Ich habe vordergründig den Schwerpunkt auf den individuellen ethischen Handlungsaspekt der praktischen Ehtik des Aristoteles konzentriert und das Subjekt ethischer Handlungen im Fokus eines subjektiven Blickwinkels ins Visier genommen. Wenn der Leser der Meinung ist, dass eigene Ideen eingeflossen sind, dann war es Teil der Interpretation. Als Beispiele führt Aristoteles genügend Handlungssituationen an, in denen bestimmte Handlungen oder Haltungen die Gutheit am ehesten treffen.
Aristoteles möchte seine Ethik nicht bloß im normativ-ethischen Sinn klar und strikt definieren. Er lässt die Handlungsbereiche offen, die von der jeweiligen Verfassung des Handelnden (Wesen des Individuums) und dessen situationsbedingtem Verhalten individualisiert werden.
Das Glück als Vollendung menschlicher Lebensform wird hier durch Handlungen im Sinne der Arete konkretisiert. Im Sinne des Aristoteles sind seine ethischen Untersuchungen nur im Lichte der menschlichen Vernunft von praktischer Bedeutung. Aristoteles ist sicherlich kein langweiliger Moralprediger; er wollte seine praktische Ethik als Vernunftethik verstanden haben, die den vernunftbegabten Menschen als Ursprung seiner moralischen Handlung verstehen möchte.
Inhaltsverzeichnis
1.Einleitung..
Zum Dritten Buch
2.Freiwilligkeit, Entscheidung, Verantwortung
2.1 Freiwilligkeit hecousios
2.2 Entscheidung prohairesis
2.3 Kleiner Exkurs ins moderne Strafrecht
2.4 Zurechnung Buch III 7
3.Gerechtigkeit als vortrefflichste Tugend
3.1 AllgemeinesS
3.2 Gerechtigkeitsperspektiven
3.3 Hexis in Abgrenzung zu dynamis und techne
3.4 Gerechtigkeit als vollkommene Tugend
3.5 Billigkeit
Einleitung
Als Einleitung möchte ich meine Vorgehensweise offenlegen und auf einige Begriffe eingehen, die im Verlauf der Arbeit von Bedeutung sein werden. Ich habe vordergründig den Schwerpunkt auf den individuellen ethischen Handlungsaspekt der praktischen Ehtik des Aristoteles konzentriert und das Subjekt ethischer Handlungen im Fokus eines subjektiven Blickwinkels ins Visier genommen.
Wenn der Leser der Meinung ist, dass eigene Ideen eingeflossen sind, dann war es Teil der Interpretation.
Als Beispiele führt Aristoteles genügend Handlungssituationen an, in denen bestimmte Handlungen oder Haltungen die Gutheit am ehesten treffen.
Aristoteles möchte seine Ethik nicht bloß im normativ-ethischen Sinn klar und strikt definieren. Er lässt die Handlungsbereiche offen, die von der jeweiligen Verfassung des Handelnden (Wesen des Individuums) und dessen situationsbedingtem Verhalten individualisiert werden.
Das Glück als Vollendung menschlicher Lebensform wird hier durch Handlungen im Sinne der Arete konkretisiert. Im Sinne des Aristoteles sind seine ethischen Untersuchungen nur im Lichte der menschlichen Vernunft von praktischer Bedeutung. Aristoteles ist sicherlich kein langweiliger Moralprediger; er wollte seine praktische Ethik als Vernunftethik verstanden haben, die den vernunftbegabten Menschen als Ursprung seiner moralischen Handlung verstehen möchte.
Zum Dritten Buch
Zu Beginn des dritten Buches der Nikomachischen Ethik untersucht Aristoteles gewollte ungewollte (Handlungen aufgrund von Zwang oder Unwissenheit) und gemischte Handlungen.
Bei den gemischten Handlungen zögert er, ob er sie den gewollten oder den ungewollten einordnen soll, denn man entscheidet sich in einer speziellen Situation für sie.
Dies wäre zb der Fall, wenn jemand in Seenot ohne eigentlichen Preisgabewillen Güter über Bord wirft. In Wahrheit stellt die Besitzaufgabe keine Dereliktion im endültigen Sinne dar. Das Motiv ist nicht die gewollte Handlung. Sie wird bloß um einer höheren Willen gewählt. Die gewollte Handlung ist akzidentiell und nebensächlich, denn man wählt zb die niedrigere Handlung aus höherwertigen Motiven. Das ist so wie wenn die gewollte Handlung als das Nebensächliche, das Zukommende stets Veränderungen und Schwankungen unterworfen ist während das Zugrundeliegende, also der Mensch unveränderlich und beharrlich auf seinem Willen beharrt.
