Diese Arbeit widmet sich der Bedeutung von Health Literacy und Compassion in Health Care für erfolgversprechende Therapiestrategien der Adipositas bei adulten Personen. Aus Public Health Sicht ist es ein Anliegen, der vulnerablen Bevölkerungsgruppe adipösen Menschen bei der Reduktion des Körpergewichts effektiv zu helfen und damit negative Einflüsse auf deren Gesundheit zu minimieren. Im Rahmen der Forschungsfrage wird durch Prüfung der sich darauf ergebenen Hypothesenpaare evaluiert, welche Bedeutung Health Literacy und Compassion in Health Care in der Adipositastherapie haben. Analysiert werden Probleme und zukünftigen Therapieansätze zur Bewältigung der globalen "Adipositas-Epidemie" und Schaffung eines Benefits für Bevölkerungsgesundheit.
Die WHO beschreibt eine globale "Übergewichts-Epidemie". Bisherige Therapieansätze und Beratungsstrategien scheitern. Aus Public Health Sicht ist es ein Anliegen, der vulnerablen Bevölkerungsgruppe adipöser Erwachsener bei der Reduktion des Körpergewichts effektiv zu helfen und damit negative Einflüsse auf deren Gesundheit zu minimieren. Ziel der Arbeit ist festzustellen, ob Health Literacy und Compassion in Health Care Einfluss auf Adipositastherapie adulter Personen haben und sich daraus mögliche Lösungsansätze für die Zukunft ergeben. Methodisch wird das durch quantitative Sozialforschung mit Fragebogen, qualitative Sozialforschung mit Experteninterviews und Literaturrecherche evaluiert.
97 Fachexperten (N=97) wurden mittels-Fragebogen befragt. Statistisch ausgewertet wurden drei Hypothesenpaare mit Chi-Quadrat-Test, Spearman-Rho-Test und Likelihood-Quotienten-Test, um drei Forschungsfragen beantworten zu können. Die Ergebnisse zeigen, dass zukünftig Health Literacy und Compassion in Healthcare mehr zur Problemlösung bei Adipositasbehandlungsstrategien genützt werden könnte. In DACH-Ländern ist mehr Schulung und Forschung zu Health Literacy und Compassion in Healthcare für die Adipositastherapie notwendig, um sie ins therapeutische Setting einbeziehen zu können.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Stand der Forschung
1.1. Gesundheitsproblem Adipositas in den DACH-Ländern
1.2. Stellenwert von Public Health
1.3. Der Stellenwert von Public Health im Bereich Adipositas
1.4. Stellenwert von Health Literacy
1.5. Stellenwert von Health Literacy in Europa
1.6. Stellenwert von Health Literacy in Deutschland
1.7. Stellenwert von Health Literacy bei Adipositas
1.8. Stellenwert von Compassion in Healthcare
1.9. Compassion in Healthcare und Adipositas
1.10. Offizielle Leitlinien für die Therapie von Adipositas
2. Ziel der Arbeit
3. Material und Methoden der Forschung
3.1. Drei Forschungsfragen und Überprüfung der drei Hypothesenpaare
3.2. Erhebungsinstrumente
3.2.1. Stichprobe
3.2.2. Strukturierte Telefon-Interviews
4. Ergebnisse der Arbeit
4.1. Ergebnisse der eigenen Forschung
4.2. Auswertung der Fragebögen
4.3. Überprüfung der drei Hypothesenpaare und weitere statistische Auswertungen
4.4. Limitationen und zukünftiger Forschungsbedarf
5. Diskussion
Schlussfolgerung und Ausblick in die Zukunft
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhangsverzeichnis
ZADANIE KVALIFIKAČNEJ PRÁCE
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anotácia:
Die vorliegende Arbeit wird sich der Bedeutung von Health Literacy und Compassion in Health Care für erfolgversprechende Therapiestrategien der Adipositas bei adulten Personen widmen. Aus Public Health Sicht ist es ein Anliegen, der vulnerablen Bevölkerungsgruppe adipösen Menschen bei der Reduktion des Körpergewichts effektiv zu helfen und damit negative Einflüsse auf deren Gesundheit zu minimieren. Im Rahmen der Forschungsfrage wird durch Prüfung der sich darauf ergebenen Hypothesenpaare evaluiert, welche Bedeutung Health Literacy und Compassion in Health Care in der Adipositastherapie haben. Analysiert werden Probleme und zukünftigen Therapieansätze zur Bewältigung der globalen „Adipositas-Epidemie“ und Schaffung eines Benefits für Bevölkerungsgesundheit.
Jazyk práce: nemecký
Dátum schválenia zadania: 30.06.2019
Podpis predsedu skúšobnej komisie:
EHRENERKLÄRUNG
Ich versichere:
1. dass ich diese Rigorosumsarbeit selbstständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt, mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfe bedient und das Urheberrechtsgesetz nicht verletzt habe.
2. dass ich diese Rigorosumsarbeit bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.
3. dass diese Arbeit mit der vom Begutachter beurteilten Arbeit übereinstimmt.
Fürstenwalde, 01.10.2019 Sven-David Müller, M.Sc.
DAN KSAGUNG
Besonders danken möchte ich meinem lieben Sohn Linus Julian Müller. Mein weiterer Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen, die mich bei der Befragung unterstützt haben und insbesondere den Professoren Gabriele Stangl (Halle/Saale), Kurt Widhalm (Wien), Peter Stehle (Bonn) und Karl-Ludwig Resch (Bad Elster) sowie Dr. Susanna Bultmann- Horn (Wien) für die Möglichkeit der Experteninterviews. Mein ausdrücklicher Dank gilt Folker Reuß aus Berlin und Madlin Trümper aus Magdeburg für die großartige Hilfe.
Großer Dank und Anerkennung gilt meinerseits Dr. Susanna Bultmann-Horn für die wertschätzende Begleitung und Betreuung meiner Arbeit. Ich schätze ihre Tätigkeit und ihr Engagmement bei der Qualy-Med – Qualitätsstrategien im Gesundheitswesen GmbH in Wien sehr. Ebenso danke ich herzlich Univ. Prof. Mag. Dr. PhDr. Wilhelm Frank für seine hilfreiche Unterstützung und Erläuterung auf dem Gebiet der Statistik.
Ich widme diese Rigorosumsarbeit mit großem Dank und höchster Anerkennung meinem langjährigen und verehrten Chef am Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Herrn em. Universitätsprofessor Dr. med. Dipl. Biochem. Siegfried Matern, Direktor der Medizinischen Klinik III – Schwerpunkt Gastroenterologie und Stoffwechselkrankheiten.
ABSTRACT
MÜLLER, Sven-David: Die Bedeutung von Health Literacy und Compassion in Health Care für erfolgversprechende Therapiestrategien der Adipositas im Erwachsenenalter [Rigorosumsarbeit] / Sven-David Müller, MSc. – St. Elisabeth Universität für Gesundheitswesen und Sozialarbeit Bratislava; Institut für Gesundheitsdisziplinen Bratislava. – Fachliche Qualifikationsstufe: Doktor der Philosophie. – Bratislava: Institut für Gesundheitsdisziplinen, 2019. 109 S.
Die Bedeutung von Health Literacy und Compassion in Health Care für erfolgversprechende Therapiestrategien der Adipositas im Erwachsenenalter
Die WHO beschreibt eine globale „Übergewichts-Epidemie“. Bisherige Therapieansätze und Beratungsstrategien scheitern. Aus Public Health Sicht ist es ein Anliegen, der vulnerablen Bevölkerungsgruppe adipöser Erwachsener bei der Reduktion des Körpergewichts effektiv zu helfen und damit negative Einflüsse auf deren Gesundheit zu minimieren. Ziel der Arbeit ist festzustellen, ob Health Literacy und Compassion in Health Care Einfluss auf Adipositastherapie adulter Personen haben und sich daraus mögliche Lösungsansätze für die Zukunft ergeben. Methodisch wird das durch quantitative Sozialforschung mit Fragebogen, qualitative Sozialforschung mit Experteninterviews und Literaturrecherche evaluiert. 97 Fachexperten (N=97) wurden mittels-Fragebogen befragt. Statistisch ausgewertet wurden drei Hypothesenpaare mit Chi-Quadrat-Test, Spearman- Rho-Test und Likelihood-Quotienten-Test, um drei Forschungsfragen beantworten zu können. Die Ergebnisse zeigen, dass zukünftig Health Literacy und Compassion in Healthcare mehr zur Problemlösung bei Adipositasbehandlungsstrategien genützt werden könnte. In DACH-Ländern ist mehr Schulung und Forschung zu Health Literacy und Compassion in Healthcare für die Adipositastherapie notwendig, um sie ins therapeutische Setting einbeziehen zu können.
Schlüsselwörter:
Adipositas. Health Literacy. Compassion in Healthcare. Public Health -Therapiekonzepte.
ABSTRACT
MÜLLER, Sven-David: The Relevance of Health Literacy and Compassion in Health Care for promising therapeutic strategies for obesity in adulthood. [Doctoral thesis]/ Sven-David Müller, MSc. – University of Health and Social Work st. Elizabeth in Bratislava; Institute of Health Disciplines, – Degree qualifications: Doctor of Philosophy. – Bratislava: Institute of Health Disciplines, 2019. 109 p.
The Relevance of Health Literacy and Compassion in Health Care for promising therapeutic strategies for obesity in adulthood
The WHO depicts a global “overweight epidemic“. Previous therapeutic approaches and counselling strategies fail. From a point of view of public health, it is important to help the vulnerable population of obese adults to reduce their body weight effectively and thus to minimize negative impacts on their health. The aim of this research paper is to determine whether health literacy and compassion in health care have an influence on obesity therapy for adults and thus provide prospective solutions. Methodically this is evaluated by quantitative social research with questionnaires, qualitative social research with expert interviews and literature research. 97 experts (N=97) were interviewed by questionnaire. Three pairs of hypotheses were statistically evaluated by using the chi-squared test, Spearman's Rho and the likelihood-ratio test to answer three research questions. The results show that health literacy and compassion in health care could be used to solve problems in treatment strategies for obesity. In DACH-countries, a higher level of education and research on health literacy and compassion in health care concerning adiposity therapy is necessary to include them in the therapeutic setting.
Keywords:
Obesity. Health Literacy. Compassion in Healthcare. Public Health- Therapy Concepts.
ABSTRAKT
MÜLLER, Sven-David: Titel der Rigorosumsarbeit (slowakisch). [Rigorózna práca]/ Titel Sven-David Müller, MSc. – Vysoká škola zdravotníctva a sociálnej práce sv. Alžbety Bratislava; Ústav zdravotníckych disciplín Bratislava. – Stupeň odbornej kvalifikácie: Doktor filozofie. – Bratislava: Ústav zdravotníckych disciplín, 2019. 109 s.
Význam Health Literacy a Compassion v zdravotnej starostlivosti sľubných terapeutických
WHO popisuje globálnu „epidémiu s nadváhov“. Doterajšie terapeutické postupy a poradenské stratégie zlyhávajú.Z hľadiska verejného zdravia je dôležité pomáhať zraniteľnej / vulnerabilnej skupine obyvateľstva obéznych dospelých, účinne znižovať ich telesnú hmotnosť a tým minimalizovať negatívne vplyvy na ich zdravie. Cieľom práce je zistiť, či má Health Literacy a Compassion v zdravotnej starostlivosti vplyv na terapiu adipozity u dospelých a či to do budúcnosti vedie k možným riešeniam. Metodicky sa to hodnotí kvantitatívnym sociálnym výskumom s dotazníkmi, kvalitatívnym sociálnym výskumom s rozhovormi Expertov a literárnej recherche.Dotazníkom sa poskytlo interview s 97 odborníkmi (N=97). Na zodpovedanie troch výskumných otázok sa štatisticky hodnotili tri páry hypotéz podľa Chi-Quadrat, Spearman-Rho a Likelihood-Quotient testu. Výsledky ukazujú, že by sa v budúcnosti Health Literacy a Compassion v zdravotnej starostlivosti mohla viac využívať na riešenie problémov v stratégiách liečby obezity. V krajinách DACH je potrebné ďalšie vzdelávanie a výskum v oblasti Health Literacy a Compassion v zdravotnej starostlivosti, aby sa liečba obezity mohla zahrnúť do terapeutického prostredia.
