Dem Begriff Erlebnispädagogik begegnet man in der Praxis der Sozialen Arbeit immer häufiger. Zahlreiche Angebote und Konzepte werden durch den Zusatz erlebnispädagogisch von Bedeutung zu sein ergänzt bzw., so scheint es, aufgewertet. Aber ist tatsächlich alles wo Erlebnispädagogik draufsteht, auch Erlebnispädagogik drin. Wenn ja, dann stellt sich die Frage, warum dies so ist. Scheint die Situation eines/einer Systemsprenger*in ausweglos, wird oftmals die „Erlebnispädagogik-Karte“ gezückt. Eine Art Trumpf der Sozialpädagogik?
Diese Arbeit stellt die Erlebnispädagogik als Methode der Sozialen Arbeit vor und weist anhand der theoretischen Erkenntnisse auf Grenzen dieser Methode hin und kritisiert diese auf konstruktive Art und Weise.
Inhalt
1. Einleitung
2. Definitionen
2.1 Erlebnispädagogik
2.2 Erlebnis
2.3 Abenteuer
3. Geschichte und theoretische Grundlagen
4. Rechtliche Verankerung
5. Ansätze und Merkmale
6. Ziele und Zielgruppen
7. Methoden und Angebote
8. Kritik
9. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Wir vermögen mehr, als wir glauben.
Wenn wir das erleben, werden wir uns nicht mehr mit weniger zufrieden geben.“
(Kurt Hahn)
Dem Begriff Erlebnispädagogik begegnet man in der Praxis der Sozialen Arbeit immer häufiger. Zahlreiche Angebote und Konzepte werden durch den Zusatz erlebnispädagogisch von Bedeutung zu sein ergänzt bzw., so scheint es, aufgewertet. Aber ist tatsächlich alles wo Erlebnispädagogik draufsteht, auch Erlebnispädagogik drin. Wenn ja, dann stellt sich die Frage, warum dies so ist. Scheint die Situation eines/einer sogenannten Problemjugendlichen ausweglos, wird oftmals die „Erlebnispädagogik-Karte“ gezückt. Eine Art Trumpf der Sozialpädagogik?
Ziel dieser Arbeit ist es die Erlebnispädagogik als Methode der Sozialen Arbeit vorzustellen und anhand der theoretischen Erkenntnisse diese Methode konstruktiv zu kritisieren sowie auf Grenzen dieser Methode hinzuweisen.
Dazu soll zunächst der Versuch unternommen werden Erlebnispädagogik zu definieren, insbesondere in Bezug auf die zentralen Begriffe Erlebnis und Abenteuer. Es folgt dann ein kurzer Abriss zur Geschichte der Erlebnispädagogik sowie die Vorstellung der grundlegenden Theorie nach Kurt Hahn. Daran anknüpfend sollen die rechtlichen Grundlagen dieser Methode aufgezeigt werden. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden Ansätze und Merkmale erlebnispädagogischer Angebote vorgestellt sowie die Ziele der Erlebnispädagogik und deren Zielgruppen. Daran anschließend werden die konkreten Methoden und Angebote vorgestellt, bevor auf diese theoretischen Erkenntnisse aufbauend eine kritische Reflexion dieser Methode vorgenommen wird. Abschließend werden mögliche Lösungswege und Ideen aufgezeigt.
2. Definitionen
2.1 Erlebnispädagogik
Erlebnispädagogik lässt sich aufgrund der vielfältigen Angebote nicht klar definieren. Daher existieren verschiedenste Definitionen, wobei Michel eine sehr Treffende liefert. Nach Michel handelt es sich um Erlebnispädagogik, „wenn die Elemente Natur, Individuum, Gemeinschaft und Erlebnis im Rahmen von Natursportarten pädagogisch zielgerichtet miteinander verbunden werden“ (Michl 1989, S. 487 zit. n. Heckmair/Michl 2005, S. 219 zit. n. Kreft / Mielenz 2008, S. 253). Daher sollen an dieser Stelle die zentralen Begriffe Erlebnis und Abenteuer näher betrachtet werden.
