Das besondere Verhältnis, das zwischen der polnischen Nation und der katholischen Kirche besteht, entspringt aus der Rolle, die die dortige Kirche seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert spielte: „Der Katholizismus war nicht nur ein theoretisches und kultisches System, sondern ein mächtiger Faktor der Gestaltung der persönlichen, familiären, gesellschaftlichen, beruflichen und nationalen Kultur, […] (die) besonders in den schweren Zeiten der nationalen Unterwerfung, in den Kirchen ihre Zukunft fand und dort erhalten blieb.“(Majka, zit. nach Siedlarz: Kirche und Staat, S. 31) Vor allem in der Zeit der vielfachen Teilungen des Landes unter verschiedenen Mächten bis 1918 und der Okkupation durch deutsche und sowjetische Truppen während des zweiten Weltkriegs kam der polnischen Kirche die Rolle des die Nation und Gesellschaft verbindenden Elements zu.
Nach der Machtübernahme durch die Kommunisten im Anschluss an den zweiten Weltkrieg blieb diese Element nationaler Verbindung als eine vom Staat unabhängige Organisation erhalten und der Kirche damit „eine Sonderstellung im ganzen sozialistischen Lager“ (Nossol: Das Phänomen Kirche, S. 3) zu. Die Erhaltung dieser Ausnahmestellung beruht vor allem auf der politischen Linie, die die Kirche während der ganzen Zeit der kommunistischen Herrschaft beibehalten hat, sie „vertrat stets - außer den Rechten der Religion - auch die Menschenrechte und die moralischen Rechte der Nation auf geistige und kulturelle Souveränität, auf polnische Identität, Besonderheit und Selbständigkeit." (Micewski: Kirche, Solidarnosc und Kriegszustand in Polen, S. 7) Daraus resultierte ein hoher Rückhalt in der Bevölkerung, in welcher der Anteil an Katholiken Anfang der 80er Jahre bei etwa 90 % lag.
Eine besondere und viel diskutierte Rolle nahm die Kirche auch in den Auseinandersetzungen zwischen der unabhängigen Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc und dem kommunistischen Regime ein.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Kirche und Staat vom Kriegsende bis zum Beginn der 70er Jahre
2.1 Wiederaufbau und erste Gegensätze - die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg
2.2 Die Zeit des Stalinismus
2.3 Entspannung und neue Repressionen
3. Die 70er Jahre
3.1 Die Unruhen von
3.2 Versuche zum Dialog
3.3 Die Krise von
3.4 Der Papst aus Polen
3.4.1 Die Wahl Karol Wojtylas zum Papst
3.4.2 Der erste Papstbesuch in Polen
4. Vom Sommer 1980 zur Verhängung des Kriegszustands
4.1 Die Kirche im Sommer
4.2 Vom Sommer 1980 bis zur Verhängung des Kriegsrechts
4.3 Die Kirche im Kriegszustand
4.3.1 Politischer Einsatz
4.3.2 Humanitärer Einsatz
4.4 Die Aussetzung des Kriegszustands
4.5 Der zweite Papstbesuch
4.6 Die Aufhebung des Kriegszustands
5. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das besondere Verhältnis, das zwischen der polnischen Nation und der katholischen Kirche besteht, entspringt aus der Rolle, die die dortige Kirche seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert spielte: „Der Katholizismus war nicht nur ein theoretisches und kultisches System, sondern ein mächtiger Faktor der Gestaltung der persönlichen, familiären, gesellschaftlichen, beruflichen und nationalen Kultur, […] (die) besonders in den schweren Zeiten der nationalen Unterwerfung, in den Kirchen ihre Zukunft fand und dort erhalten blieb.“[1] Vor allem in der Zeit der vielfachen Teilungen des Landes unter verschiedenen Mächten bis 1918 und der Okkupation durch deutsche und sowjetische Truppen während des zweiten Weltkriegs kam der polnischen Kirche die Rolle des die Nation und Gesellschaft verbindenden Elements zu.
Nach der Machtübernahme durch die Kommunisten im Anschluss an den zweiten Weltkrieg blieb diese Element nationaler Verbindung als eine vom Staat unabhängige Organisation erhalten[2] und der Kirche damit „eine Sonderstellung im ganzen sozialistischen Lager“[3] zu.
