Die Metamorphosen enden mit dem Wort vivam, ich werde (weiter)leben. Es klingt nicht nur prophetisch, es ist eingetroffen. Dem Werke Ovids konnte die kaiserliche Missbilligung nicht schaden - Im Gegenteil im Laufe der Jahrhunderte fand das Werk seine Leser und galt als wichtigste Quelle des griechischen Mythos.
Christen hatten gewisse Berührungsängste, die durch Ovids Darstellungsweise der Götter etwas gemildert wurden. Denn Ovid stellte die Götter nicht als allmächtig und gütig dar, sondern mit all ihren menschlichen Schwächen. Zudem konnte man bei Ovid, wie auch bei Vergil, eine Ahnung der Wahrheit erkennen. Der Kirchenvater Laktanz lobt zum Beispiel gegen Ende des 3. Jahrhunderts Ovid, da er »zu Beginn seines hochberühmten Werks« die Welt als Schöpfung Gottes bezeichnet. Dennoch kritisiert der heilige Hieronymus, dass die Menschen die Geschichten aus Ovids Metamorphosen glauben, während sie die Geschichten des Propheten Jonas, der von einem Walfisch erst verschluckt und anschließend wieder ausgespuckt wurde, für reinen Schwindel halten.
Im 11. Jahrhundert berichtete ein Kirchenmann aus England in einem Brief, dass er von einer ehrfurchtgebietende Gestalt geträumt habe, die folgende Worte gesagt haben soll: » Ich wusste, dass du von Jugend an bis ins hohe Alter wie ein treuer Soldat deine priesterlichen Pflichten erfüllt hast. Doch wie kannst du Ovids Lügengeschichten und das, was Vergil dazu erfunden hat, in die Hand nehmen? Es gehört sich nicht, dass ein und der derselbe Mund Christus preist und Ovid vorträgt, und kein Herz kann aufrichtig das wahre Evangelium verkünden, das sich mit dem Unflat der Dichter befasst«.
Ovids Nachleben
Die Metamorphosen enden mit dem Wort vivam, ich werde (weiter)leben. Es klingt nicht nur prophetisch, es ist eingetroffen. Dem Werke Ovids konnte die kaiserliche Missbilligung nicht schaden - Im Gegenteil im Laufe der Jahrhunderte fand das Werk seine Leser und galt als wichtigste Quelle des griechischen Mythos. Christen hatten gewisse Berührungsängste, die durch Ovids Darstellungsweise der Götter etwas gemildert wurden. Denn Ovid stellte die Götter nicht als allmächtig und gütig dar, sondern mit all ihren menschlichen Schwächen. Zudem konnte man bei Ovid, wie auch bei Vergil, eine Ahnung der Wahrheit erkennen. Der Kirchenvater Laktanz lobt zum Beispiel gegen Ende des 3. Jahrhunderts Ovid, da er »zu Beginn seines hochberühmten Werks« die Welt als Schöpfung Gottes bezeichnet. Dennoch kritisiert der heilige Hieronymus, dass die Menschen die Geschichten aus Ovids Metamorphosen glauben, während sie die Geschichten des Propheten Jonas, der von einem Walfisch erst verschluckt und anschließend wieder ausgespuckt wurde, für reinen Schwindel halten. Im 11. Jahrhundert berichtete ein Kirchenmann aus England in einem Brief, dass er von einer ehrfurchtgebietende Gestalt geträumt habe, die folgende Worte gesagt haben soll: » Ich wusste, dass du von Jugend an bis ins hohe Alter wie ein treuer Soldat deine priesterlichen Pflichten erfüllt hast. Doch wie kannst du Ovids Lügengeschichten und das, was Vergil dazu erfunden hat, in die Hand nehmen? Es gehört sich nicht, dass ein und der derselbe Mund Christus preist und Ovid vorträgt, und kein Herz kann aufrichtig das wahre Evangelium verkünden, das sich mit dem Unflat der Dichter befasst«. Petrus Abaelard bezeichnete Ovid als Lehrmeister schimpflicher Ausschweifung und Konrad von Hirsau als einen Misthaufen, in dem man gelegentlich ein Goldstück finden könnte. Auf dieser Suche würde man jedoch schmutzig werden und stinken. Die abwertende Haltung gegenüber Ovid besonders im 11. Jahrhundert ist ein Zeichen für seine Beliebtheit, die gerade in diesem Jahrhundert einen neuen Höhepunkt erreichte. Bei den damals üblichen »Liebeskonzilien« adliger Damen, auf denen so wichtige Fragen verhandelt wurden wie die, ob die Liebe eines Ritters oder eines Klerikers vorzuziehen sei, galten nach dem Zeugnis eines unbekannten Dichters »die Lehren es Ovidius, der ausgezeichneten Meisters, soviel wie ein Evangelium«, und ein anderer Spötter erhob ihn gar zu einem Papst in Liebesangelegenheiten.1 Ovid galt in der Barbarossazeit für den bedeutenden Dichter, den man unter seinem Pseudonym »Archipoeta« (Superdichter) kannte, als Vorbild, der König Alfons der Weise von Kastilien bezeichnete die Metamorphosen als »Theologie und Bibel der Heiden« und der italienische Dichter und Philosoph Dante Aligieri zählt Ovid zu den großen Dichtern der Antike. Zudem machte sich der Humanist Enea Sivio Piccolomini, der spätere Papst Pius II., in seiner Schrift über die Erziehung von Jugendlichen für dieses »ausgezeichnete Werk, dessen Lektüre reichen Ertrag abwirft», stark. Auch Luther lobte ein Jahrhundert später den »feinen Poeten». Ovid brauchte zu dieser Zeit aber keine Lobreden, da er bereits das Ansehen der Gebildeten bekommen hatte und jetzt die Künstler der Renaissance und des Barock begeisterte und inspirierte.
