Thomas Mann versteht den "Zauberberg" gattungsgeschichtlich als Ausdruck eines Künstlertums, das sich zwischen den Epochen in der Schwebe hält. Der Schwebezustand zwischen Alt und Neu platziert den Roman gattungsgeschichtlich auf der Nahtstelle zwischen dem traditionellen und dem modernen Gattungstyp.
Im Rahmen dieser Arbeit stellen sich Fragen nach den weltanschaulichen und historisch-gesellschaftlichen Hintergründen von Manns Modernität und Fragen nach der für den Zauberberg spezifischen Art und Weise der Weiterentwicklung des traditionellen Formkanons der realistischen Schreibweise. Zweifel an der Angemessenheit des herkömmlichen Formkanons machen eine "Revision der Grundlage (seines) Künstlertums" notwendig. "Selbsterforschung und Selbstbehauptung" sind die Ziele eines beginnenden Reflexionsprozesses, der die Darstellungsmöglichkeiten der Gattung im historisch-gesellschaftlichen Kontext einer Welt problematisiert, die, nach der pessimistisch-nihilistischen Grundstimmung der Zeit, "aus den Fugen geraten ist."
Die Unterbrechungen der Arbeiten am Zauberberg deuten an, dass die Frage nach den Darstellungsmöglichkeiten präziser gefasst werden muss. Mann arbeitet auf die poetologische Anpassung der Gattung an den veränderten historisch-gesellschaftlichen Kontext hin. Der Wechsel vom Bewusstsein des "selbstverständlich und unbewusst (in sich) ruhenden Seins" zu der Auffassung der "Bewegung alles Ruhenden" markiert im Prozess der romantheoretischen Reflexionen und Entwicklungen den Sprung von der geschlossenen zur offenen Form: Werk und Wirklichkeit bleiben aufeinander bezogen. Die Zweifel an der Adäquatheit des traditionellen, linearen Erzählens werden durch die Annäherungen des Romanautors an die Schopenhauersche Metaphysik noch vertieft.
Inhalt
Einleitung
1. Notwendigkeit weltanschaulicher Bezugsrahmen
1.1 Formen des Offenen und evolutionierende Struktur
1.2. Komparatistischer Bezugsrahmen
2. Thomas Mann, Der Zauberberg
2.1. Dynamisierung der Struktur
2.1.1.Das Dreigestirn Wagner, Schopenhauer, Nietzsche
2.1.2. Musikalisches und literarisches Leitmotiv
2.1.3.Magisches nunc stans und Kreisstruktur des Romans
2.2. Castorps Flucht ins Metaphysische
2.2.1. Castorps Erkrankung
2.2.2. Eros und Todessympathie
2.3. Der Zauberberg als echter Initiationsroman
3. Die Episode Oxen of the Sun im Ulysses von James Joyce
3.1. Beziehungen zwischen Mann und Joyce
3.2. Metempsychose, Parallaxe und Unbestimmtheit
3.3. Mythologische Bezugsrahmen
3.4. Dialog der Texte
3.5. Analogie Stilgenese - Ontogenese
4. Julio Cortázar, Rayuela
4.1. Physikalisches Weltbild und Unbestimmtheit
4.2. Fiktionalisierung der Romantheorie
4.3. Aleatorische Poetik der Kapitelkombinatorik
4.3.1. Dialektik von Form und Offenheit
4.3.2. Oliveiras Bildungsreise
4.3.3. Kapitelkombinatorik als destrucción de formas
5. Tradition, Moderne, Postmoderne: statt einer Zusammenfassung
6. Literaturverzeichnis
"Die Probleme des Zauberberg waren von Natur aus nicht massengerecht", heißt es in der Princeton-Vorlesung Manns 1938 , "aber sie brannten der gebildeten Masse (in Deutschland ) auf den Nägeln, und die allgemeine Not (1922) hat die Rezeptivität des breiten Publikums genau jene alchemistische 'Steigerung' erfahren lassen, die das eigentliche Abenteuer des kleinen Hans Castorp ausgemacht hatte". Vgl. Mann, Einführung in den Zauberberg , XI, 611.
Dieser Joyce ist wohl das größte literarische Talent unserer Epoche… meine Schreiberei ist dagegen flauer Traditionalismus. Thomas Mann, Briefe, 5.8.1942.
Der Ulysses ist die Joycesche Sackgasse. Hermann Broch, Briefe 1929-1951, 371.
2. Thomas Mann, Der Zauberberg und die Dynamisierung der Struktur
2.1 Das Dreigestirn: Wagner, Schopenhauer, Nietzsche
Thomas Mann versteht den Zauberberg gattungsgeschichtlich als Ausdruck eines Künstlertums, das sich zwischen den Epochen in der Schwebe hält.1 Der Schwebezustand zwischen Alt und Neu platziert den Roman gattungsgeschichtlich auf der Nahtstelle zwischen dem traditionellen und dem modernen Gattungstyp. Im Rahmen dieser Arbeit stellen sich Fragen nach den weltanschaulichen und historisch-gesellschaftlichen Hintergründen von Manns Modernität und Fragen nach der für den Zauberberg spezifischen Art und Weise der Weiterentwicklung des traditionellen Formkanons der realistischen Schreibweise. Zweifel an der Angemessenheit des herkömmlichen Formkanons machen eine "Revision der Grundlage (seines) Künstlertums"2 notwendig. "Selbsterforschung und Selbstbehauptung" sind die Ziele eines beginnenden Reflexionsprozesses, der die Darstellungsmöglichkeiten der Gattung im historisch-gesellschaftlichen Kontext einer Welt problematisiert, die, nach der pessimistisch-nihilistischen Grundstimmung der Zeit, "aus den Fugen geraten ist."3 Die Unterbrechungen der Arbeiten am Zauberberg deuten an, dass die Frage nach den Darstellungsmöglichkeiten präziser gefasst werden muss. Mann arbeitet auf die poetologische Anpassung der Gattung an den veränderten historisch-gesellschaftlichen Kontext hin. Der Wechsel vom Bewusstsein des "selbstverständlich und unbewusst (in sich) ruhenden Seins" zu der Auffassung der "Bewegung alles Ruhenden" markiert im Prozess der romantheoretischen Reflexionen und Entwicklungen den Sprung von der geschlossenen zur offenen Form: Werk und Wirklichkeit bleiben aufeinander bezogen. Die Zweifel an der Adäquatheit des traditionellen, linearen Erzählens werden durch die Annäherungen des Romanautors an die Schopenhauersche Metaphysik noch vertieft. Sie zeichnet ein Weltbild, dem der Gedanke an eine teleologische Entwicklung der historisch-gesellschaftlichen Wirklichkeit in Richtung auf positive Ziele fremd ist. Stattdessen hebt sie gerade den ateleologischen Charakter der Wirklichkeit und ihrer historischen Entwicklung hervor: Ziellosigkeit, Dynamik im Sinnleeren, rasender Stillstand, wechselnde Relationen in einem Feld unendlicher Vielheit von Elementen, endloses Unterwegssein des Willens zu undefinierten Zielen, gründlich-grundlose Erscheinungsvielfalt ohne substantielle Inhalte, Relationschaos und sinnleere Dynamik sind in den Betrachtungen eines Unpolitischen ihre Beschreibungselemente. Direkt plausibel ist dieser Wirklichkeitsentwurf für Mann deshalb, weil er mit eigenen Erfahrungen in seiner empirischen Realität zusammenfällt. Der sukzessive, vom historischen Moment eingeleitete Realitätsverlust musste naturgemäß auf Manns Vorstellungen vom tradierten Erzählen und seine latent ideologischen Implikationen wie Zielgerichtetheit, Geschlossenheit, Harmonie … Einfluss nehmen. Auch die Bildungsreise Hans Castorps ist das Produkt jener schmerzlich empfunden Wirklichkeitsentfremdung. Seine Frage nach dem "unbedingten Sinn aller Anstrengungen und Tätigkeiten", auf die die "Epoche" lediglich mit einem "hohlen Schweigen" antwortet, sind Anzeichen analoger Wirklichkeitserfahrungen.