Die Erhaltung dieser Ausnahmestellung beruht vor allem auf der politischen Linie, die die Kirche während der ganzen Zeit der kommunistischen Herrschaft beibehalten hat, sie „vertrat stets - außer den Rechten der Religion - auch die Menschenrechte und die moralischen Rechte der Nation auf geistige und kulturelle Souveränität, auf polnische Identität, Besonderheit und Selbständigkeit.[4] Daraus resultierte ein hoher Rückhalt in der Bevölkerung, in welcher der Anteil an Katholiken Anfang der 80er Jahre bei etwa 90 % lag.[5]
Eine besondere und viel diskutierte Rolle nahm die Kirche auch in den Auseinandersetzungen zwischen der unabhängigen Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc und dem kommunistischen Regime ein. Dieser Zeitraum soll in dieser Hausarbeit im Mittelpunkt stehen, welche die Ereignisse aus Sicht der Kirche aufzeigen und die jeweilige Haltung der Kirche analysieren will. Zum besseren Verständnis wird in einem ersten Teil auf das Verhältnis zwischen Kirche und Staat in der Zeit zwischen dem zweiten Weltkrieg und den siebziger Jahren eingegangen. Die Ereignisse in den siebziger Jahren sollen bereits einer genaueren Betrachtung unterzogen werden, da sich hier Entwicklungen abzeichnen, die im Hinblick auf die Ereignisse der Jahre 1980-1983 eine Rolle spielen. Besonders hervorgehoben wird die Wahl des polnischen Kardinals Karol Wojtyla zum Papst, da auch er immer wieder in die Vorgänge in seiner Heimat eingreift und eine besondere Stellung einnimmt. Es folgt der eigentliche Hauptteil, der sich mit den Ereignissen von den Streiks im August 1980 über die Verhängung des Kriegszustands bis zu dessen Aufhebung befasst. Die Zusammenfassung schließt auch einen Ausblick auf die Rolle der Kirche in den Umbruchsprozessen der 80er Jahre ein.
Es sei noch bemerkt, das bei der Bearbeitung diese Themas Probleme aufgetreten sind, da große Teile der Literatur zum Thema sowie die meisten der Dokumente, sofern sie überhaupt zugänglich sind, in polnischer Sprache abgefasst sind und bisher keine Übersetzungen vorliegen, was die Literaturauswahl teilweise eingeschränkt hat.
2. Kirche und Staat vom Kriegsende bis zum Beginn der 70er Jahre
2.1 Wiederaufbau und erste Gegensätze - die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg
Die erste Periode, die es zu behandeln gilt, umfasst den Zeitraum vom Ende des zweiten Weltkriegs bis zum Jahr 1947. Obwohl die katholische Kirche und die kommunistische Partei, schon aus der kommunistischen Ideologie heraus, nicht als dominierende gesellschaftliche Gruppen nebeneinander existieren konnten, machte sich noch keine offene Verfolgung der Kirche bemerkbar. Das wichtigste gesellschaftliche Ziel war der Wiederaufbau des Landes, und hierbei war eine Zusammenarbeit notwendig. Zu berücksichtigen ist auch das Ansehen, das die Kirche sich in weiten Teilen der Bevölkerung durch ihre Teilnahme am Widerstand gegen die Besatzung durch Nazi-Deutschland erworben hatte und die Tatsache, dass weite Teile der Bevölkerung die antireligiöse Haltung der Kommunisten nicht teilten.
Dennoch war den Kommunisten klar, dass zum Gewinn der absoluten Macht eine Ausschaltung der Kirche erforderlich war. Aus diesem Grunde begann man schon bald mit Maßnahmen, die die Kirche aus dem öffentlichen Leben zurück drängen sollten.[6]
Eine erste Maßnahme war die Kündigung des Konkordats mit dem Vatikan, die bereits am 12. September 1945 vorgenommen wurde. Zur Begründung wurde das Verhalten des Vatikans während der Besatzungszeit herangezogen, als man Teile polnischen Gebiets deutschen Bischöfen als Diözesen unterstellt hatte. Weiterhin begründete man die Kündigung mit der Tatsache, dass der Vatikan der polnischen Regierung bislang die diplomatische Anerkennung verweigert hatte und immer noch mit der Londoner Exilregierung Beziehungen unterhielt. Somit sei der Vatikan vertragsbrüchig geworden und das Konkordat kündbar.[7]
