Im vorliegenden Essay wird der Frage nachgegangen, ob die neue Welle der KI-Entwicklung, die sich seit etwa einem Jahrzehnt beobachten lässt, einen Durchbruch und damit eine wirkliche Herausforderung bedeutet, oder ob es sich nicht vielleicht doch eher um eine geschickte Marketingstrategie handelt, die einigen wenigen Unternehmen nutzt und deren Marktmacht festigt.
"2045: The Year Man Becomes Immortal" titelte das Time Magazine im Jahr 2011 in Anlehnung an den Chefentwickler von Künstlicher Intelligenz (KI) bei Google, Raymond Kurzweil. Dieser stellte die These auf, dass Mensch und Maschine spätestens 2045 eine Symbiose eingehen und der Zeitpunkt der sogenannten technologischen Singularität erreicht sein wird, also der Moment, an dem Supercomputer intelligenter als Menschen geworden sein werden. "Sie sind entlassen! Wie uns Computer und Roboter die Arbeit wegnehmen und welche Berufe morgen noch sicher sind" prophezeite das Magazin der Spiegel im Jahr 2016 seinen Lesern und zeichnet darin ein düsteres Bild einer nicht allzu fernen Zukunft, in der ganze Berufsgruppen überflüssig und durch intelligente Roboter ersetzt werden. Zwei Beispiele, die verdeutlichen: Das Thema KI polarisiert.
Angetrieben durch technische Fortschritte bei der Entwicklung von Hard- und Software, der Erschließung großer Datenmengen und dem damit verbundenen maschinellen Lernen, findet KI in verschiedenen Lebensbereichen Anwendung. Sei es im Straßenverkehr, in der Industrie oder im eigenen Wohnzimmer, KI ist auf dem Vormarsch. Einiges spricht dafür, dass die Entwicklung von KI eine neue Stufe erreicht hat, die unsere Arbeits- und Lebenswelt nachhaltig herausfordern und verändern wird. Doch handelt es sich vielleicht auch nur um einen Hype von vielen? Wird die Bedeutung marketingtechnisch und medial übertrieben? Es wäre nicht das erste Mal, dass die Möglichkeiten von KI überschätzt werden und auf große Euphorie eine Phase der Ernüchterung folgt.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Hauptteil
Schlussfolgerung
Literaturverzeichnis
Einleitung
„2045: The Year Man Becomes Immortal“1 titelte das Time Magazine im Jahr 2011 in Anlehnung an den Chefentwickler von Künstlicher Intelligenz (KI) bei Google, Raymond Kurzweil. Dieser stellte die These auf, dass Mensch und Maschine spätestens 2045 eine Symbiose eingehen und der Zeitpunkt der sogenannten technologischen Singularität erreicht sein wird, also der Moment an dem Supercomputer intelligenter als Menschen geworden sein werden. „Sie sind entlassen! Wie uns Computer und Roboter die Arbeit wegnehmen und welche Berufe morgen noch sicher sind“ prophezeite das Magazin der Spiegel im Jahr 2016 seinen Lesern und zeichnet darin ein düsteres Bild einer nicht allzu fernen Zukunft, in der ganze Berufsgruppen überflüssig und durch intelligente Roboter ersetzt werden.2 Zwei Beispiele, die verdeutlichen: Das Thema KI polarisiert.
Angetrieben durch technische Fortschritte bei der Entwicklung von Hard- und Software, der Erschließung großer Datenmengen und dem damit verbundenen maschinellen Lernen, findet KI in verschiedenen Lebensbereichen Anwendung. Sei es im Straßenverkehr, in der Industrie oder im eigenen Wohnzimmer, KI ist auf dem Vormarsch. Einiges spricht dafür, dass die Entwicklung von KI eine neue Stufe erreicht hat, die unsere Arbeits- und Lebenswelt nachhaltig herausfordern und verändern wird.3 Doch handelt es sich vielleicht auch nur um einen Hype von vielen? Wird die Bedeutung marketingtechnisch und medial übertrieben? Es wäre nicht das erste Mal, dass die Möglichkeiten von KI überschätzt werden und auf große Euphorie eine Phase der Ernüchterung folgt. Im vorliegenden Essay wird der Frage nachgegangen, ob die neue Welle der KI-Entwicklung, die sich seit etwa einem Jahrzehnt beobachten lässt, einen Durchbruch und damit eine wirkliche Herausforderung bedeutet, oder ob es sich nicht vielleicht doch eher um eine geschickte Marketingstrategie handelt, die einigen wenigen Unternehmen nutzt und deren Marktmacht festigt.