Hecousios
Der Begriff des Willentlichen hecousios wird definiert als das Freiwillige, als dasjenige, dessen Ursprung im Handelnden selbst ist, sofern er alles Einzelne kennt, bezogen auf den Bereich des Handelns. (Otfried Höffe, Aristoteles Lexikon)
Hekousios - gewollt, aus dem eigenen Wollen hervorgehend, freiwillig; Hekon – wollend, aus eigenem Wollen, gern (Ursula Wolf, Nikomachische Ethik)
Es geht um Freiwilligkeit im Sinne von Handeln aus eigenem Antrieb. Ein Handeln, das dem eigenen Wollen entspringt
Mit diesem Begriff soll nicht Handlungs-und Willensfreiheit assoziiert werden.
Freiwillig“ schließt Zwang und alle äußeren Gewalteinwirkungen aus, die der
Selbstbewegung des Individuums entgegenwirken.
Seine Bedeutung ist gegenüber dem vorsätzlichen Handeln allerdings noch zu schwach. Denn auch Kindern und sonstigen Lebewesen kommt hecousios zu, weil sie den Ursprung ihres Strebens in sich selbst tragen. Das Gewollte teilen wir mit Kindern und Tieren, während diese an der prohairesis nicht teilnehmen.
Freiwillig ist noch der engere Begriffe, die Entscheidung der weitere.
Prohairesis
Der Begriff des Vorsatzes oder Willenswahl
Definition von prohairesis - Vorsatz, Willensentscheidung, Entschließung, Absicht, keine willkürliche Dezision, sondern eine reflektierte Wahl.
Das von Überlegung beziehungsweise vom Verstand bestimmte Streben als reflexive Wahl und Entscheidung ist die prohairesis (absichtliches Handeln). (Otfried Höffe, Aristoteles Lexikon)
Noch mehr als „Freiwillig“ meint die prohairesis hier, zunächst einmal dass der Bewegungsgrund im Handelnden selbst liegt, d.h. nicht außerhalb des Urhebers der Handlung. Prohairesis verlangt weiters, dass der Willensentschluss aufgrund einer Überlegung vollzogen wird. Das Kriterium der Bewegursache meint hier jene Handlungsmotivation, welche Zwang, der von außen einwirkt, ausschließt, der Handelnde über die Umstände im Zeitpunkt der Handlung Kenntnis hat und genaue Vorstellungen über die Kausalität seiner Handlung verfügt.
Wobei der Handelnde nur eine Handlung zu setzen vermag, die auch tatsächlich in seiner Macht steht. Es leuchtet in diesem Zusammenhang ein, dass es um Mögliches und nicht um Unmögliches geht. Die prohairesis hängt auch sehr von der jeweiligen ethischen Verfassung des Handelnden ab.
Prohairesis ist für die Verantwortlichkeit im Sinne der Zurechnung von Handlungen von Bedeutung. Wer die Freiheit der Wahl hat, ist auch für sie verantwortlich.
Die Tugend ist eine vom Vorsatz geprägte hexis, aufgrund deren wir die vernünftigste (vortrefflichste) Entscheidung zu treffen vermögen.
Die Affekte basieren zwar auf Freiwilligkeit aber nicht auf Entscheidung. Denn auf bewussten Willensentschluss beruhende Handlungen bedürfen notwendig des Logos.
Denn gewollt und bewusst und überlegt, und damit vorsätzlich, handelt jemand dann, wenn der Ursprung der Handlung im Handelnden selbst liegt und wenn das Handlungsobjekt alle Handlungsumstände genau kennt. Unbewusste impulsive Handlungen oder Handlungen die im Zustand der Leidenschaft (pathos) getätigt werden, gehören nicht hierher.