Auch wenn sich die Kündigungsgründe hauptsächlich auf das Verhalten des Vatikans bezogen, so waren die Folgen für die Kirche vor Ort ebenso gravierend. Die Kirche war durch die fehlende Vereinbarung mit dem Heiligen Stuhl in eine Art rechtsfreien Raum geraten, alte ihr zustehende Garantien waren verloren gegangen und somit war die Kirche angreifbar für Maßnahmen der Regierung. Proteste der polnischen Bischofskonferenz und von Papst Pius XII. zeigten keine Wirkung. Dennoch riefen die polnischen Bischöfe in einem Kommunique vom 4. Oktober 1945 die Bevölkerung dazu auf, sich aktiv am Wiederaufbau de Landes zu beteiligen, warnten aber zugleich vor dem antireligiösen Staat.[8]
Der Verlust ihres Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts führte bald zu weiteren Maßnahmen gegen die Kirche, die das Ziel verfolgten, ihre Tätigkeit auf den sakralen Raum zu beschränken. Ein erster Schritt war die Einführung der Zivilehe, die man vor dem Krieg noch verhindert hatte. Das entsprechende Gesetz, das auch die Ehescheidung ohne Angabe von Gründen ermöglichte, trat am 1. Januar 1946 in Kraft, der Einfluss der Kirchen in diesem Bereich (sie hatten zuvor auch die Standesamtsregister geführt) war gänzlich verloren.[9]
Weitere Maßnahmen waren die Verstaatlichung der kirchlichen Druckereien und die Unterwerfung der katholischen Presse unter die Zensur. In diesen Rahmen fällt auch die Entfernung katholischer Veröffentlichung aus öffentlichen Bibliotheken, die Kirche sollte aus der Öffentlichkeit verschwinden.[10]
Eine weitere Maßnahme, welche die Kirche ebenso wie die gesamte Bevölkerung betraf war die Bodenreform, bei der auch weite Teile des Grundbesitzes der Kirche eingezogen wurden.[11]
Auch wenn es bereits in diesen frühen Jahren zu ersten Maßnahmen gegen die Kirche kam, die auch regelmäßig den (erfolglosen) Protest der Bischöfe nach sich zogen, und die Kirche sich auch in der ein oder anderen gesellschaftlichen Frage zu Wort meldete, etwa im Hinblick auf die neue Verfassung, so war die Zeit doch in erster Linie von den Bemühungen um den Wiederaufbau des zerstörten Landes, in einer Art Koexistenz, geprägt.
2.2 Die Zeit des Stalinismus
Ab 1947, einer Zeit, die stärker als zuvor von einer stalinistischen Politik des Regimes geprägt wurde, wurden auch die Maßnahmen gegen die Kirche zunehmend härter.
Es begann mit einer weiteren Maßnahme zur Verdrängung der Kirche aus der Öffentlichkeit, indem man mit Beginn des Schuljahres im September 1948 den Religionsunterricht auf ein Minimum kürzte, die obligatorischen Morgengebete abschaffte und die Kruzifixe aus den Klassenzimmern zu entfernen begann. Neben der Verdrängung aus Bildung und Erziehung waren weitere Maßnahmen die Verschärfung der Pressezensur, die Schließung von Druckereien, die Auflösung katholischer Vereine und Organisationen, die Beschlagnahmung von Grundbesitz und die Verstaatlichung der kirchlichen Krankenhäuser sowie die Auflösung der Wohltätigkeitsorganisation „Caritas“.[12]
Trotz aller dieser Maßnahmen suchte die Kirche weiterhin den Dialog mit dem Staat um eine Koexistenz zu gewährleisten. Diese Suche steht in besonderer Verbindung mit dem damaligen Bischof von Lublin und späteren Kardinal Stefan Wyszynski, der am 12. November 1948 als Nachfolger des verstorbenen Kardinals August Hlond von Papst Pius XII. zum Erzbischof von Gnesen und Warschau und Primas der polnischen Kirche machte. Wyszynski verfolgte schon früh die Idee einer gemischten Kommission, die der Verständigung zwischen Kirche und Staat dienen sollte. Diese gemischte Kommission arbeitete eine Vereinbarung aus, die von der polnischen Bischofskonferenz am 3. April 1950 akzeptiert und am 14. April von der Kommission beschlossen wurde. Das umstrittene Dokument verpflichtete die Kirche einerseits, nichts gegen den Staat zu unternehmen und ihn zu respektieren, garantiert ihr aber zu gleich eine gewisse Eigenständigkeit und gewisse, bereits verloren geglaubte Rechte. Leider hatte das Abkommen nur für kurze Zeit bestand.[13]
Ungeachtet des Abkommens ging der Staat ab 1951 noch härter als zuvor gegen die Kirche vor. Abgesehen davon, das man der Kirche Teile ihrer materielle Basis durch Verstaatlichung ihres wirtschaftlichen Besitzes entzog, kam es zu Verhaftungswellen unter den Geistlichen, die dazu führten, das sich zeitweise ein Drittel des polnischen Klerus, darunter der inzwischen zum Kardinal ernannte Primas Stefan Wyszynski, in Gefängnissen saßen.
