Die Finanzierung eines Unternehmens ist auf dem Kapitalmarkt unerlässlich. Neben der Fremdfinanzierung oder der Finanzierung mit Eigenkapital hat sich im Zuge der Globalisierung das „Initial Public Offering“ etabliert. Das Unternehmen hat damit erstmalig die Möglichkeit seine Aktien an einer Wertpapierbörse anzubieten. Das Ziel dabei ist, eine Kapitalerhöhung durch verschiedene Investoren zu erreichen. Insbesondere chinesische Unternehmen machten sich als ausländische Emittenten seit den 2000er Jahren an der Frankfurter Wertpapierbörse bemerkbar.
Mihrican Özgezer stellt in Ihrer Publikation ausländische Erstnotierungen von chinesischen Unternehmen an der Deutschen Börse dar. Dabei stellt sie die Erstnotierungen aus Perspektive der Deutschen Börse und chinesischer Unternehmen gegenüber und schildert mittels einer Performancebewertung die Motivation der chinesischen Emittenten, an der Frankfurter Börse zu investieren.
Aus dem Inhalt:
- Deutsche Börse
- Kapitalmarkt
- chinesische Unternehmen
- Aktienmarkt
- Auslandsnotierungen
- Erstnotierungen
- Initial Public Offerings
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziele der Arbeit
1.3 Gang der Arbeit
2 Literaturüberblick und theoretischer Rahmen
2.1 Erstnotierungen an inländischen Wertpapierbörsen
2.2 Erstnotierungen an ausländischen Wertpapierbörsen
3 Ausländische Erstnotierungen aus der Perspektive der Deutschen Börse
3.1 Die Deutsche Börse zur Kapitalbeschaffung
3.2 Finanzmarkttheoretische Grundlagen zur Deutschen Börse
3.3 Erstnotierungen ausländischer Unternehmen an der Deutschen Börse
4 Ausländische Erstnotierungen aus der Perspektive der chinesischen Unternehmen
4.1 Der chinesische Kapitalmarkt
4.2 Chinesische Erstnotierungen an ausländischen Wertpapierbörsen
5 Die chinesischen Emittenten an der Deutschen Börse
5.1 Der Werdegang chinesischer Emittenten an der Deutschen Börse
5.2 Eine Analyse der Post-IPO-Performance chinesischer Aktien
5.3 Datenauswertung und Zusammenfassung der Ergebnisse
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
ADR American Depositary Receipt
AG Aktiengesellschaft
AIM Alternative Investment Market
BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
CCP Communist Party of China
CDAX Composite Dax
CEINEX China Europe International Exchange AG
CFFE China Financial Futures Exchange
CSR Corporate Social Responsibility
CSRC China Securities Regulatory Commission
DAX Deutscher Aktienindex
DR Depositary Receipt
EK Eigenkapital
ESG Environmental, Social and Governance
et al. et alii
EU Europäische Union
f. folgende
FDI Foreign Direct Investment
FWB Frankfurter Wertpapierbörse
HSE Hong Kong Stock Exchange
IAS International Accounting Standards
IFRS International Financial Reporting Standards
IPO Initial Public Offering
IR Initial Return
LOF Liability of Foreignness
LSE London Stock Exchange
M&A Mergers & Acquisitions
MDAX Mid-Cap-DAX
MiFID Markets in Financial Instruments Directive
MNE Multinational Enterprise
MTFs Multilateral Trading Facilities
NASDAQ National Association of Securities Dealers Automated Quotations
NYSE New York Stock Exchange
OECD Organization for Economic Cooperation and Development
R&D Research and Development
SDAX Small-Cap-DAX
SEC Securities and Exchange Commission
SHSE Shanghai Stock Exchange
SME Small and Medium-sized Enterprise
SOE State-owned Enterprise
SOX Sarbanes Oxley Act
SPC Supreme People’s Court
SSE Shanghai Stock Exchange
SZSE Shenzhen Stock Exchange
TSR Total Shareholder Return
US-GAAP United States Generally Accepted Accounting Principles
WFE World Federation of Exchanges
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: In- und ausländische Börsennotierungen chinesischer Unternehmen
Abbildung 2: Der SSE zwischen den Jahren 2000 und 2015
Abbildung 3: Durchschnittliche Initial Returns im globalen Vergleich
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ausländische Notierungen an der Deutschen Börse im zeitlichen Verlauf
Tabelle 2: Prestigeindizes der globalen Wertpapierbörsen
Tabelle 3: Eckdaten der chinesischen Unternehmen
Tabelle 4: Gegenüberstellung der Post-IPO-Performance zur CDAX-Performance
Tabelle 5: Gegenüberstellung der aktuellen Performance zur CDAX-Performance
Tabelle 6: Die Eröffnungs- und Schlusskurse zwischen den Jahren 2015 und 2018
Tabelle 7: Dividende je Aktie zwischen den Jahren 2015 und 2018
Tabelle 8: TSR der chinesischen Aktien zwischen den Jahren 2015 und 2018
Tabelle 9: TSR der Vergleichsunternehmen zwischen den Jahren 2015 und 2018
1 Einleitung
Im Folgenden wird das Thema durch die Betrachtung der Problemstellung, der Zielsetzung und des Gangs der Arbeit eingeleitet. Dabei ist die Intention, den Kern dieser wissenschaftlichen Ausarbeitung darzulegen.
1.1 Problemstellung
Die Finanzierung eines Unternehmens ist ein wichtiger Aspekt, welcher einen signifikanten Einfluss auf seine gegenwärtige Präsenz am Kapitalmarkt und den Fortbestand der Geschäftstätigkeiten ausübt. So bietet sich Unternehmen neben der Fremdfinanzierung die Möglichkeit eines Initial Public Offerings und die hiermit eingeleitete öffentliche Ausgabe ihrer Unternehmensanteile. Eine weitere Möglichkeit der Unternehmensfinanzierung, zusätzlich zu den traditionell bekannten, machte sich ab den achtziger Jahren im Zuge der Globalisierung an den Kapitalmärkten in Form der ausländischen Börsennotierungen bemerkbar (Dodd 2013: 78). Im Weiteren wurde innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte ein Aufwärtstrend mit bis zu 1252 ausländischen IPOs an den internationalen Wertpapierbörsen eingeleitet (Caglio et al. 2016: 106). Währenddessen machte sich auch ein Teil dieses Trends durch die Wechselwirkungen zwischen den chinesischen Unternehmen in der Rolle des ausländischen Emittenten und der Frankfurter Wertpapierbörse in der Rolle der Gastbörse bemerkbar. So realisierte die Deutsche Börse in den Jahren 2007 bis 2013 eine Aufwärtsentwicklung in Bezug auf die Anteilnahme chinesischer Emittenten und bildete angesichts dessen eine beliebte Zielbörse für die ausländischen Unternehmen (Bessler et al. 2015: 65 f.). Dem Aufwärtstrend der chinesischen Aktien an der FWB folgten jedoch kurze Zeit später Negativschlagzeilen und enorme Kurseinbrüche, wodurch die chinesischen Unternehmen am deutschen Kapitalmarkt in ein schlechtes Licht gerückt wurden.
1.2 Ziele der Arbeit
Die vorliegende Abhandlung beschäftigt sich mit der Thematik der Auslandsnotierungen von Unternehmen auf globaler Ebene, insbesondere chinesischen IPOs an der Deutschen Börse. Durch die Darstellung der Basis und die Vorstellung der involvierten Kapitalmärkte wird im Rahmen dieser Ausarbeitung ein Verständnis hinsichtlich der abschließenden Performanceanalyse ermöglicht.
