Die Automobilindustrie steht vor großen Herausforderungen wie globalem Wettbewerbsdruck und der Abkehr vom Auto als Statussymbol. Durch neue Geschäftsmodelle und Technologien können Unternehmen Kosten senken und die Nachfrage steigern. Ein großes Potenzial bietet hierfür die Blockchain-Technologie.
Welche Vorteile besitzt die Blockchain-Technologie gegenüber etablierten Technologien? Wie kann die Blockchain-Technologie Prozesse beim autonomen Fahren verbessern? Wie sicher ist diese Technologie für den Nutzer? Und welche Auswirkungen hat die Blockchain-Technologie auf die Mitarbeiterstruktur in Unternehmen?
Die Autorin Kerstin Schmidt beleuchtet die Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie im Bereich autonomen Fahren. Anhand von verschiedenen Use Cases entwickelt Schmidt eine Methodik, mit der Unternehmen den technischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Nutzen dieser Technologie gezielt ermitteln können.
Aus dem Inhalt:
- Bitcoin;
- Internet of Things;
- Kryptowährung;
- Transaktionen;
- Technology Assessment
INHALTSVERZEICHNIS
MANAGEMENT SUMMARY
Problemstellung und Zielsetzung
Vorgehensweise
Ergebnisse und Fazit
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1 Einleitung
1.1 Ausgangslage
1.2 Problembeschreibung
1.3 Ziele der Arbeit
1.4 Aufbau der Arbeit
2 Wissenschaftstheoretischer Grundlagenteil
2.1 Blockchain-Technologie
2.2 Datenschutz und Privatsphäre auf der Blockchain im Kontext der Mobilität
2.3 Methoden und konzepte zur Technologiebewertung
2.4 Vernetztes und autonomes Fahren
3 Vorgehensweise & Methodik
3.1 Ökonomische Dimension
3.2 Technische Dimension
3.3 Gesellschaftliche Dimension
4 Beschreibung der Use cases
4.1 Supply chain management
4.2 Service-Optimierung
4.3 V2X-Kommunikation
5 Anwendung der Methodik
5.1 Prozessautomatisierung in globalen Produktionsnetzwerken
5.2 Nachverfolgbarkeit
5.3 Digitale Identitäten & individualisierte Nutzungsangebote
5.4 Reparaturlogging & Predictive Maintenance
5.5 Automatisierte Abrechnung
5.6 Nachrichtenintegrität & sichere Kommunikationskanäle
5.7 Anomalie-Detektion
5.8 Digitale Marktplätze
6 Fazit
6.1 Zusammenfassung
6.2 Kritische Würdigung
6.3 Mehrwert für die Wissenschaft
6.4 Mehrwert für die Praxis
6.5 Ausblick
LITERATURVERZEICHNIS
Anhang 1: Komponenten einer TA
Anhang 2: Privacy Impact Assessment
Anhang 3: Blockchain Application Assessment Scorecard
Anhang 4: Übersicht Methoden der Technologiebewertung nach VDI Richtlinie 3780
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Impressum:
Copyright © Science Factory 2020
Ein Imprint der GRIN Publishing GmbH, München
Druck und Bindung: Books on Demand GmbH, Norderstedt, Germany
Covergestaltung: GRIN Publishing GmbH
MANAGEMENT SUMMARY
Problemstellung und Zielsetzung
Spätestens seit dem Jahr 2018 erregt die Blockchain-Technologie über alle Branchen hinweg Aufsehen. Während Unternehmen nach Anwendungsmöglichkeiten suchen, fehlt es an einer Methodik zur umfassenden Bewertung dieser Technologie.
Gleichzeitig ist die Automobilindustrie konfrontiert von Herausforderungen wie immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen, globalem Wettbewerbsdruck und der Abkehr vom Auto als Statussymbol. Automobilhersteller müssen also nach Möglichkeiten suchen, ihre Kosten zu senken und die Nachfrage zu steigern, beispielweise durch sie neue Geschäftsmodelle. Kann die Blockchain-Technologie dabei helfen?
Das Ziel dieser Arbeit ist es, (1) die Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie im vernetzten und autonomen Fahren aufzuzeigen, (2) eine Methodik zur Beurteilung der Einsatzpotentiale anhand von ökonomischen, technischen und gesellschaftlichen Kriterien zu entwickeln und (3) die Einsatzpotentiale von Blockchain-Technologien im autonomen und vernetzten Fahren anhand der entwickelten Evaluationsmethodik zu beurteilen.