Was für das Mittelalter die Bibel gewesen war, das wurden nun die Metamorphosen. Die Metamorphosen waren wie eine ständig sprudelnde Quelle, die im Laufe der Zeit systematisch von Kupferstechern und Holzschneidern erschlossen wurde. Über mehrere Jahrzehnte verhalfen deren Musterbücher Bildhauern und Malern, indem sie als Vorlage zum Beispiel. für Wand- und Tafelgemälde oder für Statuen und Reliefs verwendet wurden. Europäische Fürsten verzierten ihre Parks und Paläste mit Szenen aus den Metamorphosen Ovids. Damit begonnen haben die Medici in Florenz. Der Maler Antonio del Pollaiuolo schildert nämlich in einem Brief, dass er und sein Bruder Piero im Jahr 1460 insgesamt drei Gemälde für den großen Saal im Palazzo der Medici gemalt haben, auf denen die Taten von Herkules zu sehen sind.2 Bei den Taten geht es sowohl um den Ringkampf mit Antaios als auch um den Kampf mit dem Nemeischen Löwen und der Hydra. Diese Gemälde sind nicht mehr vorhanden. Gerhard Fink vermutet, dass diese Bilder auf Befehl des Bußpredigers Savonarola auf dem »Scheiterhaufen der Eitelkeit» verbrannt wurden. Was noch an größeren Bildern erhalten sind, sind ein Raub der Deianeria, das 1475 von Antonio gemalt wurde, worauf die Yale-University stolz ist, und eine Verwandlung der Daphne aus demselben Jahr. Dieses Bild befindet sich in der National Gallery London. Ein wenig früher entstanden sind die berühmten großen Tafeln seines Landmanns Sandro Botticelli. Er kreierte zum Beispiel. die Tafel Frühling, auf der die berühmte Szene vom Raub der Oreithyia durch den Windgott Boreas abgebildet ist, und eine Tafel mit der Geburt der Venus. Beide Tafeln sind 1479 entstanden und zählen zu den bedeutendsten Schätzen der Uffizien in Florenz. Nur wenige Jahre später wurde auch bei den deutschen Künstlern das Interesse gegenüber mythologischen Themen geweckt. Als Beispiele sind die beiden Federzeichnungen von Albrecht Dürers zu nennen: Tod des Orpheus (1494) und Herkules und die Stymphalischen Vögel (ca. 1500, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg). Um 1515 erstellte der Nürnberger Erzgießer Peter Vischer ein Bronzerelief Orpheus und Euridike (heute im Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg), das zu der Zeit als sehr reizvoll galt, da beide Figuren nackt dargestellt sind. Jan Gossaert, »Mabuse« genannt, war der erste, der sich in den Niederlande mit der Mythologie beschäftigte. Im Jahr 1516 fertigte er ein fast zwei Meter hohes Tafelbild, das den Titel Neptun und Amphitrite trägt. Das Tafelbild zeigt die beiden Gottheiten in heroischer Nacktheit, was auf die Zeitgenossen geradezu sensationell gewirkt haben muss (Berlin, Staatliche Gemäldesammlungen). Als Themenspender hatte Ovid im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts Hochkonjunktur. Zu den repräsentativen Werken, die in jeder Kunstgeschichte zu finden sind, zählen die folgenden Werke: Pietro Vanucci, genannt Perugino: Apollo und Marsyas (1500); Piero die Cosimo: Perseus und Andromeda; Schlacht der Lapithen und Zentauren; Tod der Prokris, Prometheus als Menschenbildner (1500-1520); Tizian: Bracchus und Adriadne (1523); Tityos (1548); Sisyphos (1549); Danae (1553); Perseus und Andromeda (1553-1559); Bestrafung der Kallisto (1559 und 1566); Aktaion überrascht Diana (1559); Schindung des Marsyas (1568); Paolo Veronese: Venus und Aonis (1580).3