Die Analyse der Performance der chinesischen Aktien erreicht dadurch in erster Linie, durch die Inanspruchnahme unterschiedlicher Indikatoren, den Erfolg der fremden Emittenten an der FWB zu messen. Die Ergebnisse der Performanceanalyse geben somit Auskunft darüber, ob die chinesischen Emittenten durch ihre Notierung ihre Anerkennung innerhalb der europäischen Wirtschaftsmacht Deutschland erhöhen möchten oder die Auslandsnotierung eine steigende Reputation im Heimatmarkt erzielen soll. Somit ist die Zielvorstellung dieser Arbeit, mittels der Performancebewertung den Grundgedanken der chinesischen Emittenten in Bezug auf ihre Notierung an der FWB zu ermitteln. So erschließt sich die Forschungsfrage: Welchen Motivationen folgen die chinesischen Emittenten durch ihren Gang an die Frankfurter Wertpapierbörse?
1.3 Gang der Arbeit
Zu Beginn werden der Begriff IPO und die hiermit verbundenen Motive und Risiken erläutert. Dadurch wird dem Leser eine Grundlage in Bezug auf das Wissen über die Thematik der Auslandsnotierungen gewährleistet. Im weiteren Schritt erfolgt die Betrachtung der Auslandsnotierungen, die in der Literatur oft mit dem Begriff Cross-Listing und den damit verbundenen Motiven und Risiken referiert werden. Durch die Behandlung des IPOs und der Auslandsnotierungen im Einzelnen wird hierbei eine Art Gegenüberstellung erzielt, die dem Leser den Mehrwert und/oder das Risiko der ausländischen Börsengänge näher vermittelt. Dem abschließenden Literaturüberblick folgt im weiteren Verlauf die Betrachtung der Deutschen Börse, in der die Grundlagen des Aufbaus und die FWB in der Rolle der Gastbörse erläutert werden. Im Zusammenhang hierzu wird ein Überblick über den chinesischen Kapitalmarkt, die Motive und Risiken der ausländischen Börsengänge für die chinesischen Emittenten und den Ablauf einer geplanten Auslandsnotierung gegeben. Die genaue Betrachtung der FWB als Gastbörse bietet hierbei in Kombination mit den ermittelten Motiven der Auslandsnotierungen chinesischer Emittenten eine direkte Gegenüberstellung. Zuletzt wird mittels der Analyse der Post-IPO-Performance chinesischer Aktien am Regulierten Markt durch die Miteinbeziehung der Performanceindikatoren TSR und der CDAX-Performance die grundlegende Motivation der chinesischen Emittenten für die Notierung an der FWB dargelegt.
2 Literaturüberblick und theoretischer Rahmen
2.1 Erstnotierungen an inländischen Wertpapierbörsen
Der Begriff IPO dient als Abkürzung für das „Initial Public Offering“ und beschreibt den erstmaligen Prozess eines Unternehmens, seine Aktien an einer Wertpapierbörse anzubieten. Dieser Vorgang ermöglicht den Unternehmen, die bereits auf dem entsprechenden Markt tätig sind und eine erfolgreiche Entwicklung aufzeigen, ihre Zielvorstellung in Bezug auf die Expansion ihrer Geschäftstätigkeiten zu realisieren (Jäger/Heupel 2020: 238, 247). Der Leitgedanke eines IPOs ist demnach, durch die Ausgabe von Unternehmensanteilen an unterschiedliche Investoren eine Kapitalerhöhung anzustoßen und im Weiteren hierdurch eine Verbesserung ihrer Eigenkapitalausstattung einzuleiten. Die an dem Kapitalmarkt angebotenen Aktien und der damit verbundene Zufluss von Emissionserlösen bieten dem Unternehmen infolgedessen eine weitere Finanzierungsmöglichkeit für geplante und potentielle Investitionen.
2.1.1 Motive für die Erstnotierung an inländischen Wertpapierbörsen
Die Erhöhung des Unternehmenswertes und die steigende Wahrnehmung des Unternehmens seitens der Investoren durch das verbesserte Image und die erhöhte Reputation sind grundlegende Chancen, die dem Unternehmen durch den Gang an die Börse gegeben werden können (Ernst/Häcker 2012: 253).
Die weiteren Vorteile eines erstmaligen Börsengangs sind wie folgt:
- Geringere Folgerisiken: Die Finanzierung mittels eines IPOs birgt für die Unternehmen, im Vergleich zur Fremdfinanzierung, geringe systematische Risiken. So zeigt sich, dass bei fremdfinanzierten Unternehmen, die einen Rückgang ihrer Einnahmen realisieren, das Risiko einer Insolvenz im Gegensatz zu den Unternehmen, die durch Eigenkapital finanziert sind, höher ist (Armstrong 2016: 99).
- Vereinfachung der internationalen Ausweitung: Unternehmen, die die Börse zur Kapitalbeschaffung erstmalig betreten, haben die Möglichkeit, durch den Zufluss an Emissionserlösen ihre globale Präsenz weiter auszubauen und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit außerhalb ihrer inländischen Grenzen zu erhöhen.
- Verbesserung der Präsenz in den Medien: Durch den Gang an einen organisierten Kapitalmarkt verstärkt sich die Medienpräsenz des Unternehmens, wodurch sich gleichzeitig die Wahrnehmung seitens der potentiellen Investoren verbessert (Reichling et al. 2005: 78).
- Liquiditätsneutrale Währung: Durch den Gang an die Börse und die damit verbundene Aktienausgabe entsteht für das Unternehmen eine Akquisitionswährung, die zur Finanzierung von Unternehmensübernahmen genutzt werden kann (Deutsche Börse AG 2006: 25).
2.1.2 Risiken der Erstnotierung an inländischen Wertpapierbörsen
Jede Finanzierungsform birgt neben den Vorteilen auch gewisse Nachteile für die Unternehmen, so auch die Börsennotierung. Eine der negativen Konsequenzen, mit denen die Unternehmen bei einer Aktienemission konfrontiert sind, sind die verhältnismäßig hohen Kosten. Im Kontext der Börsennotierung fallen demnach zwei Arten von Kosten an: zum einen die Kosten für die Erstnotierung und zum anderen die laufenden Kosten für die fortdauernde Notierung an der Börse (Ernst/Häcker 2012: 253). Neben den Kosten für den Gang an die Börse sind die Unternehmen weiteren negativen Effekten ausgesetzt, welche durch die gestiegenen Anforderungen an die Publizität und die Transparenz entstanden sind (Deutsche Börse AG 2006: 31). Die Vorteile und Nachteile sollte in diesem Fall jedes Unternehmen selber abwägen, um die bestmögliche Resonanz aus seiner Börsennotierung zu ziehen und negative Folgen zu vermeiden. Basierend darauf sollten die Unternehmen schon im Pre-IPO-Vorgang ihre eigene Fähigkeit und Standhaftigkeit in Bezug auf die kapitalmarktorientierte Eigenkapitalfinanzierung hinterfragen (Ernst/Häcker 2012: 256).
Trotz der Wahrscheinlichkeit, durch die Börsennotierung kostentechnisch belastet werden zu können (Ernst/Häcker 2012: 253), wagten sich im Jahre 2018 nach Angaben der World Federation of Exchanges 1610 Unternehmen mittels des IPOs an die inländischen Wertpapierbörsen (WFE 2019: 5). Im Vergleich zu den Berichten, die von der WFE vor dem erwähnten Jahr veröffentlicht wurden, zeigt sich, dass 2017 noch 1822 Unternehmen mittels IPOs an die Börse gegangen sind (WFE 2018: 4). Die Annahme, dass sich der globale Trend der IPOs zurückentwickelt, erübrigt sich jedoch in diesem Fall durch die Betrachtung der Zahlen aus dem Jahr 2016, welche eine Anzahl an 1279 Börsengängen vermerken konnte. Im Zuge dessen kann im Großen und Ganzen ein stetig steigender Trend in Bezug auf Initial Public Offerings an den globalen Märkten beobachtet werden (WFE 2017: 4).