Kľúčovéslová
Obezita/Adipositas. Health Literacy a Compassion v zdravotnej starostlivosti. Public Health - terapeutické koncepty.
A BBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb. 1: Männer und Frauen mit Adipositas (BMI ≥ 30) in Deutschland - Anteile an der gleichaltrigen Bevölkerung Quelle: © Robert Koch-Institut 2014, Studie DEGS1, Erhebung 2008–2011
Abb. 2: Gesundheitskompetenz der Menschen in Deutschland Quelle: © (Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz, 2016)
Abb. 3: Gesundheitskompetenzniveau in DeutschlandQuelle: © (Schaeffer, 2017)
Abb. 4: Entwicklung der Adipositasprävalenz in 200 Ländern (1974 bis 2014) Quelle: (The Lancet, 2019)
TABELLENVERZEICHNIS
Tab. 1: Alter der Befragten (Teil 1)
Tab. 2: Alter der Befragten (Teil 2)
Tab. 3: Wohnort der Befragten
Tab. 4: Ort der Berufstätigkeit der Befragten
Tab. 5: Geschlecht der Befragten
Tab. 6: Beruf der Befragten
Tab. 7: Berufserfahrung (in Jahren) der Befragten
Tab. 8: Entwicklung der Adipositasprävalenz im Heimatland/Region der Probanden in den letzten 10 Jahren
Tab. 9: Meinung der Befragten zu bisherigen Adipositastherapie-Konzepten
Tab. 10: Probleme in der Adipositastherapie: Geringe Finanzierung
Tab. 11: Probleme in der Adipositastherapie: Geringe Bereitschaft der Patienten
Tab. 12: Probleme in der Adipositastherapie: Geringe Bereitschaft der Therapeuten
Tab. 13: Probleme in der Adipositastherapie: Geringer Ausbildungsstand der Therapeuten
Tab. 14: Probleme in der Adipositastherapie: Zu wenig Spezialisten
Tab. 15: Probleme in der Adipositastherapie: Zu wenig interdisziplinäre Adipositasteams
Tab. 16: Probleme in der Adipositastherapie: Unzureichende Anti-Adipositaspharmaka
Tab. 17: Probleme in der Adipositastherapie: Nicht-Anerkennung von Adipositas als Erkrankung
Tab. 18: Probleme in der Adipositastherapie: Zu wenig bariatrische Operationen
Tab. 19: Probleme in der Adipositastherapie: Unzureichende Einbeziehung von Health Literacy
Tab. 20: Probleme in der Adipositastherapie: Unzureichende Einbeziehung von Compassion in Healthcare
Tab. 21: Problemlösung für die Adipositastherapie: Mehr Präventionskonzepte
Tab. 22: Problemlösung für die Adipositastherapie: Mehr spezialisierte Ernährungsberatungsangebote
Tab. 23: Problemlösung für die Adipositastherapie: Mehr spezialisierte Bewegungsangebote
Tab. 24: Problemlösung für die Adipositastherapie: Einführung von Steuern, Verboten oder Warnhinweisen
Tab. 25: Problemlösung für die Adipositastherapie: Mehr Health Literacy
Tab. 26: Problemlösung für die Adipositastherapie: Mehr Compassion in Healthcare
Tab. 27: Problemlösung für die Adipositastherapie: Mehr Interdisziplinarität
Tab. 28: Problemlösung für die Adipositastherapie: Spezifischere Diagnostik
Tab. 29: Problemlösung für die Adipositastherapie: Spezifischere Verlaufskontrolle
Tab. 30: Problemlösung für die Adipositastherapie: Einbeziehung von Entspannungstechniken
Tab. 31: Problemlösung für die Adipositastherapie: Verbesserte Schlafhygiene
Tab. 32: Problemlösung für die Adipositastherapie: Mehr Kommunikationstraining
Tab. 33: Stellenwert zukünftiger Forschungsansätze: Nutrigenomik-Forschung
Tab. 34: Stellenwert zukünftiger Forschungsansätze: Individualisierte Ernährungskonzepte
Tab. 35: Stellenwert zukünftiger Forschungsansätze: Pharmazeutische Forschung
Tab. 36: Stellenwert zukünftiger Forschungsansätze: Endokrinologische Forschung
Tab. 37: Stellenwert zukünftiger Forschungsansätze: Genetische Forschung
Tab. 38: Stellenwert zukünftiger Forschungsansätze: Mikrobiom-Forschung
Tab. 39: Stellenwert zukünftiger Forschungsansätze: Neurowissenschaftliche Forschung
Tab. 40: Stellenwert zukünftiger Forschungsansätze: Affekt-Forschung
Tab. 41: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – emotional appellierend
Tab. 42: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – rational aufklärend
Tab. 43: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Interdisziplinarität
Tab. 44: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Erlebnisorientierung
Tab. 45: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Praxisrelevanz
Tab. 46: Verstärkte Einbeziehung von betrieblicher Gesundheitsförderung
Tab. 47: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Gesundheitsförderung im Kindergarten
Tab. 48: Tab. 50: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Gesundheitsförderung in der Schule (1.-4. Klasse)
Tab. 49: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Gesundheitsförderung in der Schule (ab 5. Klasse)
Tab. 50: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Gesundheitsförderung während Ausbildung/Studium
Tab. 51: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Öffentliches Gesundheitswesen
Tab. 52: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Allgemeine öffentliche Gesundheitsförderung
Tab. 53: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Depressionsvorbeugung/-therapie
Tab. 54: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Public Health
Tab. 55: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Verhaltenstherapie
Tab. 56: Effektivere Adipositasaufklärungskonzepte – Gegenseitige Wertschätzung
Tab. 57: Nichtparametrische Tests – Kruskal-Wallis-Test/Ränge
Tab. 58: Chi-Quadrat-Test FLA_5 und FLA_6
Tab. 59: Kreuztabelle FOB_3_1 und FPA_10
Tab. 60: Chi-Quadrat-Tests
Tab. 61: Symmetrische Maße (bei Wechsel zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen ändert sich das Maß nicht)
Tab. 62: Kreuztabelle EPA_11 und FOB_3_1
Tab. 63: Chi-Quadrat-Tests
Tab. 64: Korrelationen FAZ_11, FFA_5 und FFA_6
Tab. 65: Nichtparametrische Korrelation FBE_6, FPA_10 und EPA_11
Tab. 66: Mittelwertbericht
Tab. 67: Nichtparametrische Tests/Kruskal-Wallis-Test/Statistik für Test a,b
A BKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
Die vorliegende explorative Rigorosumsarbeit widmet sich der Bedeutung von Health Literacy und Compassion in Healthcare für erfolgversprechende Therapiestrategien der Adipositas bei adulten Personen. Die Einleitung bietet einen Überblick über die Thematik. Aus Public Health Sicht ist es ein Anliegen, der vulnerablen Bevölkerungsgruppe adipöser erwachsenen Personen bei der Reduktion des Körpergewichts effektiv zu helfen und damit negative Einflüsse auf deren Gesundheit zu minimieren. Im Rahmen der sechs Forschungsfragen wird durch Prüfung der sich daraus ergebenden sechs Hypothesenpaare ermittelt, welchen Stellenwert Health Literacy und Compassion in Healthcare in der Adipositastherapie haben. Analysiert werden die Probleme und zukünftigen Therapieansätze zur Bewältigung der globalen „Adipositas- Epidemie“ und Schaffung eines Benefits für die Bevölkerungsgesundheit durch innovative Adipositastherapiekonzepte.
Adipositas wird als Vermehrung des Körperfetts definiert, die über das normale Maß hinausgeht und mit Gefahren für die Gesundheit sowie einem erhöhten Risiko für Folgekrankheiten einhergeht (Hauner H., 2013). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Adipositas als einen Body Mass Index über 30,0 (World Health Organization, 1997).
Klassifizierung des Body Mass Index nach den Richtlinien der WHO (1998): Klassifikation BMI (kg/m2)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Adipositas stellt ein global und besonders in vielen Staaten Mitteleuropas wie der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und Schweiz (DACH-Länder) laut WHO und nationaler Behörden wie dem Robert Koch-Institut in Berlin eine ungelöste Public Health Problemstellung relevanten Ausmaßes bezüglich Morbidität, Mortalität und natürlich auch Ökonomie und psychosozialer Folgen für die Betroffenen dar. Der Anteil von übergewichtigen und adipösen Erwachsenen ist nach Angaben von Statista (Deutschland) von 45% der Bevölkerung in Deutschland im Jahr 1999 auf 52,7% im Jahr 2017 angestiegen (Radtke, 2019). Adipositas ist global ein eminent wichtiges Bevölkerungsgesundheitsproblem, hat höchste Public Health Relevanz und 650 Millionen Menschen leiden weltweit daran (Deutsches Ärzteblatt, 2016). Nach Angaben des Regionalbüros der Weltgesundheitsorganisation hat die Adipositasprävalenz endemische Ausmaße angenommen (Weltgesundheitsorganisation Regionalbüro für Europa, 2017) und wird von der WHO als „Adipositas-Epidemie“ bezeichnet.
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass im Jahr 2008 global rund 1,5 Milliarden Menschen übergewichtig oder adipös waren. Im Jahr 1980 waren es rund 50% weniger Betroffene. Die Zunahme der Übergewichtigen und Adipösen in diesem Zeitraum ist aus Public Health Sicht ein extremer Tatbestand.
Forscher der US-amerikanischen Tulane University rechnen im Jahr 2030 beim Anhalten der jüngsten säkularen Trends mit 2,16 Milliarden Übergewichtigen und 1,12 Milliarden Adipösen. Insgesamt wären damit im Jahr 2030 fast 3,3 Milliarden Menschen (3,28 Milliarden Menschen) übergewichtig und adipös (Kelly, 2008 S. 1431–1437).
In vielen Ländern der Dritten Welt liegt die Rate der übergewichtigen Frauen bereits über jener der untergewichtigen Frauen. Die Folgen für die Bevölkerungsgesundheit durch Adipositas sind enorm und nach internationaler Experteneinschätzung fehlen nach wie vor wirksame Therapien (Pohl, 2018).
Für die Bevölkerungsgesundheit sind Folgeerkrankungen der Adipositas dramatisch (Lehnert, 2013 S. 105). Die WHO führt 44% der Diabetes mellitus Erkrankungen (Typ 2 Diabetes mellitus) und rund 40% bestimmter Tumorentitäten direkt oder indirekt auf Adipositas zurück. Adipositas führt zusammenfassend zu gesundheitlichen sowie finanziellen Belastungen (Widhalm, 2015).
Das Robert Koch-Institut gibt die Adipositasprävalenz in Deutschland mit 18,1% an. Sie unterscheidet sich zwischen den Geschlechtern unwesentlich. Mit zunehmendem Alter steigt bei beiden Geschlechtern die Adipositasprävalenz. Die GESA-Daten (Gießener Ernährungsstudie über das Ernährungsverhalten von Armutshaushalten) von 2014 zeigen im Vergleich zu denen von 2010 eine Zunahme der Adipositasprävalenz (Schienkiewitz, 2017 S. 21-28). Der Anteil der Adipösen ist seit 1998 laut Bundes-Gesundheitssurvey des Robert Koch-Instituts von 19,5 auf 23,3% bei den Männern und bei Frauen von 23,1 auf 23,9% angestiegen (Statista, 2017).