Zu den bedeutendsten Werken der Maler des 17. Jahrhunderts zählen Guido Renis Hippomenes und Atalante (ca. 1620), Nicolas Poussins Narziss und Echo (1625) und Remnrandts Danae (1636).4 Zu den Werken der bildenden Kunst gehören Lorenzos Berninis Perseus mit dem Haupt der Medusa (1653) und seine in der Villa Borghese aufgestellten herrlichen Marmorgruppen: Apoll und Daphne, Raub der Proserpina, sowie Aeneas und Anchises, zusätzlich gehören zahlreiche Neptun- und Tritonsbrunnen, mit denen sich damals die großen Städte Europas schmückten. So ziert ein Latonabrunnen den Park von Versailles und spiegelt die Verwandlung der lykischen Bauern wider. Im Gesamtwerk von Peter Paul Rubens spielen mythologische Themen eine eher marginale Rolle, wiewohl Adel und Bürgertum bei der Dekoration ihrer Speisesäle, bei der Gartengestaltung und bei repräsentativen Brunnenbauten Götter und Göttergeschichten immer noch schätzen. Er malte zwei großformatige Bilder, die man heute im historischen Museum in Wien betrachten kann: Die kalydonische Eberjagd und der Götterbesuch bei Philemon und Baucis. 5 Das Interesse an Ovid hat seitdem abgenommen- Grund für seine geringe Wertschätzung war der Neuhamanismus. Es wurden zwar Werke erstellt, die einen mythologischen Stoff beinhalten, jedoch bezogen sich die Künstler sich nicht mehr auf die Metamorphosen – so auch der Künstler Arnold Böcklin. Dennoch zeichnete Pablo Picasso im 20. Jahrhundert nicht einfühlsame Illustrationen, die Ovids Werk thematisieren. Auch die Malerin Gisla Burckhardt lies sich von Ovid inspirieren: Diese fasste mehrere Verse zusammen, zeichnete Bilder und dazu und gab jedem ihrer Bilder Unterschriften. Als Beispiele sind zu nennen: «In neue Gestalten verwandelte Wesen will ich besingen»; «Es wächst das Land mit dem Schwinden der Wellen» oder «Alles ist im Fluss». Mit den Beispielen soll deutlich werden, dass von Ovid immer noch Impulse ausgehen; zudem ist zu erwähnen, dass die genannten Werke der bildenden Kunst nur einen ganz kleinen Prozentsatz des Vorhandenen erfassen. So zieren Kunstwerke in Bürgerhäuser, Palästen und Schlössern, in Parks und an Fassaden, die sich überall in Europa befinden und an Ovid erinnern.
Ganz anders steht es mit dem Weiterleben Ovids in der Literatur. Er fand keinen Nachahmer und im Gegensatz zu seinem Landsmann Vergil wurde er selten parodiert. Bei Shakespeares Sommernachttraum ist es fraglich, ob die Veränderung der Verwandlungsgeschichte von Pyramus und Thisbe nicht doch im Sinn des Dichters war.6 Um 1657 treib Andreas Gyrphius in Deutschland die Groteske durch die Zugabe von zahlreichen komischen Elementen in seiner Absurda Comica oder Herr Peter Squentz auf die Spitze und machte sie zu einer Satire auf das Theaterspielen einfacher Leute. Insgesamt betrachtet, beinhalteten nur selten Theaterstücke ovidische Themen. Auch in Calderons Echo und Narcissus (1661) ist der Stoff verändert worden wie in Vittorio Alfieris Tragödie Mirra (1789). In dieser Tragödie begeht die Heldin Selbstmord, weil sie es verhindern will, dass es zum Inzest kommt, den sie bei Ovid mehrmals begeht. Jacques Offenbach verdrehte in seiner Operette Orpheus in der Unterwelt die Mythologie vollkommen, dadurch, dass er Euriydike zur Geliebten des als Schäfer verkleideten Pluto machte, da sie gegenüber ihrem Ehemann eine tiefe Abneigung verspürt. Bei Jean Anouilh zieht Eurydike mit einer Theatergruppe umher und Orpheus spielt den Kaffeehausgeist (1942). Der Tod spielt persönlich und weis positive Charaktereigenschaften auf – er ist ein besonders freundlicher, charmanter und höflicher Man. Vergleicht man jedoch das Resümee, so fällt auf, dass sowohl das Theaterstück als auch die Verwandlungsgeschichte von Ovid gemeinsam haben, dass vollkommene Liebe nur im Tod möglich ist.
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1 Fink, Gerhard: Meisterwerk kurz und bündig. Ovids Metamorphosen, München, 2000, S. 94
2 Munari, Franco: Ovid im Mittelalter, Zürich / Stuttgart , 1960, S. 54f.
3 Fink, Gerhard: Meisterwerk kurz und bündig. Ovids Metamorphosen, München, 2000, S. 95f.
4 Harzer, Friedmann: Ovid, Stuttgart, 2002, S. 101
5 Ovids Metamorphosen, München, 2000, S. 95f.
6 Hüls, Rudolf: Pyramus und Thisbe - Inszenierungen einer verschleierten Gefahr, Heidelberg 2005
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2012, Ovids Nachleben. Die Bedeutung von Ovids Werk "Metamorphosen", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/538770
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