Hinzu kam ein Streit um die kirchliche Organisation der neuen Westgebiete bis zur Oder-Neiße Linie. Der Vatikan hatte bisher eine Neuregelung verweigert, da noch kein endgültiger Vertrag die Grenze festschrieb. Hier Griff der Staat selbst regelnd ein und ließ Bischöfe wählen. Einen weiteren Eingriff in ihre innere Ordnung erlebte die Kirche im Juli 1952, als die Regierung zahlreiche Priesterseminare auflöste. Zugleich wurden keine Baugenehmigungen mehr für Kirchen erteilt.[14]
Als schließlich die Regierung am 9. Februar 1953 ein Dekret erließ, das die Ausbildung und Anstellung von Geistlichen regelte und damit tiefer als bisher in die innere Ordnung der Kirche eingriffen formulierte die Bischofskonferenz am 8. Mai 1953 einen Brief an Ministerpräsident Bierut, in dem sie, nach einer Aufzählung aller Beschwerden gegen die Maßnahmen des Staates, feststellten: „Non possumus.“[15] Die Verbreitung dieses den Staat und die staatliche Ordnung ablehnende Schreiben führte zum endgültigen Schlag gegen die Kirche; der Primas wurde verhaftet und die Kirche der totalen staatlichen Kontrolle unterworfen. Dieser Zustand sollte, trotz des „Tauwetters“ in der kommunistischen Welt nach Stalins Tod, bis zum Machtwechsel von Bierut zu Gomulka im Jahre 1956 andauern.[16]
Unabhängig davon genoss die Kirche weiterhin einen starken Rückhalt in der Bevölkerung, was nicht zuletzt daran liegen mag, das sie „nolens volens die einzige gesellschaftliche Alternative zum regierenden Lager geworden“[17] war.[18]
2.3 Entspannung und neue Repressionen
Die Umbesetzung in der Parteiführung vom 20. Oktober 1956, mit der Gomulka wieder auf den Posten des ersten Sekretärs der PZPR zurückkehrte brachte zahlreiche Änderungen der Politik, auch im Hinblick auf die Kirche. Der erste Schritt war die Freilassung des Inhaftierten Kardinals Wyszynski, die am 28. Oktober 1956 erfolgte. Ihm gelang es auch, die Gespräche der gemeinsamen Kommission wieder in Gang zu bringen, die vom 8. November 1956 bis zum 8, Dezember 1956 die so genannte ‚kleine Verständigung’ aushandelte. Das Dekret vom 9. Februar 1953 wurde aufgehoben, der Religionsunterricht an staatlichen Schulen wurde wieder erlaubt, wenn auch nicht verpflichtend, die seelsorgerische Betreuung in Krankenhäusern und Gefängnissen wurde geregelt und die Regierung stimmte der Ernennung der vom Vatikan bestimmten Bischöfe für die neuen Westgebiete zu.
Die ‚kleine Verständigung’ regelte zwar nur wenige wichtige Anliegen der Kirche, dennoch ist es als Erfolg zu bezeichnen, das die Regierung diesen Schritt ging. Allerdings blieb ihr, aufgrund der gestiegenen Popularität der Kirche, auch keine andere Wahl um die aufgebrachte Öffentlichkeit zu beruhigen, die in der Zeit der Verfolgung stärker denn je auf der Seite der Kirche gestanden hatte.[19]
Doch trotz der Vereinbarung zwischen Staat und Kirche ließen neue Repressalien nicht lange auf sich warten: 1958 kam es zu erneuten Einschränkungen des Religionsunterrichts an staatlichen Schulen und der Entfernung von Kreuzen aus Schulen und Krankenhäusern. Die Kirche wich für den Religionsunterricht auf ‚katechetische Stützpunkte’ aus, die sich in Kirchenräumen und Privatwohnungen befanden. Als der Staat erkannte, dass er damit jegliche Kontrolle über den Religionsunterricht verloren hatte, versuchte er auch diese Einrichtungen durch ein Gesetz vom 19. August 1961 seiner Kontrolle zu unterstellen. Dieses Gesetz führte zu einem Aufruf der Bischöfe an Gläubige und Geistliche, sich dem Gesetz nicht unterzuordnen. Nachdem tatsächlich fast alle Pfarrer in Polen der Regelung verweigerten, wurde das Gesetz im November 1961 zurückgenommen.[20]
Weitere Maßnahmen waren die Aufhebung der Steuerfreiheit für kirchlichen Besitz (1959) mit der die materielle Basis der Kirche, die ihre Arbeit nur aus Spenden der Gläubigen finanzierte, weiter eingeschränkt wurde und die ständige Gefahr bestand, dass ihre Gebäude beschlagnahmt wurden.[21]
Es kam weiterhin zu Einschränkungen des Kirchenbaus und entgegen der ‚kleinen Verständigung’ wurden Priesteramtskandidaten zum Militärdienst eingezogen. Dennoch bereitet sich die polnische Kirche unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf die für 1966 geplante Feier ihres tausendjährigen Bestehens vor.[22]
Kurz vor der Tausendjahrfeier, im November und Dezember 1965, kam es am Rande des Zweiten Vatikanischen Konzils zu einem Briefwechsel zwischen den deutschen und den polnischen Bischöfen, der neben der Einladung zu den Feierlichkeiten folgenden Satz enthielt: “In diesem allerchristlichen und zugleich sehr menschlichen Geist strecken wir unsere Hände in den Bänken des zu Ende gehenden Konzils zu ihnen hin, gewähren Vergebung und bitten um Vergebung.“[23] Diese Aussage gegenüber dem ehemaligen Feind wurde von der Politik aufgegriffen und dazu genutzt, die Kirche öffentlich zu diskreditieren. Zugleich diente sie als Grund um Papst Paul VI. und allen geladenen Gästen aus dem Ausland die Einreisegenehmigung nach Polen zur Teilnahme an den Tausendjahrfeiern zu verweigern.