Der heillose Weltzustand führt während der Entstehungszeit des Zauberbergs in eine Phase der "Selbsterforschung" seines Künstlertums; die Autoritäten an, denen sich Mann in dieser Phase der Selbstproblematisierung als schaffender Künstler und Romanautor orientiert, stehen im magischen Zeichen jenes Dreigestirns: Schopenhauer, Wagner und Nietzsche.4 Möchte man die Genese der offenen Poetik des Zauberbergs nachvollziehen, ist es notwendig, auf die künstlerische und formale Abhängigkeit der Werkstruktur von der Musikkonzeption Richard Wagners einerseits und auf ihre philosophisch-weltanschauliche Abhängigkeit von einigen Theoremen der Metaphysik Schopenhauers aufmerksam zu machen. Nietzsche spielt in diesem Dreiecksverhältnis im Wesentlichen die Rolle eines Vermittlers. Seine Kritik am Wagnerschen Dekadenzstil deutet Mann nicht im Sinn des Kritikers als Ablehnung, sondern als theoretische Einführung und Ermunterung zur Reflexion über die Möglichkeit einer Episierung dekadenter Kunstmittel.5 Natürlich konnte Mann den Transfer Schopenhauer scher Philosophen in die Struktur des Zauberbergs nicht direkt vollziehen. Dazu bedurfte es zuerst einiger Anleitungen und Hilfsmittel aus der Musikkonzeption Wagners, dessen Werk Nietzsche als "opus metaphysicum"6 deutete. Manns Interesse an Wagner gilt in diesem Zusammenhang nicht dem "Theatraliker", sondern dem Künstler des dekadenten Stils, auf dessen ästhetische Kategorien und Prinzipien die Décadence-Kritik Nietzsches aufmerksam macht. Während der Zauberberg-Produktion stehen im Wesentlichen formale Gesichtspunkte im Zentrum von Manns Interesse an der Wagnerschen Musikästhetik, der inhaltliche Aspekt des Décadence-Themas hat natürlich eine längere Tradition. Musik spielt in den Werken Manns seit den "Buddenbrooks" und den frühen Novellen inhaltlich eine bedeutende Rolle. Die Novellen Tristan und Wälsungenblut sind im Titel schon als spezifisch wagnerorientiert zu erkennen. Die Protagonisten - etwa Siegmund und Sieglinde Aarenhold in der Novelle Wälsungenblut - sind wie Hanno Buddenbrook späte Nachkommen einer einst aktiven und vitalen Kaufmannsfamilie. Ihre sukzessive Degenerierung, ihre wachsende Distanz zur vita activa zeigt sich dabei nicht zuletzt in ihrer Hingebungsfähigkeit an die berauschende Musik Richard Wagners. Das Dekadenzthema bedient sich der Wagner-Musik als Leitmotiv, das die Geschwister in genealogischer Hinsicht als Verfallsprodukte einer niedergehenden Familientradition ausweist. Die Identifikation mit den affektorientierten Musikkompositionen schwächt den Lebenswillen, macht untauglich für eine aktive Rolle im tätigen Alltagsleben und steht insgesamt für biologischen und psychischen Zerfall. Die Bedeutung des Musik-Erlebnisses beschränkt sich in diesen thematischen Zusammenhängen im Wesentlichen auf das Individuelle, Persönliche und Private, es sind inhaltliche Aspekte des Erzählwerkes von Mann, die mit der rauschfördernden Musik verknüpft sind. Auch im Zauberberg dient Musik - neben anderen 'Drogen' - als Mittel psychischer Einflussnahme auf den Protagonisten. Der Text beschreibt ein ganzes Arsenal von Rauschmitteln: Zigarren, Portwein, Kulmbacher Bier, verschiedene Weinmischungen, sogar der Duft des "Pflanzenbrodems" und Musik. Sie dient als Auslöser eines traumähnlichen Zustands, der bald zur bevorzugten Disposition des Zauberberg- Bewohners wird, so dass ihm die Rolle des tätigen Schiffsbauingenieurs schon nach kurzer Zeit völlig fremd ist. In einer Hinsicht allerdings unterscheidet sich Mann von den dekadenten Wagnerianern: das Erleben der Musik Wagners ist nicht allein in thematischer Hinsicht von Bedeutung, es wirkt sich auch stilbildend aus, d. h. die Wagner-Musik wird strukturell in Bezug auf die Zauberberg-Poetik wirksam. Die Umdeutung Wagners zum "großen musikalisch-epischen Prosaiker" ist deshalb weniger - wie Koppen beiläufig anmerkt - ein "Taschenspielertrick",7 als vielmehr ein erzähltheoretisch motivierter Versuch, kompositionstechnische Elemente in das epische Werk zu integrieren.
An Schopenhauer schätzt Mann die ungeheure Aufwertung der Kunst gegenüber einer als Schein, Täuschung und Fiktion erkannten empirischen Realität. Kunst und Philosophie sind die Erkenntnismöglichkeiten der Ideen, der wahren metaphysischen Wirklichkeit, die empirische Alltagswelt ist davon nur die Erscheinung, ein Trugbild. Mann schätzt die Philosophie Arthur Schopenhauers als "hervorragend künstlerisch, ja als Künstlerphilosophie par excellence".8 In der Beurteilung der historischen Situation nach der Niederlage des konservativen Deutschtums scheint der "unpolitische" Mann schon der dualistischen Wirklichkeitskonzeption Schopenhauers von der Welt als Wille und als Vorstellung zu folgen. Die Niederlage des deutschen Obrigkeitsstaates nach dem ersten Weltkrieg empfand Mann nicht nur als persönliche Niederlage, sondern insgesamt als "Weltniederlage": "Die Katastrophe und Weltniederlage dieser Geistesrichtung und Sympathie ist da. Es ist auch meine."9 Diese historische Entscheidung konnte der konservative Deutsche, trotz ihrer Faktizität, nicht hinnehmen. Für den Tagebuchschreiber Mann blieb Deutschland der Sieger. Nur ironisch konnte er sich mit den historischen Tatsachen abfinden: das einzige Verständige und Würdige sei, "die Dinge von der Komödienseite zu nehmen und den Sieg der Tugend - Entente für einen Riesen-Humbug zu erklären", der demokratisch neuen Welt sei "mit guter Miene zu salutieren", mit ihrem "Weltkomfort"10 werde sich leben lassen. Die historischen Ereignisse haben alle kulturellen, ästhetischen und gesellschaftlichen Werte aufgelöst. Das Ergebnis dieser Entwicklung wird spürbar in einer Art Gefühl des Wirklichkeitsverlustes und der Weltentfremdung, die es allenfalls noch zulässt, in der empirischen Realität das Banale, Nichternstzunehmende, das Illusionäre, Nichtige und Komödiantische zu sehen.11 Dieser Wirklichkeitsbegriff ist charakteristisch für die Décadence und den "Dilettantisme", den Paul Bourget in seinem "Essais de psychologie contemporaine" folgendermaßen definierte:
C'est beaucoup moins une doctrine qu'une disposition de l'esprit, très intelligente à la fois et très voluptueuse qui nous incline tour à tour vers les formes diverses de la vie et nous conduit à nous prêter à toutes ces formes sans nous donner a aucune. 12
Verbunden war diese psychische Disposition mit dem Verlust des ursprünglichen Empfindungsvermögens und der Verflüchtigung des Lebensgefühls zum unwirklich-traumhaften Schattendasein: Wurzellosigkeit und Mangel an "echtem" Leben charakterisieren den Dilettanten im Sinne dieser Definition. So bezeichnet sich Mann in den Betrachtungen selbst als 'décadent'. Das Ziel seiner Selbsterforschungen allerdings bestimmt und markiert er mit der versuchsweisen Überwindung der "décadence", wobei mitgedacht werden muß, daß Überwindung nicht Beendigung, sondern Bewusstwerdung und weltanschauliche Legitimierung dieser "disposition de l'esprit" bedeutet. Mann rechnet sich selbst zu einem ... über ganz Europa verbreiteten Geschlecht von Schriftstellern, die aus der Décadence kommend zu Chronisten und Analytikern der Décadence bestellt, gleichzeitig den emanzipatorischen Willen zur Absage an sie - sagen wir pessimistisch: die Velleität dieser Absage im Herzen tragen und mit der Überwindung von Décadence und Nihilismus wenigstens experimentieren.13
Dieses Experimentieren konzentriert sich dabei im Wesentlichen auf die Analyse des dekadenten Stils, auf kompositionstechnische Elemente der Musik Richard Wagners, die es erlauben, einige Philosopheme der Schopenhauerschen Metaphysik in die Struktur des epischen Werkes zu transferieren. In diesem Zusammenhang nimmt Nietzsche die Rolle eines Vermittlers ein. Mann interessiert sich wenig für den Autor des Zarathustra - im Essay Nietzsche im Lichte unserer Zeit nennt er den Zarathustra14 ein Werk "blinder Überschätzung"15 - sein Interesse gilt im Wesentlichen dem Wagner-Kritiker Nietzsche, ihn schätzt er als "unvergleichlich größten und erfahrensten Psychologen der Dekadenz" - als "Diagnostiker der modernen Seele". Nietzsches Analysen des dekadenten literarischen Stils der Wagnerschen Musikdramen sind für Manns Romanpoetik - wie die Selbstzeugnisse des Autors belegen - von direkter Bedeutung geworden. So kennzeichnet Nietzsche den Stil der 1iterarisehen 'Décadence' Wagners:
Ich ( Nietzsche ) halte mich diesmal nur bei der Frage des Stils auf. - Womit kennzeichnet sich jede literarische décadence? Damit, daß das Leben nicht mehr im Ganzen wohnt. Das Wort wird souverän und springt aus dem Satz hinaus, der Satz greift über und verdunkelt den Sinn der Seite, die Seite gewinnt Leben auf Unkosten des Ganzen - das Ganze ist kein Ganzes mehr. Aber das ist das Geheimnis für jeden Stil der décadence: jedesmals Anarchie der Atome, Disgregation des Willens, 'Freiheit des Individuums', moralisch geredet - zu einer politischen Theorie erweitert, gleiche Rechte für alle. Das Leben, die gleiche Lebendigkeit, die Vibration und Exuberanz des Lebens in die kleinsten Gebilde zurückgedrängt, der Rest arm an Leben. Überall Lähmung, Mühsal, Erstarrung oder Feindschaft und Chaos: beides immer mehr in die Augen springend, in je höhere Formen der Organisation man aufsteigt. Das Ganze lebt überhaupt nicht mehr: es ist zusammengesetzt, gerechnet, künstlich, ein Artefakt. 16
In Nietzsches Bestimmung des Dekadenzstils17 formuliert sich in Bezug auf Wagners Musikdramen eine Art "künstlerische Abrechnung mit den geschlossen-totalen Formen": Wagners literarische Dekadenz ist geprägt durch die souveräne Selbstbezogenheit des Wortes, das Beleben der Polyfunktionalität der Textelemente zu Ungunsten der organischen Totalität des Werkes, die "Anarchie der Atome", der dunkle Sinn der atomisierten Sprache, in der das Chaos der "kleinsten Gebilde" über die Harmonie des Ganzen dominiert. Das sind Elemente der Formsprache dekadenter Literatur: "Überall Lähmung, Mühsal, Erstarrung oder Feindschaft und Chaos". Mann unterstreicht die vermittelnde Funktion Nietzsches für die Aneignung vereinzelter ästhetischer Kategorien der Wagnerschen Musiktheorien, mit deren Integration in das epische Kunstwerk der Romanschriftsteller experimentiert. Wir werden in d iesem Zusammenhang später noch ausführlicher auf das Leitmotiv zu sprechen kommen, dessen epische Verwendung eine direkte Ableitung aus dem Bereich der Wagner-Musik darstellt. Mann charakterisiert die Wirkung der Konstellation Nietzsche-Wagner folgendermaßen:
"Selten wird auf einen Nicht-Musiker der Einfluß Wagners so stark und bestimmend gewesen sein, wie ich es von mir zu bekennen habe. Nicht als Musiker ... wirkte er auf mich, sondern als Künstler überhaupt, als der moderne Künstler par excellence, wie Nietzsche's Kritik mich gewöhnt hat ihn zu sehen, und im besonderen als der große musikalisch-epische Prosaiker und Symboliker, der er ist.18
Die Umdeutung des Komponisten zum Epiker, zum "Prosaiker" ist nicht nur Manns allgemeiner Bewunderung des Komponisten zuzuschreiben, sie hat auch formale Gründe, die in der erzähltheoretischen Ausbeutungsfähigkeit der Décadence - Analyse der Wagnerschen Musikdramen begründet liegen:
Was ich vom Haushalt der Mittel, von der Kunst überhaupt, ... vom epischen Geist, vom Anfängen und Enden, vom Stil als einer geheimnisvollen Anpassung des Persönlichen an das Sachliche, von der Symbolbildung , von der organischen Geschlossenheit der Lebenseinheit des Gesamtwerkes, - was ich von alldem weiß und zu üben und auszubilden in meinen Grenzen versucht habe, ich verdanke es der Hingabe an diese Kunst.19
Mann unterstreicht nicht nur die Bedeutung der formalen, sondern auch die der wirkungsästhetischen Elemente der Wagnerschen Musikkomposition : im Essay Leiden und Größe Richard Wagners charakterisiert er seine Kompositionstechnik als "Einflüsterungskunst" und "ausgepichte Teufelsartistik", die "groß sei in der Organisation der Wirkung, im Kultus des Kleinsten, in der Doppelbödigkeit und Symbolbildung, in diesem Zelebrieren des Einfalls, diesem Poetisieren des Intellekts.20
Die von Mann beabsichtigte "Revision der Grundlage dieses Künstlertums", gemeint ist sein eigenes Erzählen, fällt dabei nicht als Umdenken und Korrektur der künstlerischen Praxis des Romanautors aus, sondern vielmehr als Bestätigung und Vertiefung gewohnter ästhetischer Auffassungen. Die Metaphysik Schopenhauers und die Musik Richard Wagners sind vertraute, inhaltliche Elemente der frühen Erzählkunst des Autors.
Nun stellt sich allerdings die Frage, wie die duale Schopenhauer-Welt als Wille und Vorstellung auch strukturell in das epische Werk integriert werden kann. Manns Interesse konzentrierte sich auf die Frage nach der epischen Integration des musikalischen Leitmotivs aus der Kompositionskunst Wagners. Die Frage, weshalb sich Thomas Mann Anregungen zur experimentellen Erneuerung seiner romantheoretischen Vorstellungen auf kompositorische Elemente einer fremden Kunstdisziplin, der Musik, konzentrierte und nicht auf literarische Vorbilder - etwa Proust -, ist zwar müßig, aber berechtigt. Gefragt nach den "französischen Einflüssen" auf sein Werk, antwortet Mann überraschend: Wagner. Der "Meister und nordische Gott", wie er ihn pathetisch nennt, kam auf dem Umweg über die französischen Symbolisten zurück.
Von nachgeordnetem Rang bleiben Autoren der europäischen Literatur: "Andersen, Jacobsen, Dickens, die Russen und Fontane"21. Wagner ist auch im internationalen geistes- und kulturgeschichtlichen Horizont Manns allgegenwärtig. Die Frage, warum gerade die Kompositionsformen der Musik als Vorbild für die Erneuerung der Romanform dienen sollten, kann allerdings auch aus der Schopenhauerschen Metaphysik selbst erklärt werden. Die überragende Stellung der Musik in der Hierarchie der Künste begründet der Philosoph ebenfalls vor dem Hintergrund der Willensmetaphysik. In der Musik finde sich die reinste künstlerische Manifestationsform der Welttotalität, des Willens. In den anderen Künsten, etwa in der Dichtung, objektiviere sich der Wille nur "mittelbar" über die Ideen, allein die Musik sei die alleinige "unmittelbare Objektivation und Abbild des ganzen Willens"22. Sowohl die Schopenhauersche Metaphysik als auch der internationale literarische Kontext, in dem Mann nach Anregungen zu Experimenten und Erweiterungen der traditionellen geschlossenen Form des Romans suchte, tragen Zeichen, die immer wieder auf die Bedeutung Wagners hindeuten. Es wäre sicher übertrieben, die formalen Bedingungen von Manns Erzählkunst allein von Kompositionselementen der Musik Wagners abhängig zu machen, sie hatte aber einen kaum zu leugnenden Vorbildcharakter in dieser Phase der "Revision" seines Künstlertums: nicht selten hat es den Anschein, als versuche Mann die Grenzen zwischen Musik und epischem Sprachkunstwerk überhaupt zu verwischen:
"Die Musik hat von jeher stark stilbildend in meine Arbeit hineingewirkt", heißt es in der Princeton-Einführung in den Zauberberg. "Dichter sind meistens, 'eigentlich' etwas anderes, sie sind versetzte Maler oder Graphiker oder Bildhauer oder Architekten oder was weiß ich. Was mich betrifft, muß ich mich zu den Musikern unter den Dichtern rechnen. Der Roman war mir immer eine Symphonie, ein Werk der Kontrapunktik, ein Themengewebe, worin die Ideen die Rolle musikalischer Motive spielen.23
Das Ziel dieser strukturellen 'Musikalisierung' der Epik ist Manns Versuch zur Überwindung der traditionellen narrativen Syntax zu sehen. Das Vorbild ist dabei der umgedeutete Negativvorwurf der Nietzsche-Kritik an Wagners Musikkonzeption: "Das Ganze lebt überhaupt nicht mehr: es ist zusammengesetzt, gerechnet, künstlich, ein Artefakt." Thomas Mann hat Gründe, die Nietzsche-Kritik umzudeuten. Der Philosoph verwirft zwar die Form der "neuen Musik", hält Wagner aber dennoch für den "Führer" im Labyrinth der modernen Seele", als Künstler bleibt er der Repräsentant der Moderne.24
2.1.2 Musikalisches und literarisches Leitmotiv
Wie die Umdeutung Wagners zum "Prosaiker" schon zeigt, ist der Vorbildcharakter der Musik für die Romanpoetik Manns in einem umfassenderen Begriff des Epischen zu sehen. Er zeigt den Ehrgeiz der problematischen Gattung nach Erweiterung der traditionellen Darstellungsformen in Richtung auf die angestrebte Dynamisierung und Komplizierung der Form. Nietzsches Vorwurf, in der Musik Wagners "lebe" das Ganze nicht mehr, sie sei "zusammengesetzt, gerechnet, künstlich, ein Artefakt", muss Manns Interesse an gewissen Elementen der Kompositionstechnik dieser Musik geweckt und vertieft haben. Wegen des "träumerischen Zustands", in den die Hörer durch das Musikdrama versetzt werden, verwandelt sich die nüchterne Komposition in das "opus metaphysicum", als das Nietzsche die "Tristan"-Musik rühmt.25 Auch dieses Darstellungsziel richtet Manns Interesse auf die Kompositionslehre Wagners, sucht er doch selbst nach geeigneten Kunstmitteln und epischen Formen, die es erlauben, Schopenhauersche Philosopheme nicht nur inhaltlich - wie in den Buddenbrooks -, sondern auch strukturell - wie später im Zauberberg - zu integrieren.