Die entwickelte Methodik soll eine objektive Entscheidungsgrundlage bieten, mit welcher der technische Nutzen der Technologie beurteilt werden kann. Gleichzeitig sollen Unternehmen dabei unterstützt werden, ihrer Verantwortung für die Gesellschaft gerecht zu werden, indem gesellschaftliche Aspekte beleuchtet werden. Dabei ist die Methodik ressourceneffizient und kann von Entscheidungsträgern, unabhängig von ihren individuellen Kompetenzen, eingesetzt werden, um objektiv und nach wissenschaftlichen Maßstäben zu beurteilen, ob der Einsatz von Blockchain für ihre Anwendungsfälle nutzbringend ist. Nicht zuletzt soll auch die Wirtschaftlichkeit der Blockchain-Lösungen beurteilt werden.
In der abschließenden Beurteilung der Einsatzpotentiale wird insbesondere auf die Rolle der Automobilindustrie im autonomen und vernetzten Fahren eingegangen. Es wird beurteilt, inwiefern die Blockchain-Technologie helfen kann, deren Herausforderungen zu begegnen und Prozesse zu verbessern. Außerdem wird untersucht, welchen Einfluss auf die Gesellschaft die Verwendung von Blockchain in den betrachteten Use Cases haben könnte. Die jeweils verwendete Blockchain-Lösung wird in Bezug zu eventuell schon bestehenden Systemen gesetzt und die Notwendigkeit der Blockchain-Technologie hinterfragt.
Vorgehensweise
Die Evaluationsmethodik wurde aufbauend auf existierenden Methoden der Technologiebewertung entwickelt. Sowohl die Auswahl der Dimensionen als auch die jeweils benutzten Kriterien leiten sich von etablierten Methoden ab. Als Kriterien für die ökonomische Dimension ergeben sich Wert für den Kunden, neue Einnahmequellen / neue Geschäftsmodelle und Kostenersparnis. Die Kriterien der technischen Dimension sind Verarbeitungsgeschwindigkeit, Sicherheit, Transparenz und Unveränderlichkeit. Die gesellschaftliche Dimension wird anhand der Kriterien Privatsphäre, Übereinstimmung mit gesetzlichen Bestimmungen und gesellschaftliche Akzeptanz beurteilt. Die Kriterien werden anhand einer dreistufigen Ordinalskala bewertet. Diese repräsentiert für jeden Use Case, wie groß der Mehrwert ist, der durch die Blockchain-Technologie geschaffen wird.
Es wurden Use Cases entlang der gesamten automobilen Wertschöpfungskette ausgewählt und in die Kategorien Supply Chain Management, Service-Optimierung und V2X-Kommunikation eingeordnet.
Ergebnisse und Fazit
Es zeigt sich ein gemischtes Bild: Die Use Cases Prozessautomatisierung in globalen Produktionsnetzwerken, automatisierte Abrechnung, Anomalie-Detektion sowie Nachrichtenintegrität & sichere Kommunikationskanäle sind auch ohne die Blockchain-Technologie mit keinen oder nur geringen Nachteilen gegenüber dem Blockchain-System denkbar.
Digitale Identitäten & individualisierte Nutzungsangebote und digitale Marktplätze sind zwar auch ohne die Blockchain-Technologie denkbar, ein solches System wäre allerdings mit starken Einschränkungen verbunden.
Einen besonders großen Nutzen stiftet die Blockchain-Technologie in den Use Cases Nachverfolgbarkeit und Reparaturlogging & Predictive Maintenance. Die Anwendungsfälle werden in der hier beschriebenen Form durch die Blockchain-Technologie sogar erst ermöglicht.
Die Methodik sollte zur Anwendung innerhalb der Unternehmen von den Entscheidungsträgern auf die spezifischen Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens angepasst werden. Auch die Wissenschaft kann einen Beitrag leisten, um die Evaluationsmethodik zu optimieren, etwa durch Experteninterviews oder durch Forschung an effizienten Möglichkeiten, wie sich Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst werden und dementsprechend handeln können.