Die Notierung an der eigenen Heimatbörse ist dennoch nicht die einzige Möglichkeit eines Unternehmens seine Kapitalposition zu verbessern. Eine weitere Option, die im Zuge der Globalisierung der Finanzmärkte bei den Unternehmen an Bedeutung gewonnen hat, ist die Notierung außerhalb der Heimatbörse an den internationalen Wertpapierbörsen (Baker et al. 2002: 495). Im folgenden Abschnitt wird die Thematik in Bezug auf die Notierung der Unternehmensanteile an einer fremden Börse aufgegriffen.
2.2 Erstnotierungen an ausländischen Wertpapierbörsen
Die Finanzierung des fortlaufenden Wachstums und die Sicherstellung der notwendigen finanziellen Mittel gehören zu den wichtigsten Aspekten innerhalb eines Unternehmens und werden in der Literatur zumeist auch als Unternehmensziel (Business Goal) definiert. Eine dieser Finanzierungsmöglichkeiten, angelehnt an das Unternehmensziel, wurde im vorherigen Abschnitt in Form des Initial Public Offerings dargestellt und spiegelt somit den Gedankengang eines Unternehmens im Sinne des Kollektivismus wider, welcher im Weiteren dem persönlichen Ziel (Personal Goal) gegenübersteht. Die Gegenposition in Form der persönlichen Sichtweise eines Unternehmens ist durch das Anstreben der Erreichung von Vermögensdiversifikation und der Vermeidung der Abhängigkeit des Unternehmens von einem einzigen Markt geprägt (Ding et al. 2010: 175). Die Wahl zwischen dem persönlichen Ziel und dem Unternehmensziel ist des Öfteren unternehmensbedingt und gibt dem Unternehmen hiermit schon den ersten Anstoß einen passenden Börsenplatz für das geplante Initial Public Offering zu finden. In diesem Zusammenhang ergeben sich für das Unternehmen drei verschiedene Möglichkeiten, Präsenz auf lokaler oder internationaler Ebene an einer Börse zu erlangen. Die erste Option für ein Unternehmen sind inländische IPOs, welche als die klassische Methode eines Börsengangs in der Finanzwelt angesehen werden. Bei einem inländischen IPO finden der Handel und die Ausgabe der Unternehmensanteile nur an der Heimatbörse statt. Eine weitere Möglichkeit, die in dieser Hinsicht dem inländischen IPO gegenübersteht, sind ausländische IPOs, die angesichts dessen nur an der Gastbörse ausgegeben werden. Die dritte Option, die als eine Zusammenführung der vorherigen Möglichkeiten angesehen werden kann und in der Literatur öfters als Cross-Listing bezeichnet wird, ist das globale IPO. Dies beschreibt die analoge Präsenz eines Unternehmens an seiner Heimatbörse und an der ausländischen Gastbörse (Caglio et al. 2016: 104). Die Datenerhebung, die den Zeitraum von 1995 bis 2011 einbezogen hat, notierte 1252 ausländische IPOs und 187 globale IPOs. Wobei Letzteres nur die Notierungen beinhaltet, die in einem Zeitraum von 30 Tagen an der Heimatbörse und an der Gastbörse realisiert wurden (Caglio et al. 2016: 106). Die Wahl des Börsenplatzes für die geplante Notierung gehört zu den wichtigsten Entscheidungen eines Unternehmens, das seine Aktien öffentlich ausgeben möchte. Nur die richtige und passende Wahl des Börsenplatzes ermöglicht dem Unternehmen Vorteile aus der Börsennotierung zu ziehen (Ding et al. 2010: 176, 189). Bei der Entscheidung, welches Land für die Börsennotierung am angemessensten ist, entwickelten Sarkissian und Schill die Annahme, dass Unternehmen häufig Interesse an Märkten zeigen, die eine gewisse Ähnlichkeit zu dem Heimatmarkt und den Status eines Market Outperformers in der Wirtschaftswelt haben. Ihre Hypothesen stützen sie mit dem Gravity Model, mit dem sie die Abhängigkeit der Intensität der Auslandsnotierungen von den Marktgegebenheiten am Gastmarkt messen konnten. Somit zeigten sie, dass Unternehmen bevorzugt an den Kapitalmärkten an die Börse gehen, die eine positive Performance, gemessen an dem realen BIP, der Rendite der Aktien und der Börsengröße, aufzeigen (Sarkissian/Schill 2016: 261 f.).
Der Trend, die Unternehmensanteile an ausländischen Börsen zu notieren, kam Anfang der 1980er Jahre auf. Dieser Trend wurde zum einen durch die Liberalisierung der Regulierungen in Bezug auf grenzüberschreitende Kapitalflüsse und zum anderen durch die Internationalisierung der Unternehmenstätigkeiten eingeleitet (Dodd 2013: 78). Hierdurch konnten Unternehmen ihre bevorzugte Finanzierungsart in Form des Eigenkapitals durch die Notierung und die Ausgabe von Aktien an internationalen Börsen weiter ausbauen. Eine Recherche der OECD im Jahre 1995 zeigte schon die damalige wachsende Beliebtheit dieser Finanzierungsform in den ersten Jahren nach der Entstehung. Somit notierte die OECD zwischen 1980 und 1995 einen deutlichen Zuwachs des ausländischen Anteils an Eigenkapital der Unternehmen aus dem privaten Sektor (Karolyi 1998: 2). Auch heute noch zählt die Auslandsnotierung zu den effektivsten Möglichkeiten für ein Unternehmen, seine Tätigkeiten im Ausland zu verbessern. Denn hierdurch können die Ungleichheiten zwischen den Märkten und die damit verbundenen Kosten vermindert werden. In diesem Zusammenhang ist es zu erwähnen, obwohl die Kapitalmärkte in den letzten Jahren bemüht waren, den Aktienhandel an inländischen Börsen zu vereinfachen, sei es durch den elektronischen Handel oder durch Deregulierungen, die das Zusammenwachsen der Kapitalmärkte vorantrieben, verloren Auslandsnotierungen dennoch nicht an Relevanz (Dodd 2013: 77). Die Liberalisierung in den 80er und 90er Jahren führte nicht nur zur Vereinfachung der Durchführung von Auslandsnotierungen, sondern war auch der Ursprung der Wirtschaftskrisen in einigen Ländern. Zu erwähnen sind hier die mexikanische Krise im Jahr 1994, die ostasiatische Krise 1997 und die russische Krise im Jahr 1998, die durch die Lockerung der globalen Gesetze eine zu schnelle und zu weite Ausbreitung der betroffenen Länder mit sich brachte, bis sie diesem Wachstum nicht mehr standhalten konnten (Chandar et al. 2009: 1709).
Die Finanzierung eines Unternehmens durch eine Börsennotierung im Ausland zeigt heutzutage noch einen hohen Grad an Beliebtheit. Dies spiegelt sich an den über 3000 Unternehmen wider, die an mehr als 40 verschiedenen Börsenplätzen zweitnotiert sind. Zu den attraktivsten Börsenplätzen gehören die NYSE, der AIM, die Deutsche Börse und die HSE (Peng/Su 2014: 42), wobei alleine an der Deutschen Börse um die 5000 Aktien von fremden Unternehmen gehandelt werden (Ghadhab 2018: 192). Unternehmen, die sich für die Notierung an einer ausländischen Börse interessieren, stehen zwei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Die erste Möglichkeit für die Auslandsnotierung ist das Direct Listing (direkte Notierung), bei dem das Unternehmen sich direkt, ohne Umwege, an der fremden Börse notieren lässt. Des Weiteren bieten sich die sogenannten Depositary Receipts (Hinterlegungsscheine) an, die von einer Depotbank für die Aktien ausländischer Unternehmen in Form eines übertragbaren Zertifikats ausgestellt werden. Die übertragbaren Zertifikate für ausländische Wertpapiere wurden im Jahre 1927 von J.P. Morgan entwickelt, um den amerikanischen Investoren die Beteiligung an der Londoner Börse zu ermöglichen. Sie werden heute noch an den Gastbörsen wie gewöhnliche Wertpapiere gehandelt (Miller 1999: 105 f.).