Auch während der Feierlichkeiten kam es zu Problemen, da der Staat jeweils zur gleichen Zeit am gleichen Ort Gegenveranstaltungen durchführte, die die jeweiligen kirchlichen Veranstaltungen stören sollte. Zugleich erschwerte die Miliz den Zugang zu den kirchlichen Feiern. Trotzdem konnte nicht verhindert werden, dass wesentlich mehr Menschen an den kirchlichen Veranstaltungen teilnahmen als an den staatlichen Gegenveranstaltungen. Die Bevölkerung stand weiterhin zur katholischen Kirche.[24]
3. Die 70er Jahre
3.1 Die Unruhen von 1970
Nach einer Phase relativer Ruhe am Ende der 60er Jahre kam es ab 1970 zu einschneidenden Veränderungen, die auch die Position der Kirche veränderten. Aufgrund der verschlechterten wirtschaftlichen Lage brachen im Dezember 1970 Unruhen in den polnischen Küstenstädten aus, die von der Regierung blutig niedergeschlagen wurden und 48 Menschenleben forderten.[25] Diese Ereignisse führten schließlich zu einer Umbildung der Staatsführung, in deren Rahmen am 20. Dezember Edward Gierek das Amt des ersten Sekretärs des ZK der PVAP von Gomulka übernahm.
[...]
[1] J. Majka, zit. nach Siedlarz: Kirche und Staat, S. 31.
[2] Vgl. Luks: Rolle der Kirche, S. 36
[3] Nossol: Das Phänomen Kirche, S. 3.
[4] Micewski: Kirche, Solidarnosc und Kriegszustand in Polen, S. 7.
[5] Nossol: Das Phänomen Kirche, S. 3
[6] Vgl. Siedlarz: Die katholische Kirche in Polen, S. 48f.
[7] Vgl. ebd., S. 49 f.
[8] Vgl. ebd. S. 50 f.
[9] Vgl. ebd. S. 51 f.
[10] Vgl. ebd. S. 52.
[11] Vgl. ebd.
[12] Vgl. ebd. S. 68 ff.
[13] Vgl. ebd. S. 77 ff.
[14] Vgl. ebd. S. 80 ff.
[15] Schreiben der Bischöfe an den Ministerpräsidenten vom 8. Mai 1953, zit. nach Siedlarz: Die katholische Kirche in Polen, S. 90.
[16] Vgl. Siedlarz: Die Kirche in Polen, S. 86 ff.
[17] Micewski: Kirche, Solidarnosc und Kriegszustand, S. 9.
[18] Vgl. Siedlarz: Die katholische Kirche in Polen, S. 95 f.
[19] Vgl. ebd. S. 108 ff.
[20] Vgl. ebd. S. 119 ff.
[21] Vgl. ebd. S. 122.
[22] Vgl. ebd. S. 123 ff.
[23] Versöhnungsbotschaft des polnischen Episkopats an die deutschen Bischöfe, zit. nach: Siedlarz: Die Katholische Kirche in Polen, S. 131.
[24] Vgl. ebd. S. 130 ff.
[25] Vgl. Fuhrmann: Polen Handbuch, S. 125 f.
- Quote paper
- Sascha Schmitt (Author), 2004, Staat - Kirche - Solidarnosc zur Rolle der katholischen Kirche in Polen 1980-1983, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53918
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