Mann interessiert sich dabei nicht für den "Theatraliker" Wagner, der bombastische Bayreuther Kult hat ihn eher abgestoßen. Sein Interesse galt auf der inhaltlichen Ebene der Umsetzung des Mythos und der psychologischen Motivierung der dramatischen Bühnenhandlung. Formal ist Wagners Verwendung des Leitmotivs der in kompositionstechnischer Hinsicht wesentlichste Orientierungspunkt.26 In der Princeton-Einführung in den Zauberberg unterstreicht Mann erneut den Einfluss, den die "Kunst Richard Wagners" auf seine Produktion ausgeübt hat und präzisiert im Folgenden: "... und besonders folgte ich Wagner auch in der Benutzung des Leitmotivs, das ich in die Erzählung übertrug, und zwar nicht, wie es noch bei Tolstoi und Zola, auch noch in meinem Jugendroman Buddenbrooks der Fall ist, auf eine bloß naturalistisch-charakterisierende , sozusagen mechanische Weise, sondern in der symbolischen Art der Musik ... Die Technik, die ich dort übte, ist im Zauberberg in einem viel weiteren Rahmen auf die komplizierteste und alles durchdringenste Art angewandt."27
Mann unterstreicht hier deutlich die formale Wirkung der Kompositionstechnik Wagners auf die erzähltechnischen Experimente im Zauberberg. Sie ist das Vorbild für die angestrebte Komplizierung der Form der "Davoser Geschichte". Nicht nur in der Princeton-Rede verweist Mann häufig auf die epische Aneignung des musikalischen Leitmotivs auch in dem oben erwähnten Aufsatz zum "französischen" Wagner-"Einfluss" finden sich deutliche Hinweise:
"... das Motiv, das Selbst-Zitat, die autoritative Formel", paraphrasiert Mann , "Die wortwörtliche und gewichtige Rückbeziehung über weite Strecken hin ... die symbolische Gehobenheit des Moments ... - Diese wagnerisch und eminent nordischen Wirkungsmittel seien schon völlig Instinkt geworden bei ihm. 28
Welches sind die erzähltheoretischen Erwartungen, die Mann an die Aneignung und epische Integration des Wagnerschen Leitmotivs knüpft? Trotz aller medienspezifischen Probleme zwischen musikalischem und literarischem Motiv gelingt durch die Musikalisierung der epischen Form ein Vorhaben, das auch mit Blick auf Schopenhauer bedeutsam ist: die Musikalisierung der Romankomposition gewährt der epischen Form den Rang der Musik in der Hierarchie der Künste, wie sie die Schopenhauersche Ästhetik vorgibt. Über diese Verwischung der kunst- und gattungsspezifischen Grenze kann auch das Sprachkunstwerk zur adäquaten Manifestationsart der Objektivation des Willens werden. In diesem Zusammenhang betrachtet Mann die zeitaufhebende Wirkung der musikalischen Motivik, ihre Funktion als Befreiung vom raumzeitlichen Nacheinander der dramatischen Bühnenhandlung zugunsten eines breitgefächerten Beziehungs- und Anspielungsreichtum zwischen ganz unterschiedlichen Elementen der Handlung als Gewinn für die epische Form.
Die musiktheoretischen Ausführungen stützen sich hier weitestgehend auf die musikologischen Schriften von Carl Dahlhaus zu Wagners Musikkonzeption.29
Der Ursprung der von Wagner weiterentwickelten musikalischen Leitmotivik liegt in der Spaltung des Musikdramas in die dramatische Bühnenhandlung einerseits und die Orchestermusik, die Musikhandlung, andererseits. Spaltung bedeutet in diesem Zusammenhang nicht Trennung, sondern vielmehr wechselseitige Bezogenheit der beiden Bereiche des Bühnengeschehens. Wagner spricht kaum von Leitmotiven, in seinen theoretischen Schriften verwendet er den Begriff musikalische Momente - beide werden aber synonym verwendet. Die Funktion des Auseinandertretens von Bühnen- und Musikhandlung präzisiert Dahlhaus dahingehend, dass die "musikalische Sprache der Leitmotivik einerseits und die Dialoge der dramatischen Handlung zwei relativ autonome Kommunikationsspuren bilden, die zueinander in einer Art dialogischem Verhältnis stehen. Wesentlichster Punkt in ist die Art und Weise der Einführung oder der Setzung der Leitmotive. Bei ihrer expositorischen Setzung treten sie im sprachlichen Kontext eines szenischen Bühnenvorgangs auf, der dem musikalischen Motiv inhaltliche Elemente, wie Hinweise zur Identifikation einer dramatischen Figur oder Stimmungselemente wie Angst, Mut, Furcht oder Todessehnsucht beiordnet. Die eigentlich unsemantische Tonsequenz wird mit einer konkreten Bedeutung versehen. Es muss dabei mitgedacht werden, dass etwa die Ring-Tetralogie mit einem ganzen Geflecht von Leitmotiven übersät ist, deren Bedeutung durch Anklingen in ganz unterschiedlichen Kontexten nicht stabil ist, sondern geringfügig variiert wird.
Sprach- und Bühnenhandlung entwickeln sich so zu relativ autonomen Kommunikationsspuren, wobei die eigentliche Leistung der "melodischen Momente" darin besteht, durch ihre relative semantische Stabilität kommentierend in die Bühnenhandlung einzugreifen, sie zu paraphrasieren. So ist beispielsweise der Fremde im grauen Gewand, von dem Sieglinde erzählt, für den Zuhörer kein Fremder, da das Orchester durch das gleichzeitige Zitat des Walhall-Motivs den Fremden eindeutig als Wotan identifiziert, ihn in der Sprache der Musikhandlung vergegenwärtigt, ohne dass er in die dramatische Handlung30 selbst eingegriffen hätte: "In der musikalischen Sprache der Leitmotivik redet Wagner selbst und verständigt sich über den Kopf der handelnden Personen hinweg mit den Hörern, sofern sie fähig sind, die musikalische Metaphorik zu deuten."31 Durch die Doppelung von Sprach- und Musikhandlung entsteht naturgemäß auch eine Doppelung der Rezeptionsmöglichkeiten der Wagnerschen Musikdramen, die Dahlhaus als die naive und die sentimentalische unterscheidet. Naiv ist die, die allein der Bühnenhandlung, der Chronologie der dramatischen Ereignisse folgt; sentimentalisch die, die der kommentierenden Sprache des Komponisten via Leitmotiv zu folgen in der Lage ist. Möglich ist diese Rezeptionsleistung des Hörers nur, wenn er die vom Komponisten intendierte Kunst des "genetischen" Hörens beherrscht, d. h., der Hörer sollte in der Lage sein, die Statik und Dynamik der variierenden Bedeutungsverschiebungen der Leitmotive von ihrer expositorischen Setzung an nachzuverfolgen. "Die 'Orchestermelodie' ist Kommentar, sofern sie vom Hörer als 'Beziehungszauber'32 aufgefasst wird und nicht als 'Schwall'". Beziehungen meint dabei sowohl die zwischen Bühnen- und Sprachhandlung als auch das intermittierende Erklingen der Erinnerungsmotive zwischen einzelnen Szenen.33
Das Theorem von der "doppelten Optik", das Nietzsche in pejorativem Sinn auf die Wagner-Musik angewendet hat, war für Thomas Mann das eigentliche Phaszinosum der Musikkomposition Wagners. Es fällt zusammen mit der Unterscheidung zwischen sentimentalischer und naiver Rezeption Musikdramen: einerseits die Perspektive des Kunstkenners, der die dramatischen Dialoge mit dem Komponisten via Leitmotiv wechselseitig aufeinander beziehen kann. Und dann die simple Rezeption andererseits, die sich allein auf das Drama konzentriert und das Netz der Leitmotivik, die "Einflüsterungskunst" Wagners, lediglich als "Schwall" empfindet.
Entscheidend für das literarische Interesse an der musikalischen Leitmotivik ist dabei nicht nur die wirkungsästhetische Möglichkeit unterschiedlich disponierte Rezipienten anzusprechen. Es geht auch darum, die mit der Wiederholungsstruktur der Motivik zusammenhängenden Veränderungen der Zeitproblematik innerhalb der dramatischen Bühnenhandlung bewusst zu machen.
Das Beziehungsgeflecht, das das intermittierende Erklingen der "melodischen Momente" zwischen unterschiedlichen Szenen der Bühnenhandlung knüpft, wirkt der sukzessiv ablaufenden Zeit, in der sich die dramatische Handlung entwickelt, entgegen. Die Funktion der Motivzitate besteht in diesem Zusammenhang demnach darin, durch das Geflecht von Anspielungen und Relationen, d. h. Aktualisierung von Vergangenem und Antizipation von zukünftigen Handlungselementen - wie Dahlhaus feststellt - "Zeit bewusst zu machen"34. Manns Zeitproblematik, seine sogenannten Zeitspinntisierereien scheinen auf diese doppelte Optik der Wagner Musik zurückzugehen.