2.2.1 Motive für die Erstnotierung an ausländischen Wertpapierbörsen
Die voranschreitende Globalisierung setzt die Unternehmen weltweit unter Druck, ihre Verfahrensweisen im internationalen Kontext zu überarbeiten und dementsprechend zu optimieren. In diesem Zusammenhang erhoffen sich die Unternehmen durch eine Auslandsnotierung zum einen ihre Strategie zu verbessern und zum anderen Wettbewerbsvorteile zu erzielen (Deutscher Investor Relations Kreis e.V. 2000: 244). Die Strategie, eine Auslandsnotierung einzugehen, kann schon am Anfang der Planung als erfolgversprechend angesehen werden. Der Grund hierfür ist es, dass meistens schon durch die Ankündigung der entsprechenden Notierung die Aktienkurse an der Heimatbörse deutlich steigen. Dieser positive Effekt ist für die Unternehmen von Vorteil, da sie hier bereits in der Anfangsphase eine Erhöhung ihres Eigenkapitals realisieren können. Im weiteren Schritt erhoffen sich die Unternehmen durch ihre Präsenz an mehreren Märkten das Finanzierungsrisiko zu diversifizieren und die Probleme in Bezug auf EK-Angelegenheiten, die nicht nur durch den Heimatmarkt verarbeitet werden können, zu minimieren (Pfister/Wyss 2010: 398). Die Motive einer Notierung an einem ausländischen Kapitalmarkt anstelle des Heimatmarktes und die damit erhofften positiven Rückschlüsse sollten im besten Fall für das Unternehmen überwiegen. Hierbei sollte diesem schon im Voraus bewusst sein, ob es durch die Auslandsnotierung anstelle einer Notierung an der Heimatbörse einen Mehrwert oder profitablere Zukunftschancen erzielen kann (Sarkissian/Schill 2016: 260). Das Unternehmen sollte sich auch darüber klar sein, dass die Entscheidung an einer ausländischen Börse Aktien auszugeben einen erheblichen Einfluss auf sein Wachstum hat und zudem das Wachstum wiederum den Produktumfang und die geographische Reichweite prägen kann (Peng/Su 2014: 43). Bezugnehmend hierauf ist zu erwähnen, dass zumeist die Unternehmen, die an ihrem Heimatmarkt eine Wachstumsphase durchlaufen, eine Notierung im Ausland eingehen. Aus diesem Grund sollten sie bei ihrer Entscheidung darauf achten, dass diese Wachstumsphase durch die Tätigkeit im Ausland nicht negativ beeinflusst wird (Abdallah/Ioannidis 2010: 212).
Die ersten Studien in den 1980er Jahren, die sich mit dem Thema Auslandsnotierungen befassten, nannten eine Vielzahl an Motivationen für Unternehmen, die ihre Anteile an internationalen Börsen notierten. Zu den am häufigsten erwähnten Gründen gehörten der Zugang zu breiteren Kapitalmärkten, die Erhöhung der EK-Position, die Möglichkeit die Liquidität der eigenen Aktien zu verbessern und die steigende Bekanntheit des Unternehmens bei den Investoren (King/Mittoo 2007: 60). Der Zusammenschluss der erwähnten Zielvorstellungen auslandsnotierter Unternehmen bildete im Weiteren in der Literatur unterschiedliche Theorien, die im Folgenden aufgegriffen werden.
Market Segmentation Theory Die in der Literatur am häufigsten erwähnte Theorie in Bezug auf Auslandsnotierungen ist die Market Segmentation Theory (Marktaufteilungstheorie). Ihr Grundgedanke ist hierbei, dass sich die Segmentierung eines Marktes von den restlichen Märkten oft durch die verschiedenen Arten der Marktunvollkommenheiten, die gesetzlichen Investitionseinschränkungen und die jeweiligen Steuern eingeleitet wird (Dodd 2013: 80). Diese Investmentbarrieren zwischen zwei Ländern führen dazu, dass Wertpapiere, die mit dem gleichen Risiko behaftet sind, verschiedene Erwartungsrenditen aufweisen. Ein weiteres Ergebnis der Marktsegmentierung zeigt sich in den Aktienkursen der Länder, die von den globalen Kapitalmärkten abgeschnitten sind. Diese Aktienkurse beinhalten eine zusätzliche Risikoprämie für internationale Investoren, da ihnen die Aktienausgabe im globalen Kontext durch gesetzliche Regulierungen eingeschränkt wird (Foerster/Karolyi 1998: 395). Somit ist erkennbar, dass die Marktsegmentierung durch die verschiedenen Barrieren im Kapitalstrom zwischen den Ländern entsteht und dadurch die Risikoprämie der Unternehmen gleichzeitig einer Erhöhung gegenübersteht (Baker et al. 2002: 497).
Diese Theorie geht somit von der Ansicht aus, dass Unternehmen, die an einer segmentierten Börse notiert sind, nur durch eine Auslandsnotierung die Barrieren zwischen den Ländern umgehen und somit einer ineffizienten Preisbildung ihrer Aktien vorbeugen können (Dodd 2013: 80). Für die Unternehmen, die eine Börsennotierung im Ausland planen, kann in diesem Fall die Segmentierung zwischen den betroffenen Märkten in erster Linie eine potentielle Schwierigkeit darstellen. Jedoch zeigt sich auch, dass durch die Auslandsnotierung das Problem der Segmentierung größtenteils minimiert werden kann und die Unternehmen hierdurch eine Verringerung ihrer Kapitalkosten vermerken können. Die sinkenden Kapitalkosten ermöglichen wiederum den Unternehmen, die Liquidität ihrer Aktien zu verbessern und die externe Kapitalzufuhr zu erhöhen (Abdallah/Ioannidis 2009: 202). Ein weiterer Effekt, der durch den Rückgang der Kapitalkosten und die erhöhte Kapitalzufuhr entsteht, ist die resultierende Möglichkeit der Finanzierung einer höheren Anzahl an Investments (Doidge et al. 2009: 428). Im Weiteren ermöglicht die Auslandsnotierung und die damit verbundene Aufhebung der Investmentbarrieren eine höhere Aktionärsanzahl, wodurch gleichzeitig eine erhöhte Risikoverteilung und hierdurch ebenfalls eine Verminderung der Kapitalkosten erreicht wird (Ghadhab et al. 2018: 192). Investoren, die Aktien an fremden Wertpapierbörsen erwerben, sind zumeist durch die lokalen Regulierungen und Vorschriften mit Benachteiligungen konfrontiert. Dies macht sich in Form von fehlenden Informationen über den lokalen Markt, der unfreiwilligen Enteignung, der Benachteiligung in steuerlicher Hinsicht und erschwerten Prozessen, das Kapital und die Dividende an den Heimatmarkt zurückzuführen, erkennbar (Füss et al. 2016: 450). Demnach profitieren die Investoren durch die Notierung des ausländischen Unternehmens an ihrer Heimatbörse und durch die Verminderung der Barrieren und Abgrenzungen, die zwischen den Ländern bestehen. Die Meinungen in der Literatur über die Market Segmentation Theory sind zwiegespalten, wobei die Befürworter die Ansicht vertreten, dass die Unternehmen durch die Überwindung der Spaltung des lokalen und fremden Marktes positive Auswirkungen erzielen können (Ghadhab et al. 2018: 192). Die gegnerische Ansicht in diesem Zusammenhang zeigt jedoch, dass diese Theorie im Grunde kein Motivationsfaktor für die Unternehmen ist, um die Segmentierung zwischen den Märkten zu umgehen (Dodd 2013: 82).
