Militärische Kräfte werden gewöhnlich bereitgestellt um Sicherheit zu erlangen. Sicherheit vor einer Bedrohung. Was löste solche Bedrohungsgefühle und Ängste aus, dass den Deutschen, die zwei Weltkriege entfacht hatten, so schnell wieder der Aufbau von Streitkräften zugestanden wurde? Der Verfasser versucht anhand verschiedener Ereignisse die Wahrnehmungen und Befürchtungen zu analysieren, deren Wirkung zur Wiederbewaffnung beitrugen. Im Vordergrund steht die Bedrohungsperzeption der Bundesrepublik Deutschland. Allerdings wäre ein eingeschränkter Blick, das Herauslösen der BRD aus dem Ost-West- Konflikt, unvollständig. Darum werden die konträren Weltanschauungen mit ihren Perzeptionen zu Beginn der Arbeit mit betrachtet.
Gliederung
1 Einleitung
2 USA und UdSSR – zwei unterschiedliche Weltanschauungen
3 Das Ende der Kriegsallianz
4 Die Bedrohungsperzeptionen
4.1 Definition Bedrohungsperzeption
4.2 Die Bedrohungsperzeptionen der USA und Sowjetunion
4.2.1 Die Bedrohungsperzeption der Sowjetunion
4.2.2 Die Bedrohungsperzeption der USA
4.3 Die Bedrohungsperzeption der BRD in der westlichen Sphäre
4.3.1 Flucht und Vertreibung Deutscher aus den Ostgebieten
4.3.2 Sowjetisierung und Installation von „Volksdemokratien“
4.3.3 Die Belastung der europäischen Mächte durch die Dekolonisation
4.3.4 Die kommunistischen Parteien in Frankreich und Italien
4.3.5 Die Bedrohung durch die Streitkräfte im Osten
4.3.6 Die Berlin Blockade 1948 – 1949
4.3.7 Die Aufstellung von (militärischen) Einheiten in der sowjetischen Besatzungszone
4.3.8 Erster erfolgreicher Test einer sowjetischen Atombombe – atomarer Patt absehbar
4.3.9 Der Korea Krieg – „Modellfall für Deutschland“
5 Schluss
6 Literatur- und Quellenverzeichnis
1 Einleitung
Mit dem Sieg über das Deutsche Reich 1945 hatten die Alliierten ihr primäres Ziel erreicht. Der Kampf gegen den gemeinsamen Feind hatte sie zusammenhalten lassen. Doch kaum ein Jahr nach der Kapitulation traten erste Risse in der Anti-Hitler-Koalition auf. Zu unterschiedlich waren die Vorstellungen zur Nachkriegsordnung.
Am Ende, dem Zerfall der „unheiligen Allianz“[1], steht der Beginn des Kalten Krieges als Erscheinungsform des Ost-West-Konflikt. Der Eiserne Vorhang lief mitten durch Deutschland und trennte es in zwei Teile.
Von Deutschland sollte nach 1945 nie wieder ein Krieg ausgehen. Deshalb wurde von den Alliierten die Entmilitarisierung beschlossen um Sicherheit vor Deutschland zu erreichen.
Doch bereits wenige Jahre später wurden Überlegungen für einen deutschen Verteidigungsbeitrag angestellt.
Militärische Kräfte werden gewöhnlich bereitgestellt um Sicherheit zu erlangen. Sicherheit vor einer Bedrohung. Was löste solche Bedrohungsgefühle und Ängste aus, dass den Deutschen, die zwei Weltkriege entfacht hatten, so schnell wieder der Aufbau von Streitkräften zugestanden wurde?
Der Verfasser versucht anhand verschiedener Ereignisse die Wahrnehmungen und Befürchtungen zu analysieren, deren Wirkung zur Wiederbewaffnung beitrugen.
Im Vordergrund steht die Bedrohungsperzeption der Bundesrepublik Deutschland. Allerdings wäre ein eingeschränkter Blick, das Herauslösen der BRD aus dem Ost-West-Konflikt, unvollständig. Darum werden zunächst die konträren Weltanschauungen mit ihren Perzeptionen betrachtet.