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies, 2017
Abbildung 2: Schematischer Aufbau der Arbeit
Abbildung 3: Darstellung des Projektes „Unique in the Crowd“
Abbildung 4: Übersicht über Konzepte und Methoden der Technologiebewertung
Abbildung 5: Methoden der Technikbewertung
Abbildung 6: Novelty & Complexity Modell
Abbildung 7: Kriterien zur Beurteilung der Use Cases
Abbildung 8: Skala zur Bewertung der einzelnen Dimensionen
Abbildung 9: Zuordnung der Use Cases zu den Stufen der automobilen Wertschöpfungskette
Abbildung 10: Supply Chain-Prozess
Abbildung 11: Hierarchischer Konsensprozess
Abbildung 12: Komponenten einer TA
Abbildung 13: Privacy Impact Assessment Prozess
Abbildung 14: Blockchain Application Assessment Scorecard
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Übersicht Blockchain-Definitionen
Tabelle 2: Übersicht über Arten von Blockchains und deren Berechtigungen
Tabelle 3: Präferierte Verfahren der Technikbewertung
Tabelle 4: Kriterien der BAAS, eigene Darstellung nach
Tabelle 5: Übersicht der Use Cases nach Kategorie
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
3G Dritte Generation von Mobilfunkstandards
AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
BAAS Blockchain Application Assessment Scorecard
DSGVO Datenschutzgrundverordnung
F&E Forschung und Entwicklung
IoT Internet of Things
IP Intellectual Property
MaaS Mobility as a Service
P2P Peer to Peer
PIA Privacy Impact Assessment
PLM Product Lifecycle Management
PoS Proof of Stake
PoW Proof of Work
RFID Radio Frequency Identification
ROI Return on Investment
RSU Road Side Unit
TA Technology Assessment
VANET Vehicular ad-hoc network
V2I Vehicle to Infrastructure
V2V Vehicle to Vehicle
V2X Vehicle to Everything
VDI Verein Deutscher Ingenieure
1 Einleitung
1.1 Ausgangslage
Im Jahr 2009 wurde die Kryptowährung Bitcoin von einer Person oder Personengruppe unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto entwickelt.1 Der Ursprung wird häufig mit dem mangelnden Vertrauen in Finanzinstitutionen nach der Bankenkrise in Verbindung gesetzt.2 Während die Kryptowährung einige Jahre lang von der Allgemeinheit überwiegend unbeachtet blieb, begeisterten sich Enthusiasten für die Möglichkeiten, die die dahinterstehende Blockchain-Technologie für das Revolutionieren bestehender Geschäftsmodelle, Branchen oder des Internets bietet.3 In einem Blockchain-basiertem dezentralen Internet sind die Nutzer nicht mehr auf zwischengeschaltete Intermediäre zur Schaffung von Vertrauen angewiesen, denn die Integrität von Transaktionen wird durch die Anwendung von Algorithmen und Kryptografie sichergestellt.4 Aufbauend auf der Bitcoin-Blockchain wurde bald die zweite Generation von Blockchains entwickelt, welche die die Grundlage für Smart Contracts bietet.5 Smart Contracts automatisieren die Regeln, die mit Transaktionen auf Grundlage von Verträgen verbunden sind, und können so Intermediäre wie beispielsweise Notare ersetzen.6 Nachdem Blockchain während der nächsten Jahre außerhalb von Tech-Kreisen nur wenig Aufmerksamkeit bekam, nahmen die Kurse 2017 an Fahrt auf. Im November und Dezember 2017 kam es zu einer rasanten Steigerung des Bitcoin-Kurses, begleitet von intensiver Berichterstattung seitens der Mainstream-Medien. Auch die Wirtschaft zog nach: Unternehmen fingen an, nach Anwendungsmöglichkeiten zu suchen, Startups und neue Kryptowährungen sprossen aus dem Boden und führten zu einer unübersichtlichen Landschaft an Lösungen für Probleme aller Art. Das Beratungsunternehmen Gartner sah Blockchain in seinem Hype Cycle 2017 im „Gipfel der überzogenen Erwartungen“ (vgl. Abb. 1). Diese Phase ist von intensiver Berichterstattung über Erfolgsgeschichten gekennzeichnet, oft begleitet von Misserfolgen.7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies, 2017, eigene Darstellung nach8
Nachdem der Bitcoin-Kurs Mitte Dezember 2017 mit über 16.000 € sein Hoch erreichte, folgte der rasante Einbruch auf unter 5.000 € im Februar 2018.9 Seitdem hat sich der Kurs nicht mehr erholt und ist von extremen Schwankungen geprägt. Trotz der extrem volatilen Kurse von Kryptowährungen ist der Blockchain-Hype in den Medien ungebrochen. Unternehmen befassen sich mit der Technologie, zeigen sich innovativ und hoffen, Kosten senken, Prozesse verbessern und neue Einnahmequellen generieren zu können. Auch Fahrzeughersteller erkunden die Einsatzmöglichkeiten von Blockchain, besonders in Hinblick auf autonomes und vernetztes Fahren.10 Beim Lesen der Pressemitteilungen von OEMs und Publikationen von Beratungsunternehmen entsteht der Eindruck, die Blockchain sei die Lösung aller Probleme.