Hauptteil
Die Erforschung von KI erlebte seit ihren Anfängen in den 50er Jahren wiederholt Auf- und Abschwünge. KI wurde dabei immer wieder zum Oberbegriff und Trendwort für unterschiedliche technische Lösungen. Fehleinschätzungen der Forscher und übertriebene Erwartungen der Investoren und Fördergeber an die Technologie führten allerdings mehrmals dazu, dass die Aufbruchsstimmung in einem sogenannten KI-Winter endete, in dem Fördermittel und Investitionen zurückgefahren wurden.4 Ein wesentlicher Grund hierfür war, dass die Forscher an die Grenzen der Computerkapazitäten stießen und ihre Ziele aus technischen Gründen nicht weiterverfolgen konnten. Darüber hinaus waren die Einsatzmöglichkeiten der entwickelten KI-Anwendungen häufig limitiert und die Kosten vergleichsweise hoch. Der Begriff „KI“ wurde bereits 1956 auf einer Tagung am Dartmouth College in den USA geprägt. Seitdem wurden mehrere Durchbrüche bei der Entwicklung erzielt. Insbesondere Erfolge auf dem Gebiet menschlicher Spiele sorgten für erhöhtes mediales Interesse. So lassen sich beispielsweise die ersten Schachcomputer als Wegbereiter heutiger KI bezeichnen. Es folgten sogenannte Expertensysteme, die mittels Logik und entsprechenden Datenbanken eine Ausweitung der Anwendungsbereiche von KI versprachen. Ein Einsatz auf breiter Ebene scheiterte allerdings an der damals vorhandenen Technik und dem Aufwand, mit dem die Expertensysteme seitens der Anwender mit Informationen versorgt werden mussten. Erst mit der Weiterentwicklung des maschinellen Lernens und des sog. tiefen Lernens konnte dieser Aufwand minimiert und eine neue Stufe der KI-Entwicklung erreicht werden.5
Eine einheitliche Definition von KI existierte dabei nie. Vereinfacht dargestellt lassen sich allerdings zwei unterschiedliche Vorstellungen von KI unterscheiden: Das Konzept einer „starken“ KI und das der „schwachen“ KI. Das Konzept der „starken“ KI geht von der Entwicklung einer menschenähnlichen Intelligenz mit eigenem Empfinden, Bewusstsein und Verstand aus, die im Sinne einer künstlichen Evolution zukünftig in der Lage sein wird eigenständig wahrzunehmen, zu verstehen, zu handeln und zu lernen.6 Dem gegenüber wird gemeinhin unter einer „schwachen“ KI die Entwicklung einer anwendungsorientierten, selbstoptimierenden Technologie verstanden, die unterstützend bei der Lösung spezifischer Aufgaben und spezieller Probleme agiert. Aus dieser Unterscheidung ergibt sich eine erste wesentliche Problematik im öffentlichen Diskurs: Unter dem Titel KI werden allzu häufig beide Auffassungen subsumiert. Die derzeit hauptsächlich eingesetzten KI-Anwendungen sind dem Konzept der „schwachen“ KI zu zuordnen und wurden hauptsächlich zur Lösung spezifischer Probleme und Aufgaben entwickelt.7
Die massenhafte Verbreitung von günstigen, aber dennoch leistungsstarken Endgeräten begünstigte die jüngste KI-Entwicklung maßgeblich. So verfügen heutige Smartphones bereits über die Rechenleistungen von Supercomputern aus den 1980er Jahren und ermöglichen den Einsatz von KI in alltäglichen Anwendungen. Entscheidend für die Weiterentwicklung war zudem die zunehmende Verfügbarkeit von vernetzten Daten, um diese lernen zu lassen. Daher sind insbesondere Unternehmen wie Amazon, Google, Facebook, Microsoft oder Baidu zu den führenden Entwicklern von heutiger KI geworden. Hier tragen die Nutzer tagtäglich mit ihren Daten dazu bei KI-Algorithmen zu trainieren. Neben Rechenleistung und Datenmenge spielte die Erforschung von künstlichen neuronalen Netzen (KNN) eine zentrale Rolle bei der Entwicklung heutiger KI-Anwendungen. KNNs bilden die biologische Funktionsweise neuronaler Netze im menschlichen Gehirn nach.8 Sie ermöglichten dadurch enorme Fortschritte in den Bereichen Bild-, Text- und Gesichtserkennung. Auf diese Weise konnten in den letzten Jahren bspw. große Erfolge auf dem Gebiet der maschinellen simultanen Übersetzung und Spracherkennung erzielt werden.9