National und international nimmt die Adipositasprävalenz vor dem Hintergrund der Angaben des Robert Koch-Instituts und der WHO zu. In Deutschland verursachten die direkten Adipositas-Behandlungskosten im Jahr 2003 nach Angaben der Deutschen Adipositas Gesellschaft 85 Millionen Euro und die adipositasbedingten Folgeerkrankungen rund 11,3 Milliarden Euro. Die indirekten Kosten der Adipositas, beispielsweise für Arbeitsausfälle und frühzeitige Berentung, betrugen 1,4 bis 1,6 Milliarden Euro (Universitätsmedizin Leipzig, 2019). In den westlichen Industriestaaten - wie den DACH- Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz) - machen durch Übergewicht und Adipositas bedingte Kosten 5 bis 15% der gesamten Gesundheitsausgaben aus. Die Folgekosten der Adipositas werden in den USA mit 150 bis 200 Milliarden US-Dollar angegeben. In den USA liegt die Adipositasprävalenz mit 34% der erwachsenen Bevölkerung deutlich höher als in Deutschland (Statista, 2017).
Die Adipositas-bedingten Kosten in Deutschland werden auf bis zu 15% der Gesamtkosten im Gesundheitswesen eingeschätzt (Statista, 2017). Die WHO gibt an, dass in der Europäischen Region 23% aller Frauen und 20% aller Männer adipös sind (Weltgesundheitsorganisation Regionalbüro für Europa, 2017).
Health Literacy ist nach Einschätzung der WHO ein entscheidender Faktor in der Gesundheitsförderung und Linderung von Krankheiten (Kickbusch, 2013 S. IV-V). In Deutschland wird der Begriff Health Literacy mit „Gesundheitskompetenz“ übersetzt (Kickbusch, 2013). Compassion in Healthcare hat sich in der Gesundheitsförderung und Betreuung von kranken Menschen international etabliert. Compassion in Healthcare ist das Mitgefühl oder die Sensibilität im Umgang mit dem Patienten, die als empathische Reaktion des Therapeuten oder Beraters auf das Leiden zur Lösung der Probleme führt. Dieses Mitgefühl sollte eine Pflicht in der täglichen Arbeit der Gesundheitsberufe sein (Perez, 2016).
1. Stand der Forschung
In diesem Kapitel wird der aktuelle Kenntnisstand der publizierten Wissenschaft und Forschung insbesondere zu Health Literacy, Compassion in Healthcare sowie Adipositas und Adipositastherapie erläuternd dargestellt.
1.1. Gesundheitsproblem Adipositas in den DACH-Ländern
Das Wort Adipositas wird international auch als Obesitas (lat.) oder Obesity (engl.) bezeichnet (World Health Organization, 2019). Die deutschsprachige Übersetzung von Adipositas wird oft mit „Fettsucht“ oder „starkem Übergewicht“ angegeben. Der Begriff Fettsucht ist jedoch medizinisch inkorrekt, für die Betroffenen diskriminierend und sollte daher in der Prophylaxe, Therapie und dem Dialog mit Betroffenen nicht verwendet werden.
Adipöse Menschen haben mehr Körpergewicht als andere Menschen und weisen mehr Körperfett auf. Für die anthropometrische Klassifikation der Adipositas bieten sich Körpergewicht in Kilogramm, Körperlänge in Metern und auch Umfangsmessungen in Zentimetern an (Wirth, 2000 S. 3). Adipositas und sonstige Formen der Überernährung sind mit E65 bis E68 im ICD-10-Code klassifiziert (ICD-Code, 2019).
International zur Bewertung des Körpergewichts ist der Body Mass Index gebräuchlich, der als BMI abgekürzt wird. Der BMI ist die Zahl, die aus dem Gewicht in Kilogramm und der Größe in Metern zum Quadrat berechnet wird. Die BMI-Maßeinheit ist kg/m2.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Während im Mittelalter ein hohes Körpergewicht als maßgebendes Anzeichen für Wohlstand angesehen wurde, hat sich nunmehr starkes Übergewicht zum Hauptgesundheitsproblem entwickelt (Abel-Wanek, 2014). Nach Angabe von Peitz und Warschburger ist starkes Übergewicht eines der größten aktuellen Gesundheitsprobleme. Die Therapieerfolge sind als gering einzustufen. Das trifft insbesondere auf die langfristige, nachhaltige Gewichtsstabilisierung nach einer Gewichtsabnahme zu. Daher sind neue Therapiekonzepte erforderlich (Peitz, 2017 S. 154-159).
Für erwachsene Menschen, die im Fokus dieser Rigorosumsarbeit stehen, ist der BMI ein Indikator für die Bewertung des Körpergewichts und den Körperfettanteil. Der Body Mass Index dient dem Screening nach Gewichtsklassen von Populationen und nicht der exakten individuellen Bewertung des Körpergewichts von Einzelpersonen. Eine Adipositas liegt vor, wenn der BMI 30,0 oder mehr beträgt (Mooren, 2012). Die WHO gibt unter anderem folgende Key Facts zum Thema Adipositas am 16. Februar 2018 bekannt (World Health Organization, 2018):
- Die globale Adipositasprävalenz hat sich seit 1975 fast verdreifacht.
- Im Jahr 2016 waren mehr als 650 Millionen Menschen weltweit adipös.
- Global sind 13 % der Erwachsenen-Bevölkerung adipös.
- Der größte Teil der Weltbevölkerung lebt in Ländern, in denen Übergewicht und Adipositas mehr Menschen tötet als Untergewicht.
- Übergewicht ist vermeidbar.
Als Hauptursache für Adipositas gibt die WHO ein Energieungleichgewicht zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch an. Global ist eine erhöhte Aufnahme von Lebensmitteln, Getränken und Speisen mit einer hohen Energiedichte, die reich an Fett und/oder Zucker sind, zu konstatieren. Zudem ist eine Zunahme der körperlichen Inaktivität und Verstädterung als Ursache festzustellen. Durch Umwelt- und Gesellschaftsveränderungen kommt es zu Änderungen der Ernährungs- und Bewegungsmuster. Es fehlen unterstützende Maßnahmen, unter anderem in den Bereichen Gesundheitsförderung und Bildung zu Gesundheitsthemen.
Adipositas ist ein bedeutsames Merkmal für die Beschreibung des Gesundheitszustandes einer Bevölkerung. Die WHO stuft Adipositas als eigenständige Krankheit ein (Schienkiewitz, 2017 S. S. 21-28). Adipositas ist eines der bedeutendsten Gesundheitsprobleme weltweit und auch in Deutschland (Schlenk, 2003) wird es als solches eingeschätzt. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts sind in Deutschland 67% aller erwachsenen Männer und 53% der erwachsenen Frauen übergewichtig. Der Adipositasanteil der erwachsenen Bevölkerung liegt bei den Männern bei 23% und bei Frauen bei 24%.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Männer und Frauen mit Adipositas (BMI ≥ 30) in Deutschland - Anteile an der gleichaltrigen Bevölkerung
Quelle: © Robert Koch-Institut 2014, Studie DEGS1, Erhebung 2008–2011
Adipositas ist Mitursache für verschiedene gesundheitliche Beschwerden (Komorbidität für andere Erkrankungen), kann die Entstehung von chronischen Erkrankungen begünstigen (Robert Koch-Institut, 2018) und hat vor diesem Hintergrund eine sehr hohe Public Health Relevanz. Die WHO fasst die häufigsten gesundheitlichen Folgen von Übergewicht und Adipositas zusammen. Ein erhöhter Body Mass Index ist Hauptrisikofaktor für nicht übertragbare Erkrankungen wie beispielsweise:
- Kardiovaskuläre Krankheiten (insbesondere koronare Herzkrankheiten und Insult), die häufigsten Todesursachen,
- Diabetes mellitus Typ 2,
- Krankheiten des Bewegungsapparates (insbesondere degenerative Gelenkkrankheiten wie beispielsweise Arthrose) und
- Einige Tumorentitäten (einschließlich Gebärmutterschleimhaut-, Brust- Eierstock-, Prostata-, Leber-, Gallenblasen-, Nieren- und Dickdarmkarzinome).
Übergewicht und Adipositas sind nach Einschätzung der WHO weitgehend vermeidbar. Für die Prophylaxe von Übergewicht und Adipositas empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation die Auswahl gesünderer (gesundheitsförderlicher) Lebensmittel und regelmäßige körperliche Aktivität (Alltagsbewegung und sportliche Aktivität). Die Gesellschaft muss dafür unter anderem gewährleisten, dass gesündere Lebensmittel leicht zugänglich und erschwinglich sind. Menschen, die sich vor Übergewicht und Adipositas schützen möchten, können die Energieaufnahme aus Fett und Zucker (Saccharose und andere Zuckerarten) begrenzen sowie den Verzehr von pflanzlichen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Vollkornbrot, Nüssen und Hülsenfrüchten steigern. Erwachsene sollten wöchentlich 150 Minuten körperlich aktiv sein.
Weiterhin stellt die Weltgesundheitsorganisation fest, dass das Risiko für die vorgenannten adipositas(-mit)bedingten Erkrankungen mit steigendem Body Mass Index (≥ 30) steigt (World Health Organization, 2018). Die Empfehlungen der World Health Organization zur Prophylaxe und Therapie der Adipositas unterstreichen die Notwendigkeit einer koordinierten Zusammenarbeit zwischen staatlichen Sektoren, Gemeinden, aber auch Massenmedien und dem privaten Sektor. Das Körpergewicht Adipöser sollte nach Angaben der WHO insbesondere durch eine Veränderung des Ernährungsverhaltens und eine Vermehrung der körperlichen Aktivität (Sport und Alltagsbewegung) nachhaltig geändert werden (World Health Organization, 2016). Am 16. November 2006 wurde auf der Europäischen Ministerkonferenz der WHO im türkischen Istanbul die Europäische Charta zur Bekämpfung der Adipositas im Namen aller EU- Mitgliedsstaaten unterzeichnet. Diese Aufwertung der Adipositas-Problematik in allen Bereichen von Staaten und Gesellschaft bis hin zum Individuum war das Ziel der Ministerkonferenz (IPG-Newsletter Gesundheitsfoerderung, 2006).
Unter Punkt 2.3.2 der Europäischen Charta zur Bekämpfung der Adipositas ist angegeben, dass (Zitat): „Maßnahmen gegen Adipositas sollten in Gesamtstrategien gegen nichtübertragbare Krankheiten sowie in Gesundheitsförderungsmaßnahmen und den größeren Zusammenhang nachhaltiger Entwicklung einbezogen werden. Bessere Ernährung und mehr Bewegung bewirken eine wesentliche und oft schnelle Verbesserung der Bevölkerungsgesundheit über die Vorteile einer Verringerung von Übergewicht und Adipositas hinaus.“ (Europäische Ministerkonferenz zur Bekämpfung der Adipositas, 2006).
Für den 13. Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (Deutsche Gesellschaft für Ernährung, 2016) werteten die für das Thema verantwortlichen Autoren Michael Krawinkel, Katja Schneider und Leonie Knorpp die Evidenz von Maßnahmen der Verhaltens- und Verhältnisprävention von Adipositas aus. Sie wiesen eindeutig nach, dass die Wirksamkeit von Maßnahmen der Adipositasprophylaxe nicht eindeutig nachgewiesen werden kann. Zitat aus dem 13. Ernährungsbericht: „ Unser Appell ist, dass der Aufwand für die wissenschaftliche Begleitung aller Maßnahmen zur Adipositasprävention auf allen Ebenen deutlich erhöht werden muss, wenn wir zu belastbaren Schlussfolgerungen und zu den wirklich funktionierenden Wegen der Adipositasforschung finden wollen." (Ernährungs Umschau, 2017).