Die Automobilindustrie ist konfrontiert von immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen11, globalem Wettbewerbsdruck12, der Abkehr vom Auto als Statussymbol in Verbindung mit zunehmender Urbanisierung und einer steigenden Nachfrage nach umweltfreundlichen Autos und Carsharing13. Automobilhersteller müssen also nach Möglichkeiten suchen, ihre Kosten zu senken und neue Geschäftsmodelle entwickeln. Hinzu kommt der Wettbewerb im vernetzten und autonomen Fahren, bei dem die traditionellen Hersteller mit amerikanischen Technologieunternehmen wie Google und Uber konkurrieren. Darüber hinaus stehen all diese Unternehmen vor der Herausforderung, wirklich sichere autonome Fahrzeuge zu entwickeln. Immer wieder finden Forscher Sicherheitslücken, wie etwa manipulierbare Sensoren14 der die Übernahme der Kontrolle über Bremsen, den Motor und das Lenkrad eines Fahrzeugs ohne physischen Kontakt.15
Auch gesellschaftlich entstehen durch autonomes und vernetztes Fahren neue Herausforderungen: Durch die Analyse der enormen Datenmengen, die durch die Vernetzung von Fahrer und Fahrzeug entstehen, lassen sich leicht Tagesabläufe und Bewegungsmuster der Nutzer rekonstruieren. Dadurch entstehen neue Anforderungen an den Schutz der Privatsphäre von Individuen. Die im Mai 2018 in Kraft tretende EU-Datenschutzgrundverordnung wurde erarbeitet, um Personen bei der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu schützen.16 Sie könnte als Reaktion auf das Sammeln und die Analyse von Daten von Unternehmen ohne Zustimmung des Nutzers gesehen werden.
1.2 Problembeschreibung
Nach dem Wissen der Autorin existiert bisher kein systematischer Überblick über die Einsatzpotentiale von Blockchain im vernetzten und autonomen Fahren. In der bisherigen Forschung lag der Schwerpunkt vor allem auf Anwendungen von Blockchain-Technologien im Internet of Things oder in einzelnen Teilbereichen des autonomen und vernetzten Fahrens, z.B. zur sicheren Informationsübertragung. Bei Veröffentlichungen im Bereich Blockchain in Form von Berichten in Mainstream-Medien, Studien von Unternehmensberatungen, Whitepaper von Startups handelt es sich nach Meinung der Autorin um Veröffentlichungen, die einseitig oder oberflächlich und oft aus finanziellem Interesse heraus berichten. Ein objektiver, das Thema Autonomes und vernetztes Fahren übergreifender Überblick fehlt jedoch.
Das zweite identifizierte Problem bezieht sich auf die Beurteilung neuer Technologien. Ende März 2018 sorgte eine Meldung für Aufsehen: Das Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica benutzte die Daten aus 87 Millionen Facebook-Profilen17 für ihre Software, die u.a. in Donald Trumps Wahlkampf und der Brexit-Kampagne eingesetzt wurde, um Facebook-Nutzern auf sie zugeschnittene Werbung zu zeigen. Facebook hatte den Betreibern einer externen App den Zugriff auf die Profile der Facebook-Freunde ihrer Nutzer erlaubt.18 Dieser Skandal wirft nicht nur Fragen zur Nutzung von Datenanalyse für politische Zwecke auf, sondern auch solche der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen für die Möglichkeiten, die ihre Technologie bietet. Die Reaktionen haben gezeigt, dass es auch im Interesse der Zivilbevölkerung ist, Technologien hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Gesellschaft zu beurteilen, bevor sie eingesetzt werden.