Bonding Theory Die Bonding Theory (Bindungstheorie) ist eine weitere Motivation für Unternehmen ihren Börsengang an einer ausländischen Börse zu vollziehen. Hierbei erhoffen sich die Unternehmen durch die Notierung an einem strenger regulierten Markt mit höherem Investorenschutz den Schutz ihrer eigenen Minderheitsaktionäre zu bewahren (Ghadhab et al. 2018: 194). Die Bindung an die strengeren Vorschriften der ausländischen Börse ermöglicht den Unternehmen ihre internen Informationsasymmetrien zu verringern und gleichzeitig durch den erhöhten Investorenschutz die Anerkennung potentieller Aktionäre zu erlangen. Durch die hohen Informationsasymmetrien innerhalb der Unternehmen stellt in diesem Zusammenhang der daraus resultierende Insiderhandel ein großes Problem dar und führt zumeist auch zu Prinzipal-Agenten-Konflikten. Hierbei zeigt sich, dass die Insider eines Unternehmens die Aktien ausschließlich durch den ihnen gegebenen Informationsvorsprung kaufen und sich dadurch einen eigenen privaten Nutzen ermöglichen. Durch die Notierung an einer streng regulierten Börse erhoffen sich die Unternehmen letztendlich in direkter Form, durch die Gesetzgebung und die dazu kommenden Offenlegungspflichten und in indirekter Form durch die Nachforschungen der Analysten und der breiten Medien, den Insiderhandel zu verringern (Chang/Corbitt 2012: 723-724).In diesem Sinne teilt sich die Bonding Theory in zwei Subkategorien auf: zum einen das Legal Bonding und zum anderen das Reputational Bonding. Das Legal Bonding zeigt die Bindung des Unternehmens an die strengeren Offenlegungspflichten und die gesetzlichen Vorschriften. Konträr dazu stellt das Reputational Bonding die Überwachung durch Finanzintermediäre, wie z.B. Analysten, Emissionsbanken und institutionelle Investoren, dar (Burns et al. 2007: 1005).
Durch die Auslandsnotierung verändert sich somit die gesetzliche Umgebung der Unternehmen, wodurch sich gleichzeitig auch das Handelsverhalten der Insider wandelt. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Handelsintensität der Insider in Bezug auf die Unternehmensanteile deutlich abnimmt und ein möglicher Kauf ihrerseits nur aufgrund persönlicher Instinkte erfolgt und nicht mehr auf Basis von unternehmensinternen Informationen. Die Insider von auslandsnotierten Unternehmen erhalten dementsprechend weniger Renditen als Insider der Unternehmen, die nur an den lokalen Börsen notiert sind (Chang/Corbitt 2012: 725-727). Die Ergebnisse von Chang und Corbitt (2012: 737) zeigen in diesem Zusammenhang mithilfe der Heckman-Regression, dass die Renditen im Insiderhandel deutlich geringer sind, wenn Unternehmen zusätzlich eine Auslandsnotierung vorweisen können. In der Literatur findet diesbezüglich des Öfteren ein Vergleich von Börsengängen zwischen entwickelten Ländern und Entwicklungsländern statt, wobei Unternehmen aus Entwicklungsländern, die in einem entwickelten Land an die Börse gehen, positivere Ergebnisse erhalten können. Diese positiven Wirkungen erfolgen zumeist durch die strengeren Durchsetzungsbefugnisse, die Möglichkeit der Aktionäre ihr eigenes Interesse durchzusetzen und die strengeren Transparenzanforderungen, die auf langfristige Sicht zugunsten des Unternehmens sind (Peng/Su 2014: 43). Ein Großteil der Forschungsergebnisse befasst sich in dieser Hinsicht mit den Notierungen der Unternehmen aus Entwicklungsländern an den amerikanischen Börsenplätzen. Die Befunde zeigen, dass durch die Bindung an die amerikanischen Börsenrichtlinien der SEC und die Rechnungslegungsvorschriften der US-GAAP die Unternehmen positive Renditen und geringere Kapitalkosten realisieren konnten (Fernandes/Ferreira 2008: 217). Ein weiterer positiver Effekt für die Unternehmen, welche durch die zusätzlichen Offenlegungsvorschriften an der ausländischen Börse entstehen, sind die Widerstandsfähigkeit in Krisenzeiten und die schnelle Regeneration nach den Krisen. Somit zeigt sich, dass die Performance von auslandsnotierten Unternehmen, gestärkt durch die zusätzlichen Vorschriften an der fremden Börse, deutlich weniger von den Umständen der Finanzkrisen betroffen ist (Chandar et al. 2009: 1711, 1714).
Wie auch bei der Market Segmentation Theory sind die Ansichten über die Bonding Theory in der Literatur ambivalent. Die erwähnten Forschungsergebnisse geben die möglichen positiven Effekte für die Unternehmen, die sich an strengeren Börsen notieren lassen, wieder. Ein Teil der Forschung jedoch findet in der Hinsicht keine handfesten Befunde, dass die Unternehmen durch die zusätzlichen Vorschriften an den Gastbörsen die erwähnten Vorteile erfahren (Ferris et al. 2009: 349; Berkman/Nguyen 2009: 1150).
Information Disclosure Theory Die Information Disclosure Theory (Informationsoffenlegungstheorie) zeigt die Auswirkungen der Offenlegungsvorschriften bei einem Börsengang in einem geographisch veränderten Umfeld. Somit führt die Theorie an, dass bei einer Adaption der strengeren Offenlegungsvorgaben der ausländischen Börse der Informationsvorteil von Insidern deutlich geringer ist und somit die Informationsasymmetrie innerhalb des Unternehmens reduziert wird. Ein weiterer Vorteil in dieser Hinsicht ist die Verringerung der Monitoringkosten der Altaktionäre, da die Unternehmen durch die ausländischen Offenlegungspflichten gezwungen sind, die erforderlichen Informationen an ihren breiten Investorenkreis zu geben (Dodd 2013: 78, 85). Ein weiterer positiver Effekt der Notierung an Börsen, die qualitativ bessere Accounting-Standards vorweisen, ist die erhöhte Transparenz der Unternehmen (Ghadhab et al. 2018: 193). Gegenüber ihren potentiellen Investoren zeigen die Unternehmen hiermit durch die Notierung an einer strengeren Börse ihren erhöhten Standard, welcher wiederum durch die vielzähligen Analystenberichte, präziseren Prognosen und durch die steigende Medienpräsenz publik gemacht wird (Füss et al. 2016: 449). In der Theorie wird oft angenommen, dass sich die Unternehmen freiwillig an den strengeren Börsen notieren lassen, um die genannten Vorteile zu erzielen, jedoch zeigt sich in der Praxis, dass Unternehmen die Notierung an strengeren Börsen vermeiden, da die zusätzlichen Offenlegungsvorschriften mit erhöhten Kosten für sie verbunden sind (Dodd 2013: 85).