1.2. Stellenwert von Public Health
Public Health ist ein anwendungsorientiertes medizinisches Fachgebiet. Die Öffentliche Gesundheitspflege dient der öffentlichen Gesundheit oder Bevölkerungsgesundheit. Der Begriff Volksgesundheit sollte vor dem Hintergrund des Missbrauchs dieses Begriffs im sogenannten „Dritten Reich“ (Hauptamt für Volksgesundheit der NSDAP) nicht verwendet werden (Möhrle, 1996 S. 44-55). Vor diesem geschichtlichen Hintergrund wird in dieser Rigorosumsarbeit die Bezeichnung von Public Health in deutscher Sprache in Form der Bevölkerungsgesundheit und der Öffentlichen Gesundheitspflege genutzt. Anfänglich galt es, durch Public Health Maßnahmen Infektionskrankheiten einzudämmen und im Laufe der Zeit entwickelten sich daraus auch Public Health Präventions- und Behandlungsprogramme von chronischen Erkrankungen wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Diabetes mellitus und seit einiger Zeit auch im Bereich Übergewicht und Adipositas. In Deutschland wird Public Health durch die Deutsche Gesellschaft für Public Health e. V. vertreten (http://www.deutsche-gesellschaft-public-health.de/).
Kickbusch, Maag und Saan beschreiben im Jahr 2005 die Gesundheitskompetenz als einen Teil des Empowerment-Prozesses: Gesundheitskompetenz befähigt Menschen zur Selbstbestimmung und zur Übernahme von Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit bezüglich ihrer Gesundheit (Kickbusch, 2005 S. 10). Grundsätzlich zielt die Gesundheitsförderung darauf ab, die Ressourcen für die Gesunderhaltung zu stärken. Ziel ist, die Menschen zu befähigen, durch selbstbestimmtes Handeln ihre Gesundheitschancen zu erhöhen (Robert Koch-Institut, 2015).
1.3. Der Stellenwert von Public Health im Bereich Adipositas
Der mit Bevölkerungsgesundheit übersetzte Begriff Public Health und die Erhöhung des Körpergewichts in Form von Übergewicht und Adipositas hängen eng zusammen. Die zunehmende Prävalenz und Ausprägung von Adipositas weltweit hat Public Health Relevanz (Schienkiewitz, 2017 S. S. 21-28). Vor dem Hintergrund der endemischen Ausbreitung von Adipositas und den daraus folgenden Krankheiten sind sowohl effektive und nachhaltige Therapiemaßnahmen, als auch Public Health Strategien zur Vorbeugung von Übergewicht und Adipositas notwendig. Nur beim Vorliegen von Public Health Strategien kommt es zu Erfolgen in der Therapie des adipösen Individuums (Müller, 2002). Während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bestimmten insbesondere Infektionskrankheiten sowie Unterernährung und Untergewicht als Folgen der beiden Weltkriege, die in vielen Regionen der Welt weit verbreitet waren, die Handlungen der WHO und die Maßnahmen im Bereich Public Health.
Inzwischen bestimmt die „Epidemie“ von Übergewicht und Adipositas, die insbesondere durch den westlichen Ernährungsstil und den Bewegungsmangel hervorgerufen werden und zu Erkrankungen führen, die dadurch bedingt oder mitbedingt sind, die Programme der WHO und erfordert Public Health Programme gegen die zunehmende Übergewicht- und Adipositasprävalenz (Müller, 2002 S. 11-20). Im Health Panorama der WHO zeigt sich im Artikel „Eine Trendwende bei Adipositas und ungesunder Ernährung“. Im Beitrag wird die Herausforderungen der Länderregierungen bei der Gestaltung von Konzepten zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit (Public Health) im Bereich Adipositas und Ernährung. (Weltgesundheitsorganisation Regionalbüro für Europa, 2017) beschrieben.
Im November 2006 führte das Regionalbüro Europa der Weltgesundheitsorganisation als Antwort auf die „Adipositas-Epidemie“ eine Konferenz durch (Branca, 2007 S. 1-70). Der Welt-Adipositas-Tag findet jährlich am 11. Oktober statt. Weltweit sterben jährlich 2,8 Millionen Menschen an den direkten oder indirekten Folgen von Übergewicht und Adipositas (Weltgesundheitsorganisation Regionalbüro für Europa, 2017).
Für das öffentliche Gesundheitswesen und die Bevölkerungsgesundheit ist die global zunehmende Zahl von Menschen mit Übergewicht und Adipositas eine nachhaltige und sich zuspitzende Bedrohung. Während noch vor zwei Jahrzehnten Hunger, Mangelernährung und Untergewicht die Ernährungsproblematik in vielen Ländern bestimmt haben, nimmt die Zahl der Hungernden inzwischen nicht mehr rasant zu. Die FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) gibt an, dass die Anzahl der hungernden Menschen weltweit im Jahr 2018 bei 821,6 Millionen lag (Food and Agriculture Organization of the United States, 2019). Demgegenüber gibt die FAO an, dass Übergewicht und Adipositas in allen Regionen weltweit weiter zunehmen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter. Die FAO-Zahlen zu Übergewicht und Adipositas für das Jahr 2018 sind erschreckend (Food and Agriculture Organization of the United States, 2019):
- Kinder unter 5 Jahren mit Übergewicht (2018): 40 Millionen (5,9%),
- Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter, die übergewichtig sind (2016): 338 Millionen,
- Erwachsene mit Adipositas: 672 Millionen (13% oder 1 von 8 Erwachsenen) und
- Jugendliche und Erwachsene, die übergewichtig sind: 207 Millionen Jugendliche und 2 Milliarden Erwachsene. Rund ein Drittel der übergewichtigen Jugendlichen und Erwachsenen sowie 44% der überwichtigen Kinder (5 bis 9 Jahre alt) waren adipös.
1.4. Stellenwert von Health Literacy
Health Literacy wird übersetzt mit Gesundheitskompetenz (Abel, 2015). Gesundheitskompetenz ist insbesondere die Fähigkeit des Individuums, Gesundheitsinformationen zu ergründen, zu verstehen, zu beurteilen und den Erkenntnisgewinn im Alltag anzuwenden. Das Konzept der Health Literacy stammt ursprünglich aus den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und gewinnt weltweit an Bedeutung (Vogt, 2016). Erstmalig tauchte Health Literacy im Jahre 1974 in einer Arbeit von S.K. Simonds auf (Simonds, 1974). In den vergangenen Jahrzehnten wurde der Begriff Health Literacy mehrfach Iterationen (des semantischen Wandels) unterzogen. Zu Beginn wurde die Health Literacy insbesondere mit der Schreib- und Lesefertigkeit von Menschen in Zusammenhang gebracht. Natürlich stellen diese Fertigkeiten wichtige Komponenten der Gesundheitskompetenz von Individuen dar, aber Health Literacy geht in der heutigen Zeit weit darüber hinaus (Kickbusch, 2005 S. S.55).
Zurückzuführen ist das Health Literacy-Konzept auf Diskussionen zu literalen Fähigkeiten (literalen von lat. „littera“ = Buchstabe - Bildung – insbesondere Sprach- und Lesefähigkeit) auf dem Bildungsgipfel im Jahre 1989 im US-amerikanischen Charlottesville (U.S. Department of Education (1990) National Adult Literacy Survey (NALS). Education Testing Service, Washington). In Charlottesville standen die Richtlinien und das Ziel der Optimierung der Bildung der Bevölkerung in den USA im Fokus.
Die Definition der Health Literacy hat sich national, europäisch und international entwickelt. Im Jahr 2000 erfolgte eine weitere Veröffentlichung der Definition in der U.S. National Library of Medicine. Die Entwicklung ist entscheidend und lautet unter anderem (Auszug und Zitat aus der Definition): „ […] inwieweit Personen in der Lage sind, grundsätzliche Gesundheitsinformationen […] zu erlangen, zu verarbeiten und zu verstehen, die für eine angemessene Gesundheitsentscheidung notwendig sind.“ (U.S. Department of Health and Human Services, 2000). Diese Definition beinhaltet mehr als die rein literalen Fähigkeiten, denn hier sind auch das Verarbeiten und das Verständnis von basalen Gesundheitsinformationen und das Treffen angemessener Gesundheitsentscheidungen genannt. Mit dieser Definition ergibt sich neben der Compliance (Therapietreue) auch ein aktiver Part für den einzelnen Menschen (das Individuum), denn die Health Literacy lässt sich als Voraussetzung zur angemessenen Entscheidungsfindung in der Gesundheitsentscheidung verstehen.
Die WHO hat mit ihrer Health Literacy Definition (Health Promotion Glossary) im Jahr 1998 maßgeblich zu dieser wichtigen Entwicklung für die Gesundheitsförderung und den Public-Health-Programm-Bereich beigetragen [Zitat]: „ Health Literacy represents the cognitive and social skills that determine the motivation and ability of individuals to gain access to, understand and use information in ways which promote and maintain good health. Health Literacy means more than being able to read pamphlets and successfully make appointment. By improving peoples’ access to health information, and their capacity to use it effectively, health literacy is critical to empowerment.“ [ Eigene Übersetzung: “Gesundheitskompetenz stellt die kognitiven und sozialen Fähigkeiten dar, die die Motivation und Fähigkeit des Einzelnen bestimmen, Zugang zu Informationen zu erhalten, zu verstehen und zu nutzen, die eine gute Gesundheit fördern und erhalten. Gesundheitskompetenz bedeutet mehr als das Lesen von Broschüren und die erfolgreiche Terminvereinbarung. Durch die Verbesserung des Zugangs der Menschen zu Gesundheitsinformationen und ihrer Fähigkeit, diese effektiv zu nutzen, ist die Gesundheitskompetenz entscheidend für die Stärkung der Selbstbestimmung.”] (Parker, 2000 S. S.16ff).
Literalität wird wie folgt definiert: „Using printed and written information to function in society, to achieve one’s goals, and develop one’s knowledge and potential.” [Eigene Übersetzung: „Nutzung von gedruckten und schriftlichen Informationen, um in der Gesellschaft zu funktionieren, die eigenen Ziele zu erreichen und das eigene Wissen und Potenzial zu entwickeln.“ ] (U.S. Department of Education, 1990). Das Ergebnis des NALS war unter anderem, dass zwischen 21 und 23% der befragten Erwachsenen das geringste Literalitätsniveau erreichten. Demzufolge hatte dieser Teil der Befragten deutliche Probleme mit Informationsmaterialien in schriftlicher und numerischer Form (beispielsweise Lesen eines Busfahrplans) (Kirsch, 2002). Daraus ergeben sich auch Konsequenzen für die Gesundheitsaufklärung und den Umgang mit Krankheiten. Gerade schriftliche Materialien in der Beratung und Schulung von Patienten werden von einem relevanten Prozentsatz nicht oder nur unzureichend verstanden (Parker, 2000 S. 277–283).
Das von der WHO im Jahr 2013 von den Autoren Ilona Kickbusch, Jürgen M. Pelikan, Franklin Apfel und Agis D. Tsouros herausgegebene Buch „Health Literacy – the solid facts“ zeigt auf, dass die massive Überflutung der Menschen mit Informationen und Fehlinformationen zu Gesundheit und Krankheit eine adäquate Gesundheitskompetenz im Sinne der Gesundheitsförderung sowie Vermeidung oder Linderung von Krankheiten erforderlich machen. Eine niedrige Gesundheitskompetenz begünstigt Risikoverhalten und fördert die Entstehung von Krankheiten (Kickbusch, 2013 S. S.134).
Bis zur Industrialisierung waren Übergewicht und Adipositas ein Anzeichen von Wohlstand. Demgegenüber ist insbesondere die Adipositas heute das führende Gesundheitsproblem weltweit. In einer Studie zeigte sich, dass die physische Gesundheit von Probanden mit großen Leseproblemen im Vergleich zu Probanden mit besseren Lesekenntnissen statistisch signifikant (p < 0,002) schlechter ist. Als Schlussfolgerung geben die Autoren an, dass in den USA Analphabetentum und mangelhafter Gesundheitsstatus unabhängig voreinander zusammenhängen (Weiss, 1992 S. 5). Eine Studie an zwei städtischen-öffentlichen Krankenhäusern (Atlanta, Georgia, November 1993-1994; Los Angeles 1997) mittels des TOFHLA-Test (Test of Functional Health Literacy in Adults - Befragungstest) ergab, dass viele der in die Studie eingeschlossenen Patienten wichtige Leseaufgaben nicht ausführen konnten, die im Gesundheitswesen erforderlich sind. Daraus ergibt sich eine unzureichende Gesundheitskompetenz, die ein Hindernis, beispielsweise für das Diagnose- oder Therapieverständnis, darstellt (Williams, 1995 S. 1677-1682).
