimiert ist diese Entwicklung durch einen anhaltenden Kosten- und Effizienzdruck aller Unternehmensabteilungen. Hierbei werden zudem die zeitlichen Intervalle von Technologiesprüngen zunehmend kleiner. Obwohl sich zum aktuellen Zeitpunkt die Evolutionsstufe von KI noch in ihrer Anfangsphase befindet, übt sie dennoch bereits einen massiven Veränderungsdruck auf Unternehmenskulturen, -strukturen, sowie das Firmenmanagement aus und ist somit ebenfalls im Fokus vieler akademischer Forschungen. Die Befragten behaupten, dass durch dieses vorherrschende Anfangsstadium intelligenter Technologien noch keine starken Auswirkungen im heutigen Arbeitsbetrieb festzustellen sind, dennoch sind sich sowohl die Literatur als auch die Experten einig, dass KI sich phasenweise stärker in Unternehmen bemerkbar machen wird. Anfänglich nimmt sie eine arbeitsunterstützende und umfassend analytische Rolle ein, mit weiteren Evolutionsstufen wird diese sich jedoch zunehmend zu einem technischen Substitutionswerkzeug menschlicher Arbeitskräfte in Unternehmen entwickeln.
In welcher Art und Weise wird KI Mitarbeiter in ihren Arbeitsweisen beeinflussen?
Die Arbeitsweisen der Mitarbeiter verändern sich, basierend auf der Literaturauswertung, ebenfalls phasenweise: Da zum anfänglichen Entwicklungsstand KI als umfassender Datenspeicher und somit auch als eine Art von Weitergabe firmeninternen Wissens fungiert, wird der Stellenwert von menschlichem Spezial- und Fachkenntnissen entwertet und unternehmensweite Kommunikationsbarrieren durch eine stets verfügbare intelligente Software abgebaut. In der darauffolgenden zweiten Phase kann KI das gespeicherte Wissen selbständig verknüpfen und verarbeiten, sodass es daraus eigene Handlungsweisen ableiten kann. Insbesondere in der Wartung und Erkennung von maschinellen Prozessen, wie einer industriellen Produktion, unterstützt KI nun zielgerichtet Mitarbeiter bei ihren alltäglichen Arbeitsaufgaben, wodurch eine Effizienzsteigerung der Arbeitsleistung und somit ein höherer Ausstoß zu verzeichnen ist. Zeitgleich wachsen jedoch Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Menschen und Maschine, da der Arbeitnehmer ohne eine KI seine Arbeitsweisen nicht mehr verrichten kann. Ebenso werden rein administrative, sich wiederholende und analytische Tätigkeitsabläufe zunehmend substituiert, wodurch das Personal, sowie das Firmenmanagement, zu einem stärkeren Fokus auf kreative, Sozialkompetenz erfordernde und strategische Aufgabengebiete gedrängt wird. Die Aussagen der Experten ergänzen hier, dass ein wachsender Austausch unter den Mitarbeitern von großer Notwendigkeit ist. In der finalen dritten Evolutionsstufe der KI ist laut der Literatur eine KI in der Lage, die verbliebenen menschlichen Fähigkeiten ebenfalls zu adaptieren, sodass sich die menschliche Arbeit auf Entscheidungs- und Verantwortungsprozesse beschränkt und daher das Arbeitspensum laut Experten massiv abnimmt.
Inwieweit können sich Firmen gegenüber dem Wandel von KI konditionieren?
Während zur Beantwortung dieser Frage der aktuelle Literaturstand lediglich Hinweise einer Änderung der Mitarbeiterkompetenzen und somit den Bedarf nach firmeninternen Schulungsmaßnahmen aufzeigt, ergab die Analyse der Experteninterviews drei Kernsäulen, welche eine Firma in Bezug auf den Wandel und die hausinterne Integrierung von KI vorbereitet. Die erste Konditionierungsmaßnahme ist die Öffnung der eigenen Organisationsstruktur intern, sowie gegenüber externen Stakeholdern. Dies bedeutet, dass im Unternehmen Hierarchien abgebaut, sowie Austauschplattformen und agilere Arbeitsmethoden gefördert werden, sodass final die Eigenständigkeit und Lernfähigkeit der Mitarbeiter verstärkt wird. Parallel erfolgt eine erhöhte Kooperationsbereitschaft mit akademischen Lehreinrichtungen, um geeignete Schulungs- und Rekrutierungsmodelle generieren zu können. Darüber hinaus sind Führungskräfte als Repräsentanten der innovationsfreudigen Werte und einer hohen Akzeptanz gegenüber KI in die Verantwortung zu nehmen, damit diese Werte als Top-Down Prozess an alle Mitarbeiter vermittelt werden. Ebenso gilt es, eine ehrliche Kommunikationsstrategie zu vertreten, sodass KI verursachte Automatisierungsmaßnahmen frühzeitig mit all ihren Konsequenzen und Mehrwerten an das Personal weitergereicht werden. Als dritte Säule sollte laut der Experten ein Unternehmen frühzeitig in das eigene IT System investieren, um zum Zeitpunkt der Implementation eine leicht zugängliche Verwendung intelligenter Technologie zu gewährleisten. Um zusätzlich eine Akzeptanzsteigerung der eigenen Mitarbeiter zu erreichen, sollte das technische System der Firma einen praxisbezogenen Lernprozess („learning by doing“) anbieten.
Wie wirkt sich KI auf Human-Resource-Prozesse aus?
Die Literaturauswertung ergab, dass KI aller Voraussicht insbesondere im Personalgebiet der Rekrutierung eine effizienz- und qualitätssteigernde Wirkung in der Klassifizierung und damit der Vorauswahl von Bewerbern einnimmt. Befragte Mitarbeiter gehen zwar davon aus, dass eine KI ihre aktuelle Jobposition nicht gefährdet, jedoch sich die Art und Weise ihrer Arbeit maßgeblich verändern wird. Die Aussagen der Experten sprechen ebenfalls von einer gewissen Arbeitsplatzsicherheit und einer stärkeren Fokussierung der Mitarbeiter auf Entscheidungsprozesse, da eine Maschine zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Entscheidungen treffen kann und sollte. Des Weiteren gibt die Analyse der Experteninterviews tiefere Einblicke in den Wandel von administrativen Aufgabengebieten und der Personalplanung. Hierbei wird KI dazu beitragen, Komplexität von alltäglichen Aufgaben zu minimieren, jedoch wird zeitgleich ein größerer Planungshorizont von Personalern abverlangt, da sich die durch KI verursachten Anforderungen und die Substituierbarkeitspotentiale gegenüber neuen Mitarbeitern einem stetigen Wandel parallel zur Technologieentwicklung befinden.
[...]
- Arbeit zitieren
- Timo Grünzinger (Autor:in), 2020, Künstliche Intelligenz und Unternehmenskultur. Auswirkungen einer neuen disruptiven Technologie auf den Arbeitsmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/541547
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