2.2 Erlebnis
Im Duden wird „Erlebnis“ als „von jemandem als in einer bestimmten Weise beeindruckend erlebtes Geschehen“ beschrieben (Duden II 2017). Hierdurch wird bereits der subjektive Charakter deutlich. So können Erlebnisse individuell unterschiedlich wahrgenommen werden. Auch wird deutlich, dass sich Erlebnisse vom Alltagserleben dadurch unterscheiden, dass diese „beeindruckend“, also bemerkenswert sind. Man könnte auch sagen, ein Erlebnis ist etwas Besonderes, Eindrucksvolles, Einmaliges. In der Erlebnispädagogik spricht man von Erlebnissen, wenn etwas Besonderes in dem Zusammenspiel von Gruppe, Aktivität und Natur geschieht. (vgl. Kreft / Mielenz 2008, S. 253)
2.3 Abenteuer
Als Abenteuer wird lt. Duden ein „außergewöhnliches, erregendes Erlebnis“ oder auch eine „mit einem außergewöhnlichen, erregenden Geschehen verbundene gefahrvolle Situation“ beschrieben, „die jemand zu bestehen hat“ (Duden I 2017). Damit wird das Erlebnis ergänzt um die Eigenschaften: außergewöhnlich und gefährlich. Es handelt sich also bei einem Abenteuer um eine besondere Form eines Erlebnisses bzw. um eine Steigerung. Außerdem muss man dieses Erlebnis „bestehen“. Damit schwingt ein gewisses Risiko mit aufgrund der Gefahr oder diese Herausforderung nicht zu bestehen.
Dabei vereint die Begriffe Erlebnis und Abenteuer die emotionale Komponente. So handelt es sich bei beiden um Ereignisse, welche eine individuelle Gefühlsregung (wie bspw. Angst, Zweifel, Freude oder Erleichterung). hervorrufen. Wird aus der Aktivität ein individuell erlebtes Erlebnis oder sogar ein Abenteuer, so wirkt diese Aktivität unmittelbar auf die Person und löst Prozesse in dieser aus. So können bspw. Veränderungen entstehen durch die Überwindung einer außergewöhnlichen Herausforderung, wodurch Selbstwirksamkeit und Selbstbewusstsein gesteigert werden können. Die Kenntnisse über das Wirken von Erlebnissen oder Abenteuern sind daher unerlässlich für das Planen und Reflektieren erlebnispädagogischer Angebote.
3. Geschichte und theoretische Grundlagen
Die Grundgedanken der Erlebnispädagogik gehen auf die Reformpädagogen J.-J. Rousseau und D. H. Thoreau zurück. So misst Rousseau dem Lernen über die Sinne eine enorme Bedeutung bei. Thoreau spezifiziert dies mit dem Lernen in der Natur und durch diese („Zurück zur Natur“ sowie „Leben ist Handeln“). (vgl. Kreft / Mielenz 2008, S. 253) Durch die Instrumentalisierung erlebnispädagogischer Angebote durch die Nationalsozialisten distanzierte man sich nach dem Nationalsozialismus von Angeboten, welche Jugendarbeit und Sport verknüpfen. Heute gibt es eine breite erlebnispädagogische Angebotspalette mit unterschiedlichen Ansätzen und von verschiedenen Trägern. (vgl. Galuske 2011, S. 251f.)
Dabei ist zu prüfen, ob dort wo Erlebnispädagogik drauf steht auch Erlebnispädagogik drin ist, denn oft hat es den Anschein, dass jedes besondere Angebot mit dem Begriff Erlebnispädagogik gerechtfertigt und überschrieben wird. Eine verbindliche Theorie der Erlebnispädagogik als solche existiert jedoch nicht. Grundlegend sind aber die theoretischen Überlegungen von Kurt Hahn. (vgl. Kreft / Mielenz 2008, S. 252)
Kurt Hahn gilt als Begründer der Erlebnispädagogik. Ausgangspunkt war seine Gesellschaftskritik. So beschrieb er vier Verfallserscheinungen bei den Menschen, insbesondere bei der Jugend. Diese waren charakterisiert durch „den Mangel an menschlicher Anteilnahme; den Mangel an Sorgsamkeit; den Verfall der körperlichen Leistungsfähigkeit und Tauglichkeit; den Mangel an Initiative und Spontaneität.“ (Galuske 2011, S. 252). Um diesen Verfallserscheinungen entgegenzuwirken, entwickelte Hahn als „Gegenmittel“ die Erlebnistherapie mit zwei Grundprinzipien: Erleben statt Belehrung sowie Erziehung durch Gemeinschaft (vgl. Sommerfeld 1993, S. 32f. zit. n. Galuske 2011, S. 252). Dabei sollte die Erlebnistherapie vier Elemente enthalten: der „Dienst am Nächsten“ durch gemeinnützige Arbeit (bspw. die Bergoder Seenotrettung) im Sinne aktiver, sozialer Verantwortung, „körperliche[s] Training“, durch welches mittels Natursportarten motorische Fähigkeiten verbessert werden sollten und ein positives Körperbewusstsein erreicht werden sollte (bspw. Klettern), Durchführung einer mehrtägigen Expedition in der Natur inklusive der Vorbereitung sowie Realisierung eines handwerklichen oder künstlerischen Projekts, um die beschriebenen Ziele wie Anteilnahme und Leistungsfähigkeit zu erreichen (Galuske 2011, S. 252). Entscheidend für die positive Auswirkung dieser Erlebnistherapie ist nach Hahn jedoch, dass ein Großteil der Teilnehmer die gemachten Erfahrungen als etwas Außergewöhnliches, als ein Abenteuer erleben. (vgl. ebda., S. 251f.) Dazu sollen die Angebote ausführlich vorbereitet und stetig reflektiert werden. (vgl. Braun / Wetzel 2011, S. 33)
Um die Erlebnispädagogik theoretisch einzuordnen, bedarf es allerdings auch der Kenntnis über deren rechtliche Grundlagen.