Ursprünglich wurde der Begriff Health Literacy wie folgt definiert [Zitat]: … being able to apply literacy skills to health-related materials such as prescriptions, appointment cards, medicine labels, and directions for home health care.“ [ Eigene Übersetzung: „…in der Lage sein, Lese- und Schreibfähigkeiten auf gesundheitsbezogene Materialien wie Rezepte, Terminkarten, Medikamentenkennzeichnungen und Anweisungen für die häusliche Pflege.“] (Parker, 1995 S. 537–541).
Die Health Literacy hat nachgewiesenermaßen einen Einfluss auf die Entstehung der Adipositas. Eine ausgeprägte Health Literacy ist vergesellschaftet mit einem normalen Body Mass Index, Ernährungsverhalten und Therapieerfolgen bei adipösen Menschen (Saboga-Nunes, 2016 S. 875-881). Eine niedrige Gesundheitskompetenz ist mit verschiedenen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden. Dazu gehört das metabolische Syndrom. In einer Studie wurde untersucht, welchen Zusammenhang es zwischen niedriger Gesundheitskompetenz und dem 10-Jahres-Risiko-Score von Herz- Kreislauf-Erkrankungen gibt (MSD MANUAL Ausgabe für medizinische Fachkreise, 1998). Studienteilnehmer mit höherem BMI waren mit niedriger Gesundheitskompetenz assoziiert. Bei höherer Gesundheitskompetenz war bei den Probanden das Herz-Kreislauf- Erkrankungsrisiko geringer und diese Probanden wiesen zudem einen niedrigen Body Mass Index auf (Cheng, 2018). In einer randomisierten Studie konnten die Autoren nachweisen, dass Krankenschwestern als Präventionsnavigatoren eingesetzt das Gewichtsmanagement bei Adipösen mit niedriger Health Literacy sinnvoll unterstützen können (Faruqi, 2015).
1.5. Stellenwert von Health Literacy in Europa
Das Europäische Health Literacy Konsortium hat eine Health Literacy Definition erarbeitet. Das Konsortium hat das European Health Literacy Survey durchgeführt und definiert Health Literacy wie folgt [Zitat]: „Health literacy is linked to literacy and entails people’s knowledge, motivation and competences to access, understand, appraise, and apply health information in order to make judgments and take decisions in everyday life concerning healthcare, disease prevention and health promotion to maintain or improve quality of life during the life course.“ [Eigene Übersetzung: „Gesundheitskompetenz ist mit Alphabetisierung verbunden und beinhaltet das Wissen, die Motivation und die Kompetenzen der Menschen für den Zugang zu Gesundheitsinformationen, deren Verständnis, Bewertung und Anwendung, um Urteile zu fällen und Entscheidungen im täglichen Leben in Bezug auf Gesundheitsversorgung, Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung zu treffen, um die Lebensqualität während des gesamten Lebenszyklus zu erhalten oder zu verbessern.“ ] (HLS-EU Consortium, 2012).
1.6. Stellenwert von Health Literacy in Deutschland
In den vergangenen Jahren hat die Gesundheitskompetenz, die international meist als Health Literacy bezeichnet wird, an Bedeutung gewonnen. In Deutschland oder Österreich wird das Health Literacy Konzept noch nicht ausreichend umgesetzt (Vogt, 2016). Insgesamt gewinnt die Gesundheitskompetenz auch in Deutschland an Wichtigkeit. In der internationalen Forschung – insbesondere in den USA – kann die Health Literacy bereits auf eine jahrzehntelange Tradition zurückblicken (Bauer, 2005 S. 187ff).
Gut die Hälfte der Menschen in Deutschland hat eine geringe Gesundheitskompetenz (Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz, 2016).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Gesundheitskompetenz der Menschen in Deutschland Quelle: © (Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz, 2016)
Eine niedrige Gesundheitskompetenz der Menschen kann im Gesundheitswesen, beispielsweise im klinischen Alltag, die Kommunikation zwischen Ärzten und Angehörigen der Gesundheitsberufe erschweren. Die Autoren einer Publikation folgern, dass es in der Zukunft notwendig sein wird, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu fördern, Gesundheitsinformationen verständlicher aufzubauen und die Forschung im Bereich der Gesundheitskompetenz auszuweiten. Zudem sei es notwendig, dass Studien zur Gesundheitskompetenz verstärkt in medizinische Leitlinien aufgenommen werden sollten. Die Autoren weisen darauf hin, dass die Forderung, die Förderung der Gesundheitskompetenz verstärkt in den Alltag einzubeziehen erfordert, dass die kommunikative und edukative Kompetenz der Gesundheitsberufe gestärkt wird (Schaeffer, 2017 S. S.22f).
Chronische Erkrankungen, wie die von der WHO als Krankheit klassifizierte Adipositas, sind hochkomplex bedingt und langfristig und nachhaltig zu bekämpfen. Bei chronischen Leiden hat der Betroffene viele Anforderungen in der Krankheitsbewältigung und einen großen und sich immer wieder verändernden Bedarf an spezifischen Informationen, Kommunikation und Support. Laut dem Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz ist der Anteil der Patienten mit einer geringen Gesundheitskompetenz bei chronisch kranken Menschen mit 73 % sehr hoch (Schaeffer, 2018).
Health Literacy hat in Deutschland Bedeutung (Schaeffer, 2017), wenn auch eine wissenschaftliche Diskussion in deutscher Sprache eher untergeordnet stattfindet (Vogt, 2016). Die Schreib- und Lesefähigkeit von Menschen bestimmt auch über deren Health Literacy Kompetenz. Nach Angaben des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) können rund 7,5 Millionen Menschen in Deutschland nicht richtig lesen und schreiben. Diese Menschen leiden unter funktionalem Analphabetismus (Bundesministerium für Bildung und Forschung). Damit sind in Deutschland fast 10 % der Bevölkerung funktionale Analphabeten. In der Bundesrepublik Deutschland (BRD) wurde das Health Literacy Konzept im Vergleich zu den USA erst mit Zeitverzögerung aufgegriffen. Erst im Jahr 2000 und damit einige Jahre nach der Thematisierung und Nutzung des Konzepts in den USA wurde es in der BRD in der 4. Auflage der „Leitbegriffe der Gesundheitsförderung“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) präsent. Diese Publikation der BZgA kann als Pendant des Health Promotion Glossary (WHO) gesehen werden. In diesem Werk aus Deutschland wird Health Literacy mit Gesundheitskompetenz übersetzt (Abel, 2003). Diese Übersetzung ist inzwischen etabliert und scheint folgerichtig. In diesem Zusammenhang ist sie eine informations- oder wissensbasierte Kompetenz des einzelnen Menschen.
Im Jahr 2008 wurde die Gesundheitskompetenz mit dem Gesundheitsmonitor der Bertelsmann-Stiftung im Rahmen einer Befragung erfasst. Erstmals in Deutschland wurde damit das Thema Health Literacy empirisch aufgegriffen und die Analyse der Befragung zeigte erhebliche Defizite im gesundheitlichen Basiswissen und auch weit verbreitete Fehlinformationen im Bereich Medizin und Gesundheit (Kickbusch, 2008 S. S.67). Damit sind die Defizite in Deutschland mit denen in den USA durchaus vergleichbar.
In einer für Deutschland repräsentativen Stichprobe zeigte sich bei 54,3% der Befragten eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz. In der Schlussfolgerung der Publikation kommen die Autoren zur Aussage, dass die zum Teil niedrige Gesundheitskompetenz der Bevölkerung im klinischen Alltag die Kommunikation mit den Patienten schwer macht, auch gesundheitspolitische Probleme verstärken kann und in der Zukunft die Gesundheitskompetenz gefördert werden sollte. Zudem sollten Informationen im Gesundheitsbereich verständlicher sein und die Forschung im Bereich der Gesundheitskompetenz sollte intensiviert werden (Schaeffer, 2017).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Gesundheitskompetenzniveau in DeutschlandQuelle: © (Schaeffer, 2017)
1.7. Stellenwert von Health Literacy bei Adipositas
Die Förderung der Health Literacy führt zur angemessenen Entscheidung für die persönliche Gesundheit. Eine gute Gesundheitskompetenz führt zu Handlungskompetenz im Sinne der Prävention und Gesundheitsförderung (Sørensen, 2015 S. 1053-58). Bei Adipösen könnte eine Förderung der Gesundheitskompetenz dazu führen, dass die Betroffenen/Patienten eine sinnvolle Entscheidung bei der Lebensmittelauswahl treffen können, eine Handlungskompetenz im Bereich der Muskelaktivierung entwickeln oder Motivation zum Stressabbau finden. Stress gehört zu den Umweltfaktoren, der zur Entwicklung von starkem Übergewicht beitragen kann (Scott, 2012). Der gewichtssteigernde Effekt ist mutmaßlich auf den Cortisonmetabolismus zurückzuführen (Ludwig Boltzmann Institute Cancer Research, 2016). Health Literacy steht in einem Zusammenhang mit Adipositas und eine hohe Gesundheitskompetenz wirkt sich positiv auf den Body Mass Index aus (Saboga-Nunes, 2016).
Chronischer sozialer Stress, unter dem viele Menschen in den Industriestaaten leiden, wird mit Adipositas und damit verbundenen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Die chronische Aktivierung der SNS- und HPA-Achse fördert eine anabole Stoffwechselsituation, die zur Lipidspeicherung in den viszeralen Fettdepots führt. In vielen Studien kommen Wissenschaftler zum Ergebnis, dass chronischer Stress das Muster der Nahrungsaufnahme und die Lebensmittelpräferenz verändert (Scott, 2012). Der Autor dieser Rigorosumsarbeit arbeitete an einer bisher unveröffentlichten Studie des Lehrgebiets Allgemeinmedizin (Direktorin: Prof. Dr. med. Waltraut Kruse) des Universitätsklinikums der RWTH Aachen von cand. med. Tina Brunnenberg mit, die zeigt, dass Entspannungstechniken wie autogenes Training die Gewichtsreduktion bei Menschen mit Übergewicht und Adipositas erleichtern (Kuth, o. D.).
Das Spektrum der Ursachen für die Entwicklung und/oder Begünstigung der Adipositas ist weit. Experimentelle Studien und Beobachtungsstudien legen nahe, dass nicht ausreichender Schlaf eine Rolle für das Adipositas-Risiko spielt. Scheinbar hat unzureichender Schlaf einen negativen Einfluss, beispielsweise auf die Appetitregulation, den Glucosestoffwechsel und das Sympathovagus-Gleichgewicht (Knutson, 2012 S. 361- 371).
In einer systematischen Literaturanalyse von zehn Studien stellten die Autoren fest, dass Interventionen, die kulturell auf ihre Zielgruppe abgestimmt sind, von einem interdisziplinären Team angeboten werden und Ernährungsumstellung und Bewegungsaktivierung enthalten, die Gesundheitskompetenz und die Gewichtsreduktion bei adipösen Migranten verbessern (El-Haddad, 2014 S. 29). Vor diesem Hintergrund spielt das Health Literacy Konzept in der Adipositastherapie national und auch international eine bedeutende Rolle. Eine Studie widmet sich unter anderem der Beziehung zwischen Health Literacy und der Ernährungsqualität von Erwachsenen im Alter von 18 bis 29 Jahren. Die Analyse der Untersuchung ergab, dass die Gruppe mit geringer Gesundheitskompetenz weniger auf Lebensmittelinformationen achtet, als Erwachsene mit hoher Gesundheitskompetenz. Die Autoren schlussfolgern, dass eine Verbesserung der Gesundheitskompetenz die Ernährungsqualität verbessert und die Gesundheit fördert (Cha, 2014 S. 331-339).