Business Strategy Theory Die Business Strategy Theory besagt, dass die Zweitnotierung im Ausland zu den wesentlichen Bestandteilen der globalen Strategie eines Unternehmens gehört und durch unternehmensspezifische Gründe geleitet ist (Dodd 2013: 78). Unternehmen, welche schon eine globale Präsenz vorweisen, erhoffen sich durch die Notierung an einer ausländischen Börse ihre bestehenden Tätigkeiten im Ausland zu stärken und somit die Anerkennung ihrer Investoren zu erlangen. Die Theorie zeigt somit, dass internationale Unternehmen bewusst, als ein Teil ihrer Strategie, an ausländische Börsen gehen und somit von ihrem veränderten Umfeld profitieren möchten. Ein Vorteil für international agierende Unternehmen ist die Möglichkeit durch eine Auslandsnotierung den Bekanntheitsgrad des Unternehmens auf globaler Ebene zu erhöhen und somit eine stärkere Wahrnehmung seitens der Investoren zu erzielen. Ein weiterer positiver Effekt, angelehnt an die Business Strategy Theory, ist der bessere Zugang zu externem Kapital, mit welchem die Unternehmen in der Lage sind ihre Wachstumsvorhaben zu finanzieren (Ghadhab et al. 2018: 195).
Liquidity Theory Die Liquidity Theory (Liquiditätstheorie) geht davon aus, dass Börsennotierungen in Ländern, die eine weitaus erfolgreichere Entwicklung vorweisen, und an liquideren Kapitalmärkten die unternehmensbezogene Liquidität im positiven Sinne beeinflussen können. Die Liquidität der Unternehmen an der fremden Börse wird in erster Linie durch die dazukommenden und die damit steigende Anzahl an Investoren erreicht. Diese Investoren profitieren von den veränderten Umständen der Auslandsnotierung eines Unternehmens, da sie von dem erschwerten Zugang auf fremde Kapitalmärkte verschont werden (Füss et al. 2016: 449). Durch die Anpassung der Handelszeiten an die ausländische Börse und den Rückgang der Transaktionskosten, welche durch den Preiswettbewerb zwischen den Währungen zustande kommt, werden somit immer mehr Investoren angezogen, die ein wirtschaftliches Interesse an den Aktien zeigen, wodurch eine Annäherung des Aktienkurses an seinen inneren Wert bewirkt wird (Pfister/Wyss 2010: 398). Neben den geringeren Handelskosten und dem steigenden Handelsvolumen wird durch die Notierung an einer fremden Börse die Häufigkeit von Zero Returns für die Aktionäre des Unternehmens gemindert (Dodd 2013: 82). Hier ist es zu erwähnen, dass nicht nur die Unternehmen durch die Auslandsnotierung betroffen sind, sondern auch der Heimatmarkt. In dieser Hinsicht ist eine Verbesserung der Liquidität des Heimatmarktes zu sehen, wenn das Unternehmen an einer entwickelten Börse mit strengeren Richtlinien notiert ist. Außerdem ist bei transparenten Märkten anzunehmen, dass sich die Liquidität des Heimatmarktes durch die steigende Anzahl der Investoren und der damit verbundenen Aufträge erhöht und sich in diesem Kontext der Wettbewerb zwischen den Märkten im positiven Sinne, zu Gunsten des Heimatmarktes, verbessert (Berkman/Nguyen 2009: 1139). Durch den erhöhten Wettbewerb zwischen den Märkten wird angenommen, dass der Handel am Heimatmarkt durch die Minderung der „bid-ask spreads“ ins Gleichgewicht gebracht wird (Dodd 2013: 82). Die Verbesserung der Liquidität ist zumeist einer der Hauptgründe für ein Unternehmen an eine fremde Börse zu gehen, da hiermit eine Verringerung der Kapitalkosten und ein erhöhter Unternehmenswert erhofft werden (Pfister/Wyss 2010: 398).
Investor Recognition Theory Eine weitere Motivation für die Notierung an einer fremden Börse wird durch die Investor Recognition Theory (Theorie der Anlegeranerkennung) beschrieben, welche die geographische Expansion der Unternehmensanteile mit der steigenden Wahrnehmung und der positiven Bewertung seitens der ausländischen Analysten und Journalisten assoziiert. Eine steigende Wahrnehmung des Unternehmens und dessen Wertpapiere im Ausland führt nach dieser Theorie zu einer Erhöhung des Bekanntheitsgrades und der Investorenanzahl an der fremden Börse (Peng/Su 2014: 47). Den bestehenden und den potentiellen Anlegern an der ausländischen Börse wird durch die Zweitnotierung gezeigt, dass das Unternehmen sich zu einem Global Player entwickelt und seine internationale Präsenz immer weiter ausbaut (King/Mittoo 2007: 60). Durch den Eintritt in ausländische Kapitalmärkte realisiert das Unternehmen eine Erhöhung der Anerkennung innerhalb seines Investorenkreises, was zu einem Rückgang in der Renditeerwartung der Investoren und einer Steigerung des Marktwertes des Unternehmens führt. Diese Schlussfolgerung baut auf den Forschungen von Merton auf, welcher durch das Capital Market Equilibrium (Kapitalmarktgleichgewicht) zu der Erkenntnis kam, dass sich die steigende Anerkennung der Investoren positiv auf das Unternehmen auswirkt (Baker et al. 2002: 495). Mertons Theorie geht davon aus, dass die Ausweitung des Investorenkreises und die damit verbundenen positiven Effekte auf das Unternehmen durch die verbreiteten Reports und die dazukommenden rechtlichen Rahmenbedingungen und behördlichen Auflagen an dem ausländischen Kapitalmarkt zustande kommen. Durch die Auslandsnotierung profitiert ein Unternehmen nach Merton von dem steigenden Marktwert, verringerten Kapitalkosten und einem erhöhten Aktienkurs, was in erster Linie durch die dazukommenden Investoren im Ausland erreicht wird (Merton 1987: 500 f.).
Vereinfachung des M&A- Prozesses Unternehmen, die ein M&A im Ausland planen, profitieren in vielerlei Hinsicht von einer schon vorhandenen Notierung an der ausländischen Börse. Demnach zeigt sich, dass die Börsennotierung den geplanten M&A-Prozess und dessen Bezahlung deutlich einfacher gestaltet (Dodd 2013: 93). Somit können die Unternehmen ihre Aktien, die sie an der fremden Börse anbieten, als eine Akquisitionswährung nutzen und die Kosten für das im Ausland geplante M&A begleichen (Burns et al. 2007: 1006). Grundsätzlich werden die Kosten bei Mergers and Acquisitions entweder mit Geldmitteln (Cash) oder mit dem Eigenkapital des Erwerbers getragen. Der Unterschied in Bezug auf die geplante Auslandstätigkeit ist, dass nur die Wertpapiere, die an der ausländischen Börse angeboten werden, als Akquisitionswährung im selben Land in Betracht gezogen werden können (Peng/Su 2014: 47). Somit zeigt sich, dass die schon vorhandene Präsenz am ausländischen Kapitalmarkt einen geplanten M&A-Prozess beschleunigen kann und hiermit durch die schon vorhandene Bekanntheit die Wahrscheinlichkeit einer „tender offer“ deutlicher höher sein kann (Pfister/Wyss 2010: 399).
Verbesserung der ESG-Performance Das ESG ist eine Modifikation, welche neben dem CSR auch die Corporate Governance (Unternehmensführung) eines Unternehmens zusammenfasst. Die Verfolgung der ESG-Praktiken ermöglicht Unternehmen neben der Wahrung der Interessen ihrer Stakeholder und Shareholder auch die Balance innerhalb des neu dazukommenden Anlegerkreises zu wahren, um somit Konflikte zu vermeiden. Unternehmen, die eine Notierung an einer ausländischen Börse planen, sind bemüht die ESG-Vorgaben zu erfüllen, da sich hierdurch die LOF für sie im fremden Land mindert. Um die erwähnten Vorteile zu erzielen und den möglichen Nachteilen zu entgehen, ist die Berücksichtigung der ESG-Vorgaben seitens der auslandsnotierten Unternehmen gestiegen, wodurch die Verbesserung der ESG-Performance mit der Notierung an ausländischen Börsen in Zusammenhang gesetzt werden kann (Bosco/Misani 2016: 977-979).