Das Thema KI befindet sich somit derzeit wieder in einem Aufschwung, der insbesondere durch technische Fortschritte und zunehmende Vernetzung begünstigt wurde. KI ist erneut zum Aushängeschild geworden und unterschiedliche Akteure versuchen sich als Vorreiter auf diesem Gebiet zu profilieren.10 Von den einen als Allheilmittel zur Lösung komplexer Menschheitsprobleme angepriesen und von den anderen als existenzielle Bedrohung angesehen, hat nun auch die Politik das Thema aufgegriffen. Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachbereiche entwickeln Strategien, die die Rahmenbedingungen für die zukünftige Weiterentwicklung festlegen sollen. Sei es auf europäischer Ebene oder seitens der deutschen Bundesregierung, das Thema KI ist in den Parlamenten und politischen Ausschüssen angekommen. Im Spannungsfeld zwischen möglichst grenzenloser Wettbewerbsfähigkeit und den bestehenden ethischen sowie rechtlichen Grundsätzen wird nach Konzepten für die zukünftige Weiterentwicklung und Anwendung von KI gesucht. Im Jahr 2018 hat die Europäische Kommission gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten einen koordinierten Aktionsplan zur Förderung von KI aufgelegt. Auch die deutsche Bundesregierung hat mit der Erarbeitung einer „Nationalen Strategie für Künstliche Intelligenz“ das Thema auf ihre politische Agenda gesetzt.
Gleichzeitig mangelt es nicht an mahnenden Stimmen, die auf die Gefahren von KI hinweisen. Elon Musk, bekannt geworden durch Paypal, SpaceX und Tesla, gründete gemeinsam mit anderen namenhaften Vertretern amerikanischer Internetunternehmen eine Stiftung eigens zum Zweck der Erforschung von Chancen und Risiken der KI. Aber auch Brad Smith, Präsident von Microsoft, forderte unlängst stärkere Regulation in diesem Bereich. Die Verfahren zur automatisierten Gesichtserkennung seien mittlerweile so weit vorangeschritten, dass diese in den falschen Händen zur totalen Überwachung der Bürgerinnen und Bürger genutzt werden könnten. Ohne staatliche Eingriffe drohe ein unkontrollierter Wettbewerb.11
[...]
1 Vgl. Grossman, Lev (2011) in: 2045: The Year Man Becomes Immortal, http://content.time.com/time/magazine/article/0,9171,2048299,00.html [Stand: 25.12.2018]
2 Vgl. Der Spiegel Nr. 36 (2016) https://magazin.spiegel.de/SP/2016/36/ [Stand: 25.12.2018]
3 Vgl. Schwab, Klaus. Die Vierte industrielle Revolution. 2016 S. 7ff
4 Vgl. Wittpahl, Volker Künstliche Intelligenz S. 24
5 Ebda.
6 Vgl. Künstliche Intelligenz – Wirtschaftliche Bedeutung, gesellschaftliche Herausforderung, menschliche Verantwortung, Bitkom e.V. (2017) S. 28
7 Vgl. Wittpahl, Volker Künstliche Intelligenz S. 115
8 Vgl. Engemann, Christoph; Sudmann, Andreas (Hg.) (2018): Machine Learning - Medien, Infrastrukturen und Technologien der Künstlichen Intelligenz. S. 70-71
9 Vgl. Mingbo Ma, Liang Huang, Hao Xiong, Kaibo Liu, Chuanqiang Zhang, Zhongjun He, Hairong Liu, Xing Li, Haifeng Wang, (2018) in: STACL: Simultaneous Translation with Integrated Anticipation and Controllable Latency, arXiv:1810.08398
10 Vgl. Janovic, Inga (2019) in: Pioniere der nächsten digitalen Revolution https://www.faz.net/aktuell/kuenstliche-intelligenz-pioniere-der-naechsten-digitalen-revolution-15969305.html [Stand: 25.12.2018]
11 Vgl. Smith, Brad (2018) in: Facial recognition: It’s time for action https://blogs.microsoft.com/on-the-issues/2018/12/06/facial-recognition-its-time-for-action/ [Stand: 06.01.2019]
- Arbeit zitieren
- Jens Janßen (Autor:in), 2019, Künstliche Intelligenz. Medialer Aufreger oder wirkliche Herausforderung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/538124
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