Wenn der Beweggrund oder das Motiv auf der charakterlichen Verfassung beruht, ist das ein Hinweis darauf dass dem vorsätzlich Handelnden ein gewisser Zeit – bzw(und) Handlungsspielraum zur Verfügung stehen. Dieser Spielraum setzt Wissen (auch politisches) und die Freiheit jeglichen Zwanges voraus. Gesetze sind so wie Produkte politischen Wissens. Denn bekanntlich sind auch für den im Regelfall noch so rational Handelnden in einer Zwangssituation (möglicherweise ein Handlungsnotstand) seine Handlungsoptionen herabsetzt, oft sogar bis auf ein absolutes Minimum reduziert, wo einfach kein Platz für alternatives Handeln nach gründlicher Überlegung besteht. Der Platz zum Denken ist eine Voraussetzung für ethisches Handeln. Rationalität sollte hier mit Vernunft verknüpft werden. Unter gewöhnlichen Umständen und der Abwesenheit von Zwang und Unwissenheit liegt es im Ermessen des Entscheidenden ob er sich für eine Handlung entschließt oder nicht. Es geht dabei auch um den Vorzug oder Wahl zwischen zwei oder mehreren Handlungen oder der Bevorzugung einer Handlung in zeitlicher Hinsicht.
Denn es steht in der Macht des Handelnden sich seines Verstandes zu bedienen und seine
Vernunft einzusetzen und sich für eine mögliche vorgezogene Handlungsoption zu entscheiden oder auch nicht, gesetzt den Fall dass dem Handelnden ein Überlegungsspielraum offen steht (ohne Zwang und ohne Bewusstseinstrübung bei ganzer Verstandesstärke).
Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Handlungen ist wesentlich für die darauffolgenden Konsequenzen insbesondere der Zurechnung von Handlungen.
Im Kapitel Sieben Buch III untersucht Aristoteles die Zurechnung oder die
Verantwortlichkeit menschlichen Handelns.
Strafe setzt das Gewolltsein der Handlung voraus.
Ist der Ursprung der Handlung im Menschen begründet, dann geht sie aus dem eigenen
Wollen hervor (hekousious).
Über jene nämlich die in ihrer Entscheidung frei sind werden Strafen verhängt, weil sie aufgrund ihres Wissens und Wollens für ihre Übeltaten verantwortlich sind.
Die Strafe wird für Betrunkene sogar verdoppelt, so Aristoteles.
Der Betrunkene hatte die Kontrolle darüber zu entscheiden ob er sich betrinkt. Er hätte vorhersehen können, dass ihn das Betrinken den Verstand kosten wird. Und die Trunkenheit (Trinken als Dauerzustand aufgrund von Gewöhnung) kostet ihn sogar seine ethische Gesinnung.
Kleiner Exkurs ins moderne Strafrecht
Das moderne österreichische Strafrecht droht bei Verwirklichung des Tatbestandes §287
StGB mit Strafe. Es geht um die Begehung eines Delikts im Zustand der vollen Berauschung: Das vorsätzliche Sich-Versetzen in einen Vollrausch und die darauffolgende Begehung eines Delikts bewirkt den Ausschluss der Zurechnungsfähigkeit hinsichtlich der Schuld. Im die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand kann der Handelnde von seinem Verstand und von seiner Vernunft keinen Gebrauch machen. Die Zurechnungsunfähigkeit geht mit einem Ausschluss der Dispositions- und Diskretionsfähigkeit einher. Allerdings erfüllt der Handelnde den objektiven Tatbestand des Rauschdelikts, für den es hier keinen Entschuldigungsgrund gibt, und haftet. D.h er wird für seine Handlung verantwortlich gemacht.
Zurechnung
Im Buch III Kapitel 7 behandelt Aristoteles wenn auch sehr dürftig die Zurechnung und Verantwortlichkeit einer rechtlichen oder ethischen Handlung.
Aristoteles begründet seine Zurechnungslehre nicht von einem formal juristischen oder strafrechtlichen Standpunkt aus, sondern von einem ethisch praktischen.
Die Ethik schloss das Recht mit ein. Sie ist auch heute unter Ausschluss rechtlich und soziologischer Aspekte unvorstellbar. Umgekehrt war die Ehtik ohnehin immanenter Teil der Staatsrechtslehre.
Ethik und Politik gehören bei Aristoteles eng zusammen. Die Politik des Aristoteles kann als Fortsetzung der Nikomachischen Ethik verstanden werden, wenn man die Echtheit des letzten Kapitels der EN nicht anzweifelt.