2.2.2 Risiken der Erstnotierung an ausländischen Wertpapierbörsen
Die Teilnahme an ausländischen Kapitalmärkten bringt für die Unternehmen nicht nur positive Effekte, sondern kann durch die Nichtbeachtung der Einflussfaktoren auch erhebliche Risiken nach sich ziehen. Im Folgenden werden diese möglichen Faktoren zur Kenntnis genommen, um somit die Auslandsnotierung als alternative Finanzierungsmöglichkeit genauer betrachten zu können.
Liability of foreigness (LOF)
Die Liability of Foreignness (Haftung für die Fremdheit) wird in der Literatur als Nachteil angesehen, welcher nur die ausländischen Unternehmen an den fremden Märkten betrifft und somit in dieser Hinsicht keinen Einfluss auf die lokalen Unternehmen hat. Die LOF macht sich neben den Auslandsnotierungen (Cross-Listing und ausländische IPOs) auch bei weiteren Finanzierungsmöglichkeiten im Ausland wie dem FDI und bei länderübergreifenden Akquisitionen durch verschiedene Kosten bemerkbar (Bell et al. 2010: 294). Zum einen sind hier die Kosten anzuführen, welche durch die fehlende Vertrautheit der Unternehmen mit dem ausländischen Kapitalmarkt entstehen. Diese fehlende Vertrautheit resultiert wiederum aus dem Mangel an Wissen und Erfahrungen der Unternehmen über den jeweiligen Gastmarkt. Ein weiterer Kostenpunkt ergibt sich durch das politische Umfeld und die Akzeptanz von ausländischen Unternehmen bezogen auf das Maß an Verbreitung von wirtschaftlichem Nationalismus in dem Gastland. Hierbei zeigt sich, dass durch die mangelnde Legitimität der ausländischen Unternehmen und die Diskriminierungsgefahren, von welchen sie in Form von diskriminierenden Steuern betroffen sind, das Vorhaben der Auslandsnotierung erheblich eingeschränkt werden kann. Darüber hinaus sind die Unternehmen zumeist auch durch die Regulierungen und Vorschriften ihres Heimatmarktes in Bezug auf ihre Auslandstätigkeiten eingrenzt. Diese Einschränkungen seitens der staatlichen Auflagen können entweder den Handel an internationalen Kapitalmärkten erschweren oder dieser Handel wird durch einen entsprechenden Erlass umfassend verboten. Diese Kostenpunkte als möglicher negativer Einfluss auf die geplanten Auslandsgeschäfte sollten seitens der Unternehmen nicht ignoriert werden, da sie im Grunde durch das richtige Handeln umgangen werden können. Die Unternehmen können hierbei durch die Orientierung und Anpassung ihrer Geschäftspraktiken an die der lokalen Unternehmen die mangelnde Vertrautheit mit den fremden Kapitalmärkten verringern oder durch Abwarten sich nach einer gewissen Zeit in dem fremden Land zu einem Insider bilden, wodurch sich ihre LOF-Kosten deutlich verringern können (Bell et al. 2010: 297-299).
Delisting Das Interesse seitens der Unternehmen an Auslandsnotierungen leitete in den letzten Jahrzehnten einen gewissen Trend ein, welcher diese Art der Finanzierungsmöglichkeit zum Zentrum der internationalen Kapitalmärkte machte. Somit erlangten die Unternehmen durch die Notierung von DRs (Füss et al. 2016: 447) oder durch die Möglichkeit einer direkten Notierung Zugang zu unterschiedlichen Kapitalmärkten auf internationaler Ebene (Miller 1999: 105 f.). In den letzten Jahren entstand jedoch ein Gegentrend, welcher sich zumeist an den asiatischen und europäischen Börsen in der Form von Delistings bemerkbar machte. Das Delisting (Börsenrückzug) beschreibt in diesem Fall den Rückzug der Wertpapiere von dem Handel an den internationalen Börsen, der durch unternehmensinterne Beweggründe geleitet ist. Die Einstellung der Börsennotiz an den ausländischen Kapitalmärkten durch die Unternehmen macht sich dann erkennbar, wenn diese die erhofften Vorteile nicht erzielen können oder gar negativen Einflussfaktoren ausgesetzt sind (Pfister/Wyss 2010: 396). Mögliche Risiken einer Auslandsnotierung sind in dieser Hinsicht die ungleichmäßige Verteilung des Order Flows (Auftragsfluss) zwischen dem Heimat- und dem Gastmarkt und die Verringerung der Liquidität der Aktien an den jeweiligen Heimatbörsen (Bahlous 2013: 349). Die Erhöhung und die positive Entwicklung der Liquidität sind Erfolgsfaktoren, welche sich die Unternehmen durch die Auslandsnotierung erhoffen, jedoch ist das Gegenteil der Liquiditätssituation ein erheblicher Faktor, welcher zum Rückzug der Aktien von der Börse führt. Ein weiteres Risiko, das die Unternehmen durch die Präsenz ihrer Aktien an der Auslandsbörse befürchten, ist die Umsiedlung der Liquidität vom Heimatmarkt an den jeweiligen Gastmarkt. Diese Umsiedlung entwickelt sich durch den steigenden Erfolg der Aktien an der ausländischen Börse und führt gleichzeitig zu einer Verringerung der Wahrnehmung auf dem lokalen Markt. Die Literatur zeigt in dieser Hinsicht zwei Determinanten für die ungleichmäßige Verteilung der Liquidität zwischen dem Gast- und Heimatmarkt: zum einen die Marktsegmentierung und zum anderen die Konzentration der Liquidität. Die Marktsegmentierung ist einer der Gründe für die Liquiditätsumsiedlung, da dies den internationalen Investoren einen vereinfachten Zugang auf ausländische Unternehmen ermöglicht und somit den Order Flow an den Gastmarkt zieht. In Bezug auf die Liquiditätskonzentration wird angenommen, dass durch die Abwesenheit von Differenzen zwischen den jeweiligen Ländern hinsichtlich der Handels- und Transaktionskosten sich die Liquidität auf eine der beiden Börsen konzentriert (Füss et al. 2010: 447 f.). Die erwähnten negativen Folgen einer Auslandsnotierung führen die meisten Unternehmen zu der Entscheidung, ihre Präsenz an der ausländischen Börse zu beenden. Jedoch sollten die Unternehmen auch unter diesem Punkt die jeweiligen Market Exit Barriers (Marktaustrittbarrieren) an den ausländischen Börsen nicht ignorieren, da diese Barrieren den Rückzug von der fremden Börse erheblich erschweren können (Pfister/Wyss 2010: 400).
Direkte und indirekte Kosten der Auslandsnotierung
Die Finanzlage eines Unternehmens ist bei der Planung einer Auslandsnotierung ein wichtiger Einflussfaktor, da die Teilnahme an internationalen Kapitalmärkten mit verhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist. Somit sollte das Vorhaben einer Notierung an einer ausländischen Börse nur von Unternehmen in Betracht gezogen werden, die finanziell stark genug sind (Peng/Su 2014: 47). Unternehmen sind an der ausländischen Börse in erster Linie unterschiedlichen Rechts- und Buchhaltungskosten, den jeweiligen Registrierungskosten und zusätzlichen Kosten für die Offenlegungspflichten ausgesetzt (Karolyi 1998: 2). Die entsprechenden Kosten der Auslandsnotierung variieren jedoch zwischen den unterschiedlichen internationalen Kapitalmärkten und sind zumeist von der Höhe der Marktkapitalisierung abhängig. Demnach sind Unternehmen bei einer hohen Marktkapitalisierung an einer ausländischen Börse gleichermaßen hohen Kosten ausgesetzt. Weitere Kostenpunkte für die Auslandsnotierung, die das Unternehmen belasten können, sind die Gebühren für die Erstnotierung und die jährlich anfallenden Kosten für die fortlaufende Börsennotiz an der ausländischen Börse, die von der jeweiligen Anzahl und dem Handelsvolumen der Aktien abhängig sind. Unternehmen, die jedoch zeitgleich an zwei unterschiedlichen Börsen, in diesem Fall der Heimatbörse und der Gastbörse, präsent sind, haben dementsprechend deutlich vermehrte Kosten zu tragen. Diese setzen sich in erster Linie durch die jährliche Berichterstattung, die Pressekonferenzen (Pfister/Wyss 2010: 399) und die im Ausland erforderlichen Roadshows, die neben dem zeitlichen Faktor die Unternehmen kostentechnisch erheblich beeinflussen können, zusammen. Demnach zeigt sich außerdem, dass die Unternehmen zur Entrichtung doppelter Notierungsgebühren und zur Bereitstellung von Analysten für die jeweiligen Bedürfnisse der ausländischen Investoren vor Ort verpflichtet sind (Deutscher Investor Relations Kreis e.V. 2000: 246).