1.8. Stellenwert von Compassion in Healthcare
In der deutschsprachigen Literatur taucht Compassion in Healthcare als Begriff nach einer internetgestützten Recherche für die vorliegende Arbeit nicht in gehäuftem Maße auf. Der Suchbegriff „Mitgefühl im Gesundheitswesen“ ergibt bei Google Scholar nur verhältnismäßig wenige deutschsprachige Resultate.
Compassion in Healthcare ist gemäß internationaler Publikationen das Mitgefühl im Gesundheitswesen, das medizinisches Personal als empathische Reaktion auf Krankheiten oder Leiden gegenüber einem Individuum (beispielsweise Patienten) zeigt. Compassion in Healthcare stellt einen rapid wachsenden Ansatz im Bereich der Gesundheitsförderung dar (BioMed Central, 2019). Compassion in Healthcare fördert das Wohlbefinden durch Maßnahmen und Handlungen, die eine Lösungsfindung für das Problem, das Leiden oder die Krankheit sind.
Experten definieren Compassion in Healthcare als eine vom Therapeuten oder Berater gezeigte Sensibilität. Sie zeigt Verständnis für das Individuum und seine Problemstellung und zeigt auch die Bereitschaft, ihm zu helfen, um sein Wohlbefinden zu fördern. Compassion in Healthcare und speziell das Mitgefühl werden oftmals sowohl von Patienten, als auch von Leistungserbringern und anderen Personen im Gesundheitswesen als Merkmal der Qualität der Gesundheitsfürsorge bezeichnet. Anhand einer qualitativen Analyse von Interviews mit 53 Krebspatienten im fortgeschrittenen Stadium entwickelten die Autoren das erste empirisch fundierte klinische Modell des Mitgefühls. Dieses Modell definiert Compassion als eine tugendhafte Reaktion, die versucht, das Leiden zu mindern und die Bedürfnisse eines Individuums durch rationales Verständnis und Handeln zu befriedigen (Sinclair, 2015 S. 193-203).
Noch immer wird „Compassion In Healthcare“ viel zu wenig als wichtiger Fürsorge-Ansatz angesehen. Dabei bestünde durch Mitgefühl im Gesundheitswesen ein außerordentlich großes Potenzial, das Beste aus der evidenz-basierten Medizin mit echter Patienten-Zentrierung zu verbinden. Medizin, die mit und nicht nur für den Patienten durchgeführt - beziehungsweise Patienten lediglich vom Therapeuten behandelt werden - wird, erreicht mehr (Haslam, 2015). Die Autoren eines Reviews geben an, dass Patienten Mitgefühl als Kernbestandteil des Gesundheitswesens erwarten (Sinclair, 2016).
1.9. Compassion in Healthcare und Adipositas
Die Literaturrecherche für diese Arbeit bei Pubmed und Google Scholar ergab, dass es zum Themenkomplex „Compassion in Healthcare und Adipositas“ international etwas weniger und deutschsprachig signifikant weniger Literaturstellen als zum Thema „Health Literacy und Adipositas“ gibt. Einige Studien zeigen jedoch den Effekt von Compassion in Healthcare bei adipösen Menschen (Seymour, 2018).
Ein Editorial der international renommierten Fachzeitschrift „The Lancet“ macht deutlich, dass es problematisch für die Therapie von Adipösen ist, dass diese vulnerable Bevölkerungsgruppe aufgrund ihres starken Übergewichts grundsätzlich und sehr häufig stigmatisiert wird. Die Autoren machen deutlich, dass Adipöse mit dem gleichen Mitgefühl (Compassion) und der gleichen Rücksicht therapiert werden müssen, wie Menschen mit anderen Erkrankungen (The Lancet Public Health, 2019 S. 168).
Die Bedeutung von Compassion in Healthcare hat nach den Autoren eines Reviews wenig empirische Aufmerksamkeit erhalten. Mitgefühl ist eine Grundlage der ärztlichen Therapie. Die Autoren fordern weitere empirische Forschung und angewandte Forschung zu Compassion in Healthcare im klinischen Umfeld. Die Autoren führen an, dass Mitgefühl ein Kernbestandteil der individuellen Gesundheitserfahrung ist. Die Menschen wünschen sich Compassion und erwarten es zunehmend (Sinclair, 2016).
Achtsamkeit ist ein Bestandteil des Mitgefühls im Gesundheitswesen. Der gezielte Einsatz von Achtsamkeit durch den Therapeuten kann das Behandlungsspektrum für adipöse Menschen sinnvoll ergänzen (Peitz, 2017 S. 154-159). Der Stellenwert von Compassion in Healthcare in der Adipositastherapie lässt sich nur nicht ausreichend im Überblick darstellen, da nach Recherche für die vorliegende Arbeit dafür nicht genügend Publikationen zur Verfügung stehen.
1.10. Offizielle Leitlinien für die Therapie von Adipositas
In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es jeweils Leitlinien oder ähnliche wissenschaftlich begründete Formate zur strukturierten Therapie und/oder Schulung von Adipösen (Genfer Stiftung für Medizinische Ausbildung und Forschung, 2018) bei Erwachsenen und/oder Kindern und Jugendlichen. Für diese Arbeit wurde die Leitlinie von der Deutschen Adipositas Gesellschaft (für die S3 Leitlinie federführende Fachgesellschaft) ausgewertet (Deutsche Adipositas-Gesellschaft, 2014) und hinsichtlich der Nennung der Begrifflichkeiten Health Literacy und Gesundheitskompetenz sowie Compassion in Healthcare und Mitgefühl im Gesundheitswesen geprüft. Die interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur „Prävention und Therapie der Adipositas“ der Deutschen Adipositas Gesellschaft stammt aus dem April 2014 und wird momentan überarbeitet. Von der Deutschen Adipositas Gesellschaft liegt auch eine Patientenleitlinie zur Diagnose und Behandlung der Adipositas vor (Deutsche Adipositas Gesellschaft, 2019).
Die genannte Leitlinie der Deutschen Adipositas Gesellschaft richtet sich an alle ärztlichen und nichtärztlichen Berufsgruppen, die in der Prävention und Therapie von Adipositas und ihrer Komplikationen beschäftigt sind. Dazu gehören Mediziner, Ernährungswissenschaftler und Ökotrophologen, Diätassistenten, Psychologen, Diabetesberater DDG und Physiotherapeuten. Die Deutsche Adipositas Gesellschaft weist 37 ambulante und stationäre Einrichtungen für die Therapie von Adipositas aus (Deutsche Adipositas Gesellschaft, 2012). Auf der Website des Bundesverband Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM) – www.bdem.de – sind 69 Praxen und sonstige Einrichtungen, die als Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin BDEM ausgewiesen sind, aufgeführt (Bundesverband Deutscher Ernährungsmediziner, o. D.).Die Leitlinie der Deutschen Adipositas Gesellschaft beschreibt die Therapie der Adipositas mit Pharmaka im Kapitel 5.4.6 als „adjuvante medikamentöse Therapie“. Damit räumt die Deutsche Adipositas Gesellschaft in ihrer repräsentativen S3-Leitlinie (AWMF online, 2014) ein, dass die medikamentöse Behandlung von Übergewicht und Adipositas keine primäre Behandlungsform ist (Deutsche Adipositas-Gesellschaft, 2014).
Bariatrische (gr. báros = Schwere und iatrós = Arzt) Operationen scheinen unter bestimmten Voraussetzungen bei adipösen Menschen sinnvoll und wirkungsvoll zu sein (Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie (CA-ADIP) , 2010). Adipositaschirurgische Eingriffe werden auch als bariatrische Operationen oder bariatrische Chirurgie beschrieben (Stroh, 2016 S. 980-82). Die Zahl der bariatrischen Operationen steigt zwar sprunghaft, aber im Vergleich zu vielen Millionen adipösen Menschen sind rund 10.000 bis 15.000 Operationen im Jahr in Deutschland verhältnismäßig wenig (Patzer, 2018). Dies wird vor dem Hintergrund von in Deutschland rund 1,4 Millionen lebenden Menschen mit einem BMI über 40 von Kardiologen kritisiert. Sie fordern eine deutliche Zunahme der bariatrischen Operationen bei Adipösen (Deutsches Ärzteblatt, 2018).
Immer wieder fordern Experten Zwangsmaßnahmen im Ernährungsbereich, wie beispielsweise eine „Zuckersteuer“, um einerseits die Lebensmittelindustrie zur Verringerung des Saccharosegehalts von Lebensmitteln anzuregen und andererseits die Verbraucher vom Konsum von Lebensmitteln mit hohem Gehalt an Saccharose (Haushaltszucker) und anderen Zuckerarten abzuhalten, beziehungsweise für den Konsum „finanziell zu bestrafen“ (Deutsches Ärzteblatt, 2019). Auch Teile der Bevölkerung und Organisationen wie Foodwatch setzen sich für solche Zwangsmaßnahmen ein (Deutsches Ärzteblatt, 2018).
2. Ziel der Arbeit
In diesem Kapitel werden das Hauptziel und zwei Unterziele der Rigorosumsarbeit (explorative Arbeit) erläuternd beschrieben.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit mit dem Titel „Die Bedeutung von Health Literacy und Compassion in Health Care für erfolgversprechende Therapiestrategien der Adipositas im Erwachsenenalter“ wird das Ziel (Hauptziel) verfolgt, den Stellenwert und spezifische Einflussfaktoren auf die Hinzuziehung von Maßnahmen zur Förderung der Gesundheitskompetenz (Health Literacy) und Mitgefühl im Gesundheitswesen (Compassion in Healthcare) im Rahmen der Adipositastherapie zu untersuchen.
Die Adipositas-Prävalenzzahlen im Verlauf der Jahre zeigen weltweit, dass sich in der Zukunft die Probleme, die durch starkes Übergewicht entstehen können, noch weiter ausweiten werden. Die WHO beschreibt schon jetzt eine weltweite „Adipositas-Epidemie“. In allen Bereichen des Gesundheitswesens sollten daher innovative Maßnahmen erarbeitet und durchgesetzt werden, die der prognostizierbaren Adipositasprävalenzzunahme Einhalt gebieten können. Zudem ist es notwendig, sinnvolle Konzepte zur Verringerung des Anteils übergewichtiger und adipöser Menschen zu finden.
Im Rahmen der Rigorosumsarbeit wird daneben als Unterziel auch untersucht, ob die bisherigen Therapiekonzepte der Adipositas mit neuen Therapiestrategien bereichert werden können und wie diese konkret im Alltag der Adipositastherapie umzusetzen sind und welche Voraussetzungen dafür für die Adipositas-Therapeuten und die Adipositas- Therapie geschaffen werden müssen.
Gibt es im intramuralen, beziehungsweise im extramuralen Bereich innovative Möglichkeiten der Stärkung und Förderung der persönlichen Gesundheitskompetenz adipöser erwachsener Menschen?
Zudem soll mit dieser Arbeit als weiteres Unterziel erforscht werden, ob, wie und in welchem Umfang Compassion in Healthcare intramural und extramural als Bereicherung und Ergänzung im therapeutischen Setting im Bereich Adipositas und Adipositastherapie nützlich sein könnte und einer Veränderung des Lifestyles und des Verhaltens von adipösen erwachsenen Menschen bewirken könnte.