Dem folgt eine kurze Definition von Bedrohungsperzeption und die gegenseitige Bedrohungswahrnehmung der beiden Weltmächte USA und UdSSR.
Im Punkt 4.3 wird an neun Ereignissen die Bedrohungsperzeption der BRD untersucht.
Die Ergebnisse werden im Punkt 5 zusammengefasst.
Als Quellen verwendet der Verfasser „Erinnerungen“[2] von Konrad Adenauer, eine Zeitschrift der „Schriftenreihe Innere Führung“[3] aus dem Jahr 1957, in der die Bedrohungsperzeptionen, die zum Aufbau der Bundeswehr führten, deutlich hervortreten. Klaus Schuberts „Sicherheitspolitik der BRD“[4] bietet eine sehr umfangreiche Sammlung an Reden und Dokumenten von Politikern und Militärexperten zum Beginn des Ost-West-Konflikts und der Problematik der Wiederbewaffnung.
Aus dem Bereich der Sekundärliteratur werden die Aufsätze von Norbert Wiggershaus und Christian Greiner aus dem Standardwerk „Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945 – 1956“[5] verwendet. Kaum ein anderes Werk behandelt so umfassend und detailliert den für diese Arbeit interessanten Zeitraum.
Aus dem Gebiet Geschichte der Sicherheitspolitik und Wiederbewaffnung der BRD stammen die Werke von Gerhard Wettig[6], Rolf Steiniger[7], Klaus von Schubert[8] und Alexander Fischer[9].
Das Buch von Normen Altmann[10] über Konrad Adenauer im Kalten Krieg gibt ausführlich Aufschluss über die Wahrnehmungen und die daraus resultierende Politik des ersten Bundeskanzlers der BRD
Die Bedrohungsperzeption der BRD, speziell am Beginn des Korea Krieges wird in der Dissertation von Hyung-Sik Choi behandelt[11].
2 USA und UdSSR – zwei unterschiedliche Weltanschauungen
Die USA und UdSSR, zwei Weltmächte, deren Aufstieg am Ende des Ersten Weltkrieges begann. Die USA trat 1917 in den Weltkrieg ein und die bolschewistischen Führer verkündeten den Austritt der Sowjetunion.
Die verschiedenen rivalisierenden ideologischen Zielvorstellungen und konkurrierenden Politikkonzepte der Sowjetunion und Amerikas trafen in dem vom Erstem Weltkrieg geschwächten Europa erstmals aufeinander. Allerdings blieb eine direkte Konfrontation aus. Der Präsident der USA, Woodrow Wilson, musste das amerikanische Engagement durch die isolationistischen Grundtendenzen im Kongreß deutlich verringern. Ebenso waren die Aufrufe zum revolutionären Umsturz durch die sowjetische Führung nirgends politisch umgesetzt worden. Deshalb wandten sich die Bolschewiki einer Politik zu, die im Inneren des Staates die Bewahrung und den weiteren Ausbau der kommunistischen Herrschaft in den Vordergrund stellte.[12]
Von Anfang an jedoch standen die amerikanischen Grundprinzipien des Rechts, der Selbstbestimmung und der Individualität denen der Dominanz des Parteiapparats, der Zentralisation und des Kollektivismus der Sowjetunion in unaufhebbarem Gegensatz gegenüber.
Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten, mit unterschiedlichen Wirtschafts-, Gesellschafts- und politischen Systemen, im Zweiten Weltkrieg war durch das Verfolgen des gleichen übergeordneten Zieles möglich, die Niederringung des gemeinsamen Gegners. Trotz der erheblichen Interessendivergenzen während des Krieges, hielt das „Zweckbündnis“ bis zur deutschen Kapitulation 1945.[13] „Die tiefgreifenden Unterschiede (der beiden Weltmächte) ... waren durch die Notwendigkeit der gemeinsamen Kriegführung nur verdeckt worden.“[14]
3 Das Ende der Kriegsallianz
Auf die Unvereinbarkeit der Ziele der Siegermächte, vor allem USA und Sowjetunion, mit der daraus resultierenden Konfrontation wurde von dem Diplomaten George F. Kennan bereits 1945 hingewiesen und durch die Ergebnisse des Außenministerrates in Potsdam, 2. August 1945, bestätigt.[15]
Die Streitigkeiten um die Auslegung der in Potsdam getroffenen Vereinbarungen traten bereits zur ersten Tagung des Rates der Außenminister in London zutage.[16]
Winston Churchill brachte in seiner Rede vom 5.3.1946 im Westminster-College in Fulton öffentlich die gegensätzlichen Interessen der westlichen Alliierten gegnüber der Sowjetsphäre, die auf der anderen Seite des „eisernen Vorhangs“ lag, zum Ausdruck.[17]
Wiggershaus stellt fest, „der Alliierte Kontrollrat fällte schon ab 1946 keine politischen Entscheidungen mehr.“[18] Der Weg der beiden Teile Deutschlands in die jeweils polaren Lager begann.
4 Die Bedrohungsperzeptionen
4.1 Definition Bedrohungsperzeption
Im Militärischen Vokabular wird unter Bedrohung der Umfang des zur Verfügung stehenden militärischen Potentials und die Möglichkeit seiner Anwendung verstanden. Perzeption, verstanden als Wahrnehmung, würde zu der Frage führen: Über welche qualitative und quantitative Streitkräftestärke verfügt der Gegner und wann bzw. wie könnten die Streitkräfte eingesetzt werden?
Perzeptionen entstehen nicht immer aus objektiven Erkenntnissen, sondern resultieren mitunter auch aus subjektiv wahrgenommenen Ereignissen. Ebenso können sehr emotionale Begebenheiten die Perzeption verstärken.
Die Bedrohungsperzeption der BRD kann nicht nur von der Hauptbedrohung, dem militärischen Potential des Gegners und der Möglichkeit der Anwedung, abhängig gemacht werden, sondern wird auch durch andere Ereignisse geprägt.
Ängste, durch bestimmte, besonders emotional erschütternde Ereignisse, tragen in der Aufbauphase der Bedrohungsperzeption der BRD einen Großteil bei. Für ein differenziertes Bild der Bedrohungsperzeption müssen diese Ängste und Befürchtungen, berücksichtigt werden. Ebenso muss die Einordnung der BRD in den Ost-West Konflikt, zwischen den beiden bestimmenden Supermächten USA und Sowjetunion berücksichtigt werden.
4.2 Die Bedrohungsperzeptionen der USA und Sowjetunion
4.2.1 Die Bedrohungsperzeption der Sowjetunion
Gerhard Wettig schreibt der Sowjetunion eine Perzeption der ringsum militärischen Bedrohung zu.[19]
Nach dem Zerfall der Anti-Hitler-Koalition sah sich die UdSSR global gesehen allein dastehend „im Mittelpunkt einer gegen sie kreisförmig aufgebauten weltweiten Front.“[20]
Die Kooperation und später der Bündniszusammenhalt der westlichen Staaten wurden von der Sowjetunion als „aggressiv-initiatives Verhalten interpretiert.“[21]
Im Herbst 1947 wurde ein klares Feindbild geschaffen. Demnach existiert auf der Welt das von der USA angeführte imperialistisch-antidemokratische Lager und dem gegenüber das fortschrittlich-friedensliebende Lager unter Leitung der Sowjetunion.[22]
[...]