4. Rechtliche Verankerung
Als rechtliche Grundlagen für die Erlebnispädagogik finden sich verschiedene Paragraphen des SGB VIII. So zählt gem. § 11 (3) Nr. 1 SGB VIII zur Jugendarbeit auch die soziale und naturkundliche außerschulische Jugendbildung. Ziele lt. § 11 (1) SGB VIII sind Selbstbestimmung, gesellschaftliche Mitverantwortung sowie soziales Engagement. Erlebnispädagogik kann aber auch als besonderes Angebot der Hilfen zur Erziehung (§§ 27-35 SGB VIII) sowie der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung eingesetzt werden. (vgl. Kreft / Mielenz 2008, S. 254)
Dabei ist das oberstes Ziel der Jugendhilfe gem. § 1 (1) SGB VIII auch leitend für die Erlebnispädagogik: die Förderung junger Menschen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten.
5. Ansätze und Merkmale
Aufgrund dessen, dass es nicht die eine Theorie der Erlebnispädagogik gibt, sondern lediglich eine theoretische Grundlage, gibt es auch eine Vielzahl an verschiedenen Ansätzen und konzeptionellen Ausrichtungen von Erlebnispädagogik. (vgl. Braun / Wetzel 2011, S. 30) Daher sollen folgend nur die Hauptmerkmale erlebnispädagogischer Angebote vorgestellt werden. Nach Galuske gibt es fünf Ansätze bzw. Merkmale anhand derer sich die Erlebnispädagogik ausrichtet. Ein Merkmal ist die „Handlungsorientierung und Ganzheitlichkeit“ (Galuske 2011, S. 254). Dabei geht es um praktisches Handeln und ein Erfassen mit allen Sinnen. Wobei Hufenus hier insbesondere von „Körper, Seele und Geist“ spricht (Hufenus 1993, S. 86 zit. n. Galuske 2011, S. 254). Ein weiteres Merkmal ist das „Lernen in Situationen mit Ernstcharakter“ (Galuske 2011, S. 254). Demnach sollen Lernsituationen durch die Auseinandersetzung mit der Natur entstehen und damit erlebbar werden. Dies trifft besonders zu, wenn die grundlegenden Bedürfnisse dabei befriedigt werden. Ein zusätzliches Element ist die „Gruppe als Lerngemeinschaft“ (ebda., S. 255). Prinzipiell sind erlebnispädagogische Angebote als Gruppenangebote gedacht, auch wenn sie heute oftmals auch als individuelles, intensives Hilfeangebot genutzt werden. Dabei liegt der Vorteil von Erlebnispädagogik mit Gruppen darin, dass hierbei soziale Kompetenzen gefördert, eingeübt und erworben werden können. Dies geschieht vor allem durch Gemeinschaftsaktivitäten bzw. durch Team-Aufgaben wie bspw. dem Flossbau. Elementar für die Erlebnispädagogik ist der „Erlebnischarakter“ (ebda., S. 255). Durch dieses Merkmal sollen die Angebote außergewöhnliche, vom Alltagsleben entfernte Erfahrungen ermöglichen. Zuletzt ist noch das Merkmal des pädagogischen Arrangements zu nennen. So sind Fachkräfte notwendig, welche die Angebote planen und durchführen. Diese sollten über erlebnispädagogisches Knowhow verfügen. (vgl. ebda., S. 254f.)
[...]
- Citation du texte
- Maria Liebing (Auteur), 2017, Erlebnispädagogik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/537650
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.