3. Material und Methoden der Forschung
Im nachfolgenden Kapitel wird das Design dieser Rigorosumsarbeit, der Datensammlung und das Vorgehen zur Auswertung und Bewertung der Daten erläuternd dargestellt und beschrieben. Das Design der vorliegenden explorativen Arbeit sind quantitative und qualitative Sozialforschung sowie eine begleitende Literaturrecherche. Im Zeitraum April 2019 bis Ende August 2019 wurde in der Onlinedatenbank Pubmed und im Rahmen einer Handsuche bei Google Scholar nach Publikationen zu Compassion in Healthcare und Health Literacy sowie den deutschen Übersetzungen Mitgefühl im Gesundheitswesen und Gesundheitskompetenz, insbesondere im Zusammenhang mit Adipositas, intensiv recherchiert. Suchläufe wurden auf die letzten 10 Jahre beschränkt mit einem Schwerpunkt auf den letzten fünf Jahren, um die notwendige Aktualität zu gewährleisten.
Zur Beantwortung der drei Forschungsfragen mit drei Hypothesenpaaren für die vorliegende Rigorosumsarbeit wurde eine fragebogengestützte Umfrage bei definierten Fachleuten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH-Länder) durchgeführt. Dieser Teil der vorliegenden Arbeit ist eine quantitative Studie, die mit SPSS Version 25 statistisch ausgewertet wurde. Ziel war es, zu analysieren, welchen Stellenwert Health Literacy und Compassion in Healthcare in der Adipositastherapie in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei definierten Fachleuten haben. Neben der statistischen Auswertung wurde als Ergänzung für die vorliegende Arbeit auch qualifizierte Sozialforschung im Rahmen von strukturierten und standardisierten Experteninterviews durchgeführt. Die Aussagen der fünf ausgewiesenen Experten fließen in die Auswertung und Diskussion ein. Zudem wurde eine internetgestützte Literaturrecherche (Pubmed und Google Scholar) und -auswertung durchgeführt. Angewandte Forschungsmethoden:
a. Quantifizierte Sozialforschung mit einem Fragebogen
b. Qualifizierte Sozialforschung durch Experteninterviews c. Literaturrecherche
Der Fragebogen wurde spezifisch für die Arbeit entworfen (da es eine Erstverwendung ist, fehlt für diesen Fragebogen die Validierung, die erst über Mehrfachverwendung entsteht. Eine Plausibilisierung wurde durch 10 Probeanfragen vorgenommen), da für die Beantwortung der Forschungsfrage zum Themenkomplex Health Literacy und Compassion in Health Care im Zusammenhang zur Adipositastherapie keine nutzbaren wissenschaftlichen Fragebogen-Vorlagen auffindbar waren. Es wurden für den Fragebogen zwölf spezifische Fragen (siehe Anhang) zusammengestellt. Bei fünf Fragen (8., 9., 10., 11. und 12.) gab es zwischen 5 und 12 Unterfragen. In einer Stichprobe mit 10 Probanden, die nicht in die Auswertung einbezogen worden sind, wurde der Fragebogen überprüft. In der eigentlichen Befragung für die vorliegende Arbeit war der Fragebogen ohne Rückfragen auszufüllen und die Beantwortung erforderte 8 bis 10 Minuten Zeit. Dem Fragebogen ist eine Einleitung in Form eines Briefes vorangestellt (siehe Anhang). Diese nennt das Thema der Rigorosumsarbeit und erläutert das Vorgehen und das Ziel der Arbeit. Zudem informierte die Einleitung über die Modalitäten der Rücksendung und die Fristen.
Der Fragebogen richtete sich ausschließlich an vordefinierte Berufsgruppen, die in den verschiedenen Bereichen der Adipositastherapie tätig sind. Dazu gehören Ärzte und Zahnärzte, Apotheker und Pharmazeuten, staatlich geprüfte Diätassistenten und Oecotrophologen (Ernährungswissenschaftler und Trophologen), Psychologen, Pädagogen, Physiotherapeuten und Trainer, Heilpraktiker (ausschließlich in Deutschland), Angehörige der pflegenden Berufe, Medizinalfachberufe sowie sonstiger Berufsgruppen im Bereich Gesundheit, Naturwissenschaft, Psychologie oder Pädagogik. Den Beruf des Heilpraktikers gibt es nur in Deutschland. In Österreich und der Schweiz gibt es kein Äquivalent. In Deutschland regelt das Gesetz die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestellung (Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, 1939). Unter Medizinalfachberufen werden nichtärztliche Heilberufe oder Gesundheitsfachberufe verstanden (Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie, o. D.).
Die Fragebögen wurden ausnahmslos an Personen der genannten Fachberufe weitergegeben. Dafür wurde unter anderem in geschlossenen Gruppen bei XING oder Facebook die Möglichkeit der Teilnahme an der Studie mitgeteilt und eine individuelle Abfrage mit einfacher Prüfung der Rechtmäßigkeit und/oder der Bestallung fand statt. Die Fragebögen wurden insbesondere per E-Mail als PDF versendet.
Die Rücksendung erfolgte per E-Mail oder Post. Daneben wurden bei berufsspezifischen Seminaren für Mediziner und an die Teilnehmer (die den genannten Zielgruppen entsprechen) des von Dr. Susanna Bultmann-Horn geleiteten Qualy-Med – Qualitätsstrategien im Gesundheitswesen GmbH (Bultmann-Horn, S.) Doktorandenseminars 2018-2020 (STEU 2018-2020) Fragebögen abgegeben, ausgefüllt und zurückgegeben. Die Umfrage fand zwischen dem 1. und dem 15. April 2019 statt. Nach dem 15. April 2019 eingegangene Fragebögen und die Testfragebögen wurden nicht in die Auswertung einbezogen. Nach dem finalen Abgabetermin der Fragebögen erfolgte die Eingabe der Daten in Excel und die statistische Auswertung mit SPSS Version 25.
Insgesamt wurden 450 Fragebögen über E-Mail, per Post oder persönlich ausgegeben. 99 Stück wurden abgegeben, zurückgeschickt oder zurückgesandt. Die Konstanz der Antworten bei zwei Befragten wird als Verweigerung der Teilnahme an der Befragung gewertet. Vor diesem Hintergrund wurden diese Fragebögen nicht in die Auswertung einbezogen. Es wurden demzufolge 97 von 99 Fragebögen (rund 98%) in die Auswertung einbezogen. Die Responserate lag bei 97 von 450 (21,6%), daraus ergibt sich N=97.
Neben der quantitativen Sozialforschung fand im Zuge der vorliegenden Rigorosumsarbeit auch qualifizierte Sozialforschung statt. Im Rahmen von strukturierten und standardisierten Telefoninterviews wurden ausgewiesene Experten für diese Arbeit persönlich telefonisch befragt. Die Auswahl der Experten erfolgte nach einer Internetrecherche. Gesucht wurde nach renommierten Experten im Bereich Adipositastherapie, Gesundheitsforschung, Public Health, Health Literacy und Compassion in Health Care sowie Ernährungswissenschaften in Deutschland und Österreich. Es wurde eine Liste mit 20 Experten erstellt, die Lehrstuhlinhaber, wissenschaftlicher Direktor, Institutspräsident oder wissenschaftliche Leiter von renommierten Institutionen oder Fachgesellschaften enthielt. Alle diese Experten sind Mediziner oder Ernährungswissenschaftler.
Nach Erstellung der Experten-Liste wurde eine E-Mail (Nachricht) mit der Anfrage nach einem Experteninterview zur Adipositastherapie an die Experten versendet. Mit den ersten fünf Experten, die sich zurückgemeldet haben, wurde ein Telefoninterviewtermin vereinbart und durchgeführt. Im Rahmen des Interviews wurden jeweils acht Fragen gestellt. Auf jede Frage erfolgte die Antwort. Es gab von den Experten keine Nachfragen oder Verständnisfragen. Die Antworten der Experten wurden mitgeschnitten und nach den Interviews textlich erfasst (siehe Anhang). Nach dieser Erfassung wurden die Mitschnitte der Antworten gelöscht. Im Rahmen der vorliegenden Rigorosumsarbeit wurden die Antworten der Experten in die Auswertung und Diskussion einbezogen, sofern sie der Beantwortung der Forschungsfragen dienen können.
Die quantitative Sozialforschung wird auch als empirische Sozialforschung bezeichnet und bezieht sich auf die systematische Erhebung von Daten, beispielsweise durch Befragung. Die Daten können im Rahmen von statistischen Methoden beschreibend und vergleichend ausgewertet werden. Die Forschungsmethode der qualitativen Sozialforschung dient der Erhebung nicht standardisierter Daten, beispielsweise durch Experteninterviews und ermöglicht eine in der Regel nicht statistische Auswertung davon. In der vorliegenden Arbeit wurden fünf Experten befragt. Die erhobenen Antworten lassen sich nicht statistisch auswerten. Die Antworten geben jedoch die Möglichkeit, Ergebnisse der statistischen Auswertung der empirischen Sozialforschung zu werten, zu untermauern oder in Zweifel zu ziehen.
Die Literaturrecherche für die vorliegende Arbeit fand über wissenschaftliche Datenbanken im Internet statt und umfasste Suchen über Pubmed (international englischsprachig und deutschsprachig) und Google Scholar (international englischsprachig und deutschsprachig). Obesitas, Obesity, Adipositas, Health Literacy, Gesundheitskompetenz, Compassion in Healthcare, „Mitgefühl im Gesundheitswesen“, Adult, Erwachsener, Therapy, Therapie, Treatment sowie Behandlung und Kombinationen daraus bildeten die Suchbegriffe.
Im Fragebogen wurden die Antworten auf fünf von zwölf Fragen im Rahmen einer sechsstufigen Likertskala (1 = sehr wichtig/sehr zutreffend – 6 = nicht wichtig/nicht zutreffend – pro Zeile eine Antwortwortmöglichkeit) gegeben. Alle Antworten, mit Ausnahme der Initialen, lagen nummerisch vor oder wurden nummerisch in dem Software- Tabellenkalkulationsprogramm Excel erfasst und mit der Statistik- und Analysesoftware SPSS Version 25 statistisch ausgewertet.
Es gab keine Möglichkeit der freien Antwort auf dem Fragebogen. Die wenigen zusätzlichen Angaben, die trotzdem von den Befragten auf den Fragebögen gemacht wurden, sind vor dem Hintergrund der geplanten statistischen Auswertung nicht erfasst worden. Sie flossen nicht in die Auswertung ein.
3.1. Drei Forschungsfragen und Überprüfung der drei Hypothesenpaare
Die Überprüfung der drei Hypothesenpaare der vorliegenden Rigorosumsarbeit erfolgte mittels statistischer Testverfahren und der Analysesoftware SPSS Version 25. Die Forschungsfragen werden durch die jeweils dazugehörigen Hypothesenpaare objektiv statistisch geprüft und durch Annahme oder Verwerfen von der Null- und Alternativhypothese beantwortet. Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich alle drei Forschungsfragen durch die Befragung in Teilen beantworten lassen, da die statistische Auswertung durch Akzeptanz und Verwerfen von Hypothesenpaaren (Null- und Alternativhypothese) möglich war.
Betreffend Adipositas und deren Behandlungsansätze, sei es medikamentös, chirurgisch oder durch Veränderung des Lebensstils, existiert eine Vielzahl von Studien. Doch gänzlich ungeklärt in diesem Zusammenhang ist, wie und in welcher Art und Weise sich persönliche Health Literacy und Compassion Science oder Compassion in Health Care als Option in der Adipositasbehandlung etablieren könnten.
Dazu werden folgende vier Forschungsfragen formuliert:
1. Forschungsfrage: Wird es zukünftig für Adipositas-Therapeuten in Deutschland und Österreich vorstellbar sein, dass Health Literacy und Compassion in Healthcare als Lösungsansatz in die Therapie von Adipösen einbezogen werden?
2. Forschungsfrage: Haben Adipositas-Therapeuten in Deutschland und Österreich eine unterschiedliche Einschätzung des Problems der unzureichenden Einbeziehung von Health Literacy und Compassion in Healthcare in der Adipositastherapie?
3. Forschungsfrage: Sehen Adipositas-Therapeuten Zusammenhänge zwischen
„Gegenseitiger Wertschätzung“ und Health Literacy sowie Compassion in Healthcare für zukünftige Adipositastherapiekonzepte?