Diese Befreiung vom Zwang des Nacheinanders sowohl des dramatischen als auch des epischen Handlungsablaufes muss für den Epiker Offenbarungscharakter gehabt haben: anders lässt sich die rauschhaft-schwärmerische 'Verehrung' des Leitmotivs als wandernde "Monstranz" beispielsweise nicht erklären. Beinahe religiös-rituelle Züge ordnet Mann diesem musikalischen Kompositionselement zu. Ein Künstler, der wie Wagner, gewohnt war, mit Symbolen zu hantieren und Monstranzen emporzuheben, muss sich schließlich als Bruder des Priesters, ja selbst als Priester fühlen."35
Übrigens verbindet Wagner mit den kompositionstechnischen Eigenarten der leitmotivischen Wiederholungsstruktur auch ein spezifisches Wirklichkeitsbild, das dem Schopenhauer-Philosophem von der "Welt als Vorstellung" nahekommt. Mit der einheitsstiftenden Dynamisierung der Motivzitattechnik richtet sich nach Wagner die Kunstabsicht des Musikers nicht auf die Darstellung des "Fertigen", sondern auf das "Seiende, d. h. das ewig Werdende".36
Trotz der medienspezifischen Differenzen37 zwischen literarischen und musikalischen Gestaltungsprinzipien gelingt es Mann, die epischen Qualitäten der von Wagner entwickelten musikalischen Wirkungsmittel aufzudecken. Seines Interesses richtet sich auf die von der musikalischen Motivtechnik erwirkte Dynamisierung der Struktur. Und auf die Möglichkeit ihrer Verarbeitung zu "einem das ganze Kunstwerk durchziehenden Gewebe von Grundthemen". Daneben sind von nicht geringerer Bedeutung die Problematisierungsmöglichkeit des Zeitphänomens, die Möglichkeit der künstlerischen Gestaltung eines modifizierten Wirklichkeitsbegriffs, der befreit ist von Ideologemen wie Fortschritt, absichtsvolle und wertorientierte Zielgerichtetheit, Endlichkeit, Geschlossenheit, Telos, Harmonie u. ä. Das musikalische Gestaltungsprinzip, das Mann bei Wagner vorfand, war in der Lage, beim Epiker einen Lernprozess in Gang zu setzen, an dessen Ausgangspunkt er sich die Frage formulierte: "Was das eigentlich sei, das Element des Epischen. Ich erfuhr es", antwortete er, "indem es mich auf seinen Wellen dahintrug".38
Auch in dieser näheren Bestimmung des Epischen klingen erneut Meeres- Assoziationen an. Es wiederholen sich die bekannten metaphysischen Implikationen in Manns Begriff vom Epischen. In formaler Hinsicht bietet die Motivtechnik, die nun zur epischen Technik umgedeutet ist, die Möglichkeit zur thematischen "Verschachtelung" und zum "Ineinander der Konzeptionen". Gerade dieser Versuch mit alinearen Erzählformen markieren die wachsende Differenz der Poetik Manns zum realistischen Erzählen der epischen Tradition. Der Versuch einer Dynamisierung der Erzählstruktur durch die Episierung der musikalischen Leitmotivtechnik begründet die Modernität des Erzählwerkes von Mann. Vergegenwärtigt man sich einige erzähltheoretische und gattungspoetologische Auffassungen, die Mann mit Blick auf den Zauberberg formuliert, dann fällt auf, dass sie - ins Musikalische gewendet - ebenso einen Platz in einer theoretischen Schrift zur Musikästhetik Wagners einnehmen könnten.39 Das "Mäandrische" des Wagnerschen Leitmotivs, seine Fähigkeit zu "aufholender Regression" und "beschleunigender Antizipation" des dramatischen Handlungsverlaufs deutet Mann erzähltheoretisch mit Blick auf den Zauberberg als die "träumerische Verknüpfung dieser in zwölfhundert Seiten ausgebreiteten Komposition.40 Die zeitaufhebende Wirkung der vor- und rückdeutenden musikalischen Motivik spiegelt sich im "Mysterium der Zeit, mit dem der Roman auf mehrfache Weise sich abgibt."41 Auch die "doppelte Optik" des Wagnerschen Musikdramas, die eine naive und eine sentimentalische Rezeption42 ermöglicht, findet sich, ins erzähltheoretische gewendet, in Manns Aufforderung an den Leser, den Zauberberg zweimal zu lesen:
Man kann den musikalisch-ideellen Beziehungskomplex, den er bildet, erst richtig durchschauen und genießen, wenn man seine Thematik schon kennt und imstande ist, das symbolisch anspielende Formelwort nicht nur rückwärts, sondern auch vorwärts zu deuten"43
Während der ersten Lektüre aktualisiert der Leser die Geschichte Hans Castorps in ihrer raumzeitlichen Linearität, während der zweiten erst kann er die kommentierende Anspielungsdichte der Motivsyntax nicht nur "rückwärts, sondern auch vorwärts" deuten. Aus diesen darstellungs- und wirkungsästhetischen Aspekten des Romans ergibt sich der Schlüsselbegriff der Poetik des Zauberbergs : das magische nunc stans, d. h. ihre Ambition, die Zeit stehen zu lassen. Die "musikalisch-ideelle Gesamtwelt" der Geschichte Hans Castorps"in jedem Augenblick voll zu vergegenwärtigen."44 Er verknüpft die Struktur des Romans, ihre Kreisbewegung, mit der Schopenhauerschen Metaphysik, d. h. mit dem Philosophem von der ewigen Gegenwart als der "alleinigen Form des wirklichen Daseins."
2.1.3 "Magisches nunc stans" und Kreisstruktur des Romans
Die Auffassung vom "wahren Sein der Dinge" als "stehendem Jetzt" gehört seit den Buddenbrooks, auf der Ebene der erzählten Handlung, zu einem integrierten Element des Erfahrungshorizonts der Romanhelden von Thomas Mann: Euphorisch und lebensmüde zugleich, berauscht von der Schopenhauer-Lektüre, denkt sich der individuationsmüde Thomas Buddenbrook ein Weiterleben über den Tod hinaus in all denen, "die je und je Ich gesagt haben, sagen und sagen werden".45 Buddenbrook liest das Kapitel des zweiten Bandes von Schopenhauers Hauptwerk: "Über den Tod und sein Verhältnis zur Unzerstörbarkeit unseres Wesens an sich" - nach dieser Lektüre sieht sich der träumende Kaufmann als integrales Element der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Menschheit, in der er weiterlebt über seinen individuellen Tod hinaus - nämlich in denen, die "je ... Ich sagen werden". Der Trostgedanke, den Thomas Buddenbrook aus der Lektüre dieses Kapitels des zweiten Bandes zieht, rekurriert auf das Schopenhauer-Theorem, wonach der Tod ein lediglich "empirisches" Ereignis darstellt, das die Gattung, in der der Wille das Leben 'will', nicht berührt. Der intuitiv Anschauende erkennt die Idee der Gattung, die vom individuellen Tod unberührt bleibt - im Moment des nunc stans - Erlebens rollt vor dem inneren Auge des mystisch Inspirierten die Menschheitsgeschichte als zeitloses, simultanes Ereignis ab.
Auch Hans Castorp ist für diese Art mystischen Erlebens hochdisponiert. Es festigt auch in ihm die Auffassung vom unendlichen Wiederholungscharakter aller Dinge, die im Augenblick des nunc stans - Erlebens in der Vielfältigkeit ihrer Relationen und Beziehungen zueinander simultan überschaubar sind. Sein Staunen über den sich immer wieder zurückbiegenden Lauf der Sonne hat bei dem jungen Helden die Auffassung erweckt, die Ewigkeit und die sich in ihr abwickelnde Geschichte sei kein linearer Vorgang: verwirrt von der "Eulenspiegelei des Kreises und der Ewigkeit ohne Richtungsdauer, in der alles wiederkehrt" ist er nun der Meinung, "die Ewigkeit (sei) ... nicht 'geradeaus', sondern 'Karussell, Karussell'". Die Zeit ist demnach nicht zu denken im Bild eines Strahls, sondern vielmehr als expandierendes Etwas, als Ermöglichungsrahmen eines permanenten Werdens in engeren und weiteren Kreisen.46
Hans Castorps Disposition und Neigung, auf dem Zauberberg "seine Gegenwart mit jener solchen zu verwechseln, die vor einem Monat, einem Jahr obwaltet hatte", und mit der er "zum Immer zu verschwimmen" droht, ist keine Fähigkeit, die er sich erst in der Gebirgswelt aneignet, sie ist vielmehr eine Art Konstante seines träumerischen Verhältnisses zur Alltagsrealität, die schon bei dem Achtjährigen spürbar ist, der seinen Großvater bittet, ihm die Taufschale zu zeigen.
Fühlte sich Thomas Buddenbrook als integrales Element in der spiralförmigen Bewegung der Menschheitsgeschichte von Ewigkeit zu Ewigkeit, so erkennt der junge Hans Castorp im Objekt der Taufschale, dem "stehend wandernden Erbstück", ein Symbol für die kreisförmig sich regenerierende Genealogie der Castorps. Die hohe Disposition für diese Fähigkeit, dem Simultanerleben zeitlich gestreckter Ereignisse, ist ablesbar an seiner Mimik: dem seitwärtsgeneigten Kopf und dem schlaffen Mund; bei diesem Gedanken überkommt ihn ein "erprobtes Gefühl": "die sonderbare, halb träumerische, halb beängstigende Empfindung eines zugleich Ziehenden und Stehenden, eines wechselnden Bleibens, das Wiederkehr und schwindelige Einerleiheit war, - eine Empfindung, die ihm von früheren Gelegenheiten her bekannt war, und von der wieder berührt zu werden er erwartete und gewünscht hatte: sie war es zum Teil, um derentwillen ihm die Vorzeigung des stehend wandernden Erbstücks angelegen gewesen war." Diese besondere Form der Erlebnisfähigkeit auf der Ebene der Heldenpsychologie "die Gefühlsbegriffe und die Bewusstseinslage des 'Noch' und des 'Schon wieder'"47 verwischen sich. Es beschäftigt aber auch, eine Stufe höher, den Erzähler in diversen Exkursen zum "Zeitsinn" und zur Stellung der Zeit in der Erzählung. Er rationalisiert das Phänomen der Zeitaufhebung unter wechselnden Perspektiven und Begründungszusammenhängen. Es wiederholt sich in diesen Reflexionen die Auffassung von der Idealität der Zeit, die kein ontologisches Attribut der Wirklichkeit selbst ist, sondern vielmehr eine "Vorrichtung" des erkennenden Bewusstseins. Der Erzähler sammelt Argumente für diese These, Argumente und empirisch belegbare Erfahrungen, die diese These stützen: der Strandspaziergang:
"Die Lehrer des Mittelalters wollten wissen, die Zeit sei eine Illusion, ihr Ablauf in Ursächlichkeit und Folge nur das Ergebnis einer Vorrichtung unserer Sinne und das wahre Sein der Dinge ein stehendes Jetzt. War era mM eer spaziert, der Doktor, der diese Gedanken zuerst empfing, - die 48 schwache Bitternis der Ewigkeit auf seinen Lippen?"48
Die Auffassung vom "wahren Sein der Dinge" als zeitlose ewige Gegenwart und "stehendes Jetzt" prägt aber nicht nur die Wirklichkeitsvorstellung Thomas Buddenbrooks, Hans Castorps und teilweise auch des Zauberberg-Erzählers, sie stellt auch das dominierende Element der Struktur des Zauberbergs dar. Thomas Mann stützt dieses Weltkonzept im Begründungszusammenhang mehrerer philosophischer, mythologischer und psychologischer Bezugsrahmen. Sie bezieht sich auf Nietzsches Lehre von der "ewigen Wiederkehr des Gleichen" ebenso wie auf Schopenhauers philosophische Erörterung des Phänomens der Zeit, das in der Tradi49 tion der scholastischen Lehre49, auf die sich auch der Erzähler des Zauberbergs gelegentlich bezieht, angesiedelt ist. Schopenhauer formuliert das Philosophem von der ewigen Gegenwart in Anlehnung an die scholastische Lehre folgendermaßen:
"Es gibt nur eine Gegenwart, und diese ist immer: denn sie ist die alleinige Form des wirklichen Daseins." Die "Vergangenheit (ist) nicht an sich von der Gegenwart verschiedenen ..., sondern nur in unserer Apprehension, als welche die Zeit zur Form hat ..." So betrachtet, sind "alle Vorgänge und Szenen des Menschenlebens, ... wie sie im Lauf der Zeit und Verschiedenheit der Orte sich sukzessiv" ereignen, "auf einmal und zugleich und immerdar vorhanden im Nunc stans".50
Beide, der Erzähler und Hans Castorp, sind mit demselben Philosophem der Zeitaufhebung und der Wiederkehr des Gleichen befasst, ersterer diskursiv, letzterer empirisch. Es ist dabei nicht nur der philosophische Anhaltspunkt, der die Auffassung von der Verwandtschaft und dem Zusammenhang aller Dinge, Phänomene und individuellen Erscheinungen der empirischen Wirklichkeit stützt, Thomas Mann ergänzt diese Vorstellung durch eine ganze Reihe anderer Konzepte, die ebenfalls geeignet sind, die Phänomen Vielfalt der Objektwelt in einen ganzheitlichen Rahmen zu integrieren.