Neben der Bewertung aus gesellschaftlicher Sicht sind vor dem Einsatz neuer Technologien auch die ökonomische und die technische Dimension zu beachten. Um tatsächlich eingesetzt zu werden, muss eine solche Evaluationsmethodik trotz ihrer Komplexität möglichst simpel und ressourceneffizient sein. Sie soll von Entscheidungsträgern in Unternehmen, unabhängig von ihren individuellen Kompetenzen, eingesetzt werden können, um objektiv und nach wissenschaftlichen Maßstäben zu beurteilen, ob der Einsatz von Blockchain für ihre Anwendungsfälle nutzbringend ist.19 20 21
Vorhandene Ansätze zur Technologiebewertung greifen dabei zu kurz. Während für Unternehmen entwickelte Bewertungsmethoden sich auf eine ökonomische Beurteilung beschränken, benötigen Ansätze, welche die gesellschaftliche Komponente mit einbeziehen, langwierige Prozesse mit vielen Stakeholdern. Ein solcher Prozess ist aufgrund des hohen Ressourcenaufwands in der Praxis kaum umsetzbar. Darüber hinaus beschäftigten sich existierende Modelle der Technologiebewertung mit Technologien, die sich für einzelne Produkte oder klar abgrenzbare Anwendungsbereiche verwenden lassen. Blockchain hingegen hat das Potential, Prozesse entlang der Wertschöpfungskette zu verändern, bestehende Produkte zu verbessern und neue zu entwickeln sowie zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Einnahmequellen beizutragen. Während manche Anwendungsfälle eine Verbesserung bestehender Produkte oder Prozesse darstellen, werden andere erst durch die Blockchain-Technologie ermöglicht. Deshalb beinhaltet die hier entwickelte Methodik (1) eine ökonomische Dimension, (2) eine technische Dimension, anhand der eine Blockchain-spezifische Bewertung erfolgt, sowie (3) eine gesellschaftliche Dimension.22 23
1.3 Ziele der Arbeit
Das Ziel dieser Arbeit ist es, (1) die Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie im vernetzten und autonomen Fahren aufzuzeigen, (2) eine Methodik zur Beurteilung der Einsatzpotentiale anhand von ökonomischen, technischen und gesellschaftlichen Kriterien zu entwickeln und (3) die Einsatzpotentiale von Blockchain-Technologien im autonomen und vernetzten Fahren anhand der entwickelten Evaluationsmethodik zu beurteilen.
Die Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie werden dabei als Anwendungsfälle beschrieben, welche nach Einsatzgebieten kategorisiert sind.
Die entwickelte Methodik soll verhindern, dass eine Entscheidung für die noch junge Blockchain-Technologie mit ihren Schwächen und Herausforderungen getroffen wird, obwohl die Anwendung mit bewährter Technologie mindestens genauso gut umgesetzt werden könnte. Gleichzeitig soll die Methodik Unternehmen dabei unterstützen, ihrer Verantwortung für die Gesellschaft gerecht zu werden, indem gesellschaftliche Aspekte beleuchtet werden. Nicht zuletzt soll auch die Wirtschaftlichkeit der Blockchain-Lösung beurteilt werden.
In der abschließenden Beurteilung der Einsatzpotentiale wird besonders auf die Rolle der Automobilindustrie im autonomen und vernetzten Fahren eingegangen und beurteilt, inwiefern Blockchain-Technologie helfen kann, deren Herausforderungen zu begegnen und Prozesse zu verbessern. Außerdem wird untersucht, welchen Einfluss die Verwendung von Blockchain in den betrachteten Use Cases auf die Gesellschaft haben könnte. Die jeweils verwendete Blockchain-Lösung wird in Bezug zu eventuell schon bestehenden Systemen gesetzt und die Notwendigkeit der Blockchain-Technologie hinterfragt.
1.4 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Im wissenschaftstheoretischen Grundlagenteil dieser Arbeit werden zunächst grundlegende Begriffe und Konzepte erklärt. Diese sind (1) die Blockchain-Technologie mit einem Exkurs zu Datenschutz und Privatsphäre auf der Blockchain im Kontext der Mobilität, (2) Methoden und Konzepte der Technologiebewertung sowie (3) vernetztes und autonomes Fahren.
Anschließend werden die Vorgehensweise und Methodik der Arbeit erläutert.