[1] Altmann, Normen: Konrad Adenauer im Kalten Krieg: Wahrnehmungen und Politik 1945-1956, Mannheim 1993, S. 4
[2] Adenauer, Konrad: Erinnerungen 1945 – 1953, Stuttgart 1983
[3] Schriftenreihe Innere Führung: Wiederaufstieg aus Trümmern. Der politische und wirtschaftliche Aufbau der Bundesrepublik, (hrsg.) Bundesministerium für Verteidigung, 1957
[4] Schubert, Klaus (Hrsg.): Sicherheitspolitik der BRD. Dokumentation 1945-1977, Teil 1, Köln 1978,
Schubert, Klaus (Hrsg.): Sicherheitspolitik der BRD. Dokumentation 1945-1977, Teil 2, Köln 1978
[5] Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945-1956, hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Bd 1, München, Wien 1982
[6] Wettig, Gerhard: Die Rolle von Bedrohungsvorstellungen in der sowjetischen Westpolitik, Köln 1983
[7] Steininger, Rolf: Wiederbewaffnung. Die Entscheidung für einen westdeutschen Verteidigungsbeitrag: Adenauer und die Westmächte 1950, Erlangen, Bonn, Wien 1989
[8] Schubert, Klaus von: Wiederbewaffnung und Westintegration, Stuttgart 1970
[9] Fischer, Alexander (Hrsg.): Wiederbewaffnung in Deutschland nach 1945, Berlin 1986
[10] Altmann, Normen: Konrad Adenauer im Kalten Krieg: Wahrnehmungen und Politik 1945-1956, Mannheim 1993
[11] Choi, Hyung-Sik: Zur Frage der Rolle des Korea-Krieges bei der westdeutschen Wiederaufrüstungsdebatte und des Einflusses auf die prinzipielle Entscheidung für die Wiederaufrüstung im Kontext der Aktualisierung des Ost-West-Konfliktes, Dissertation, Düsseldorf 1994
[12] Vgl. Wassmund, Hans: Antagonistische Kooperation und prekäres Gleichgewicht: 80 Jahre amerikanisch-sowjetische/russische Beziehungen, in:Wasser, Hartmut (Hrsg.): USA. Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Opladen 1996, S. 368
[13] Vgl. Wassmund, Hans: Antagonistische Kooperation und prekäres Gleichgewicht: 80 Jahre amerikanisch-sowjetische/russische Beziehungen, in:Wasser, Hartmut (Hrsg.): USA. Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Opladen 1996, S. 370
[14] Wiggershaus, Norbert: Von Potsdam zum Pleven-Plan. Deutschland in der internationalen Konfrontation 1945-1950, in: Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945-1956, hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Bd 1, München, Wien 1982, S. 11
[15] Vgl. Wiggershaus, Norbert: Von Potsdam zum Pleven-Plan. Deutschland in der internationalen Konfrontation 1945-1950, in: Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945-1956, hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Bd 1, München, Wien 1982, S. 44
[16] Vgl. Wiggershaus, Norbert: Von Potsdam zum Pleven-Plan. Deutschland in der internationalen Konfrontation 1945-1950, in: Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945-1956, hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Bd 1, München, Wien 1982, S. 44
[17] Vgl. Schubert, Klaus (Hrsg.): Sicherheitspolitik der BRD. Dokumentation 1945-1977, Teil 1, Köln 1978, S.61
[18] Wiggershaus, Norbert: Von Potsdam zum Pleven-Plan. Deutschland in der internationalen Konfrontation 1945-1950, in: Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945-1956, hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Bd 1, München, Wien 1982, S. 44
[19] Vgl. Wettig, Gerhard: Die Rolle von Bedrohungsvorstellungen in der sowjetischen Westpolitik, Köln 1983, S.1
[20] Wettig, Gerhard: Die Rolle von Bedrohungsvorstellungen in der sowjetischen Westpolitik, Köln 1983, S.1
[21] Wettig, Gerhard: Die Rolle von Bedrohungsvorstellungen in der sowjetischen Westpolitik, Köln 1983, S.1
[22] Vgl. Wassmund, Hans: Antagonistische Kooperation und prekäres Gleichgewicht: 80 Jahre amerikanisch-sowjetische/russische Beziehungen, in:Wasser, Hartmut (Hrsg.): USA. Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Opladen 1996, S. 371
- Citation du texte
- Peter Kögler (Auteur), 2006, Bedrohungsperzeptionen der Bundesrepublik Deutschland am Beginn des Ost-West Konflikts (1945 bis 1950), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53956
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