Sieht sich Thomas Buddenbrook während seines mythischen Erlebens als integrales Element der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Menschheit und Hans Castorp über der Taufschale als Einzelindividuum, in dem sich die Genealogie der Castorps im Verhältnis von zeitgebundenem Teil zu überzeitlicher Konstante bricht, so sind diese Beispiele außerzeitlichen Relationssehens doch nur Varianten eines Mythologems, das Mann mit dem Terminus "zitathaftes Leben" markiert. Als Castorp auf seiner Balkonloge liegend "intim an die Caldäer denkt", und ihm im Blick auf den Himmel die Welt als "Karussell" erscheint, markiert diese Stilisierung des Kreises zur Grundstruktur seiner Weitsicht lediglich die astronomische Variante von Manns mythischer Weltdeutung, in der Vergangenes und Gegenwärtiges aufeinander bezogen bleibt. Es ist eine Welt, in der sich der "Mythos zelebriert":51
"Das zitathafte Leben, das Leben im Mythos, ist eine Art von Zelebration; insofern es Vergegenwärtigung ist, wird es zur feierlichen Handlung, zum Vollzug eines Vorgeschriebenen durch den Zelebranten, zum Begängnis, zum Fest. Ist nicht der Sinn des Festes Wiederkehr als Vergegenwärtigung?"52
Nicht aber nur philosophisch und mythisch ist dieses zeitenthobene Kontinuitäts- und Relationsdenken - und hier erweist sich die "artistische" Kombinatorik unterschiedlicher Quellen -, es ist darüber hinaus auch psychologisch begründet. Wesentlich ist, dass Mann auf der Suche nach Argumenten für die erneut belebte Vorstellung einer in episch-mimetischer Hinsicht relevanten Welttotalität ist. Er prüft die genannten Modelle und Konzepte unter dem Aspekt, inwieweit sie in dieser Hinsicht auswertbar sind: auch Mythos und Psychologie sind unter dieser Perspektive vergleichbar.
"Das mythische Interesse ist der Psychologie genauso eingeboren, wie allem Dichtertum das psychologische Interesse eingeboren ist. Ihr Zurückdringen in die Kindheit der Einzelseele ist zugleich auch schon das Zurückdringen in die Kindheit des Menschen, ins Primitive und in die Mystik. Freud selbst hat bekannt, dass alle Naturwissenschaft und Medizin und Psychotherapie für ihn ein lebenslanger Um- und Rückweg gewesen sei zu der primären Leidenschaft seiner Jugend fürs Menscheitsgeschichtliche, für die Ursprünge von Religion und Sittlichkeit, - diesem Interesse, das auf der Höhe seines Lebens in Totem und Tabu zu einem so großartigen Ausbruch kommt."53
Es lässt sich fragen, was dem Mythologen, dem Dichter, dem Naturwissenschaftler, d. h. in diesem Fall dem Psychoanalytiker, und dem Philosophen als gemeinsames Erkenntnisziel vorgegeben ist. Die gemeinsame Erkenntnisweise ist die "mythisch-typische Anschauungsweise" und der gemeinsame Gegenstand dieser Erkenntnisweise ist das "zeitlose Schema, die fromme Formel". Das Theorem von der "Wiederkehr des Gleichen" formuliert Mann auch unter der letztgenannten psychologischen Perspektive: die Überzeugung von der Autonomie des Individuums sei eine naive Illusion, "nicht ahnend in dem naiven Dünkel seiner Erst- und Einmaligkeit, wie sehr sein Leben Formel und Wiederholung, ein Wandel in tief ausgetretenen Spuren ist."54
Deutlich wird auch, dass Manns Interesse darauf gerichtet ist, im Wandel der individuellen Erscheinungen nach Konstanten zu suchen, die Gegenwart als Variation eines vergangenen Urzustandes zu sehen, der es einem entsprechend disponierten Beobachter erlaubt, Totalität als Gesamtentwicklung simultan zu aktualisieren. Der Gewinn, den der Künstler aus dieser "virtuosen Kombinatorik", aus dem mythologisch, philosophisch, psychologisch und letztlich auch ästhetisch motivierten Begründungszusammenhang zieht, kann in Bezug auf die Poetik des modernen Romans nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das Theorem von der "Verwandtschaft der Dinge", die sich nach dem Muster dieses monistischen Denkens aus einem als ursprünglich gesetzten Ureinen durch unendliche Variation und Relationsbindung gleichbleibend aber auch nuancierend ergibt, schafft eine neue Zuversicht für die epische Darstellungsmöglichkeit kohärenter Gesamtzusammenhänge.
Kehren wir nun zu dem Schopenhauer-Philosophem von der Weitsicht in der Perspektive des zeitlosen "nunc stans"-Erlebens zurück. Dieser simultane Blick auf den kohärenten Zusammenhang der Erscheinungswelt vermittelt keine statische, sondern eine dynamische Vorstellung derWelt. Mann hat in einigen essayistischen Stellungnahmen, aber auch im Diskurs des Erzählers im Zauberberg, auf die Dynamik dieses Relations- und Beziehungsgeflechts aufmerksam gemacht. Adäquat lässt sich der Eindruck, den das "nunc stans"-Erleben dem intuitiv Anschauenden vermittelt, mit Paul Cassirers Charakterisierung des mythischen Denkens beschreiben, wie es sich in der "Philosophie der symbolischen Formen" findet:
"In diesem Sinn ist es verständlich, wenn man das mythische Bewußtsein ... bisweilen geradezu als ein 'zeitloses' Bewußtsein bezeichnet hat. Denn verglichen mit der objektivkosmischen und der objektiv-historischen Zeit besteht hier in der Tat eine solche ' Zeitlosigkeit' ..." An anderer Stelle heißt es: "Eine Scheidung der einzelnen Zeitstufen ... ist dem Mythos fremd. Wie es zum Wesen der mythischen Zeitform überhaupt gehört, daß sie überall, wo sie eine Beziehung setzt, die Glieder dieser Beziehung ineinander- fließen und ineinander übergehen läßt, so waltet diese Regel der 1Konkreszens', des Zusammenwachsens der Beziehungsglieder, auch in der Art des mythischen Zeitbewußtseins. Auch hier hält die Scheidung der Zeit in scharf gesonderte Stufen, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gewissermaßen nicht stand; sondern immer wieder unterliegt das Bewußtsein der Tendenz und der Lockung, die Unterschiede zu nivellieren, ja, sie zuletzt in reine Identitäten Umschlagen zu lassen. So ist insbesondere die Magie dadurch gekennzeichnet, daß sie ihr allgemeines Prinzip, das Prinzip des 'pars pro toto', vom Raum auch auf die Zeit überträgt ... Das magische 'Jetzt' ist kein bloßes Jetzt, sondern, es ist, um den Leibnizschen Ausdruck zu gebrau55 chen, chargé du passé et gros de l'avenir."55
Thomas Mann zeigt gelegentlich Interesse, das "magische nunc stans" nicht als "bloßes 'Jetzt'", als "Einerleiheit", sondern als ein in die Vergangenheit reichendes offenes System aus Elementen, dem der Beobachter beim Ineinanderfließen der "Beziehungsglieder" zu "schwindeligen Identitäten"56 zusieht .