Negative Post-IPO Performance Einige Untersuchungen stellen in Bezug auf die Post-IPO-Performance fremdnotierter Aktien direkt nach den ersten Monaten des Börsengangs eine Erhöhung der Aktienkurse bei den meisten Unternehmen an den ausländischen Börsen fest (Karolyi 1998: 13). Weitere Nachforschungen zu dem Thema kamen jedoch zu der Erkenntnis, dass die Aktienkurse am Tag der Ankündigung einen Rückgang notierten und dieser Rückgang einen dauerhaften Zustand an der fremden Börse darstellte. Hierzu wurden die Börsenrückzüge von 103 Unternehmen aus 20 verschiedenen Ländern, die zwischen 1990 und 2003 an den drei größten amerikanischen Börsen notiert waren, für die Untersuchung einbezogen. Die Studie kam zu dem Schluss, dass der Aktienkurs ausländischer Unternehmen an der amerikanischen Börse im Durchschnitt am Tag der Ankündigung um 4,5% gefallen ist und dies in der langfristigen Perspektive einen dauerhaften Zustand darstellte (Pfister/Wyss 2010: 397). Es stellt sich jedoch die Frage, weshalb der Aktienkurs der ausländischen Unternehmen nach dem Börsengang durch eine fortlaufende Minderung gekennzeichnet ist. Hierbei zeigt sich, dass zum einen die Einführungspreise der Aktien an den internationalen Börsen zu hoch sind und sich zum anderen die negativen Vorurteile in Bezug auf den Erfolg und die Qualität der ausländischen Aktien seitens der lokalen Investoren bewahrheiten. Somit zeigt sich eine fortlaufende Minderung des Aktienkurses an den ausländischen Börsen, bis zu einem Jahr nach der Erstnotiz, was jedoch wiederum von den involvierten Märkten und der Marktkapitalisierung abhängig ist (Karolyi 1998: 17,35). Ein weiterer Anhaltspunkt, der für die Bewertung der Performance doppelnotierter Aktien herangezogen wird, ist der Vergleich der Zu- oder Abnahme der Geschäftstätigkeit zwischen dem Heimat- und dem Gastmarkt. Demzufolge realisierten die doppelnotierten Aktien eines Unternehmens direkt nach ihrer Börsennotiz an dem ausländischen Markt eine deutliche Erhöhung ihres Handelsvolumens, die jedoch nach einer gewissen Zeit durch einen Rückgang begleitet wurde. Somit zeigen die Befunde, dass der Median des ausländischen Handelsvolumens im Verhältnis zum inländischen zwei Jahre nach der Auslandsnotierung eine Verringerung von bis zu 5 % aufwies und dies einen dauerhaften Zustand darstellte. Die langfristige Sichtweise konstatiert somit eine permanente Verringerung der Handelsaktivität und einen Rückgang des Bewertungsgewinns an der ausländischen Börse für die meisten doppelnotierten Unternehmen (Berkman/Nguyen 2009: 1139 f.).
3 Ausländische Erstnotierungen aus der Perspektive der Deutschen Börse
Die heutige Popularität und die Signifikanz ausländischer Börsennotierungen auf globaler Ebene wurden durch die steigende Beliebtheit dieser Kapitalbeschaffung in den 80er Jahren an den amerikanischen Börsen eingeleitet und zog somit gleichlautend den Fokus der breiten Öffentlichkeit innerhalb des Wirtschaftswesens auf sich. Somit strebten die Wissenschaftler nach einer Erklärung dieses Phänomens anhand der fremden Notierungen an den amerikanischen Börsen und kamen zu dem Fazit, dass dieses Vorhaben seitens der Unternehmen hauptsächlich aus mehreren Gründen resultiert (Bessler et al. 2015: 58). Auch heute noch zeigt sich im internationalen Vergleich, dass der amerikanische Kapitalmarkt als Gastmarkt für ausländische Aktien deutlich mehr Aufmerksamkeit erlangt als die Märkte in Europa (Dodd et al. 2015: 39). Hierzu ist innerhalb eines Vergleichs anzumerken, dass Unternehmen, die ihre Eigenkapitalposition und ihre internationalen Verkaufszahlen verbessern möchten, eher dazu bereit sind ihre Aktien an den amerikanischen Börsen zu notieren, wohingegen die europäischen Börsen in erster Linie nur für die Verbesserung der Eigenkapitalposition und somit zur Erlangung einer erhöhten Fremdkapitalkapazität genutzt werden (Koh et al. 2013: 1067).
Heutzutage zeigt sich durch die steigende Globalisierung der Kapitalmärkte ein Aufwärtstrend in den Auslandsnotierungen der Unternehmen, welcher von den internationalen Börsen aufgefangen werden möchte. Auch die deutsche Börse erweist sich als eine beliebte Wahlmöglichkeit für ausländische Unternehmen ihre Aktien zu notieren, da der deutsche Kapitalmarkt innerhalb der europäischen Grenzen zu den stärksten und größten Märkten zählt (Koulakiotis et al. 2012: 34, 37). Im Folgenden wird der deutsche Aktienmarkt in Bezug auf die Auslandsnotierung betrachtet, um die Perspektive des Gastlandes Deutschland näher erläutern zu können.
3.1 Die Deutsche Börse zur Kapitalbeschaffung
Die Deutsche Börse, welche ihre Tätigkeiten in der Gesellschaftsform einer Aktiengesellschaft ausführt, wurde am 11. Dezember 1992 durch die Umbenennung der Frankfurter Börse AG gegründet (Deutsche Börse AG 2010: 9). Der Konzern mit Sitz in Frankfurt am Main setzt seine globale Präsenz laut dem Geschäftsbericht des Jahres 2018 an 37 Standorten in 26 Ländern mit insgesamt 5.964 Mitarbeitern fort und ist somit einer der weltweit größten Marktinfrastrukturanbieter. Die Deutsche Börse AG bietet hierfür ein breites Spektrum an Produkt- und Dienstleistungen an und ist für die Erfüllung der gesamten Finanzmarkttransaktionen zuständig. Zu den Hauptaufgaben der Gesellschaft zählen die Bereitstellung entsprechender Marktinformationen und Indizes (Pre-Trading), den darauffolgenden Handel und die Verrechnung anzuleiten (Trading und Clearing), die Abwicklung der Aufträge zu begleiten (Settlement) und die Verwahrung (Custody) der Wertpapiere und der entsprechenden Dienstleistungen für das Sicherheiten- und Liquiditätsmanagement (Post-Trading) (Deutsche Börse Group 2019: 28).
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- Arbeit zitieren
- Mihrican Özgezer (Autor:in), 2021, Chinesische IPOs in der deutschen Finanzwirtschaft. Die Auswirkung chinesischer Erstnotierungen an der Deutschen Börse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/541061
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