Um die drei Forschungsfragen beantworten zu können wurden drei Hypothesenpaare, die sich aus inhaltlichen Betrachtungen aber auch aus Kombinationen ergeben, formuliert:
1. Hypothesenpaar
H0.1: Es wird zukünftig für Adipositas-Therapeuten in Deutschland und Österreich nicht vorstellbar sein, dass Health Literacy und Compassion in Healthcare in die Therapie von Adipösen einbezogen werden.
H1.1: Es wird zukünftig für Adipositas-Therapeuten in Deutschland und Österreich vorstellbar sein, dass Health Literacy und Compassion in Healthcare in die Therapie von Adipösen einbezogen werden.
2. Hypothesenpaar
H0.2: Adipositas-Therapeuten in Deutschland und Österreich haben keine unterschiedliche Einschätzung des Problems der unzureichenden Einbeziehung von Health Literacy und Compassion in Healthcare in die Adipositastherapie.
H1.2: Adipositas-Therapeuten in Deutschland und Österreich haben eine unterschiedliche Einschätzung des Problems der unzureichenden Einbeziehung von Health Literacy und Compassion in Healthcare in die Adipositastherapie.
3. Hypothesenpaar
H0.3: Adipositas-Therapeuten in Deutschland und Österreich sehen keine Zusammenhänge zwischen „Gegenseitiger Wertschätzung“ und Health Literacy sowie Compassion in Healthcare für zukünftige Adipositastherapiekonzepte.
H1.3: Adipositas-Therapeuten in Deutschland und Österreich sehen Zusammenhänge zwischen „Gegenseitiger Wertschätzung“ und Health Literacy sowie Compassion in Healthcare für zukünftige Adipositastherapiekonzepte.
In den in der vorliegenden Rigorosumsarbeit untersuchten DACH-Ländern (Deutschland, Österreich und der Schweiz) spielen Health Literacy und Compassion in Healthcare in der Literatur und den Leitlinien der Fachgesellschaften zur Adipositastherapie keine oder keine herausgehobene Rolle.
In der S3-Leitlinie Adipositas - Prävention und Therapie der Deutschen Adipositas Gesellschaft tauchen die Begriff Health Literacy, Gesundheitskompetenz, Compassion in Healthcare sowie Mitgefühl im Gesundheitswesen und auch „gegenseitige Wertschätzung“ nicht auf!
Vor dem Hintergrund der auf hohem Niveau immer noch ansteigenden Adipositas- Prävalenz wurden für die vorliegende Rigorosumsarbeit der bisherige und zukünftig notwendige Stellenwert von Health Literacy und Compassion in Healthcare in der Adipositastherapie analysiert. In dieser Arbeit wird aufgrund der Auswirkungen der Adipositas auf die Gesundheit eines vulnerablen Anteils der Bevölkerung und den daraus resultierenden Kosten nach innovativen Ansätzen für die zukünftige Adipositastherapie gesucht. Die vorliegende Arbeit fußt auf der Auswertung von einem Fragenbogen, Experteninterviews und einer Literaturrecherche.
Die weltweit zunehmende Prävalenz von Adipositas bei Erwachsenen, die Auswirkungen für den Public Health Bereich und die zurzeit mangelhaften Therapieoptionen machen neue, innovative Therapieansätze notwendig. Ziel der Arbeit ist es, Probleme und Lücken im breiten Feld der Adipositas-therapierenden Therapeuten aufzuzeigen und Lösungsansätze zu entwickeln, die insbesondere in einer zunehmenden Bedeutung von Health Literacy und Compassion in Healthcare in der Adipositastherapie von Erwachsenen liegen können. Das Thema dieser Rigorosumsarbeit ist dem Autor von größter Wichtigkeit, da er seit mehr als 30 Jahren in der Prophylaxe und Therapie von Übergewicht und Adipositas tätig ist, die zunehmende Prävalenz beobachtet, die mangelhafte Therapie als Vorstandsvorsitzender des Deutschen Kompetenzzentrum Gesundheitsförderung und Diätetik e. V. (Non Profit Organisation) (Müller, 2019) immer wieder öffentlich kritisiert und neue interdisziplinäre Therapieansätze sucht, die den Betroffenen in den Mittelpunkt rücken. Der Autor der vorliegenden Arbeit ist in der Bundesrepublik Deutschland tätig und hat in Österreich sein Studium (Applied Nutritional Medicine) an der Donau Universität Krems absolviert und daher seine Umfrage insbesondere in Deutschland und Österreich über einen Fragebogen durchgeführt.
3.2. Erhebungsinstrumente
Im folgenden Kapitel werden die im Rahmen der vorliegenden Arbeit eingesetzten Instrumente vorgestellt und die Stichprobe als quantitative Forschung sowie das Telefon- Experteninterview als qualitative Forschung beschrieben.
3.2.1. Stichprobe
Die drei Forschungsfragen wurden im Rahmen dieser Rigorosumsarbeit mittels einer einmaligen Befragung überprüft. Zudem wurden fünf Experteninterviews durchgeführt. Die fünf Experteninterviews wurden per Telefon mit festen einheitlichen Fragen (strukturiertes und standardisiertes Interview) durchgeführt. Die Antworten wurden mitgeschnitten und anschließend schriftlich erfasst. Die Interviews wurden zwischen dem 29. April 2019 und dem 28. Mai 2019 telefonisch geführt. Die ausgewiesenen Experten stammen aus Deutschland (3) und Österreich (2). Die fünf Experten stammen aus dem Wissenschaftlergruppen Mediziner (3) und Ernährungswissenschaftler (2). Die Experteninterviews dienen der ergänzenden qualitativen Sozialforschung.
Das Experteninterview umfasst acht Fragen. Ziel der Experteninterviews war die Erfassung von Aussagen von Experten unter anderem zur Entwicklung der Adipositasrelevanz, zu den Therapiehindernissen und Problemen der Adipositastherapie, woran es in der Adipositastherapie mangelt und was sich die Experten von adipösen Menschen und Therapeuten wünschen. Die Antworten der fünf Experten wurden in den Ergebnis- und Diskussionsteil dieser Rigorosumsarbeit einbezogen und finden sich vollständig im Anhang protokolliert.
Potentielle Teilnehmer der Befragung erhielten eine Einladung zur Befragung mit einem Fragebogen per E-Mail oder durch persönliche Ansprache. Zudem wurde in ausgewiesenen Fachforen, die nur bestimmten Berufsgruppen zugängig sind, bei XING (beispielsweise (Xing, 2019)) und Facebook (beispielsweise (Facebook, 2019)) auf die Befragung hingewiesen. Nach Anfrage erhielten die Interessenten den Fragebogen per E- Mail. Zudem wurden Fragebögen bei der Qualy-med Akademie in Wien ausgelegt und beantwortet. Der Erhebungszeitraum begann am ersten April 2019 und endete am 15. April 2019. Nach Bereinigung der Daten teilte sich die Zufallsstichprobe, bestehend aus 97 Befragten, in 62,9% Frauen und 36,1% Männer. Aus Deutschland stammten 65 Probanden, aus Österreich 30 Probanden und 2 Probanden aus der Schweiz. Die Aussagefähigkeit für die Schweiz ist vor diesem Hintergrund praktisch nicht gegeben. Die größten Gruppen der Probanden sind staatlich geprüfte Diätassistenten und Oeocotrophologen mit 33 Personen und 23 Personen sind Ärzte und Zahnärzte.
Nur größtenteils ausgefüllte Fragebogen wurden in die Untersuchung einbezogen. Dies trifft für alle 97 in die statistische Auswertung einbezogenen Probanden zu. Die Untersuchung wurde nur bei Angehörigen bereits in dieser Rigorosumsarbeit genannter Berufsgruppen durchgeführt. Fragebögen, die sichtlich falsch oder größtenteils nicht ausgefüllt worden sind, wurden nicht einbezogen. Das trifft auf 2 Probanden zu, deren Fragebögen nicht in die statistische Auswertung einbezogen worden sind.
Der Fragebogen stand in Papierform und als PDF zur Verfügung und umfasste Fragen zu soziodemografischen Daten wie Alter, Geschlecht, Wohnort und Daten über die Berufstätigkeit. Zudem beinhaltete der Fragebogen Fragen nach spezifischen Faktoren der Adipositastherapie, um die Forschungsfrage insbesondere hinsichtlich des Stellenwertes der Health Literacy und Compassion in Healthcare zu ermitteln.
Alle durch die Fragenbögen erhobenen Inhalte sind im Abschnitt Ergebnisse der Rigorosumsarbeit wiedergegeben oder im Anhang dokumentiert. Es wurden nicht alle Fragen und Antworten in die Diskussion einbezogen, sondern insbesondere solche, die zur Beantwortung der Forschungsfragen notwendig sind.
3.2.2. Strukturierte Telefon-Interviews
Um die Meinung von ausgewiesenen Experten zum Thema Adipositas, Adipositasprobleme und Problemlösungen zu untersuchen, wurden strukturierte und standardisierte Interviews telefonisch mit fünf ausgewiesenen Fachexperten in den Bereichen Medizin mit dem Schwerpunkt Adipositasforschung und -therapie, Public Health und Gesundheitswissenschaften sowie Ernährungswissenschaften mit dem Schwerpunkt klinische Ernährungswissenschaften geführt. Die Telefon-Interviews umfassten einen Zeitrahmen von jeweils 10 bis 20 Minuten.
Insbesondere eine ausführliche, PC- und internetgestützte Recherche in der medizinisch-wissenschaftlichen Datenbank, zu denen pubmed.de (PubMed, o. D.) und Google Scholar (Google Scholar, o. D.) gehören, wurde durchgeführt. Durch die Sichtung der nationalen und internationalen Fachliteratur in Journals und auch Monografien in medizinisch-wissenschaftlichen Fachbibliotheken an der Technischen Universität Braunschweig (Deutschland) und online der Donau Universität Krems (Österreich) konnte vermieden werden, dass es sich beim Thema und der Forschungsfrage der geplanten Rigorosumsarbeit nicht um eine duplikate Studie, sondern um eine eigenständige, neue wissenschaftliche Fragestellung handelt.
Daneben spielten internetgestützte Recherchen bei den medizinisch- wissenschaftlichen Fachgesellschaften im Bereich Adipositas eine Rolle. Die Begutachtung von Leitlinien und Übersichtsarbeiten diente dem Erkenntnisgewinn über bisherige wissenschaftliche Einschätzungen und Wertungen von Studien im Überblick. Zudem zeigen Leitlinien die Maßgaben der medizinische-wissenschaftlichen Fachgesellschaften wie der Deutschen Adipositas Gesellschaft auf, die im Rahmen der ärztlichen Therapieschemata einbezogen werden und von den Krankenkassen in Deutschland finanziert oder bezuschusst werden.
Für die quantitative Sozialforschung galt es, einen neuen Fragebogen zu entwerfen und in einem Pretest mit zehn Probanden zu erproben. Die geplante Forschungsfrage wäre nicht durch bereits bestehende Fragebogen zu beantworten gewesen. Dies wurde im Rahmen einer ausführlichen Internetrecherche festgestellt. Der konzipierte Fragebogen, der unter anderem mit dem Biostatistiker Univ. Doz. Dr. rer. nat. Dipl. Phys. Dipl. Stat. Anatoli Astvatsatourov vom Zentrum für Wissenschaftliche Studien der Universität zu Köln und dem Statistiker und Mathematiker Folker Reuss aus Berlin gesichert und für diese Arbeit optimiert wurde, richtet sich an Probanden, die sich aus klar definierten, vordefinierte Berufsgruppen rekrutieren und wird diesen on- und offline zur Beantwortung zur Verfügung gestellt.
[...]
- Citation du texte
- Sven-David Müller (Auteur), 2019, Gesundheitskompetenz und Mitgefühl im Gesundheitswesen. Bedeutung für erfolgversprechende Therapiestrategien der Adipositas im Erwachsenenalter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/541512
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