"Die Zeit ist tätig, sie hat verbalen Charakter, sie 'zeitigt'. Was zeitigt sie denn? Veränderungen ! Jetzt ist nicht Damals, Hier nicht Dort, denn zwischen beiden liegt Bewegung. Da aber die Bewegung, an der man die Zeit mißt, kreisläufig ist, in sich beschlossen, so ist das eine Bewegung und Veränderung, die man fast ebenso gut als Ruhe und Stillstand bezeichnen könnte, denn das Damals wiederholt sich beständig im Jetzt, das Dort im Hier".57
Das "magische nunc stans" ist bewegtes Stehen, Statik zeitloser Veränderung; eine Synthese aus "Bewegung und Veränderung" einerseits und "Ruhe und Stillstand" andererseits. Dies ist das eigentliche Faszinosum von Castorps Zauberberg-Aufenthalt: er bleibt aus "Gründen der 'Freiheit', dem Strandspaziergang, dem stehenden Jetzt und Ewig zu Ehren".58
In der Phase der künstlerischen und weltanschaulich-metaphysischen "Selbsterforschung und Selbstbehauptung" seines Künstlertums verstärkt und vertieft Mann eine Wirklichkeitskonzeption, deren Interesse darauf gerichtet ist, im Wandel der individuellen Erscheinungen nach dem monistischen Urphänomen zu suchen. Sie anerkennt die Gegenwart lediglich als Variation eines vergangenen Urzustands, die heterogene Erscheinungsvielfalt der Objektwelt ist in diesem monistischen Denken auf die metaphysische Wahrheit bezogen. Die Leitmotivtechnik Wagners ermöglicht dem Autor die erzählerische Umsetzung dieser metaphysisch-mythologisch begründeten Wirklichkeitsauffassung in die Struktur des Romans.
Der eigentliche Werkcharakter des Zauberbergs ist deshalb weniger in der erzählten Geschichte Hans Castorps, als vielmehr in der Polyfunktionalität59 der Textelemente zu sehen. Sie erlauben einem entsprechend disponierten Leser, die Werktotalität, ihre "musikalisch-ideelle Gesamtwelt", simultan zu aktualisieren. Die doppelte Kommunikationsspur, die die episch umgedeutete musikalische Motivik in die Romanstruktur einbezieht, ist deutlich anhand kritischer Stellungnahmen in der Mann-Forschung nachzuvollziehen: der Roman wird mal naiv, d. h. nur auf der Ebene der erzählten Geschichte, mal sentimentalisch, d. h. im Deutungshorizont der Leitmotivsyntax interpretiert.
Nach Helmut Koopmann ist die Handlungsstruktur des Romans "finalistisch" orientiert.60 Koopmann unterstützt die These von der Eindeutigkeit mit historischen und kulturgeschichtlichen Argumenten, die den Roman in einen, in weltanschaulicher Hinsicht, gesicherten Kontext einbetten. Er fährt fort:
"... die 20er Jahre kannten nicht den Wertrealtivismus, wie er etwa die 70er Jahre charakterisierte, sie waren in vielem unbedingter und grundsätzlicher, weit entfernt von der Polyperspektivik der Ansichten, so weit, daß heute alle Überlegungen zur polyperspektiven Technik Thomas Manns, zum Fehlen einer Werksicht eher wie Spiegelungen der Position der Interpreten ausnehmen als wie Einsichten in das Werk.61
Diese Einstellung zum Werk ist im Rahmen der Zauberberg-Kritik nicht untypisch: sie ist dogmatisch, überzeugt von der objektiven Interpretierbarkeit des Werkes, weshalb der Vorwurf, dass das dialogische Verhältnis zwischen Werk und dem Deuter des Werkes das Werk selbst nur verschleiere und nicht zum Sprechen bringe, nicht überrascht. Diese methodische Prämisse stützt sich auf ein Werkverständnis, das unausgesprochen davon ausgeht, dass das epische Werk als autonomes, objektivierbares Ganzes62 außerhalb der dialogischen Text-Leser-Beziehungen einen An-sich-Status genießt.
Die Funktion, die Kristiansen der Motivtechnik zuordnet, fällt in weiten Teilen zusammen mit der Wagnerschen Verwendung der musikalischen Zitattechnik. So erfahren beispielsweise im Geflecht der Leitmotive die auktorial beschriebenen Züge von Castorps "Händen" - die "nicht sonderlich aristokratisch"63 sind - in wechselnden semantischen Kontexten eine Bedeutungserweiterung, die eine verdeckte Sympathie mit der lässigen Clawdia Chauchat anzeigen. Die Leitmotivik des Zauberbergs zu deuten, heißt, die verdeckten psychologischen Dispositionen64 des Protagonisten aufzudecken. Nicht aber nur in psychologischer Hinsicht ist die Rolle der "neuen Gewebs- und Beziehungstechnik" bedeutsam.
Die Motivtechnik stellt so das "magische nunc stans" her, sie akzentuiert die Identität des Vielförmigen und unterstreicht die "Trans Personalität"65 des vermeintlich Individuellen, "sie vermittelt die transzendentale Wahrheit von der Ubiquität des Willens und seiner metaphysischen Existenzform"66. Die Erkenntnis, die die Zauberberg-Motivik von der Welt des Willens vermittelt, erschöpft sich im Spiel der Identitäten, in der heimlichen Verwandtschaft der Dinge. In dieser Vorstellungswelt werden die Grenzen der Individuation in übergeordneten "transpersonalen" Konstellationen - beispielsweise: Hippe-Chauchat-Castorp – aufgehoben. Was diese Erkenntnis vermittelt sind weiter "nichts als bloße Verhältnisse, Relationen einer Vorstellung zur anderen, Form, ohne allen Inhalt". Dieses Spiel mit den semantischen Identitäten der literarischen Sprache macht den Zauberberg zum Paradigma des offenen Kunstwerkes.67
[...]
1 Dichter über ihre Dichtung I, 520
2 Mann, Betrachtungen eines Unpolitischen, XII, 12.
3 Lukács, Theorie des Romans, 12.
4 Mann, Betrachtungen eines Unpolitischen, XII, 103.
5 Die Mann-Forschung geht mit Blick auf den Zauberberg kaum auf die Funktions- und Rollenverteilung innerhalb dieses Dreiecks Schopenhauer, Wagner, Nietzsche ein. In Beiträgen zu den Buddenbrooks wird gelegentlich auf die Abhängigkeit des literarischen Leitmotivs von der Musikästhetik Wagners hingewiesen. Vgl. Ebel, "Welthaftigkeit und Welthaltigkeit. Zum Verhältnis von mimetischem und poetischem Anspruch in Thomas Manns 'Buddenbrooks'", Gedenkschrift für Thomas Mann 1875 - 1975, 9-53, und Hans Rudolf Vaget, "Thomas Mann und Wagner. Zur Funktion des Leitmotivs in 'Der Ring des Nibelungen' und 'Buddenbrooks'", Literatur und Musik, 326. Kurzke akzentuiert stärker noch die Rolle Nietzsches als 'Vermittler' zwischen dem Epiker Mann und dem Komponisten Wagner, geht aber nicht weiter auf formale Analogien zwischen literarischem und musikalischem Leitmotiv ein. Kurzke, "Ästhetizistisches Wirkungsbewusstsein und narrative Ethik", Stationen der Thomas-Mann- Forschung, 210-228.
6 ^Nach Koppen gehört Mann zu jenen Vertretern des dekadenten Wagnerismus, die um die Jahrhundertwende eine feste Bewegung in der europäischen Literaturgeschichte darstellten. Vgl. Koppen, Dekadenter Wagnerismus. Berlin 1973.
7 Ebd., 219.
8 Mann, Schopenhauer, IX, 531.
9 Thomas Mann, Tagebücher 1918-1921, 23.
10 °Zu Manns Bewertung der historischen Entwicklung, vgl. Kurzke, Thomas Mann . Epoche-Werk-Wirkung. München 1985, und Herbert Lehnert, "Leo Naphta und sein Autor", Orbis Litterarum, 37 (1982), 47-69.
11 Die Frage, inwieweit die psychische Disposition Manns die Aufnahme der dualistischen Schopenhauer-Welt als Wille und als Vorstellung begünstigte, haben sich einige psychologisch orientierte Studien zum Werk Manns gestellt. In psychologischer Hinsicht sieht Dierks in Mann einen 'Fall' von "kreativem Narzissmus". Kennzeichnend für diesen Persönlichkeitstyp sei die Einsicht in den unüberwindlichen Abgrund zwischen Ich und Welt: "Hier die empirische Realität, in der der Narziss leidet ... aber sie ist als 'Vorstellung' nur Schein". Vgl. "Bedeutung philosophischer Konzepte", Literatur und Philosophie, 13, und Wysling, Narzissmus und illusionäre Existenzform. Zu den Bekenntnissen des Hochstaplers Felix Krull . Bern 1982 (Thomas-Mann-Studi en 5).
12 Zit. nach Bengt Algot Sorensen, "Der 'Dilettantismus' des Fin de Siecle und der junge Heinrich Mann", Orbis Litterarum, 29 (1979), 256.
13 Mann, Betrachtungen eines Unpolitischen, XII, 201.
14 Zur Funktion Nietzsches als Analytiker des dekadenten Stils der Musik Wagners, vgl. die "Einleitung" von Kurzke zu Thomas Mann, Essays 3, Musik und Philosophie, hg. Hermann Kurzke. Frankfurt 1978, 18.
15 Mann, Nietzsches Philosophie im Lichte unserer Zeit, IX, 682.
16 Nietzsche, Der Fall Wagner, Werke in sechs Bänden, hg. Karl Schlechta. München I960, IV, 917.
17 Nietzsche orientiert sich dabei an den ästhetischen Kategorien, die Paul Bourget schon in seiner positiv umgedeuteten Dekadenz-Kritik auf die Lyrik Baudelaires anwendete. Vgl. Borchmeyer, "Nietzsches Décadence-Kritik", Ethische contra ästhetische Legitimation von Literatur. Traditionalismus und Modernismus: Kontroversen um den Avantgardismus, Kontroversen, alte und neue, hg. Albrecht Schöne, VI1Ï, IST.
18 Mann, Betrachtungen, XII, 78.
19 Ebd., 80.
20 Mann, Leiden und Größe Richard Wagners, IX, 367. Zu den Analogien musikalischer und literarischer Wirkung, vgl. auch Lämmert, "Doppelte Optik. Über die Erzählkunst des frühen Thomas Mann", Literatur und Gesellschaft, 52.