Eine von der Trinität der Rechtsidee (Gerechtigkeit, Zweckmäßigkeit, Rechtssicherheit) getragene Staatsphilosophie kommt nicht umhin zu erkennen, dass letzten Endes der Zweck im Recht, selbst nicht mehr rechtlicher Natur ist, sondern zb ein sozialer oder politischer etcetera.
Gerecht ist derjenige der tatsächlich gerecht handelt.
Der staatliche Gesetzgeber als Erzieher sollte ein tugendhaftes Leben anordnen und eben jegliche Schlechtigkeit gesetzlich verbieten bzw. Verantwortliche sühnen lassen.
So wundert es nicht, dass man die Gerechtigkeit iS von Gesetzmäßigkeit verstand, die die ganze Arete (hole arete) in sich verbarg.
Was bedeutet es ein guter oder schlechter Mensch zu sein, wenn es an uns liegt gute und schlechte Handlungen zu tun, die einen dauernden Seelenzustand oder nennen wir es anders Chrakterhaltung auf Dauer induzieren?
Zugerechnet sollen nur jene Handlungen werden, deren Ursprung im Handelnden selbst liegt. Die Handlung wird auf den Anleitenden selbst zurückgeführt. Oder zugerechnet sollen dem Handelnden nur jene Handlungen, dessen Urheber er selbst ist und dieser Ursprung sich auf eigenem Wollen (hekousios) gründet. Diese Handlungen müssen vom Vorsatz (prohairesis) zum Willen getragen sein.
Verantwortlich ist nur dann jemand, dessen schädigende Handlung seiner Machtsphäre zuzuordnen ist. Die Handlung muss möglich d. h. tatsächlich ausführbar (faktisch möglich) sein und in der Macht des Ausführenden stehen (den Erfog unbeachtend). Die Handlung muss zielbewusst und vorsätzlich erfolgen. Naturereignisse und unwillkürliche Körperbewegungen, d.h solche die vom menschlichen Willen nicht beherrscht werden sind ausgenommen.
Tugenden und Laster liegen bei uns, sie können sogar als ständige seelische Dispositionen betrachtet werden. In der sittlichen Handlung kommt der gesamte Charakter des Menschen zum Vorschein. Diejenige Handlungsweise soll gewählt werden, die am sichersten die Mitte iSd Guten zu treffen vermag.
Da wir es mit Menschen und ihren Handlungen zu tun haben, setzt man den Menschen am Beginn der Kausalkette als Ursprung seiner Handlung und nicht etwa einen Gott oder einen Dämon. So wird auch der unendliche Regress vermieden.
Die Tugenden kommen nicht ohne Entscheidung aus.
Alles menschliche Streben zielt auf das größte Glück ab, dennoch wird dieses Streben nach dem Glück, von der individuellen seelischen Verfasstheit des Einzelnen abhängen.
So liegt es auch an uns welche ethische Haltung (Disposition) wir erwerben.
Denn diese bildet sich aus der Summe aller uns zurechenbaren ethisch gerechten oder auch ungerechten Handlungen, für die wir uns entscheiden und deshalb iS der Zurechnung veranwortlich sind.
Aufgrund der erkennbaren Regelmäßigkeit von gemachten wiederholten Handlungen, zeigt sich allmählich eine strukturierte Komposition einer beständigen Charakterhaltung. Und aus dieser entspringen dann sowohl die guten tugendhaften als auch die lasterhaften Handlungen. Die sittliche Werthaftigkeit, einer Handlungs Lobenswürdigkeit oder Tadelnswertigkeit hängt einzig und allein von dem Umstand ab, ob diese Handlungen ihren Ursprung in uns selbst haben oder nicht.
Der Gesetzgeber wird Strafen gegen Täter verhängen die eine gesetzlich verpönte Handlung, nicht gegen das eigene Wollen, nicht unter Zwang oder aufgrund von Unwissenheit setzen. Ist aber jemand selbst für seine Unwissenheit verantwortlich, dann wird der Gesetzgeber dennoch eine Strafe verfügen.
Denn bekanntlich schützt Unwissenheit vor Strafe nicht.
Aktuell gilt:
§2 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches besagt, dass sobald ein Gesetz auf gehörige Art und Weise kundgemacht worden ist, sich niemand damit entschuldigen kann, dass ihm dasselbe nicht bekannt geworden ist.
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- Arbeit zitieren
- Elena Mühlbauer (Autor:in), 2011, Nikomachische Ethik. Einführung in das dritte und fünfte Buch der EN, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/541132
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