Darauf folgend wird eine systematische Übersicht über mögliche Anwendungsfälle gegeben, kategorisiert nach deren Einsatzbereich. Die betrachteten Einsatzbereiche sind Supply Chain Management mit den Use Cases Prozessautomatisierung in globalen Produktionsnetzwerken und Nachverfolgbarkeit, Service-Optimierung mit den Use Cases Digitale Identitäten & individualisierte Nutzungsangebote, Reparaturlogging & Predictive Maintenance sowie automatisierte Abrechnung und V2X-Kommunikation mit den Use Cases Nachrichtenintegrität & sichere Kommunikationskanäle, Anomalie-Detektion und Digitale Marktplätze (siehe Abb. 2). Es wird jeweils erläutert, worin das Verbesserungspotential durch die Blockchain-Technologie besteht.
Anschließend wird eine Evaluationsmethodik entwickelt, anhand der die Anwendungsfälle aus ökonomischer, technischer und gesellschaftlicher Sicht bewertet werden.
Im darauffolgenden Anwendungsteil wird zunächst für jeden Use Case beschrieben, wie eine geeignete Konfiguration der Blockchain-Anwendung aussehen könnte, bevor die Bewertung anhand der entwickelten Methodik folgt.
Abschließend werden die Blockchain-Anwendungen jeweils zusammenfassend beurteilt und ein Fazit der Arbeit gezogen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Schematischer Aufbau der Arbeit
2 Wissenschaftstheoretischer Grundlagenteil
2.1 Blockchain-Technologie
Die Blockchain-Technologie wurde für ihre Anwendung als Finanzinstrument bekannt und wird noch immer oft in einem Atemzug mit Bitcoin genannt. Tatsächlich begann mit der Erfindung von Bitcoin im Jahr 2009 die Entwicklung unzähliger Kryptowährungen.
Im Folgenden wird die Blockchain-Technologie erläutert, die Bitcoin sowie zahlreichen weiteren Kryptowährungen und anderen Anwendungen zugrunde liegt.24
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Übersicht Blockchain-Definitionen
Jede Blockchain wird von einem dezentralen P2P-Netzwerk verwaltet. Ein solches Netzwerk besteht aus gleichrangigen Teilnehmern (engl. peers), die sich gegenseitig Ressourcen zur Verfügung stellen und diese teilen.25
Um Transaktionen zu validieren, wird ein Konzept verwendet, das als „Cryptoeconomics“ bezeichnet wird. Dieser Begriff setzt sich zusammen aus kryptographischer Verifizierung (cryptographic verification) und den ökonomischen Anreizen (engl. economic incentives), durch die Teilnehmer mit dem Verdienst von Einheiten der Kryptowährung dafür belohnt werden, am Validierungsmechanismus teilzunehmen.26
[...]
1 Nakamoto, S. (2018): S.1
2 Welzel, C. et al. (2017): S.3
3 Welzel, C. et al. (2017): S.5
4 Xu, X. et al. (2017): S. 244
5 Xu, X. et al. (2017): S. 244
6 Lemieux, V. L. (2016): S.118
7 o.V. (o.J.c)
8 Panetta, K. (2017)
9 o.V. (2018c)
10 o.V. (2018d); o.V. (2017c); o.V. (2017f); o.V. (o.J.e)
11 Sabadka, D. (2013): S.251
12 Yannick, L.; et GERPISA, I.-G. (2004): S.3
13 Schiller, T.; Scheidl, J.; Pottebaum, T. (2017): S.1–2
14 Garfinkel, S. (2017); Greenberg, A. (2016)
15 Gibbs, S. (2015)
16 o.V. (o.J.a)
17 Solon, O. (2018)
18 Cadwalladr, C.; Graham-Harrison, E. (2018)
19 DIN SPEC 16597:2018-02: S.8
20 Crosby, M. et al. (2016): S.7
21 Swan, M. (2015): S.21
22 Xu, X. et al. (2017): S. 243
23 Lemieux, V. L. (2016): S.120
24 Welzel, C. et al. (2017): S.7
25 DIN SPEC 16597:2018-02: S.6
26 Buterin, V. (2015)
- Quote paper
- Kerstin Schmidt (Author), 2020, Blockchain-Technologie beim autonomen Fahren. Chancen und Risiken für die Automobilindustrie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/539790
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