21 Mann, Der französische Einfluss, X, 838.
22 Schopenhauer, Welt als Wille und Vorstellung, I, 368.
23 Mann, Einführung in den Zauberberg, XI, 611.
24 Zu dem schwierigen Verhältnis zwischen Mann und Wagner, vgl. Vaget, "Goethe und Wagner. Studien zu Thomas Manns Goethe- Rezeption 1905-1912", H.R. Vaget und D. Barnouw, Thomas Mann. Studien zu Fragen der Rezeption, 1-81. Auf dieses problematische Verhältnis zwischen "leidenschaftlicher Bewunderung und Gereiztheit" geht auch Gregor-Dellin ein. Vgl. "Wagner und kein Ende. Harmonieverschiebung und Leitmotiv in der Epik Thomas Manns", Thomas Mann 1875-1975, 377.
25 Vgl. hierzu Dahlhaus, Wagners Konzeption des musikalischen Dramas, 121.
26 Die Beziehung zwischen musikalischem und literarischem Leitmotiv berührt im Rahmen der komparatistischen Methodenlehre das Thema der 'wechselseitigen Erhellung der Künste'. Weisstein gibt dabei zu bedenken, dass von 'wechselseitiger Erhellung' nur dann gesprochen werden sollte, "wenn ein Vergleichsobjekt oder ein Glied der Kette literarisch ist". Vgl. hierzu "Die wechselseitige Erhellung von Literatur und Musik", Literatur und Musik, 59. Ob in unserem Zusammenhang das Leitmotiv ein genuin literarisches oder musikalisches Formelement darstellt, ist kaum mehr auszumachen. Die Kompositionstechnik Wagners orientierte sich offenbar bei der Gestaltung des musikalischen Leitmotivs als Verknüpfungselement zwischen den relativ autonomen Szenen der dramatischen Bühnenhandlung der Oper an Büchners Verwendung der literarischen Leitmotivik. Vgl. hierzu Dahlhaus, Wagners Konzeption des musikalischen Dramas, 18. In diesem interdisziplinären Zusammenhang ist auch auf die frühe Schrift von Klotz hinzuweisen, Geschlossene und offene Formen im Drama, 104, Vergl. auch Oskar Walzel, Gehalt und Gestalt im Kunstwerk des Dichters. Berlin 1923.
27 Mann, Einführung in den Zauberberg, IX, 366.
28 Mann, Der französische Einfluss, X, 838.
29 Neben der oben schon angegebenen Schrift von Dahlhaus zur Wagnerschen Konzeption des musikalischen Dramas, vgl. auch die desselben Autors zum Drama Richard Wagners als musikalisches Kunstwerk. Regensburg 1970 .
30 Vgl. auch die Analyse der Verwendung musikalischer Leitmotive in den Buddenbrooks von Vaget, "Thomas. Mann und Wagner. Zur Funktion des Leit mot i vs in 'Der Ring des Nibelungen' und 'Buddenbrooks'", Literatur und Musik, 326.
31 Dahlhaus, Wagners Konzeption des musikalischen Dramas, 22.
32 Das Wort "Beziehungszauber" ist in diesem dichtungs- und musiktheoretischen Zusammenhang ein Terminus, den Mann zur Bezeichnung des Anspielungsreichtums der Wagnerschen Motivik prägte. Vgl. hierzu auch Dahlhaus, Wagners Konzeption des musikalischen Dramas, 42.
33 In diesem Zusammenhang bestimmt Bloch die doppelte Funktionalität des Wagnerschen Leitmotivs durch zwei gegensätzliche Elemente: "Das Mäandrische im Wagnerschen Leitmotiv macht sich ... nicht nur als erinnert geltend, mit aufholender Regression, sondern als vorwegnehmend, mit beschleunigender Antizipation". Vgl. Ernst Bloch, "Paradox und Pastorale bei Wagner", Literarische Aufsätze, Gesamtausgabe, IX, 322.
34 Dahlhaus, Wagners Konzeption des musikalischen Dramas, 42.
35 Mann, Leiden und Größe Richard Wagners, IX, 366.
36 Wagner selbst unterstreicht die weltanschauliche Bedeutung der Motivik, die in bezug auf die Schopenhauer sehe Willensmetaphysik gedeutet werden kann. In der ateleologischen Struktur der musikalischen Motivik deute auf eine "Welt, deren Werden in nächsten und weitesten Kreisen uns stets gegenwärtig ist". Richard Wagner, Oper und Drama, Gesammelte Schriften. Leipzig 1872, IV, 239.
37 Vaget deutet am Rande einige medienspezifische Wirkungsmöglichkeiten an: "In der Musik hat z. B. das Prinzip der Wiederholung generell eine viel größere Bedeutung als in der Erzählung, die nur ausnahmsweise und mit besonderer Wirkungsabsicht zur Wiederholung greift. So kann Wagner allein im "Rheingold" das Ring-Motiv 52mal verwenden, während in Buddenbrooks Tony gewisse Worte Morthon Schwarzkopfs für unsere Begriffe sehr oft, im Ganzen aber nur 11mal zitiert". Musik habe über diese quantitativen Unterschiede auch in qualitativer Hinsicht die Möglichkeit zu nuancenreicheren Wechseln von "Tonart, Klangfarbe, Tempo und Rhythmus". Vaget, "Thomas Mann und Wagner", 331 .
38 Mann, Leiden und Größe Richard Wagners, IX, 387.
39 "Thomas Mann Erzählkunst ist gewissermaßen die Verifizierung der romantheoretischen Prämissen der Wagnerschen Dramaturgie. Wie das musikalische Drama ein übersetzter Roman, so ist Thomas Manns Erzählprosa das in seinen 1iterarisehen Voraussetzungen zurückverwandelte musikalische Drama". Borchmeyer, Das Theater Richard Wagners, 334.
40 °Mann, Einführung in den Zauberberg, XI, 609.
41 Mann, Einführung in den Zauberberg, 609.
42 Auf die doppelten Rezeptionsmöglichkeiten der Wagnerschen Musik ist schon hingewiesen worden.
43 Mann, Einführung in den Zauberberg, 611.
44 Ebd., 612.
45 Mann, Buddenbrooks, I, 657.
46 Mann, Zauberberg, III, 754.
47 Ebd.
48 Ebd., 757.
49 Gemeint ist die "Summa theologiae" des Albertus Magnus, dessen 'nunc stans'-Begriff Schopenhauer mehrfach zitiert. Vgl. hierzu das Kapitel "Wiederkehr des Gleichen - Mythisches Zeiterleben im Zauberberg und im Joseph-Roman. Das magische nunc stans" in Berger, Die mythologischen Motive in Thomas Manns Roman Joseph und seine Brüder, 50ff.
50 Schopenhauer, Welt als Wille und Vorstellung, I, 613.
51 Mann, Freud und die Zukunft, IX, 478.
52 Ebd.
53 Ebd., 493.
54 Ebd. Vgl. zu der Mehrdimensionalität der mythologischen, metaphysischen, philosophischen und psychologischen Facetten von Manns ganzheitlichem Wirklichkeitskonzept auch das Kapitel "Die ideologischen Voraussetzungen der Auseinandersetzungen Thomas Manns mit dem Zivilisationsliteraten in den 'Betrachtungen eines Unpolitischen'" in Kristiansen, Thomas Manns Zauberberg und Schopenhauers Metaphysik, 93ff.
55 Zit. nach Berger, Die mythologischen Motive in Thomas Manns Roman 'Joseph und seine Brüder, 51
56 Mann, Zauberberg, III, 754.
57 Ebd., 479.
58 Ebd., 984.
59 S.J. Schmidt, Elemente einer Textpoetik, 19 - 21.
60 Koopmann, Der klassisch-moderne Roman in Deutschland, 22.
61 Ebd., 31 .
62 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zum Thema "Hermeneutik der Reduktion und Hermeneutik der Entfaltung" in Uwe Japp, Hermeneutik. Der theoretische Diskurs, die Literatur und die Konstruktion ihres Zusammenhangs in den philologischen Wissenschaften, 46ff.
63 Mann, Zauberberg, III, 48.
64 Diese Rolle deckt sich mit einer der Bestimmungen, die Mann den Motiven zuordnet: sie seien "Werkzeuge psychologischer Anspielungen, Vertiefungen, Bezugnahmen". Mann, Freud und die Zukunft, IX, 368.
65 Bulhof, Transpersonalismus und Synchronizität, 5.
66 Vergl. auch die Rezension der großen Zauberberg-Monographie von Kristiansen: Dierks, "Philosophische Orientierung des Erzählverfahrens bei Thomas Mann", Orbis Litterarum, 34 (1979), 353.
67 Weiss spricht von "feldartigen Querverbindungen der Leitmotivik ". Vgl. Thomas Manns Kunst der sprachlichen und thematischen Integration, 6 und Latta, "Symbolic structure : Towards an understanding of the structure of Thomas Mann's 'Zauberberg'", Germanic Review, 50, (1975), 35-54. Mit Blick auf das polyfunktionale Vertextungsschema der Erzählkunst Manns sprechen andere Kommentatoren auch von dem Kunstgriff des "freien Kombinierens" der Textelemente, vgl. Hans Wysling, "Schwierigkeiten mit Thomas Manns", Thomas Mann heute, 102.
- Quote paper
- Dr. Paul Forssbohm (Author), 1988, Formen des Offenen. "Der Zauberberg" von Thomas Mann, die "Oxen of the Sun"-Episode im "Ulysses" von James Joyce und "Rayuela" von Julio Cortázar (Band 2), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/540722
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